Heilige Menschen – heilige Orte

FMG-Wallfahrt 2014

 

 

1. Die 39. FMG-Wallfahrt führte am ersten Tag, dem Pfingstmontag 2014, wieder einmal durch die Alpen an die Adria. Erste Station war, wie schon manchmal in den vergangenen Jahrzehnten, die schöne Dorfkirche in der Ortsmitte von Tulfes in Tirol, das östlich des Inntals bei Hall i. T. auf über 900 m Höhe liegt. Der prachtvolle Pfingstschmuck und Pfingstrosenduft empfing uns zur ersten Pilgermesse, in der uns die Messtexte sozusagen einstimmten auf das Wirken des HL. GEISTES in allen Sprachen und Nationen, aber auch in Menschen aller Lebensalter und sozialen Schichten, wie wir es dann an heiligen Stätten in Italien erleben sollten: Der GEIST GOTTES schreibt das Evangelium immer neu in den Herzen der Heiligen und in ihrem Leben.

Auf dem Friedhof von Tulfes wird nach fast 200 Jahren noch immer bewahrt und gepflegt das Grab einer Reinheitsmärtyrin Gertraud Angerer, einer Nichte mütterlicherseits des Tiroler Freiheitskämpfers (an der Seite Andreas Hofers) Josef Speckbacher. Sie „starb am 24. März 1816 im 19. Jahr ihres Alters an den Wunden, die ihr am Tag vorher auf dem Heimweg von Hall die Hand eines Wüstlings schlug, weil sie lieber sterben wollte als sündigen“, so heißt es am Grabstein. Wenige Tage vor Gertraud Angerer – die am Samstag, 23. 3., in Hall auf dem Markt landwirtschaftliche Erzeugnisse verkauft hatte, auf dem Rückweg tödlich verwundet niedergeschlagen worden und später von Angehörigen gefunden und auf den Heimathof gebracht worden war, wo sie am Sonntagabend starb – aber war ein anderes Mädchen überfallen worden, das an den Folgen einige Monate später starb. Deshalb steht auf dem Grabstein weiter: „Ihr zur Seite ruhet das 15-jährige Mädchen Maria Noarin, die an den Folgen ihrer Flucht vor demselben Mörder am 3. August 1816 verstarb.“ Der Mörder, ein 34jähriger haltloser Salinenarbeiter, war noch am Mordtag festgenommen worden; nach anfänglichem Leugnen gestand er schließlich, durch Indizien überführt, die Tat. Überliefert ist, dass er vor seiner Hinrichtung am 3.8.1816 reumütig gebeichtet und um Vergebung gebeten hat.

 

2. Am Morgen des Dienstags fuhren wir von unserem direkt am Adriastrand gelegenen Quartier, einem geistlichen Haus, in dem auch junge Menschen und Behinderte Ferienzeiten verbrachten, in das Zentrum von Rimini. Wir verließen beim Castel Sismondo, einer ins 15. Jh. zurückgehenden Burg, unseren Bus und waren nach einigen hundert Metern bei der Kirche Sant‘ Agostino (Via Cairoli 69), im 13. Jh. im gotischen Stil erbaut und dem hl. Johannes dem Evangelisten geweiht, später barockisiert, mit Fresken der Malerschule des Giovanni di Rimini. Besonders fiel uns ein großes hölzernes Kruzifix auf, auf dem der gekreuzigte HEILAND die beiden Arme dem betenden Betrachter entgegenstreckt.

In dieser Pfarrkirche befinden sich seit 1974 die Reliquien des 2004 seliggesprochenen Alberto Marvelli, eines vorbildlichen jungen Laien. 1918 in Ferrara geboren, hatte er seine religiöse Formung neben der gläubigen Mutter dem Oratorium der Salesianer Don Boscos in Rimini zu verdanken; sein Tagebuch von 1933 bis 1946 offenbart seine tiefe Verbundenheit mit CHRISTUS, dem er in der täglichen hl. Messe nahe war. Er war führend in der italienischen „Katholischen Aktion“, arbeitete nach seinem Ingenieursstudium in Bologna und dem Militärdienst kurze Zeit bei FIAT in Turin, kehrte dann aber nach Rimini zurück. Der sozial und politisch engagierte junge Mann konnte während der deutschen Besatzung manche vor der Deportation retten; er nahm sich der Opfer eines Bombenangriffs und der Armen und Bedürftigen an. Nach dem Krieg wirkte er als kommunaler Referent für Wohnungswesen und Wiederaufbau und engagierte sich in der neugegründeten christlichen Partei. Am 5. Oktober 1946 kam er bei einem Verkehrsunfall durch einen Militärlastwagen ums Leben. Seine Lebensbeschreibung lässt auch seine große Wertschätzung der hl. Reinheit erkennen, die er mit Wachsamkeit und mit Hilfe der natürlichen und übernatürlichen Mittel bewahrte. Über dem Schrein mit seinen Gebeinen an der linken Seitenwand in der Kirchenmitte hängt ein großes Bronzerelief des Seligen (Gedenktag 5. Oktober).

 

3. Nur eine Straße weiter, in der Via Francesco Bonsi 18, befindet sich das Mutterhaus der „Missionsfranziskane­rinnen von CHRISTUS“, genannt die „Schwestern von S. Onofrio“, gegründet von Sr. Teresa vom Gekreuzigten JESUS (Faustina) Zavagli (1835-1910), deren Seligsprechungsprozess läuft. Ihr Grab ist in der dortigen kleinen Klosterkirche gegenüber dem Grab der schon seligen Schwester Maria Rosa (Bruna) Pellesi, 1917 bei Modena „geboren auf der Erde wie JESUS“ (weil die Familie gerade umzog) als 9. Kind einer gläubigen Bauernfamilie, trat sie 1940 bei den Missionsfranziskanerinnen in Rimini ein. Von 1945 bis zu ihrem Tod am 1.12.1972 führte sie infolge Tuberkulose ein Leben mit körperlichem Leid, in der Abgeschiedenheit und Einsamkeit des Sanatoriums, allerdings mit anderen Kranken im Zimmer, doch dem HERRN in der Kapelle nahe und auf die anderen Bewohner Barmherzigkeit und Güte ausstrahlend: auf dem Foto ist ihr beeindruckendes Lächeln zu sehen. Sie pflegte ein ausgeprägtes Briefapostolat. „Was zählt, ist allein, den HERRN zu lieben.“ Seliggesprochen wurde sie am 29. April 2007 in der Kathedrale von Rimini.

 

4. Gegen Mittag waren wir dann im Geburtsort der hl. Maria Goretti, Corinaldo, wo wir in der kleinen Kirche der Schmerzhaften Mutter GOTTES die hl. Messe feierten. Bis vor Jahrzehnten war in der Krypta dieser Kirche das Gedenken an die Reinheitsmärtyrin gepflegt worden – mit der Armreliquie und dem Grab der Mutter; 1987 war dann eine alte, frühere Nikolaus-Kirche im Zentrum des Städtchens erneuert und zum Heiligtum Maria Gorettis geweiht worden. Sie wird derzeit wieder renoviert (bei einem Besuch im Jahr 2008 hatten wir dort Erdbebenschäden erlebt), und so hat man den Schrein mit einer hölzernen Liegefigur der Reinheitsmärtyrin und der Arm-Reliquie vorübergehend in die kleine Marienkirche gebracht. Nebenan sind Räume eines alten Hauses zur „Oase“ für Pilger geworden, mit etlichen schlichten Diorama-Kästen, die Szenen aus dem Leben Mariettas darstellen. Nach der hl. Messe fuhren wir hinaus zum Geburtshaus, wo wir am Bus die Mittagspause hielten und das kleine Häuschen besuchen konnten. In einem der seinerzeit für Vorräte und Vieh genutzten Erdgeschoßräume befindet sich ein Oratorium; im Obergeschoß sieht man die Wohnküche mit der offenen Feuerstelle und zwei kleine Kammern – links der Raum, in dem Marietta am 16.10.1890 geboren worden war (mit dem Bett, in dem Mama Assunta 1954 starb), rechts ein alter Webstuhl und der Rollstuhl, den die Mutter in ihren letzten Lebensjahren benutzen musste. Sie hatte ja nach der Ermordung ihrer Tochter Le Ferriere bei Nettuno verlassen und war zurückgegangen in die alte Heimat Corinaldo, wo sie unter anderem als Pfarrhaushälterin arbeitete.

 

5. Danach fuhren wir der Meeresküste entlang etwa 70 km südwärts nach Osimo und besuchten dort das Heiligtum des hl. Josef von Copertino. 1603 in Copertino in Süditalien geboren, war er wegen seiner Unbeholfenheit und geringen Begabung mit einer Schusterlehre gescheitert und auch nach einer Probezeit bei den Kapuzinern wieder weggeschickt worden; schließlich wurde er 22-jährig als Laienbruder bei den Minoriten aufgenommen. Mit gnadenhaft überwundenen Hindernissen gelangte er 1628 zur Priesterweihe. Am Franziskusfest 1630 ereignete sich erstmals ein außergewöhnliches Phänomen, das sich noch oft wiederholte: er erhob sich plötzlich bei einer Prozession von der Erde und schwebte in Ekstase über den Köpfen einer gaffenden und schreienden Menge. Das Schweben bei der Feier der hl. Messe wurde fast zum täglichen Ereignis. Solche außergewöhnliche mystische Gnaden (lange Ekstasen, Levitationen, Weissagungen, Krankenheilungen, vertrauter Umgang mit Tieren wie beim hl. Franziskus, Vermehrungswunder u.a.) beschämten ihn selber; er führte ein abgetötetes Leben in großem Vertrauen auf GOTT und Maria. Die auffallenden Geschehnisse riefen Neid und Missbehagen hervor, so dass die Oberen und die Kirchenbehörden ihn den Blicken des Volkes zu entziehen suchten und eine Prüfung durch das Hl. Offizium veranlassten. 1639 wurde er nach Assisi und 1653 in abgelegene Klöster in der Mark Ancona versetzt, zuletzt nach Osimo, wo er am 18. September 1663 starb. Josef gelangte durch seine Demut, seinen fröhlichen Gehorsam und seine Geduld zu einer herausragenden geistlichen Reife.

Die 1234 erbaute Basilika des Heiligen in Osimo war früher dem hl. Franziskus geweiht, der 1215 und 1220 an jenem Ort war. Nach der Heiligsprechung des Josef von Copertino 1767 wurde die Basilika umgebaut; die Gemälde in der Kirche entstanden um 1936. Der Schrein des Heiligen ist in einer 1963 geschaffenen Kapelle in der Krypta, neben der in jüngster Zeit – 2013/14 wurde das 350.Jubiläum des Todes begangen – erst Räume mit zahlreichen sakralen Ausstellungsgegenständen geöffnet wurden. Auch die ziemlich original erhaltenen Zimmer des Heiligen kann man besuchen. Er wird als Patron der Studenten verehrt. - In einem Seitenaltar der Basilika befinden sich auch die sterblichen Überreste des Minoritenpaters Benvenuto Bambozzi (1809-1875), der als Beichtapostel, Erzieher der Novizen und Freund der Armen und Kranken ein demütiges, frommes Leben führte; durch die Feststellung seines heroischen Tugendgrades im Seligsprechungsprozess wird er vereh­rungswürdig genannt.

 

6. Am späten Nachmittag trafen wir dann im nahegelegenen Loreto ein, bezogen unser Quartier und statteten dem Heiligtum einen ersten Besuch ab, das der Ursprung dieser kleinen Stadt und des großen Pilgerziels ist, mit einer geheimnisvollen Geschichte. Die Überlieferung sagt, dass das „Heilige Haus von Nazareth“, in dem Maria die Verkündigung des Engels empfing, am 10. Dezember 1294 hierher kam – und zwar von den hl. Engeln 1291 (10. Mai) zunächst nach Illyrien (Tersat bei Rijeka, Kroatien) und dann nach Loreto (Name von „Lorbeerhain“) übertragen (mit zwei kleinen Ortswechseln, erklärt durch die Gefahr von Räubern bzw. Streitigkeiten von zwei Brüdern, denen das Grundstück gehörte; zuletzt (7.9.1295) direkt über einem Weg an der heutigen Stelle). Da man feststellte, dass die „Santa Casa“ kein Fun­dament besaß, wurde sie im 14. Jh. von einer Mauer umgeben; im 15. Jh. errichtete man die große Basilika, an der zahlreiche Künstler mitwirkten. Die kunstvolle Marmor-Außenverkleidung des Hl. Hauses wurde im 16. Jahrhundert auf Wunsch von Papst Julius II. nach dem Plan von Bramante geschaffen.

Der letzte Bericht vom Hl. Haus in Nazareth stammt vom Besuch des hl. Königs Ludwig von Frankreich 1252. 1291 ging zuletzt die Kreuzfahrerfestung Akkon an die muslimischen Eroberer verloren. Die Überlieferung sagt, dass sowohl Bewohner von Tersat wie von Loreto sich im Hl. Land vergewissert und die Maße mit denen des Fundaments dort übereinstimmend gefunden hätten. Zahllose Heilige und Päpste besuchten Loreto und hielten die Echtheit des Hl. Hauses und die wunderbare Übertragung für wahr (nicht als Glaubenswahrheit, sondern im Sinn menschlicher Glaubwürdigkeit); 1920 rief Papst Benedikt XV. die Jungfrau von Loreto zur Patronin der Flugreisenden aus. Im 19. Jh. tat man die Übertragungsüberlieferung als „fromme Legende“ ab; heute wird die These vertreten, dass das Hl. Haus in Teilen von Kreuzfahrern auf Schiffen nach Italien gebracht worden sei. Jedenfalls bestätigen die wunderbare Übertragung ebenso wie die heute vertretene Kreuzfahrer-These zusammen mit den Forschungsergebnissen (das Steinmaterial entspricht dem des Hl. Landes, die Grundmaße usw.) die Überzeugung, dass es sich tatsächlich um das Heilige Haus Mariens in Nazareth handelt, worauf die Altarinschrift verweist: „Hic Verbum caro factum est“ („HIER ist das WORT Fleisch geworden“).

Wir besuchten also die „Santa Casa“ (9,5 x 4 m, drei Originalwände bis zur Höhe von ca. 3 m ursprünglich; oberer Teil, Holzdecke und Altarwand – wo das Hl. Haus in Nazareth an eine Felswand stieß – ergänzt) mit der Statue der „Madonna von Loreto“ (Jungfrau mit Kind, 1922 aus Zedernholz nach der 1921 bei einem Brand zerstörten Skulptur aus dem 14. Jh. gefertigt) und betrachteten die kunstvollen Reliefs der Marmorumkleidung, die Kuppel (Fresken 1890-1907); die verschiedenen, von Ende des 19. Jh. bis 1970 mit Spenden aus verschiedenen Ländern ausgestatteten Apsis- und Seitenkapellen usw. Am folgenden Morgen – sehr früh, um 6.30 Uhr – konnten wir die hl. Messe in der Casa Santa feiern und noch einige Zeit in der Basilika bzw. davor umschauen. Nach dem Frühstück in unserem Pilgerhaus verabschiedeten wir uns dann von Loreto und brachen auf in das rund 170 km entfernte Manopello.

 

7. Etwas außerhalb des kleinen Abbruzzen-Ortes Manopello steht die Wallfahrtskirche, in der in einem Schrein über dem Hochaltar ein hauchdünner Schleier gezeigt und verehrt wird, der ein „nicht von Menschenhand gemaltes“ Bild eines Antlitzes mit offenen Augen zeigt. Es kam wohl um 1638 dorthin; das sog. „Veronikabild“ in Rom war 1601 zuletzt öffentlich gezeigt worden und offenbar in der Zeit des Abbruchs des alten Petersdoms verschwunden. Prof. Pfeiffer SJ, Experte für das Turiner Grabtuch, Sr. Blandina Paschalis Schlömer OCSO und der Journalist Paul Badde haben in ihren Forschungen und Recherchen aufgezeigt, dass das „Volto Santo“ von Manopello mit dem Antlitz auf dem Turiner Grabtuch völlig deckungsgleich ist und Urbild zahlreicher gleichartiger Abbilder in der Kunst der Christenheit seit dem 4. Jh. sein muss, und dass das nur 17x24 cm große Tuch von Manopello aus kostbarer Muschelseide (Byssus) besteht, die nicht bemalt (und nicht bemalbar) ist: das geheimnisvoll entstandene Abbild des Antlitzes CHRISTI aus dem Hl. Grab, das man jahrhundertelang als „Schweißtuch der Veronika“ angesehen hat: Es ist „der stille und sanfte Blick JESU, der nicht im Tod geblieben, sondern auferstanden ist“, mit den Zeichen der Passion und doch lebend. – Mit anderen Pilgergruppen schauten wir auf das Bild, beteten mit den Worten von Papst Benedikt XVI. (1.9.2006): „Zeig uns, so bitten wir Dich, Dein immer neues Gesicht, geheimnisvoller Spiegel der unendlichen Barmher­zigkeit GOTTES...“ – Neben dem Parkplatz hielten wir im Schatten duftender Bäume unsere Mittagsrast.

 

8. Danach machten wir uns auf den Weg in die italienische Hauptstadt, die Stadt Petri, knapp 200 km entfernt. Dort war erstes Ziel die Katakombe der hl. Priscilla an der Via Salaria, wo wir nach kurzem Warten von einer Führerin (ihr Deutsch und der Vortrag waren leider verbesserungswürdig) durch die unterirdischen Gänge geleitet wurden – nur ein kurzes Stück im obersten Geschoß der insgesamt 13 km langen, über mehrere Geschoße sich erstreckenden Gänge aus dem 2. bis 5. Jh. nach Chr. mit frühchristlichen Malereien (so eine sitzende Madonna mit dem Kind neben einem Propheten, eine betende Frau, „Orans“ u.a. aus dem frühen 3. Jh.).

 

9. Da auch der römische Verkehr zeitverbrauchend ist, blieb uns für einen Besuch in der Basilika San Lorenzo fuori la mura, einer der sieben klassischen römischen Pilgerkirchen, nur noch kurze Zeit. Die beim großen römischen Friedhof Verano gelegene Kirche geht zurück auf eine von Konstantin um 330 über dem Grab des hl. Diakons Laurentius errichtete Kapelle. Laurentius hatte die Kirchenschätze, die er von Papst Sixtus II. vor dessen Hinrichtung empfangen hatte, nicht dem Kaiser Valerian (253-260) ausgehändigt, sondern den Armen übergeben. Dafür wurde er mit Bleiklötzen geschlagen und auf einem Rost verbrannt. Um 590 ließ Papst Pelagius II. die Gedenkstätte in eine dreischiffige Basilika umformen, der unter Honorius III. um 1220 der heutige Bau folgte. – Vor der Kirche erinnert ein Denkmal an Papst Pius XII., der den Opfern eines Bombenangriffs 1943 zu Hilfe geeilt war; in der Vorhalle steht das Grabmal des christlichen Politikers Alcide De Gasperi (Seligsprechungsprozess eingeleitet). Das Triumphbogenmosaik (6. Jh.) zeigt CHRISTUS als Pantokrator; unter dem erhöhten Chor befindet sich ein großer Sarkophag mit den Reliquien des hl. Laurentius, aber auch mit Reliquien des Jerusalemer Protomärtyrers und Diakons Stephanus sowie eines römischen Priestermärtyrers Justinus. Im vorderen Teil des rechten Seitenschiffs befindet sich die Kapelle des hl. Tarsicius (mit seinen Reliquien, wie es in einem Führer heißt). Geht man rechts am Chor vorbei abwärts, gelangt man zu der Ende des 19. Jh. ausgegrabenen Krypta, die den Sarkophag des seligen Papstes Pius IX. birgt. Dieser „Papst der Immaculata“ (+7. Februar 1876) hatte gewünscht, hier beigesetzt zu werden, allerdings war der Schmuck mit Mosaiken auf Goldgrund entgegen seinen testamentarischen Bestimmungen. Zur Seligsprechung am 3.9.2000 war sein unversehrt erhaltender Leib erhoben und neu in einen Glasschrein (Gesicht und Hände mit Metallfolie überzogen) gebettet worden.

 

10. Sozusagen kaum in Rom angekommen, verließen wir die Stadt am nächsten Morgen wieder in Richtung Norden, an Civitavecchia vorbei zum Monte Argentario bei Orbetello (wenige Kilometer von der Insel Giglio entfernt, wo 2012 das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia verunglückt war). Der Monte Argentario ist eine Halbinsel (durch drei Dämme mit der Küste verbunden) rund 150 km nordwestlich von Rom, am Gipfel 635 m hoch. Etwa auf halber Höhe liegt das Passionistenkloster, das den Anfang der Ordensgründung des hl. Paul vom Kreuz bildete. 1728 hatte er sich auf dem Argentario niedergelassen, 1737 war die Kirche eingeweiht worden, in der wir das hl. Messopfer zu Ehren des hl. Paul vom Kreuz feierten. Manche der Heiligen, Seligen und Diener GOTTES, die die Passionisten der Kirche geschenkt haben, verbrachten eine Zeit ihres Weges hier im Ursprungskloster [sel. Lorenz Salvi (1782-12.6.1856, Grab in Vetrella bei Viterbo), sel. Bernhard Silvestrelli (1831-9.12.1911) und der verehrungswürdige Nazareno Santolini (1859-4.1.1930, Grab in der Noviziatskirche auf dem Argentario, ein Stück vom Kloster entfernt). In einem Metallsarkophag in der Kirche des Klosters sind die Reliquien des 15jährigen Passionistennovizen Galileo Nicolini (1882-13.5.1897), dessen heroischer Tugendgrad 1981 vom Papst erklärt wurde (vgl. Das Porträt" in FMG-INFORMATION 110, Dezember 2013, S. 28ff., bzw. „GOTTES Kinder 6“). Unter der Kirche sind neue Räume zugänglich, in denen auch einige Andenken an den Ordensstifter zu sehen sind.

 

11. Nach der Mittagspause im Schatten der Bäume des Klostervorplatzes fuhren wir zunächst zurück und bogen dann in Richtung Viterbo ab. Zunächst aber besuchten wir bei Vitorchiano (Via della Stazione 23, südlich der Schnellstraße, während das Städtchen nördlich liegt) das Trappistinnenkloster, wo in einer geschmackvoll mit beleuchteten Bildern aus römischen Katakomben ausgeschmückten Kapelle die Reliquien der sel. Maria Gabriela Sagheddu ruhen; in einem Nebenraum sind auch verschiedene Gegenstände ausgestellt. Die junge Sardin, 1914 geboren, war zwanzigjährig in Grottaferrata in den Orden eingetreten und hatte drei Jahre später GOTT ihr Leben für die Wiedervereinigung der getrennten Christen angeboten. Nach 15-monatigem Leiden ging sie am Guthirtensonntag (23.4.) 1939 heim; 1957 bei der Übersiedlung des Konvents nach Vitorchiano wurde ihr Körper unversehrt aufgefunden und mit übertragen.

 

12. Im nahen Viterbo, das zeitweise Papstresidenz gewesen war [Papstpalast aus dem 13. Jh. beim Dom S. Lo­renzo], begaben wir uns in die von einer Kuppel gekrönten Klarissenkirche, wo der unverweste, mumifizierte Leib der hl. Rosa in einem Schrein in einem Seitenraum ruht; eine Schwester ließ uns direkt zum Schrein. Eine Reliquienmonstranz birgt das Herz der Heiligen. - Rosa war 18 Jahre alt geworden (1233-6. März ? 1252); schon als Kind Nächstenliebe und Aszese übend, wurde sie Franziskaner-Terziarin (die Aufnahme als Klarissin verweigerte man ihr) und rief ihre Mitbürger zu religiöser und sittlicher Erneuerung auf. Wegen ihres Eintretens für den Papst im Streit mit Kaiser Friedrich II. war sie zeitweise aus der Stadt verbannt worden. Die Heilige wird heute als Stadtheilige mit großem Gepränge gefeiert; auf Fotos sieht man die alle fünf Jahre neu geschaffene „Macchina di Santa Rosa“, einen knapp 30 m hohen, kunstvoll gestalteten Turm, den 100 Träger am Abend des 3. September (der 4.9. wird als Translationstag gefeiert) durch die engen Straßen der Stadt tragen. – Bildtafeln neben dem Schrein berichten von einer Ende der 1990er Jahre vorgenommenen wissenschaftlichen Untersuchung des Leibes der Heiligen.

 

13. Das letzte Ziel dieses Tages war Nepi, ein Städtchen mit knapp 10.000 Einwohnern, das auf einem von Schluchten durchzogenen Tuffplateau liegt und in die etruskische Zeit zurückgeht. Ins Auge fällt ein im 18. Jh. nach antikem Vorbild erbautes Aquädukt (Wasserleitung). Wir suchten nicht die Kathedrale (12. Jh.) auf, sondern die Kirche San Tolomeo e Romano, ein Renaissancebau mit Kuppel nahe dem Gemeindefriedhof und einer Katakombe (4./5.Jh.). Die Kirche ist nach dem 1. Bischof Nepis und Märtyrers Tolomeo benannt, dessen Reliquien unter dem Hochaltar ruhen; davor ist eine liegende Marmorstatue des Märtyrerbischofs. Rechts davon, am Altar der Schmerzhaften Mutter GOTTES, befindet sich das Grab der seligen Cäcilia Eusepi (1910-1.10.1928, vgl. INFO 63 S. 37ff.), einer jungen Heiligen, die in ihrer kindlichen Liebe zu JESUS und ihrem Sich- „klein“, ja als „Clown, der zu nichts taugt“-Fühlen der hl. Theresia von Lisieux verwandt ist. Schon 12jährig schloss sie sich dem Servitenorden, der die Kirche betreut, als Tertiarin an und hatte den Wunsch, in die Mission gesandt zu werden. Doch 16jährig erkrankte sich an Tuberkulose und starb im Alter von 18 Jahren. – Nach Lobpreis GOTTES und der Seligen und Besichtigung der Kirche konnten wir in einem Raum im anschließenden Kloster Erinnerungsgegenstände sehen, dem Sterbebett und Kleidung der Seligen. – Nach der großen Hitze der ersten Wallfahrtstage brachte dieser Nachmittag und auch die folgenden Tage zeitweise Gewitterschauer.

 

14. Am nächsten Morgen fuhren wir von Rom in südlicher Richtung nach Nettuno, das bei einem antiken Hafen entstand und den Namen vom römischen Gott Neptun hat, dem hier ein Tempel geweiht gewesen sein soll. Der Hafenort mit 45.000 Einwohnern war im 2. Weltkrieg hart umkämpft; in der Nähe fand im Januar 1944 die Landungsoperation der Alliierten statt.

Leider mussten an diesem Tag ein paar Personen aus unserer Gruppe in Rom zurückbleiben, da ein Pilgerin sich bei einem Sturz einen Bruch zugezogen hatte und noch am Vorabend in das Aurelia Hospital gebracht worden war; einige Mitpilger besuchten sie nun dankenswerterweise und bemühten sich um die Verständigung und den Kontakt mit den Angehörigen in der Heimat. [Am Abend war sie dann erfolgreich operiert worden und etliche Tage später nach Deutschland gebracht worden.]

Wir feierten in der Krypta der direkt am Meeresstrand gelegenen Wallfahrtskirche der „Madonna delle Grazie“ über dem Schrein unserer Patronin Maria Goretti die hl. Messe. Der Schrein mit der wächsernen Gestalt der Heiligen enthält nach einer Beschreibung „die hauptsächlichen Teile ihres Leibes: den Schädel, die Wirbelsäule, die unteren und oberen Gliedmaßen mit Ausnahme der Elle bzw eines kleinen Knochens aus dem rechten Arm, den man der Mutter der Heiligen gegeben hatte, die ihn nach Corinaldo gebracht hatte; es fehlen auch andere kleine Teile des Körpers, wie (Finger- bzw. Zehen-)Glieder und Rippen, die in kleinen Teilen für weitergegebene Reliquien dienen.“

Am späten Vormittag fuhren wir von Nettuno nach Le Ferriere zu dem Haus, in dem die Familie Goretti und Vater und Sohn Serenelli gewohnt hatten, wo Luigi Goretti im Jahr 1900 an Malaria gestorben war und wo Marietta am 5. Juli 1902 den Angriff Alessandro Serenellis auf ihre Keuschheit zurückgewiesen hatte und in ihrem Blut lag. Von hier aus war sie ins Hospital nach Nettuno gebracht worden, wo sie nach vergeblicher Operation und der ausgesprochenen Vergebung für den Mörder am 6. Juli heimging. - Im Obergeschoß der „Cascina antica“ von Le Ferriere, wo damals die Wohnräume lagen, beteten wir an der Martyriumsstelle und empfahlen unsere Anliegen und die reine, gläubige Erziehung unserer jungen Menschen der Fürsprache der jugendlichen Märtyrin.

In den benachbarten schattigen Anlagen war wiederum die mittägliche Pause, nach der wir zurück in Richtung Rom fuhren.

 

15. Nächster Halt war im Süden Roms das Heiligtum der „Madonna del Divino Amore“. Ursprung des Heiligtums war ein Fresko aus dem 14. Jh. am erhaltenen Turm einer früheren Festung, zu dem sich um 1740 ein Wanderer vor verwilderten Hunden flüchtete und Rettung erfuhr. Aufgrund der zunehmenden Verehrung erstand 1745 ein Kirchlein, in das das Fresko gebracht wurde; 1883 krönte man das Bild. Das Heiligtum wurde 1930 der Verwahrlosung entrissen durch einen Priester, Don Umberto Terenzi, der die Wallfahrt förderte, eine Schwesternkongregation für Waisenkinder und später eine Ge­meinschaft von Priesteroblaten gründete. 1974 starb er eines heiligmäßigen Todes; sein Grab ist in der Krypta unter der kleinen Wallfahrtskirche, einer alten Zisterne (2008 wurde sein Seligsprechungsprozess eingelei­tet). Als im 2. Weltkrieg das römische Stadtviertel bei S. Lorenzo durch alliierte Bomben zerstört wurde, gelobten die Römer unter Führung von Pius XII. im Juni 1944 in S. Ignazio vor dem dorthin gebrachten Gnadenbild der „Madonna von der GÖTTlichen Liebe“, ihr ein neues Heiligtum zu errichten, wenn Rom von weiteren Bombenangriffen verschont bliebe. Von 1991 an wurde dieses Versprechen erfüllt; die Fertigstellung war zum Hl. Jahr 2000. Uns bot sich ein viel­gestaltiges Gelände dar: die alte Wallfahrtskirche auf dem Hügel mit dem Gnadenbild und umliegenden Gebäuden, darin u. a. eine Marienausstellung, der alte Turm, ein großes neues modern gestaltetes Heiligtum mit Anbetungskapelle und Beichtkapelle am Fuß des Hügels, Pilgerhaus usw., auch Sportplätze für die Pfarrjugend. Übrigens pilgern von Ostern bis Oktober römische Gläubige jeden Sonntagmorgen in einer Nachtwallfahrt hierher.

In die Krypta wurden im Herbst 2001 anlässlich ihrer Seligsprechung durch den hl. Papst Johannes Paul II. auch die Reliquien des römischen Ehepaares Luigi Beltrame Quattrocchi und Maria, geb. Corsini (1880-1951 bzw. 1884-1965) gebracht (vgl. „Porträt“ in FMG-INFORMATION 76), vorher waren sie im Trappistinnenkloster Vitorchiano  (siehe oben Nr. 11) beigesetzt, offenbar aufgrund der Zugehörigkeit ihres Sohnes Paolino zum Trappistenorden. - Luigi Beltrame, in Catania geboren, wuchs als Jugendlicher bei einem Onkel in Rom auf und fügte aus Dankbarkeit dessen Namen Quattrocchi seinem Familiennamen an. Er studierte Jura und wirkte als Staatsanwalt, aber auch in vielen anderen öffentlichen ehrenamtlichen Tätigkeiten. 1905 schloss er mit Maria Corsini die Ehe, aus der vier Kinder hervorgingen, von denen drei einer geistlichen Berufung folgten. Luigi engagierte sich im Apostolat in verschiedenen katholischen Vereinigungen, lebte einen festen, strahlenden Glauben und starb 71jährige am 9.11.1951 in Rom. Seine Frau, 1884 in Florenz geboren, wuchs von 1893 an in Rom auf, schloss ihre Schulausbildung mit einem Diplom und beherrschte mehrere Fremdsprachen. Bei der 4. Schwangerschaft prognostizierten die Ärzte eine geringe Überlebenschance für sie und das Kind; die empfohlene Abtreibung wies sie entschieden zurück und wurde im Vertrauen auf GOTT mit der gesunden Entbindung ihrer Tochter belohnt. Auch sie engagierte sich in apostolischen und caritativen Aufgaben, aber auch im Schriftenapostolat, wuchs aber auch in ihrem inneren geistlichen Leben, wie ihr Mann genährt aus der hl. Eucharistie, dem Bußsakrament, der Herz-JESU- und Marienverehrung und der Hl. Schrift. Sie lebte nach dem Heimgang des Mannes in Einfachheit, Mildtätigkeit, Gebet und vielfältigen Engagements, die mit zunehmenden Alter eingeschränkt werden mussten. Am 25.8.1965 starb sie 81jährig.

 

16. Vom Santuario Madonna del Divino Amore aus fuhren wir dann in die Innenstadt und besuchten die „Heilige Stiege“, und die Basiliken San Giovanni in Laterano und Santa Croce in Gerusalemme.

Die „Scala Santa“ gehört zwar zur Lateranbasilika, liegt aber heute auf der anderen Straßenseite. Sie besteht aus 28 Marmorstufen (1723 mit Nussbaumholz überkleidet, mit drei Öffnungen, die den Marmor mit dunklen Flecken zeigen, die von den Blutspuren JESU stammen sollen), und man steigt sie aus Ehrfurcht nur kniend und in Bußgesinnung hinauf. Der Überlieferung nach stammen sie aus dem Gerichtshof des Pilatus in Jerusalem und kamen durch Kaiserin Helena nach Rom, da sie überzeugt war, dass CHRISTUS bei Verhör und Verurteilung über diese Stufen geführt worden ist. Sie war im Lateranpalast eine Ehrentreppe zur Audienzaula und Ort, wo öffentliche Sünder Buße taten; die Päpste statteten sie mit Ablässen aus und hielten auf ihr Bußandachten ab. Als im Auftrag von Sixtus V. der alte Lateranpalast abgerissen wurde, übertrug Architekt Fontana 1589 die Treppe in ein eigens errichtetes Gebäude. Die Scala Santa (und seitliche Ersatztreppen) führen hinauf zur „Sancta Sanctorum“ genannten Kapelle, die ursprünglich die Hauskapelle der Päpste war, als diese noch im Lateranpalast wohnten. Sie birgt über dem Altar eine uralte, „nicht von Menschenhand gemalte“ CHRISTUSikone und ist mit erst vor einigen Jahren unter Übermalungen freigelegten Fresken aus dem 13. Jh. ausgemalt. – An der Südseite des Gebäudes der Scala Santa befindet sich das sogenannte Leonische Triclinium, Teil eines ehemaligen Speisesaals des Papstpalastes (um 800); die eindrucksvolle Außenapsis trägt ein im 18. Jh. rekonstruiertes Mosaik, das u.a. den Missionsbefehl JESU an die Apostel und die Schlüsselübergabe an Petrus darstellt.

 

17. Der heutige Lateranpalast stammt aus dem 16. Jh. (enthält heute die Verwaltung der Diözese Rom) und grenzt direkt an die Lateranbasilika. Diese, die eigentliche Bischofskirche des Papstes und darum, laut Inschrift, „Mater et Caput Omnium Ecclesiarum Urbis et Orbis“ („Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises“) wurde unmittelbar nach dem Mailänder Edikt 313 von Kaiser Konstantin zu Ehren des Erlösers („Basilica Salvatoris“) gegründet (auf dem Gelände der römischen Familie der „Laterani“); im 7. Jh. unterstellte sie Papst Gregor der Große dem Schutz Johannes des Täufers und trägt daher seither den Namen „San Giovanni in Laterano“. Ihre entscheidende Neugestaltung erfuhr die Kirche unter Innozenz X. zum Hl. Jahr 1650 durch Francesco Borromini, der die fünfschiffige Basilika in eine Barockkirche umwandelte. Schon 1589 hatte Fontana dem nördlichen Seitenschiff eine Vorhalle vorgesetzt mit einer Benediktionsloggia des Papstes. Sie geht zur Piazza S. Giovanni hinaus, auf dem der größte und älteste Obelisk Roms steht (31 m, mit Sockel 47 m; im 15. Jh. vor Chr. in Ägypten geschaffen, 357 nach Rom zum Circus Maximus gebracht). Von dort aus erreicht man auch das Baptisterium des Lateran, S. Giovanni in Fonte, einen achteckigen Bau, um 315 vermutlich rund errichtet und um 440 zum Oktogon umgebaut. - Um 1735 wurde die monumentale rückwärtige Hauptfassade der Lateranbasilika (mit 15 großen Statuen CHRISTI, der beiden Johannes [Täufer und Evang.] und der Kirchenväter) hinzugefügt und 1886 der Chorraum vergrößert. Die 130 m lange Kirche – das mittlere der fünf Schiffe ist 87 m lang und 16 m breit und wird von gut 4 m hohen, je aus einem einzigen Marmorblock geschaffenen Apostelstatuen flankiert. In der Vierung steht der Papstaltar mit der vorgebauten Vertiefung der Confessio; im tabernakelartigen gotischen Baldachin sind zwei Reliquiare sichtbar, die die Köpfe der hl. Petrus und Paulus bergen. Das Mosaik in der Apsis (um 1290) umgibt das CHRISTUSmosaik aus dem 4. Jh.

 

18. Von der Lateranbasilika wanderten wir dann zur Basilika Santa Croce, die „in Jerusalem“ genannt wird, weil Kaiserin Helena zusammen mit Passionsreliquien auch Erde vom Kalvarienberg hierher brachte und unter dem Bau (genauer der Kapelle der hl. Helena) ausstreuen ließ. Sie entstand aus dem im 3. Jh. errichteten Palast Sessorium um 330; die barocke Umgestaltung erfolgte im 18. Jh. Die Passionsreliquien waren im 16. Jh. aus der Helena-Kapelle in einen darüber liegenden Raum und wegen des Pilgerstroms in eine zwischen 1930 und 1952 neugeschaffene Kapelle gebracht worden. Zu sehen ist ein Teil der Kreuzesinschrift JESU („Titulus“), drei Fragmente des Kreuzes, ein hl. Nagel vom Kreuz, zwei Dornen der Dornenkrone, der Finger des Apostels Thomas sowie Fragmente der Geißelsäule, der Geburtsgrotte und des Hl. Grabes. Früher wurde auch der Querbalken des rechten Schächers (Dismas) gezeigt.

Gleich nach dem links vorne in der Hl.-Kreuz-Basilika befindlichen Zugang zur Reliquienkapelle führt eine Tür in einen kleinen Raum mit dem Grab des 6jährig gestorbenen verehrungswürdigen Mädchens Antonietta Meo („Nennolina“), die im Zug des Seligsprechungsverfahrens 1999 hierher (als ihre Pfarrkirche) überführt wurden. Das kurze Leben Nennolinas (15.12.1930-3.7.1937) beeindrucken - als Fünfjährige war sie an Knochenkrebs erkrankt, hatte ein Bein amputiert bekommen und dokumentierte ihre tiefe CHRISTUSliebe, Glaubenskraft und geistige Reife in rund 150 erhaltenen Briefchen an JESUS und Maria (vgl. „Porträt“ in FMG-INFORMATION 72 bzw. in „GOTTES Kinder 2“).

Damit war das Programm des fünften Wallfahrtstages erfüllt und wir sammelten neue Kräfte für den folgenden Tag, der uns ein Stück weit zu Fuß zu einigen römischen Kirchen führte, darunter S. Maria Maggiore.

 

19. Mit unserem Pilgerbus fuhren wir am Samstag früh in die Nähe des Hauptbahnhofs Termini und wanderten dann, an der Kirche S. Maria degli Angeli vorbei (1561 u.a. durch Michelangelo in einem Teil der großen Diokletiansthermen erbaut) zur Kirche Santa Maria della Vittoria (Via XX Settembre), anfangs des 17. Jh. von Carlo Maderna für den Karmelitenorden errichtet. Ihr Name leitet sich ab von dem der GOTTESmutter verdankten Sieg des kräftemäßig unterlegenen katholischen Heeres am 8.11.1620 in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag. Der Karmelit Dominicus di GESU e Maria hatte nach der Überlieferung ein kleines Bild dabei, das er in einer Kapelle gefunden hatte und bei dem der GOTTESmutter und den anderen Figuren, außer dem JESUSkind, die Augen ausgekratzt waren; vom Bild ausgehende gleißende Strahlen schlugen die Gegner in die Flucht. Am 8. Mai 1622 wurde das Bildnis in feierlicher Prozession von S. Maria Maggiore aus hierher getragen (das Bild am Hauptaltar wurde 1833 durch einen Brand zerstört und durch eine Kopie ersetzt). Kunstgeschichtlich berühmt ist die reich ausgeschmückte Kirche durch ein Meisterwerk Berninis, die Ekstase der hl. Theresia von Avila, von ihr in ihrer Autobiographie beschrieben, wobei ein Engel ihr Herz mit einem Pfeil verwundet. Aber auch eine Marmorskulptur von Domenico Guidi „Der Traum des hl. Joseph“ (17. Jh.) ist beeindruckend, und ein Gemälde von Domenichino „Maria überreicht dem hl. Franziskus das JESUSkind“. [Wir entdeckten in der Kirche auch die Grabinschrift eines 1719 20jährig in Rom verstorbenen Sohnes Philipp Moritz des Bayerischen Kurfürsten Max Emanuel.]

 

20. Ein paar Schritte entfernt steht die Kirche Santa Susanna alla Terme di Diocleziano, die leider wegen Renovation verschlossen war. Der Überlieferung nach liegt sie an der Stelle des Wohnhauses des Onkels Susannas, des Papstes Caius; Susanna soll hier 304 das Martyrium erlitten haben; der heutige Kirchenbau mit einer berühmten Fassade geht vor allem auf Maderno (1592) zurück. Die Kirche von Zister­zienserinnen ist die US-amerikanische Nationalkirche in Rom.

Fast gegenüber steht die Kirche San Bernardo alle Terme, ein Rundbau mit Kuppel, der 1600 durch die Klosterstiftung (Feuillantenorden) einer Nichte von Papst Julius III., Caterina Nobili, am Gelände der Diokletians-Termen erbaut worden ist. Heute sind dort Zisterzienser. Gemälde (1700) stellen den hl. Bernhard von Clairvaux dar, wie ihn CHRISTUS vom Kreuz herab umarmt, und den hl. Robert von Molesme mit der GOTTESmutter. Mit Interesse nahmen wir auch wahr, dass die Kirche 1946 anlässlich der Erhebung zum Kardinal durch Pius XII. dem sel. Münsteraner Bischof Clemens August Kardinal von Galen als Titelkirche zugeteilt worden war. Eine Inschrift erinnert daran.

 

21. Erstes „Hauptziel“ dieses Tages war dann die Kirche Sant‘ Andrea al Quirinale, ein kleines Meisterwerk Berninis, der die Kirche von 1658-1678 im Auftrag von Kardinal Camillo Pamphilj erbaute als Kirche des Jesui­tennoviziats. Sie hat, dem vorhandenen Platz entsprechend, einen ovalen Grundriss. Zur Fassade führt eine halbrunde Treppenanlage hinauf. Das reich mit vergoldetem Stuck und kostbarem Marmor geschmückte Innere ist ganz auf den Altarraum ausgerichtet. Das Altarbild stellt die Kreuzigung des hl. Andreas dar, der wiederum als Stuckskulptur am säulengestützten Giebel darüber durch die Kuppel in den Himmel aufzusteigen scheint. Einige der Seitenaltäre sind Jesuitenheiligen gewidmet: Franz Xaver, Ignatius von Loyola und Stanislaus Kostka, dessen Reliquien in einer Urne unter dem Altar aufbewahrt werden. Altarbild und seitliche Gemälde stellen Szenen aus seinem Leben dar. Ihm zu Ehren feierten wir hier die hl. Messe und besuchten dann im 1. Stock die sog. Zimmer des Heiligen, in denen eine Reihe von Erinnerungsgegenständen und Gemälden aufbewahrt werden. Die Räume wurden später dort errichtet, wo der Jugendheilige einige Monate als Novize der Gesellschaft JESU gelebt hatte und wo er am 15. August 1568 im Alter von 18 Jahren gestorben war. Eine Statue aus mehrfarbigem Marmor stellt den Tod des Heiligen dar. 1550 in Polen geboren, aus dem Hochadel, war Stanislaus dreizehnjährig mit Hauslehrer und älterem Bruder zum Studium am Jesui­tenkolleg in Wien gereist. Der fleißige, begabte Schüler zeichnete sich durch Frömmigkeit und Reinheit der Sitten aus und hatte sehr unter Beschimpfungen und Misshandlungen zu leiden; in einer schweren Erkrankung erfuhr er die Hilfe Mariens und der hl. Engel. Da seine Familie seine Sehnsucht nach dem Ordensstand nicht billigte, floh Stanislaus schließlich nach Augsburg und Dillingen, von wo ihn der hl. Petrus Canisius dann zum SJ-General Franz Borgia nach Rom sandte zur Aufnahme in das Noviziat der Gesellschaft JESU (sein Empfehlungsschreiben ist in den Zimmern ausgestellt). Ein dreiviertel Jahr später starb er am 15. August 1568; sein Gedenken wird am 13. November gefeiert.

 

22. Auf dem Weg nach Sant‘ Andrea waren wir zunächst an der Kirche San Carlino alle Quattro Fontane vorbeigegangen; nun nach der hl. Messe suchten wir diese kleine Kirche auf, die auf engem Raum neben einer Straßenkreuzung mit vier Brunnen als Kleinod des römischen Barock von dem genialen Architekten Francesco Borromini von 1634 bis 1641 für die Niederlassung des spanischen Trinitarierordens erbaut wurde (die Fassade wurde erst 1677, nach dem Tod Borrominis 1667, nach seinem Plan vollendet), dem hl. Karl Borromäus geweiht, den das Altarbild zeigt. Auf einer Grundfläche, die nicht größer ist als ein Vierungspfeiler im Petersdom, schuf der Architekt einen Raum mit ovaler Kuppel, deren Kassetten die Raumhöhe illusionistisch vergrößern, während der Raum durch ein Gegeneinander von konkaven und konvexen Wandelemente geprägt ist. In einer Seitenkapelle links steht der Sarkophag der 1994 seliggesprochenen Familienmutter Elisabeth Canori Mora. Aus vornehmer Familie stammend und gläubig erzogen, heiratete sie 22jährig den Juristen Cristofero Mora, der sie sehr eifersüchtig einengte, anderseits aber selber 25 Jahre lang eine ehebrecherische Beziehung pflegte. Elisabeth ließ sich in der Treue zu ihrem untreuen Gatten nicht erschüttern, sie betete und opferte für ihren Mann, der immer wieder gemachte Versprechen der Umkehr nicht einhielt. Sie stand auch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu ihm. Elisabeth erkrankte schwer und führte nun noch mehr ein bescheidenes, ganz auf den Willen GOTTES ausgerichtetes Leben, dem GOTT mit mystischen Gnaden und Schauungen antwortete. Sie hatte sich auch dem 3. Orden der Trinitarier angeschlossen und war nicht nur Helferin von Armen, sondern auch Ratgeberin in materiellen wie geistlichen Dingen. Im Ordensgewand starb sie im Beisein ihrer Töchter am 5. Februar 1825. Nach ihrem Tod befreite sich ihr Gatte nicht nur aus seiner ehebrecherischen Leidenschaft, sondern bekehrte sich vollständig, wurde später sogar Ordensmann und Priester (vgl. Porträt in FMG-INFORMATION 53). – Im Konvent bei S. Carlino lebte übrigens auch einige Jahre der 1983 seliggesprochene spanische Ordensmann Dominik Iturrate Zubero (1901-8.4.1927).

 

23. Von San Carlino richteten wir unseren Weg dann zur Patriarchalbasilika Santa Maria Maggiore – mit dem am Sonntag besuchten Petersdom waren es bei unserer dies­jährigen Pilgerfahrt immerhin fünf von den sieben Pilgerkirchen (Lateran, St. Peter, St. Paul, S. Maria Maggiore, S. Croce, S. Lorenzo, S. Sebastiano) und eine Reihe anderer kostbarer Kirchen. Während einer langen Mittagszeit war Gelegenheit, sich in der Nähe zu stärken, das große Marienheiligtum zu erforschen und betend drinnen zu verweilen. Die Überlieferung erzählt, dass Papst Liberius (352-366) und ein römischer Patrizier gleichzeitig im Hochsommer 352 im Traum den Auftrag Mariens empfingen, dort eine Kirche zu erbauen, wo es schneien werde – und am 5. August kennzeichnete das Schnee-Wunder den Grundriss der Basilika – daher der Name „Maria Schnee“. Geschichtlich nachgewiesen sind die Ursprünge der Marienkirche ein Jahrhundert später, als 431 auf dem Konzil von Ephesus der Titel der „GOTTESgebärerin“ für Maria, die Mutter des GOTTmenschen JESUS CHRISTUS, bestätigt wurde. Papst Six­tus III. (432-440) ließ eine dreischiffige Marienkirche errichten, die in den folgenden eineinhalb Jahrtausenden vielfache Veränderungen und Erweiterungen erfuhr (13. Jh.: Apsis und Querschiffe, 14. Jh.: Glockenturm 75 m, 16. Jh.: mehrere Kapellen an den Seitenschiffen, 1613 Säule aus der Maxentius-Basilika vor der Hauptfassade – mit Marienstatue; 1673 Apsisfassade und Freitreppe – der Obelisk wurde schon 1587 dort aufgestellt usw.). Im Innern trennen 40 ionische Säulen das breite Mittelschiff (70 m lang) von den Seitenschiffen. Papst Alexander VI. (1492-1503) ließ die kunstvolle Kassettendecke schaffen, mit dem ersten Gold aus Amerika vergoldet. Den Triumphbogen schmücken Mosaike aus dem 5. Jh. mit Szenen aus dem Leben JESU. Das Apsismosaik (1295) zeigt die Krönung Mariens durch ihren GÖTTlichen Sohn. Dem rechten Seitenschiff wurde im 15. Jh. von Fontana die Cappella Sistina (nach Sixtus V., dort sein Grabmal) angefügt (in der Mitte tempelartiger Tabernakel, darunter das sog. Krippenoratorium mit Figuren der Krippenszene; links der Sarkophag des hl. Papstes Pius V., +1.5.1572, unter dem mit Hilfe Mariens in der See­schlacht von Lepanto 1571 der osmanische Angriff abgewehrt wurde; auch die Reliquien des hl. Hieronymus -420 wurden in S. Maria Maggiore beigesetzt, doch ist die genaue Stelle nicht mehr bekannt). Anfangs des 16. Jh. stellte Paul V. Borghese der Sistina die Cappella Paolina links gegenüber; sie birgt das Gnadenbild Mariens, „Salus Populi Romani“ („Heil des römischen Volkes“, eine byzantinische, dem hl. Lukas zugeschriebene, aber wohl jüngere Ikone; das Marmorrelief darüber zeigt das Schneewunder). In der Confessio vor dem zentralen Papstaltar mit Baldachin (1740); in der Confessio werden Holzfragmente der Krippe von Bethlehem verehrt, dahinter kniet der sel. Pius IX., der „Papst der Immaculata“, im Gebet (Statue 1883).

 

24. Rund 150 m von S. Maria Maggiore auf der Via Merulana in Richtung Lateran steht links die Kirche Sant‘ Alfonso all‘ Esquilino, geweiht dem hl. Alfons von Liguori, dem Gründer der Redemptoristen, deren Generalat sich dort befindet. Die dreischiffige neugotische Basilika (1859) beherbergt das Original des Gnadenbilds Unserer Lieben Frau von der Immerwährenden Hilfe, zentral über dem Hauptaltar. Es handelt sich um eine byzantinische Ikone der Madonna mit Kind und zwei Engeln mit Leidenswerkzeugen, wohl von der Insel Kreta im 14. Jh. nach Rom gekommen in eine in der Nähe gelegene Kirche San Matteo, die 1808 durch die Truppen Napoleons zerstört wurde. Das Marienbild kam an andere Stationen und geriet in Vergessenheit, bis ein Redemptorist, der früher in S. Matteo Ministrant gewesen war, sich des Bildes erinnerte und der Generalobere der Redemptoristen das Gnadenbild von Pius IX. erbat. Hierher lenkten wir zunächst unsere Schritte, um nach dem Gebet und dem üblichen Schauen nach Bildchen und Andenken einen kleinen Bogen rückwärts einzuschlagen…

 

25. …hin zur Basilika Santa Prassede, die bereits im 5. Jh. nachgewiesen ist und der hl. Praxedis geweiht ist. Nach der Überlieferung waren sie und ihre Schwester Pudenziana Töchter des Senators Pudens, der dem hl. Petrus eine Zeitlang Quartier gegeben hat. Unter Papst Paschalis I. (817-824) wurde die Kirche zur dreischiffigen Basilika ausgebaut; er übertrug hierhin aus den römischen Katakomben die Körper von ca. 2000 Märtyrern. Das Apsismosaik aus dem 9. Jh. zeigt CHRISTUS zwischen Petrus und Paulus, Pudenziana und Praxedis, Zenon und dem auftraggebenden Papst, darunter das LAMM auf dem Paradiesberg, von 12 Lämmern=Aposteln flankiert. Aus derselben Zeit stammen die Mosaike am Apsisbogen (24 Älteste vor dem LAMM) und am Triumphbogen (himmlisches Jerusalem). Die kleine Krypta unter dem Hauptaltar enthält vier Sarkophage, deren einer die Reliquien der hll. Praxedis und Pudenziana ent­hält. Besonders prächtig erstrahlen in der Beleuchtung die Mosaike vor und in der Kapelle des hl. Zeno neben dem rechten Seitenschiff. Diese Grabkapelle wurde von Papst Paschalis I. für seine Mutter Teodora und den hl. Zeno in Auftrag gegeben. In einem kleinen Raum daneben befindet sich die 1223 aus Jerusalem mitgebrachte Säule der Geißelung. – In der Nähe von S. Maria Maggiore nahm uns dann am späten Samstagnachmittag unser Bus wieder auf und brachte uns in unser Quartier.

 

26. Am Sonntagmorgen feierten wir in unserem Haus die hl. Messe zum DREIFALTIGKEITsfest und beluden nach dem Frühstück wieder unseren Pilgerbus, der uns in die Nähe des Petersplatzes brachte. Beim Aussteigen und Anstellen zum Einlass in den St. Petersdom überraschte uns ein ordentlicher Regenschauer. Als wir kurz vor 12 Uhr das zentrale vatikanische Heiligtum wieder verließen, war der Himmel bewölkt, aber trocken.

Schon während wir uns kurz nach 9 Uhr in die Schlange der Besucher stellten, konnten man beobachten, wie die Zahl der Ankommenden wuchs, doch der gewaltige Dom (innen 186 m lang, 27 m breit) kann ja viele Tausende aufnehmen. An manchen Altären wurde das heilige Messopfer dargebracht, insbesondere am Altar unter der Kathedra und dem Fenster mit der HL.-GEIST-Gloriole, so dass der Zugang zur Confessio vor dem Papstaltar über dem Petrusgrab leider nicht möglich war. Doch konnten wir uns den Grabaltären von Pius X., Johannes XXIII., Johannes Paul II., Innozenz XI. nähern, aber auch z. B. im linken Querschiff vor dem Allerheiligsten auf dem Josefsaltar beten, wo sich Reliquien der Apostel Simon und Judas Thaddäus befinden, aber auch die Gräber anderer hl. Päpste nahe sind.

Zum Angelusgebet, das Papst Franziskus vom gewohnten Fenster aus mit einer kurzen Ansprache eröffnete, hatte sich der Petersplatz ziemlich gefüllt. Franziskus bezog sich auf das Hochfest der allerheiligsten DREIFALTIGKEIT – „in der DREIFALTIGKEIT erkennen wir das Vorbild der Kirche, in der wir berufen sind, einander zu lieben, wie JESUS uns geliebt hat… Die Eucharistie ist wie der ‚brennende Dornbusch‘, in dem die DREIFALTIGKEIT demütig wohnt und sich mitteilt“. Der Papst lud zum Fronleichnamsfest und zur Prozession vom Lateran nach S. Maria Maggiore ein (an der er selber dann allerdings nicht teilnahm) und äußerte in den Sätzen nach dem Angelus-Gebet seine große Sorge wegen der Entwicklung im Irak und betete dafür auf Italienisch ein Ave Maria, er kündigte seinen Besuch in Albanien im  September an und richtete Grußworte an verschiedene Gruppen der Anwesenden.

 

27. Wir verließen nun Rom, machten nördlich der Stadt an der Autobahn Mittagsrast und steuerten dann den Ort Gallese (bei Orte, 67 km nördlich von Rom, an). Der dortige Pfarrer, durch eine vorherige Anfrage informiert, empfing voll Freude eine deutsche Gruppe an der Kirche des aus Köln stammenden, aber in Deutschland weithin unbekannten Heiligen St. Famian. Er wurde um 1090 in Köln als Gerhard in adeliger Familie geboren; die Überlieferung nennt seine Eltern Gotescalco (Gottschalk?) und Guimara (Wilmara?). Als junger Mann pilgerte er nach Rom, zu anderen Heiligtümern Italiens und nach Santiago de Compostela. Er lebte in Spanien 25 Jahre als Einsiedler und schloss sich dann dem neu entstandenen Zisterzienserorden an. Auf der Rückreise von einer Jerusalem-Wallfahrt blieb er erkrankt in Gallese am Tiber, das an einer Verbindungsstraße zwischen der Via Flaminia und der Via Cassia lag, und starb hier am 8. Au­gust 1150. Famian wird in Spanien und in Italien verehrt, für Gallese ist er der vielverehrte Stadtpatron. Den Name Fami­an erhielt der Einsiedler und Mönch aufgrund des Ruhmes, den sein Leben und die Wunder an seinem Grab hervorriefen. Er wurde von Papst Hadrian IV. 1154 unter diesem Namen Fabian heiliggesprochen. Sein Leib wurde in einer Grotte bewahrt, die in der Krypta der 1285 erbauten heutigen Basilika aufging, unterhalb des Städtchens Gallese gelegen. In einem Sarkophag liegt sein 1723 unversehrt vorgefundener Leib. Das Haupt, allerdings von einer Maske umhüllt, ist sichtbar. Einige Kilometer entfernt gibt es noch ein kleines ihm geweihtes Kirchlein bei einer Quelle, die der Heilige nach der Überlieferung am 17. Juli 1150 entspringen ließ; am 17. Juli findet dorthin jedes Jahr eine Wallfahrt statt. Für die Verehrung des Heiligen und für die beiden Kirchen sorgt eine alte, 1990 erneuerte Bruderschaft. Nach Gebet und Loblied im Heiligtum dieses verborgenen deutschen Heiligen verabschiedeten wir uns und ließen uns von unserem Pilgerbus zum letzten Übernachtungsort im Apennin zwischen Florenz und Bologna bringen, wo der Dauerregen und die Höhenlage die Temperatur empfindlich abgekühlt hatten.

 

28. Letzte Station unserer Pilgerfahrt 2014 war am folgenden Morgen – noch bei teilweise regnerischem Wet­ter – das Dorf San Valentino bei Castellarano südlich von Modena, in einer sehr hügeligen Landschaft gelegen. In der kleinen Dorfkirche, in der der selige Rolando Rivi getauft worden war – das Taufbecken ist zu sehen – und ministriert hat, steht unter dem Zelebrationsaltar sein Holzschrein; das Relief darauf zeigt den Seminaristen und Märtyrer zwischen Maria und CHRISTUS, und ein Engel bringt die Märtyrerkrone herbei. Wir feierten zur Ehre dieses 14jährigen Märtyrers die hl. Messe. Im Tagesgebet heißt es ungefähr: „Allmächtiger, ewiger GOTT, Du hast Roland den Wunsch eingegeben, ganz JESUS zu gehören bis hin zum Opfer seines jungen Lebens; gewähre uns auf seine Fürsprache die Gaben Deines GEISTES, so dass wir, wo immer die Menschenwürde und die Glaubensfreiheit mit Füßen getreten werden, Zeugen der Wahrheit und der Liebe sind. Durch unseren HERRN JESUS CHRISTUS, Deinen SOHN, der GOTT ist und mit Dir in der Einheit des HL. GEISTES lebt und regiert in alle Ewigkeit.“ So sollte dieses Wort Rolandos „Ich gehöre zu JESUS, ich gehöre JESUS“ auch unser Leben prägen. – Nach der hl. Messe konnten wir das kleine, aber eindrucksvolle Museum anschauen, das man in einem Nebengebäude eingerichtet hat. Ausgestellt ist z. B. ein Stück einer von seiner Mutter gestrickten Wollweste, von seinem Blut getränkt; ein Holzfragment der Kiste, in der der Leichnam des jungen Märtyrers zunächst bestattet worden war; das Apostolische Schreiben von Papst Franziskus zur Seligsprechung; ein Bildkreuzweg, durch dessen Gebet und Betrachtung der Vater Rolandos nach dessen Ermordung die Kraft zur Vergebung fand; der handschriftliche Bericht des Vaters über die Ereignisse; ein Talar, wie ihn die Seminaristen damals trugen und ein dazugehöriger Hut; ein Buch Rolandos, die Flagge der Partisanen, verschiedene Fotos und Bild-Text-Tafeln usw. Hinter der Kirche sieht man über der Mauer des gegenüberliegenden Friedhofs auf einer Anhöhe ein Gehöft, das das Elternhaus Rolandos war. – Rolando Rivi, 7. Januar 1931 geboren, war am 10. April 1945 von kommunistischen Partisanen verschleppt und nach Misshandlungen am 13. April erschossen worden, weil das Zeugnis für CHRISTUS, das er durch sein Dasein und seinen Wunsch, Priester zu werden, gab, unerwünscht war. Am 5.10.2013 wurde er in Modena seliggesprochen (vgl. Porträt in FMG-INFORMATION 109, Juli 2013, S. 39-42 bzw. in „GOTTES Kinder 6“). Sein Gedenktag ist der 29. Mai, der Tag seiner Beisetzung im Heimatort.

Mit vielen Eindrücken von den Heiligen und Heiligtümern früherer Jahrhunderte wie von den jungen CHRISTUSzeugen wie Galileo Nicolini, Maria Goretti, Antonietta Meo und Rolando Rivi fuhren wir über den Brenner wieder in die Heimat zurück, dankbar für die Gnaden dieser Wallfahrtstage.

 

 

 

Zurück