Erfahrungen mit der Schulsexual„erziehung“

  

(Aus: FMG-INFORMATION 108, April 2013)

 

 

Den Erziehern wird im Dokument des Päpstlichen Rates für die Familie „Menschliche Sexualität: Wahrheit und Bedeutung“ (8.12.1995) ans Herz gelegt, „das Recht des Kindes, sich von jeglicher Form außerfamiliären sexualkundlichen Unterrichts fernzuhalten, zu respektieren“ (Nr. 120).

„Diese der Familie vorbehaltene Aufgabe [ihre Kinder mit den Geheimnissen des menschlichen Lebens vertraut zu machen] beinhaltet für die Eltern das Recht, dass ihre Kinder nicht verpflichtet werden können, in der Schule Unterrichtsstunden zu diesem Thema beizuwohnen, wenn sie mit ihren eigenen religiösen und moralischen Überzeugungen nicht übereinstimmen.“ (Nr. 64)

„Es wird den Eltern empfohlen, mit Aufmerksamkeit jede Form der sexuellen Information zu verfolgen, die ihren Kindern außerhalb von zu Hause erteilt wird, und sie davon fernzuhalten, wenn diese ihren eigenen Grundsätzen nicht entspricht. Diese Entscheidung der Eltern darf jedoch kein Anlass zur Zurücksetzung der Kinder sein.“ (Nr. 117)

 

Diese Rubrik dokumentiert den oft mühsamen Kampf einzelner Eltern, ihre Kinder vor einer schulischen Sexual„erziehung“ (SE) zu bewahren, die ihrer christlichen Gewissensüberzeugung widerspricht, und berichtet von der Realität der SchulSE, ergänzt um einige Berichte aus anderen Ländern.

 

 

1. Prüfung über SE-Inhalte nicht erlaubt

Bayern, Realschule, 7. Klasse

Der Biologielehrer war schon mehrfach mit anzüglichen, die Reinheit verletzenden Bemerkungen aufgefallen, z. B. hatte er, als die menschliche Haut besprochen worden ist, Praktiken in Bordellen erwähnt, bei denen sich Menschen mit Peitschen schlagen ließen. Als Eltern deshalb den Rektor ansprachen, verwies er sie darauf, das mit dem Biologielehrer selber zu klären. Allerdings sprach der Rektor offenbar auch den Biologielehrer an, weil dieser sich bei einer Schülerin darüber beschwerte. Dieser Biologielehrer kündigte nun in der Klasse die bevorstehende SchulSE an, wozu auch gehören werde, dass die Schüler das Aufziehen von Kondomen an Modellen männlicher Geschlechtsteile üben sollten. (In einer Parallel­klasse hatte ein Mädchen diesbezüglich geäußert: „Das war eklig!“) Auf seine Frage, wer SE wolle, bejahte nur ein Schüler; doch der Lehrer erwiderte: „Ich mache es trotzdem, weil so viele schwanger werden.“ Er fragte seine Klasse auch, wann sie glaubten, mit Sex zu beginnen. Manche sagten: „Ab jetzt!“ (Es handelt sich um 13-, 14-Jährige!) Als ein Mädchen meinte: „Ab 18 Jahren“, war die Reaktion des Lehrers: „So spät?“

Weil der Biologielehrer auch eine schriftliche Probearbeit („Ex“) vorhersagte (was in Bayern nicht erlaubt ist), wandten sich zwei Personen an den zuständigen Referenten im Kultusministerium. Dieser verteidigte erst die Haltung des Lehrers, eine Arbeit schreiben zu lassen. Erst nachdem er auf die entsprechende Formulierung in einer kultusministeriellen Anweisung hingewiesen wurde und sich vergewissert hatte, ließ er sich überzeugen, machte sogar den Kollegen für eine andere Schulart darauf aufmerksam, und setzte sich mit der betreffenden Lehrkraft in Kontakt (er untersagte Leistungsnachweise und forderte eine rechtzeitige Information der Eltern). Den Schülern gegenüber äußerte sich der Lehrer dann verärgert, er könne nicht mehr so umfassend unterrichten, weil interveniert worden sei. Er werde die Schüler nicht ausfragen, er habe „keine Lust mehr“.

 

„Familien- und Sexualerziehung

in den bayerischen Schulen

KWMBek vom 12. August 2002 (KWMBl I 2002 S. 285)

 

2. Organisation der Familien- und Sexualerziehung in der Schule

2.5. Mündliche und schriftliche Leistungsnachweise über Fragen der menschlichen Sexualität sowie Fragebogenaktionen über das sexuelle Verhalten der Schüler sind an keiner Schulart statthaft.“

 

2. Befreiungszusage

Baden-Württemberg, Grundschule, 2. Klasse

Beim Elternabend kündigte die Lehrkraft SE an und warb mit dem Hinweis auf „schöne Bilder“ zur SE im Buch. Eine Mutter meldete sich zu Wort, sie wolle ihr Kind von der schulischen SE fernhalten (für ein anderes Kind hatte sie schon früher eine Befreiung erreicht). Alle anderen Eltern schwiegen. Die Mutter führte dann noch Einzelgespräche mit Lehrern und bekam die Zusage, sie werde benachrichtigt, wann die SE beginne, so dass sie ihr Kind davon befreien können.

 

Die sog. Dissensregelung in Baden-Württemberg

„Die Familien- und Geschlechtserziehung ist verpflichtender Unterrichtsinhalt in der Grundschule. Ihre Inhalte sind aus anthropologischer Sicht so formuliert, dass es in der Regel zu keinem Dissens zwischen Elternrecht und Auftrag der Schule kommen wird. Sollte sich jedoch aus religiösen Gründen ein Dissens zwischen Elternhaus und Schule ergeben, muss ein klärendes Gespräch zwischen den betroffenen Eltern, dem Klassenlehrer bzw. der Klassenlehrerin und der Schulleitung geführt werden. Kommt es in einem Ge­spräch nicht zu einer einvernehmlichen Lösung, so ist ein Fernbleiben einzelner Kinder von den Unterrichtsstunden bzw. Unterrichtssequenzen, in denen Inhalte der Geschlechtserziehung behandelt werden, seitens der Schule nicht zu ahnden. Mit Blick auf eine eventuell große Diskrepanz zwischen den Auffassungen des Elternhauses und der Schule ist in der Begegnung Elternhaus/Schule eine für das Kind pädagogisch sinnvolle Entscheidung anzustreben. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Grundschule nicht die Aufgabe hat, Kinder mit Inhalten zu konfrontieren, die erst in den weiterführenden Schularten in den Klassen 5, 7 und 9 bzw. 10 behandelt werden.

Wolfgang Riefler, Referent in der Schulabteilung des Ministeriums für Kultus und Sport.“ (Quelle: „Schulintern“ Nr. 7/1995, Herausgeber: Kultusministerium Baden-Württemberg) – Herr Riefler hatte auch auf Anfrage bestätigt, dass diese „Dissensregelung“ auch für höhere Klassen und andere Schularten gültig ist (vgl. FMG-INFORMATION 74 S. 4).

 

3. Eltern sollen in den Ferien BZgA-Aufklärung betreiben

Bayern, Grundschule, 4. Klasse

Die Lehrkraft teilte in einem kurzen Rundschreiben den Eltern mit, dass im Fach „Heimat- und Sachunterricht“ das Thema SE vorgesehen sei und dass dazu auch eine Hebamme sprechen werde. Den Eltern wurde zugleich BZgA-Material übergeben: „Vielleicht werden Sie es gemeinsam mit Ihrem Kind in den Ferien lesen.“ Es handelt sich um das Päckchen „Dem Leben auf der Spur“ mit drei Broschüren „Das kleine Körper-ABC“, „Mona, Lisa und Herr Hahnentritt“ und „Das kleine 9x2. Ein Leporello für Kinder“.

Ein Begleitbrief des Päckchens erklärt, dass die Schule diese Broschüren „in den Klassenstufen 4 bis 7“ einsetzen könne, hebt aber mehrfach hervor, dass sie von Kindern schon „vorab begutachtet“ worden seien und „sowohl von den 8-Jährigen als auch von den 12-Jährigen gerne gelesen wurden“, besonders von „Mädchen im Grundschulalter.“ - Was wird in diesen verlockend und spannend gestalteten kleinen Broschüren vermittelt? Wir bitten um Entschuldigung, wenn wir mit den folgenden Zitaten aufzeigen, was im Namen unseres Staates – unter völliger Missachtung der „Phase der Unschuld“ [Dokument des Pp. Rates f. d. Familie], schamzerstörend und verführend – hier Grundschulkindern nahegebracht wird. Neben comic-artigen, aber durchaus realistischen (und darum aufreizenden) Zeichnungen etwa des männlichen Geschlechtsteils mit Kondom oder von zwei nackten Personen beim Geschlechtsverkehr wird – schon Achtjährigen! – vermittelt: dass es normal ist, wenn ein Kind keinen Vater hat bzw. dieser „woanders eine neue Familie“ hat (Mona, Lisa, Hahnentritt [MLH] Seite 10), dass der Mensch sich vom Urknall her aus dem Affen entwickelt hat (MLH 18f.), wie der Geschlechtsverkehr verläuft (MLH 43-47), dass „viele Männer und Frauen Sex miteinander (haben), auch wenn sie noch kein Kind bekommen wollen“ und wie sie verhüten können: „Gerade für Jugendliche ist es besonders wichtig, sich ein Verhütungsmittel auszusuchen, das besonders sicher ist“ (MLH 73f). Mehrfach wird zu sexuellen Kontakten verlockt, weil dies „schön ist und Lust macht“ (MLH 74, 85, 88: Körper-ABC 6f. [bezüglich des Gesäßes!], 12, 18, 24, 39, 44, 50, 52, 53, 66). Auch in der Broschüre „Körper-ABC“ wird mehrfach die Verhütung behandelt (13, 15, 27: „wenn du ein verschreibungspflichtiges Verhütungsmittel oder Informationen für Verhütung brauchst“ [an schon 8-Jährige gerichtet!]; 48: „Natürliche Verhütungsmethoden“ [!!] sind „für junge Mädchen noch nicht geeignet“; 55f.:Pille „sehr sicher“, Pille danach „verhindert eine Schwangerschaft“ [mit Ignorierung, dass hier ein empfangener Mensch getötet werden kann!], 73). Im „Körper-ABC“ wird Homosexualität als „etwas ganz Normales“ hingestellt (42: „Lesbisch sein... dass eine Frau eine andere Frau liebt und mit ihr Sex hat. Das ist für manche Menschen ungewohnt, aber es ist etwas ganz Normales“; 66: „Es ist ganz normal, schwul zu sein“) und für Selbstbefriedigung geworben (66f.: „Um sich selbst schöne Gefühle und auch mal einen Orgasmus zu machen, braucht es manchmal nur einen Menschen: sich selbst... Und es ist weder ungesund noch schädlich, sondern ganz o. k.)  -  Unsere Kinder sind offensichtlich vollkommen der Sexualisierung ausgeliefert, die keine Scham kennt, für die Lust alles ist, und die darum die Verhütung in den Mittelpunkt stellt. Schon Kinder von 8 oder 10 Jahren werden auf Verhütung und Lustgewinn – auf welche Weise auch immer – hingetrimmt! (Vgl. FMG-INFORMATION 98)

Die Mutter lehnte eine solche Sexualaufklärung ab und hielt ihr Kind deshalb an den beiden für SE vorgesehenen Tagen zu Hause.

 

4. „Wir wollen keine Kinder!“

Bayern, Grundschule, 4. Klasse

Bei einem Elternabend wurde den Eltern die Broschüre der „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ empfohlen: Über Sexualität reden... Die Zeit der Pubertät. Ein Ratgeber für Eltern zur kindlichen Sexualentwicklung in der Pubertät“. (Darin werden, wie es im offiziellen Kurztext heißt, u.a. „die ersten Erfahrungen des Kindes mit Liebe, Zärtlichkeit und Beziehung“ behandelt und beschrieben, „wie Eltern über Fruchtbarkeit und Verhütung aufklären können“ und wie Eltern ihrem Kind „einen liebevollen und selbstbestimmten Start ins Sexual- und Beziehungsleben ermöglichen“!) Die entsetzte und empörte Mutter schrieb daraufhin an die Herausgeber (BZgA = Fachbehörde des Bundesgesundheitsministeriums!) und an die Bundeskanzlerin und sprach mit der Lehrkraft. - Den Eltern war auch gesagt worden, dass es keine Befreiung von der SchulSE gebe. Die Versicherung, es würden keine Filme gezeigt werden, erwies sich als falsch; der Tochter der berich­tenden Mutter sagte die Lehrerin, sie solle während des Films „vor dem Klassenzimmer warten“. Eine eingeladene Hebamme sollte angeblich über „Babypflege“ sprechen; die Reaktion von mehreren Kindern war, sie wollten keine Kinder!

 

5. Auswahlkriterium einer Lehrerin für Deutschlektüre

Bayern, Gymnasium, 9. Klasse

Eine Mutter berichtete uns von einer Deutschlektüre mit einer gewaltsamen, sexuell die Phantasie belastenden Szene. Es ging um den Roman „Nichts“ (Untertitel: „Was im Leben wichtig ist“) der dänischen Schriftstellerin Janne Teller, der auf Grund seiner ausgeprägt nihilistischen Ausrichtung seit der Ver­öffentlichung heftig umstritten ist und in dänischen Schulen zeitweise verboten war (vgl. wikipedia). Inhalt: Ein Schüler einer dänischen Klasse verkündet, dass nichts irgendetwas bedeute. Die Mitschüler opfern, um ihm zu beweisen, dass es Bedeutsames gebe, Dinge von hoher persönlicher Bedeutung (Rennrad, Ge­betsteppich, Kreuz), wobei jeweils das Opfer von einem anderen festgelegt wird. So wird ein Mädchen gezwungen, seine Unschuld zu opfern. Auch wenn der Vorgang nicht eigentlich geschildert wird, sondern wie ein Geheimnis dargestellt wird, geht es praktisch um eine Vergewaltigung. Das Ganze muss für die lesenden Jugendlichen eine schwere Belastung ihrer Vorstellung sein. Auch wenn aufgrund der heutigen Sexualisierung gewaltverherrlichende, sexuelle Darstellungen z. B. im Internet gang und gäbe sein mögen, darf die Schule sich nicht auf diese Weise daran beteiligen, nicht zuletzt aus Achtung vor jenen Schülern, die sich dieser psychischen zerstörerischen Verletzung nicht aussetzen.

Die Mutter, der klar war, dass solche Angriffe auf ihre Phantasie junge Menschen für sehr lange Zeit belasten, sprach mit der Lehrerin. Diese gab zu, sie habe sich beim Lesen geschämt; da das Buch schon bestellt gewesen sei und sie bei ihren Kolleginnen und Kollegen nicht als „zurückgeblieben“ gelten wolle, werde sie das Buch verwenden. Die Schüler sollten auch „schlechte Beispiele“ kennenlernen. Die Lehrkraft war aber auch irgendwie dankbar, dass von Elternseite ein Einwand ge­kommen war. Sie wagte dennoch nicht, das Buch zurückzu­ziehen, nahm es aber nicht, wie vorher geplant, als Prüfungsgegenstand.

 

6. „Ekelunterricht“

Hessen, Grundschule, 4. Klasse

Es fand fünf Wochen lang SE statt; die junge Lehrerin teilte dazu viele Arbeitsblätter aus, die in einer Mappe zu sammeln, zu bearbeiten und zur Benotung vorzulegen waren. Eine Schülerin hat auf den Blättern nackt Dargestellte „angezogen“ und dazu geschrieben: „oberpeinliches Blatt“. Die SchulSE wurde in der Klasse als „Ekelunterricht“ bezeichnet: ein Ausdruck eines noch vorhandenen natürlichen Schamgefühls! – Es ist uns nicht bekannt, ob die Mutter sich für eine Befreiung dieses Mädchens eingesetzt hat, jedenfalls tröstete sie es: „Wenn du eine schlechte Note bekommst, ist das in Ordnung.“ Im kommenden Schuljahr soll die Schülerin in eine andere Schule kommen.

 

7. MFM-Projekt

Baden-Württemberg, Realschule, 6. Klasse

Die Schule kündigte in einem Brief an die Eltern das „sexualpädagogische Projekt“ „Wertschätzung als Grundpräven­tion“ an. Bei einem Elternabend betonte die Lehrerin die Teilnahmepflicht für alle. – Dennoch teilte ein Vater der Schule mit, dass sein Sohn nicht an diesem Projekttag teilnehmen werde. Auch der Junge selber will diese schulische Sexualaufklärung nicht.

Es handelt sich offensichtlich um das sog. MFM-Projekt, wie es auch von zahlreichen Diözesen in Deutschland gefördert wird. In dieser Schule wird es von der Krankenkasse finanziert, mit einem Beitrag der Schüler. MFM ist gegliedert für Mädchen („Mädchen Frauen Meine Tage“) und Buben („Männer für Männer“). Schon in der FMG-INFORMATION 94 S. 7 entschuldigten wir uns, dass wir etwas konkret werden müssen: Die Schüler (das kann schon bei 9-Jährigen beginnen) stellen Samenzellen dar, die in den Hoden gebildet und ausgerüstet und im „Trai­ningscamp Nebenhoden“ durch Liegestützen und Übungen zur Stärkung des Teamgeistes fit gemacht werden, die mit Hilfe einer „Schatzkarte“ als „Spermien in Menschengestalt“ den Weg über die „Autobahnen der Samenleiter“, durch den „Wildwasserkanal Prostata“ bis zum „Land des Lebens“ im Körper der Frau zurücklegen, wo sie den „Eileiter“ durchkriechen und die Hülle der Eizelle knacken usw. Beim männlichen Geschlechtsteil wird ein Luftballon aufgeblasen und bei jeder Station wird ausführlich über die sexuellen Details und Entwicklungen gesprochen. Spielerisch, die Freude von Buben am Kräftemessen benutzend, ja missbrauchend, werden diese hier massiv auf die Sexualität hingelenkt, denn angeblich: „Nur was ich schätze, kann ich schützen“.

Der Erziehungserfahrung der Kirche, der Heiligen, den Weisungen des kirchlichen Lehramtes schlägt das ins Gesicht. Das natürliche Schamgefühl der Kinder wird missachtet und geschädigt, verstärkt dadurch, dass dies kollektiv geschieht. Das Dokument des Päpst. Rates für die Familie „Menschliche Sexualität: Wahrheit und Bedeutung“ von 1995, in der deutschen Kirche weithin unbekannt bzw. totgeschwiegen, for­dert für die Zeit bis zur Pubertät, dass die nach Johannes Paul II. so benannten „Jahre der Unschuld“, da das Interesse der Kinder auf andere Lebensbereiche gerichtet ist, „keinesfalls von einer unnötigen sexuellen Information getrübt werden“ dürfen, „um diese wichtige natürliche Wachstumsphase nicht zu stören“ und warnt vor den „zielgerichteten Bestrebungen, den Kindern eine verfrühte sexuelle Aufklärung aufzuzwingen“ (Nr. 78, Nr. 83). Und schon Pius XI. warnte in der großen Erziehungsenzyklika „Divini illius magistri“, dass es ein großer Irrtum sei zu meinen, dass möglichst viel Wissen schon Schutz bedeute, wenn die Erziehung zur Keuschheit missachtet, die Versuchbarkeit des Menschen aufgrund der Erbsünde geleug­net, und die Hilfsmittel der Gnade ausgeblendet werden. Jene würden einem „schlimmen Irrtum“ unterliegen, die „die Erfahrungstatsachen ignorieren, die beweisen, dass besonders bei jungen Menschen die bösen Handlungen nicht so sehr aus intellektueller Unwissenheit entstehen als aus der Schwäche eines Willens, der gefährlichen Gelegenheiten ausgesetzt und nicht von den Hilfsmitteln der Gnade unterstützt wird“. (DIM 65).

 

8. Unberechenbar

Hessen, Gymnasium, 7. Klasse

Während in einer früheren Klasse der Rektor für Fernbleiben vom SE-Unterricht sogar mit Bußgeldverfahren gedroht hatte, hatte eine Biologie- und Kunstlehrerin der Mutter im Hinblick auf die von dieser abgelehnten SchulSE gesagt, bei SE-Themen werde sie diesen Jungen in eine andere Klasse gehen lassen.

Leider bekam diese Lehrerin nicht die Klasse des Buben. Die derzeitige Lehrkraft hat eine andere Einstellung und behandelt SE-Themen teilweise zu unberechenbaren Zeitpunkten. Ein Ausstellungsprojekt zur Sexualität fiel allerdings wegen Krankheit der Referentin aus; zu mehreren Stunden war der betreffende Schüler krank bzw. die Mutter hat ihn aus gesundheitlichen Gründen ferngehalten. In einer SE-Stunde war die Parallelklasse mit dabei und stellte an die andere Klasse Fragen zu sexuellen Themen. Der Schüler sagte der Mutter, es seien „blöde Fragen“ gewesen. – Ein Bild von Situationen, wie sie wohl häufiger sind: Es ist für Eltern nicht einfach, einen klaren Weg zu finden und zu gehen. Immerhin zeigt sich hier auch, dass es auch Lehrkräfte gibt, die der Sorge der Eltern Rechnung tragen wollen.

 

9. Christliches Menschenbild??

Berlin, Katholische Grundschule, 4. Klasse

In dieser Schule, die in kirchlicher Trägerschaft steht und sich als vom „christlichen Menschenbild geprägt“ bezeichnet, wird SE-Unterricht durchgeführt. Verwendet wird das Buch „Lernwerkstatt Liebe – Körper – Kinderkriegen“ von Andreas O. Möckel, (Persen Verlag Hamburg), das „fächerübergreifende Materialen zur Sexualerziehung“ beinhaltet. Nach Elternauskunft wird darin das empfangene Kind als „Zellhaufen“ be­zeichnet. Den 10-jährigen Schülern und Schülerinnen wird das Thema Verhütung – wenn auch ohne Besprechung der einzelnen Verhütungsmittel – erklärt: „Wenn man keine Kinder will“. Der Vater kommentierte: „Man sollte doch den Kindern Freude zu Kindern nahebringen!“

Es liegt auch das Aufklärungsbuch „Peter, Ida, Minimum“ für die Schüler auf (Autoren Fagerström/Hansson, Ravensburger Verlag), das eine Reihe schamloser Comic-Zeichnungen, auch des Geschlechtsverkehrs, beinhaltet; mit obszöner Sprache, Hinweisen auf Verhütung und einem materialistischen Weltbild, letztlich auf bloße Triebbefriedigung ausgerichtet (vgl. FMG-INFORMATION 99/9; 104/5f).

 

10. Kroatien: Bischöfe protestieren gegen SchulSE

Ende Dezember 2012 berichtete die Presse, dass die kroatischen Bischöfe die Einführung eines schulischen Sexualkundeunterrichts kritisierten. Vor Kiosken und einer mit dem Anliegen sympathisierenden Supermarktkette wurde ein Flug­blatt verteilt, in dem die Bischofskonferenz die Eltern aufmerksam machte, dass die Unterrichtsprogramme eine „völlig inakzeptable Einstellung zu Sexualität, Ehe und Familie“ verbreiteten, im Gegensatz zur christlichen Anthropologie stünden und viele Werte zerstörten, die die Eltern an ihre Kinder weitergeben wollten. Die Eltern wurden zum Widerstand aufgefordert: „Ihre Kinder sind nicht im Besitz des Staates.“

In der Christmette warnte, in Anwesenheit des Präsidenten und des Ministerpräsidenten, die beide der Linken angehören, der Zagreber Kardinal Bozanic vor der Gender-Ideologie, die er eine „Rebellion gegen GOTT“ nannte.

Sie würden nicht schweigen, wenn der Mensch in Gefahr sei, sagte Erzbischof Puljic, der Vorsitzende der Bischofskonferenz und stellte sich hinter Elterninitiativen bzw. Tausende besorgter Eltern, die die neuen, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eingeführten Lehrpläne zur Sexual„erziehung“ (unter der Bezeichnung „Gesundheitserziehung“) ab der 3. Schulklasse ablehnen. Sie waren ohne vorherigen gesellschaftlichen Diskurs über das Ob und Wie dekretiert worden. Wie in den EU-Ländern soll auch in Kroatien die Gender-Ideologie durchgesetzt werden, die die menschliche Anthropologie und das natürliche Geschlecht eines Menschen leugnet. Kinder sollen sich, von der dritten Klasse aufsteigend, mit Themen wie „Geschlechteridentität, Geschlechtervielfalt, Heterosexualität, Homosexualität, Transgendersexualität, Intergendersexualität, Masturbation, Pornographie, Promiskuität, Verhütung, Abtreibung, Geschlechts­krankheiten etc.“ beschäftigen.

Nachdem der Bildungsminister und die Regierung einen Dialog mit den Elterninitiativen abgelehnt und auf mehrere schriftliche Anfragen der Bischöfe keine Reaktion gezeigt hatten, brachen die Bischöfe das Schweigen kurz vor Weihnachten. Sie erklärten, die Eltern hätten das Recht und die moralische Verpflichtung, Lehrpläne, welche im Widerspruch zur menschlichen Anthropologie und zu ihrem Glauben stehen, abzulehnen. In Ihrer Erklärung weisen die Bischöfe auf den antichristlichen und inhumanen Charakter der Lehrpläne zur neuen SE hin und fordern ihre Überarbeitung und einen öffentlichen Diskurs. Vor 40 Jahren sei es nicht möglich gewesen, zu sagen, was man denkt und glaubt. Man wolle nicht mehr, als eine freie Kirche in einem freien Land, so Erzbischof Puljic. Kardinal Bozanić zeigte sich von den massiven Ein­schüchterungsversuchen durch Regierung und Medien ebenfalls wenig beeindruckt und stellte klar, dass es eine Eigenschaft totalitärer Systeme sei, über staatliche Erziehungsprogramme auf die Jugend und Kinder einzuwirken und sie im Sinne einer Ideologie zu indoktrinieren

Tomislav Cunovic, ein in Deutschland lebender Rechtsanwalt, bekennender kroatischer Katholik, schreibt zu diesem Konflikt in seinem Heimatland (vgl. http:///kultur-und-medien-online 27.12.12), entgegen mancher Pressestimmen sei davon auszugehen, dass die große Mehrheit der kroatischen Gesellschaft diese Lehrpläne nicht wolle, nicht nur Katholiken, sondern auch Angehörige orthodoxer, baptistischer und islamischer Gemeinden. Die Eltern organisierten sich in Bürgerbewegungen und führten intensive Aufklärungskampagnen (udruga-grozd.hr; vigilare.org) durch.

Am Neujahrstag nahm der Zagreber Kardinal das Thema nochmals auf und hob die Rolle der Eltern bei der sozialen, intellektuellen, moralischen und religiösen Erziehung der Kinder hervor. Die Schulen hätten auf den Willen der Eltern und die von ihnen vertretenen Werte Rücksicht zu nehmen. Der Kardinal forderte zu einem Dialog zwischen Eltern und Schulen auf, um einen Konflikt zwischen den Familienrechten und dem Bildungsauftrag der Schule zu vermeiden.

Die Regierung warf der Kirche vor, sie verbreite „Desinformation“ und „mittelalterliche Sichtweisen“ und habe „in den Schulen nichts zu suchen“, so Bildungsminister Jovanic. Auch manche Presseorgane attackierten die katholische Kirche, die sich der „Realität des Lebens“ nicht stellen wolle.

Anlässlich einer „Theologisch-Pastoralen Woche“ verabschiedete die Bischofskonferenz des zu etwa 87% katholischen Landes eine Erklärung zu den Änderungen des Schulunterrichts. Die Kirche sieht die verfassungsrechtlichen Prinzipien gefährdet, da das Recht der Eltern auf eine unabhängige Erziehung ihrer Kinder in Frage gestellt werde. Sie äußerten auch die Hoffnung auf einen offenen Dialog mit den Verant­wortlichen. (Vgl. DT 28.12.12, 3.1.13, Die Welt 4.1.13, rv 25.1.13)

Glückliches Kroatien, in dem die Bischöfe sich so offen und kämpferisch auf die Seite der Eltern stellen!

 

11. Streit um Aufklärungsbroschüre in Österreich

Eine Broschüre des österreichischen Unterrichtsministeriums rief Im Dezember 2012 großen Widerspruch hervor. Diese für Kinder im Volksschulalter bestimmte Broschüre „Ganz schön intim: Sexualerziehung für 6-12-Jährige“ kritisiert aus der Gender-Ideologie die natürliche „Zweigeschlechtlichkeit“ („eng gesteckten künstlich geschaffenen Rahmen der angenommenen Zweigeschlechtlichkeit“; ob „ein Baby als Mädchen oder Bub ausgewiesen wird, ist von Menschen festgelegt und unterliegt Wandlungen und sich verändernden Wertvorstellungen“). Sie behauptet, knapp die Hälfte aller Kinder in Österreich lebe nicht in „der klassischen Mutter-Vater-Kind-Familie“, die als lästig-überholtes Bild, das sich „hartnäckig hält“, bewertet wird (dabei leben Dreiviertel der unter 15-Jährigen in Österreich bei ihren leiblichen Eltern). Auf einer Seite werden 16 Formen von Familie präsentiert, nur zwei davon bestehen aus Vater, Mutter und leiblichem Kind ( eine kinderreiche Familie wird ironisierend kommentiert: „Familie ohne Verhütung“). Homosexualität wird herausgehoben: „Manche Menschen verlieben sich nur in Männer, manche nur in Frauen. Manche Menschen können sich in Frauen und Männer verlieben.“ Leihmutterschaft, Samenkauf und Insemination alleinstehender Frauen (obwohl in Österreich nicht erlaubt) wird ausführlich dargestellt. Andere Aussagen: „Menschen, die gut befreundet sind und sich dazu verabreden, ein Kind zu zeugen“, „eigentlich können Kinder gar keine Huren oder Stricher oder Sexualarbeiter_innen sein, weil sie noch keinen Beruf haben“.

Über 100 Experten und Praxisvertreter – Psychologen, Therapeuten, Sexualberater usw. - äußerten ihre Kritik in einem „Offenen Brief“ an die Bildungsministerin, weil der Behelf nicht altersadäquat sei, die Prävention sexueller Gewalt zu kurz komme, die negative Bewertung der Kernfamilie nicht den Erfahrungen und Wünschen der Kinder entspreche usw.

Diese Materialiensammlung wurde von einem Verein „Selbstlaut“ erstellt und vom Ministerium gebilligt und verbreitet. Eine spontan gebildete Elterninitiative kritisiert „ideologische Randmeinungen“ und „Gesellschaftpolitik auf dem Rücken der Volksschüler“. Die Sprecherin dieser Elterninitiative, Gudrun Kugler, erklärte, bereits die Verwendung der Broschüre ohne Befragung der Eltern stelle einen Rechtsbruch das, weil die Eltern nach geltendem Recht in die SchulSE „einbezogen werden und die Unterlagen vorab bekommen“ müssten.

Der Direktor des kirchlichen „Instituts für Ehe und Familie“ (IEF), Günter Danhel, kritisierte, dass homo-, trans- und intersexuelle Lebensformen gleichwertig mit der Familie dargestellt werden und forderte, unter Einbeziehung der Eltern eine neue Broschüre zu erstellen. Ein Mitglied der beim Bundeskanzleramt angesiedelten Bioethikkommission kritisierte, dass Kinder hier „mit Halbinformationen indoktriniert und Minderheitenprogramme, die zum überwiegenden Teil in Österreich verboten sind, zur Norm erhoben“ würden. Protestiert haben auch der Katholische Familienverband, der ÖVP-nahe Familienbund, die „Jugend für das Leben“. Die SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied erklärte sich bereit, Einzelheiten zu überarbeiten, hält jedoch an den Grundsätzen des Unterrichtsbehelfs fest (vgl. DT 1.12.12, kath.net 17.11., 30.11., 4.12., 6.12., 18.12.12, 29.1.13).

Kommentar: Wir bedauern, dass die meisten Kritiker, selbst katholische, offenbar schulische SE an sich gutheißen und nur bestimmte Ideologisierungen und das Nichteinbeziehen der Eltern kritisieren. Die folgende Analyse geht da schon tiefer:

Für die Kritiker der Broschüre erstellte der Psychiater und Psychotherapeut Dr. Christian Spaemann ein Gutachten über die Aufklärungsbroschüre im Blick auf Hintergrund und Grundsätze, das bei einer Pressekonferenz von Elternvertretern und Verbänden am 27.1.13 in Wien vorgestellt wurde.

Daraus einige Sätze, weil diese Beurteilungen nach unserer Überzeugung durchaus auch in anderen Fällen schulischer SE zutreffen und angewendet werden können (vgl. kath.net 30.1.13):

Spaemann zeigt auf, dass die Materialien von der Gendertheorie durchdrungen seien; für den Geschlechtsverkehr würden hedonistische Prinzipien vermittelt („Geschlechtsverkehr haben Erwachsene und Jugendliche, weil sie sich gern haben… und/oder weil es ihnen einfach Spaß macht“). Spaemann hebt demgegenüber heraus, dass „die den Materialien zugrunde liegende Gendertheorie von Entwicklungsbiologen und –psychologen durchgehend abgelehnt“ wird; den „chromosomalen und körperlichen Unterschieden von Mann und Frau entsprechen signifikante Unterschiede in der neurobiologischen Funktionsweise des Gehirns und in den damit verbundenen psychologischen Reaktionsweisen und Fähigkeiten von Mann und Frau“, die sich bereits von Geburt an feststellen ließen; alle Versuche, „sie durch soziale Umgebungsbedingungen zu neutralisieren“, seien gescheitert. „Wenn in den vorliegenden Materialien die Hälfte der gezeigten Geschlechtsorgan-Installationen intersexueller Art sind und die Kinder aufgefordert wer­den, solche Installationen nachzuahmen, kann man erkennen, dass hier Kinder für die Ideologie Erwachsener instrumentalisiert werden“.

Ein gravierender pädagogischer Mangel der Materialien sei „die unzureichende Differenzierung zwischen Exploration, Information, Gefühlswahrnehmung und sexuell-sinnlicher Empfindung“, was „unsachlich und unter dem Aspekt der Frühsexualisierung und des Kinderschutzes bedenklich“ sei. „Das Hinlenken kindlicher Aufmerksamkeit auf sexuell-sinnliche Selbsterfahrung hat in der Sexualpädagogik Sechs- bis Zwölfjähriger keinen sinnvollen Platz.“ Die Kinder würden „weit vor der Pubertät mit Erfahrungen wie z B. Selbstbefriedigung ausführlich konfrontiert…“. „Die bei Kindern in der vorgesehenen Altersgruppe ausgeprägte Schamhaftigkeit werde verletzt durch eine „Liste“ von Wörtern, die „verschiedene Körperteile, auch Geschlechtsteile, ohne Scham besprechbar“ machen sollten; es sei aber nicht Aufgabe von Pädagogen in öffentlichen Einrichtungen, „die Schamgrenze der Kinder zu manipulieren“. Auffällig sei, dass „die anthropologische Frage nach dem Sinn von Sexualität nicht einmal berührt, geschweige denn altersgemäß vermittelt“ werde. „Die speziell menschliche Fähigkeit, Sexualität und Fruchtbarkeit in eine dauerhafte Beziehung zu integrieren“, werde nicht nur außer Acht gelassen, sondern durch die hedonistische Perspektive verstellt“. Genau diese Fähigkeit sei aber grundlegend für eine Familiengründung und „müsste gegenüber Kindern als Leitbild angesprochen werden“, was auch – wie Studien zeigten - den Wünschen und langfristigen Zielen der Jugendlichen entspreche, und was auch den Interessen jeder auf Zukunft orientierten Gesellschaft entspreche. Es sei unverantwortlich, „Geschlechtsverkehr bei Jugendlichen (Jugend beginnt ab dem 13. Lebensjahr) als etwas Selbstverständliches darzustellen“, wie es mehrfach geschehe. Es sei immer wieder die Rede davon, dass Jugendliche und Erwachsene Geschlechtsverkehr haben, obgleich sich „früher und wechselnder Geschlechtsverkehr nachteilig auf psychische Gesundheit und spätere Bindungsfähigkeit von Jugendlichen auswirkt“ und trotz Verhütungsauf­klärung Frühschwangerschaften und Abtreibungen begünstige.

In der abschließenden Beurteilung heißt es, die Unterrichtsmaterialien würden „weder entwicklungspsychologisch, noch ethisch oder anthropologisch den Mindestanforderungen“ genügen; sie seien „gekennzeichnet durch Ideologisierung des Inhalts, Instrumentalisierung der Kinder für gesell­schaftspolitische Absichten, fehlende Wertorientierung und Grenzüberschreitungen der Intimität der Kinder“; sie leisteten keinen Schutz vor sexuellen Übergriffen, sondern „stellen „selber einen Übergriff auf kindliche Sexualität“ dar.                                                                 

 

                                         

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