Erfahrungen mit der Schulsexual„erziehung“

(aus: FMG-INFORMATION 104, November 2011)

 

  

Diese Rubrik dokumentiert den oft mühsamen Kampf einzelner Eltern, ihre Kinder vor einer schulischen Sexual„erziehung“ (SE) zu bewahren, die ihrer christlichen Gewissensüberzeugung widerspricht, und berichtet von der Realität der SchulSE, auch von der Not mancher Lehrer. - Bitte beachten Sie auch den Beitrag „Zur Keuschheit erziehen“  bei „Aufgelesen-Kommentiert“!

 

 

1. Tapferer Schulleiter

Grundschule

Der Schulleiter einer großen Grundschule, der nun im Ruhe­stand ist, berichtete uns: Das vom Kultusministerium zuge­sandte Material zur SchulSE, zu Aids, Kondomen, Verhütungs­möglichkeiten lehnte er aus pädagogischer Verantwortung ab und teilte dies dem Kultusminister mit Berufung auf Gewis­sensgründe mit. Die Antwort des Ministers lautete, er sei von Amts wegen verpflichtet, die SchulSE durchzuführen. Der Schulleiter ließ sich, obgleich Konsequenzen in der Luft lagen, von seiner ablehnenden Haltung nicht abbringen. Sein Kolle­gium, zu dem er ein gutes Verhältnis hatte, hatte seine Ein­stellung großenteils geteilt. In den letzten zwei, drei Jahren seines Schuldienstes kamen junge Lehrer, die von ihrer Ausbil­dung her für die SchulSE programmiert waren. – Seine Erfah­rung mit den Eltern war leider, dass Eltern selber dem Zeitgeist folgend die SE wollen und nur einzelne dagegen sind.

Das Beispiel zeigt, dass es auch Lehrer gibt, die der SE durch­aus kritisch gegenüberstehen, und dass die die SchulSE ableh­nenden Eltern den Mut haben sollten, ihren Standpunkt mitzu­teilen, am besten im Einzelgespräch, und so womöglich gut eingestellte Lehrer/Schulleiter stützen.

 

2. Ablehnung akzeptiert

Baden-Württemberg, 3. Klasse Grundschule

Beim Elternabend ließ sich die Mutter von der jungen Lehrerin das Buch „Wo kommen die kleinen Babys her – Vater, Mutter und ich“ geben (vgl. auch FMG-INFORMATION 97 S. 25). Sie stellte fest, dass es zwar von GOTT spricht, dass aber der Geschlechtsverkehr werbend dargestellt wird (für Kinder in der Phase der „Unschuld“!). Daraufhin äußerte sie der Lehrerin ge­genüber ihre Ablehnung. Es war auch ein Film vorgesehen. Die Lehrerin: „Wenn Ihnen das Buch nicht gefällt, wird Ihnen auch der Film nicht gefallen!“ Die Lehrerin gab daraufhin ihr Einver­ständnis, wenn die Mutter ihr Kind den SE-Stunden fernhalten werde. – Die Mutter hat auch Kontakt mit einer älteren Lehrerin, die ihr sagte, sie übergehe in ihrer Klasse die SE grundsätzlich, weil das Aufgabe der Eltern sei.

 

Die sog. Dissensregelung in Baden-Württemberg

„Die Familien- und Geschlechtserziehung ist verpflichtender Unterrichtsinhalt in der Grundschule. Ihre Inhalte sind aus anthropologischer Sicht so formuliert, dass es in der Regel zu keinem Dissens zwischen Elternrecht und Auftrag der Schule kommen wird. Sollte sich jedoch aus religiösen Gründen ein Dissens zwischen Elternhaus und Schule ergeben, muss ein klärendes Gespräch zwischen den betroffenen Eltern, dem Klassenlehrer bzw. der Klassenlehrerin und der Schulleitung geführt werden. Kommt es in einem Gespräch nicht zu einer einvernehmlichen Lösung, so ist ein Fernbleiben einzelner Kin­der von den Unterrichtsstunden bzw. Unterrichtssequenzen, in denen Inhalte der Geschlechtserziehung behandelt werden, seitens der Schule nicht zu ahnden. Mit Blick auf eine eventuell große Diskrepanz zwischen den Auffassungen des Eltern­hauses und der Schule ist in der Begegnung Elternhaus/Schule eine für das Kind pädagogisch sinnvolle Entscheidung an­zustreben. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Grundschule nicht die Aufgabe hat, Kinder mit In­halten zu konfrontieren, die erst in den weiterführenden Schul­arten in den Klassen 5, 7 und 9 bzw. 10 behandelt werden.

Wolfgang Riefler, Referent in der Schulabteilung des Ministeriums für Kultus und Sport.“ (Quelle: „Schulintern“ Nr. 7/1995, Herausgeber: Kultusministerium Baden-Württemberg)

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Herr Riefler auf Anfrage bestätigt hat, dass diese „Dissensregelung“ auch für höhere Klassen und andere Schularten gültig ist (vgl. FMG-INFORMATION 74 S. 4).

 

3. Die Bischöfe als „Kronzeugen“ für die SchulSE?

Hessen, 6. Klasse Gesamtschule

Der Schullleiter lehnte den Antrag von Eltern auf die Befreiung ihres Kindes von der SchulSE ab: „Begründung: Zwar teilen sich Staat und Elternhaus die gemeinsame Erziehungsverant­wortung für die Kinder, jedoch obliegt dem Staat die Aufsicht über das gesamte Schulwesen. Das Recht der Eltern auf die Gestaltung der Erziehung ihrer Kinder betrifft den häuslichen Bereich. Die Erziehungsvorstellungen der Eltern haben keinen Vorrang vor dem staatlichen Bildungsauftrag. Dieser Bildungs­auftrag umfasst auch die Sexualerziehung… Bei allem Ver­ständnis für Ihre Erziehungsvorstellungen – und ich gebe Ihnen dahingehend recht, dass wir innerhalb unserer Gesellschaft mit mancherlei Fehlentwicklungen zu kämpfen haben – bin ich dennoch der Überzeugung, dass bei einem verantwortungsvoll durchgeführten Sexualkundeunterricht mitnichten von einer Frühsexualisierung (die ja gleichbedeutend wäre mit einer seelischen Schädigung des Kindes) gesprochen werden kann…“

Auf nochmaliges Nachbohren der Eltern schrieb der Schulleiter: „Meine Nachfrage beim Bischöflichen Ordinariat in Mainz hat ergeben, dass die Deutschen Bischöfe geschlossen hinter dem Sexualkundeunterricht stehen – auch an ausgewiesenen kirch­lichen Schulen!“

 

Es ist höchst bedenklich, ja skandalös, wie dieser Schulleiter hier die Eltern hinter die Mauern ihrer Wohnung, in den bloßen „häuslichen Bereich“, verweist. Er bezieht sich auf Aussagen des Bundesverfassungsgerichtes, das erstmals 1977 eine angebliche „Gleichordnung“ von Elternrecht und Bildungsauftrag der Schule behauptete – gegenüber der bis dahin allgemeinen Überzeugung, dass das Elternrecht als natürliches Recht Vorrang hat. Die Kinder sind kein Eigentum des Staates! Die Familie existiert nicht von Staates Gnaden. Während aber – wie gesagt, fälschlich – das Bundesverfas­sungsgericht von „Gleichordnung“ sprach, behauptet der Schul­leiter hier als Norm das, was erfahrungsgemäß die faktische Anwendung der „Gleichordnung“ schon bedeutete: Der Staat, die Schule sitzt am stärkeren Hebel, der Wille der Eltern ist schwächer, also nachrangig. Und es wird hier gar noch auf den bloßen „häuslichen Bereich“ zurückgedrängt. Das ist eine totalitäre Ideologie!

 

Diese Auskunft des Schulleiters behauptet aber auch, dass „die deutschen Bischöfe“ geschlossen den heute in den Schulen Deutschlands üblichen Sexualunterricht gut­hei­ßen. Das wird immer wieder von Schulbehörden ins Feld ge­führt, und wenn Ordinariate solche Auskunft geben, müssen sie sich im Klaren sein, dass sie eine Missachtung des Scham­gefühls, eine Verhütungspropaganda, eine Gutheißung von Selbstbefriedigung, vorehelichem Verkehr, praktizierter Homo­sexualität usw. unterstützen (im Widerspruch zur authentischen Lehre Roms) bzw. als Kronzeugen der Guheißung solcher mo­ralischen Irrtümer gebraucht werden. Und sie müssen sich im Klaren sein, dass die Allgemeinheit auch den Eindruck erhält, die Bischöfe seien einverstanden, dass das GOTTgegebene, vorrangige Elternrecht vom Staat ausgehebelt wird. Es ist eine traurige Tatsache, dass unsere Bischöfe beim BVerfG-Entscheid 1977 und seither nie wirklich die Lehre der Kirche vom vorrangigen Elternrecht öffentlich vertreten und verteidigt haben, dass sie also auch offensichtlich nicht gewillt sind, zu den „Aussagen des Konzils“ zu stehen.

 

Es ist notwendig, die schon oft angeführte authentische Lehre zu zitieren:

Pius XI., Enzyklika „Divini illius magistri“: „Die Familie hat unmittelbar vom Schöpfer den Auftrag und daher auch das Recht, ihre Nachkommenschaft zu erziehen, ein unveräußerliches Recht, weil unzertrennlich verbunden mit der strengen Verpflichtung. Es geht jedwedem Recht der Volksgemeinschaft und des Staates voraus, und darum ist es keiner Macht auf Erden erlaubt, es zu verletzten.“

II. Vatikanum, Gravissimum educationis Nr. 3+6: „Da die Eltern ihren Kindern das Leben schenkten, haben sie die überaus schwere Verpflichtung zur Kindererziehung. Daher müssen sie als die ersten und bevorzugten Erzieher ihrer Kinder anerkannt werden….“ - „Die Eltern haben das ur­sprüngliche und unveräußerliche… Recht, ihre Kinder zu er­ziehen.“

„Neben den Rechten der Eltern… stehen… gewisse Rechte und Pflichten auch dem Staat zu, soweit dieser das zu ordnen hat, was das zeitliche Allgemeinwohl erfordert. Zu seinen Auf­gaben gehört es, die Erziehung der Jugend in vielfacher Weise zu fördern; er hat die Pflichten und Rechte der Elternzu schützen und ihnen Hilfe zu leisten, und wenn die Initiativen der Eltern und anderer Gemeinschaften nicht genügen, kommt dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend dem Staat die Pflicht zu, die Erziehung in die Hand zu nehmen, immer aber unter Beachtung des elterlichen Willens.“

II. Vatikanum, Dignitatis humanae Nr. 5: „(Es) werden die Rechte der Eltern verletzt, wenn die Kinder gezwungen werden, einen Schulunterricht zu besuchen, der der religi­ösen Überzeugung der Eltern nicht entspricht…“

 

Kardinal Dolan von New York hat erst kürzlich Maßnahmen zur ZwangsSE kritisiert, weil damit „das öffentliche Schulsystem das Recht der Eltern, ihre Kinder in Übereinstimmung mit ihren Überzeugungen und Werten zu erziehen“, an sich reiße (vgl. „Aufgelesen-Kommentiert“ S.  27).

 

4. Die Mutter hatte selber unter der SE gelitten

Rheinland-Pfalz, 7. Klasse Realschule

In Ergänzung zu FMG-INFORMATION 103, S. 4, Nr. 6: Am Beginn des neuen Schuljahres führte die Mutter ihre bisherige (mit der Schule in etwa abgesprochene) Praxis fort und ließ ihren Sohn in den zwei stattgefundenen SE-Stunden zuhause.

 

5. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
lässt SE-Gegner im Stich

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat eine Beschwerde russlanddeutscher Baptisten abgewie­sen, die durch ihre Klage die Befreiung ihrer Kinder vom Sexu­alkundeunterricht an einer Grundschule in Salzkotten erwirken wollten. Das Gericht sagte, die Menschenrechtskonvention (EMRK) gewähre keinen Schutz vor der Konfrontation mit Mei­nungen, die der eigenen widersprechen. Der SE –Unterricht sei eine „neutrale Wissensvermittlung nach aktuellen wissen­schaftlichen und schulischen Standards“.

Der Sprecher des Verein „Schulunterricht zu Hause (Schuzh) e.V.“, Armin Eckermann (Dreieich bei Frankfurt/M.) äußerte sich entäuscht über die Entscheidung. Der Gerichtshof habe den eigentlichen Beschwerdegrund nicht behandelt, nämlich die emanzipatorischen Unterrichtsinhalte.

Wir dokumentieren einen Großteil der Stellungnahme von Schuzh e. V., Dreieich bei Frankfurt, zu der Entscheidung des Europ. Gerichtshofs für Menschenrechte, möchten aber vorausschickend erinnern, dass nach unserer Über­zeugung Sexualaufklärung überhaupt nicht in die Schule gehört, sondern Aufgabe und Recht der Eltern ist. Juris­tisch lässt sich aber nur mit den rechtlichen Vorgaben argumentieren, und selbst diese werden hier vom Europ. Gerichtshof für Menschenrechte missachtet.

 

Aus der Stellungnahme von Schuzh:

»Der EGMR hatte über Beschwerden von 5 Elternpaaren zu entscheiden, die zu einer baptistischen Glaubensgemeinschaft gehören. Diese sahen ihr elterliches Erziehungsrecht durch den staatlichen Sexualkundeunterricht verletzt. Sie stützten sich in ihrer Beschwerde auf Art. 2 Satz 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK und ferner auf die Art. 8, 9 und 14 EGMR (Schutz der Familie, des Glaubens und des Benachteiligungsverbots). Art. 2 Satz 2 lautet: „Der Staat hat bei der Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernom­menen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erzie­hung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.“

 

Sie begründeten ihre Beschwerden wie folgt:

Die Grundschule indoktriniere ihre Kinder entgegen ihrer Reife und entgegen dem Willen der Kinder mit einer schamlosen, ausschließlich emanzipatorischen und pornographischen Sexu­alerziehung (SE) und unterlaufe damit ihre christliche SE.

Das in der Schule für die SE in der 4. Jahrgangsstufe verwen­dete Buch „Peter, Ida und Minimum“ „vermittelt eine SE, die auf bloßer Triebbefriedigung beruht. Das Buch animiert damit die Schüler, sich ihrer Sexualität wie Hunger und Durst je nach Lust und Laune zu bedienen“. Der Geschlechtsakt sei danach nichts anderes als Essen oder Trinken. Das Buch enthalte kei­ne Hinweise auf alternative Sexualanschauungen und sei auch für diese nicht offen. Für die christliche Sexualethik, die die Beschwerdeführer teilten, bliebe kein Raum. Die emanzipa­torische Sexualauffassung, die die staatliche Schule vermittelt, schließe jene inhaltlich und wesensmäßig völlig aus. Bei den Schülern müsse daher der Eindruck entstehen, dass die Schule sie die einzige und richtige Anleitung zum Gebrauch der menschlichen Sexualität lehre. Die staatliche Sexualerziehung sei daher ideologisch indoktrinär (so die Beschwerde 2455/08).

Das Theaterprojekt „Mein Körper gehört mir!“, das im Schul­unterricht ihrer Kinder zur angeblichen Missbrauchsprävention im Sexualkundeunterricht eingesetzt wird, sei atheistisch und emanzipatorisch. Ihren Kindern werde durch dieses Projekt ein ausschließlich selbstbestimmtes Sexualverhalten beigebracht. Maßstab dafür sei ausschließlich ihr Gefühl. Sie sollen ihre Ge­fühle genau wahrnehmen und deren Signalen folgen. Die Kin­der würden in verschiedenen Rollen in die sexuellen Miss­brauchsszenen einbezogen - einmal als Täter, einmal als Opfer und einmal als Sexualpartner. Damit würde den Kindern die Scham abtrainiert und sie würden spielerisch in pädophiles Verhalten hineinerzogen. Das Theaterprojekt stelle deshalb eine Verführung zum Pädosex dar. Der Merksatz zum Thea­terprojekt mache dies deutlich. Er lautet: „Also denk daran, nur du weißt, was dein Körper fühlt. Wenn du ein Ja-Gefühl hast, dann sage auch Ja ... und wenn du ein Nein-Gefühl hast, dann sag auch Nein!“ Hat ein Kind ein Ja-Gefühl, weil es entspre­chend vom Täter (Jugendlichen oder Erwachsenen) manipuliert wurde oder weil es auf Grund der Belehrungen durch das Theaterprojekt einfach neugierig geworden ist, und lässt sich in sexuelle Handlungen ein, so liegt trotz Ja-Gefühl des Kindes sexueller Missbrauch vor, der nach §176 StGB strafbar ist (so die Beschwerde 8252/10)

 

Der EGMR wies die Beschwerden als unbegründet zurück und führte dazu im Wesentlichen aus, die schulischen Veranstal­tungen seien in einer objektiven, kritischen und pluralistischen Art und Weise durchgeführt worden, und deshalb seien keine Konventionsnormen verletzt. Der EGMR lässt damit erkennen, dass er sich nicht an den Wortlaut des Artikels gebunden sieht. Wäre es anders, hätte er die staatliche SE als nicht vereinbar mit Art. 2 Satz 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK erklären müssen. Denn die beanstandete SE ist nicht objektiv, nicht kritisch und nicht pluralistisch. Der EGMR gibt die traditionelle Bindung der Justiz an das Gesetz, wie sie für einen Rechtsstaat kennzeichnend ist, auf und entscheidet willkürlich im Sinne der emanzipatorischen Ideologie. Diese will von der Bindung an das bestehende verfasste Recht befreien, das in unserem Rechtsstaat die individuelle, persönliche Freiheit garantiert. So vertritt Jürgen Habermas die Auffassung, dass die moderne Gesellschaft ohne verfasstes Recht bestehen könne (I. Lück, "Alarm um die Schule", 1980, S.70). Damit wäre der Bürger dem Staat hilflos ausgeliefert.

Die schulische Sexualauffassung ist frei von allen Normen und Werten, Weltanschauungen und Religionen und steht uneinge­schränkt im Belieben des Schülers (Grundschülers!). Diese Sexualauffassung ist ausschließlich emanzipatorisch, indem sie die Sexualität von allen weltanschaulichen, religiösen und gesetzlichen Bindungen befreit.

Diese emanzipatorische Ideologie, die der staatlichen Sexualerziehung zu Grunde liegt, ist Maßstab der EGMR-Entscheidung. Der EGMR setzt diese an Stelle des geltenden Rechts, des geltenden Begriffsverständnisses und der gelten­den Werte in unserer Gesellschaft. Deshalb ist für den EGMR „objektiv, kritisch und pluralistisch“ das, was dieser Befreiungsideologie entspricht.

 

Die schulische SE, an der die Kinder der Beschwerdeführer hätten teilnehmen müssen, ist aber nicht objektiv - nach gelten­dem Begriffsverständnis. Der EGMR lässt nur sein subjektives und ideologisches Verständnis von Sexualität gelten. Danach ist die Sexualität von jeglicher Bindung an eine Ethik und Moral befreit. Sie wird den Schülern deshalb als nichts anderes dar­gestellt als der Trieb, Hunger und Durst zu stillen. Sexualität nach dieser Ideologie dient ausschließlich der eigenen sexuel­len Triebbefriedigung (Lust, Ja-Gefühl). Das geht sogar so weit, dass strafbares Verhalten (§ 176 StGB = sexueller Kindesmiss­brauch) - basierend auf dem Ja-Gefühl eines Kindes - akzep­tiert und für richtig gehalten wird. Das zielt wohl auch darauf ab, den gesetzlichen Kinderschutz vor sexuellem Missbrauch einzuschränken oder gar aufzuheben - zur restlosen Befreiung der Sexualität von allen Normen unserer Gesellschaft.

Der EGMR richtet sich damit gegen unsere europäische Kultur, die auf der christlichen und jüdischen Sexualethik und auf der sich daraus ableitenden Moral basiert.

 

Die staatliche SE der Grundschule in NRW ist auch nicht kritisch zu verstehen - im Sinne von „nach präzisen Maßstäben prüfend und beurteilend, genau abwägend“ (Duden 2001). Das verkennt der EGMR. Sie ist vielmehr totalitär, indem sie alle an­deren Sexualauffassungen an dem Maßstab der Emanzipation misst. Sexualauffassungen, die auf Werten und Normen be­ruhen, werden danach verworfen, weil sie die Schüler nicht von der bisherigen Kultur und Gesellschaft emanzipieren.

Die staatliche Sexualerziehung nach dem Buch „Peter, Ida und Minimum“ und dem Theaterprojekt „Mein Körper gehört mir!“ ist auch nicht „pluralistisch“. Pluralistisch ist nach dem herrschen­den Sprachverständnis eine SE, die gleichberechtigt mehrere Meinungen zur Sexualität nebeneinander bestehen lässt. Gerade das tut die schulische SE nicht. Sie lässt Meinungen und selbst Glaubensüberzeugungen zur Sexualität nicht zu, die die Sexualität nicht mit ausschließlicher Triebbefriedigung nach Lust und Laune gleichsetzen.

Der EGMR betreibt mit seiner Entscheidung nicht nur eine Umwertung von Begriffen und Werten, sondern widersetzt sich seiner Aufgabe, geltendes Menschenrecht anzuwenden.

Nach Art. 2 Satz 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK hat der EGMR dafür zu sorgen, dass die Glaubensüberzeugungen der Eltern im schulischen Unterricht sichergestellt werden. Dazu gehören auch Glaubensüberzeugungen, die die SE betreffen.

Die Beachtung der Glaubensüberzeugung der Eltern ist nach deutschem Recht Voraussetzung für die Zulassung der schulischen SE. Das Bundesverfassungsgericht führt dazu aus (BVerfGE 47,47, 2. Leitsatz):

„Die Sexualerziehung in der Schule muss für die verschiedenen Wertvorstellungen auf diesem Gebiet offen sein und allgemein Rücksicht nehmen auf das natürliche Erziehungsrecht der Eltern und auf deren religiöse und weltanschauliche Über­zeugungen, soweit diese für das Gebiet der Sexualität von Be­deutung sind. Die Schule muss insbesondere jeden Versuch einer Indoktrinierung der Jugendlichen unterlassen.“

Der EGMR verweigert den beschwerdeführenden Eltern ihr Menschenrecht aus Art. 2 Satz 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK, ihre Glaubensüberzeugung im schulischen Sexual­kundeunterricht sicherzustellen; er begeht damit - bewusst oder unbewusst - eine Rechtsbeugung und fördert damit die eman­zipatorische Kultur-, Rechts- und Gesellschaftsrevolution in Deutschland durch indoktrinäre schulische SE…«

 

6. Resolution des „Forums Deutscher Katholiken“ beim Kongress „Freude am Glauben“, Karlsruhe, 10.9.2011:

»Das natürliche Recht der Eltern und die Pflicht, ihre Kinder zu erziehen (Art. 6 GG), wird in immer mehr Bundesländern von Seiten des Staates aktiv untergraben durch eine alles durch­ziehende manipulative Sexualerziehung in Kindergärten, Schu­len und sonstigen Einrichtungen, mittels derer die Kinder ge­zielt zu einer unterschiedslosen Akzeptanz jeglicher denkbaren sexuellen Spielarten und Betätigungen geführt werden sollen. Außerdem wird durch die verfrühte Konfrontation bereits kleiner Kinder mit sexuellen Themen, deren natürliches Schamgefühl, das ihre Seele schützt und sie sexuelle Zudringlichkeiten zu­rückweisen lässt, zerstört und eine unnatürliche Sexualisierung der Kinder lange vor der Pubertät gefördert. Auch ältere Kinder werden durch unangemessene und schamlose Unterrichtsin­halte und -methoden in ihrem Schamgefühl verletzt und per­sönlichkeitsverletzend sexualisiert.

So werden aktuell im Land Berlin mit der staatlich finanzierten Initiative „Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ ab sofort alle Grundschulkinder fächerübergreifend, „weg von der klassischen Vater-Mutter-Kind-Familie“ hin zu einer unter­schiedslosen Offenheit für alle sexuellen Alternativen erzogen. Die natürliche Familie aus Vater, Mutter und Kind(ern), Funda­ment unserer Gesellschaft, die unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht (Art. 6 GG), wird in den Kinderköpfen zur simplen Variante unter allerlei sexuell denkbaren Möglichkeiten degradiert.

In Berliner Handreichungen für Lehrer werden Unterrichtsbeispiele empfohlen, in denen 7-Klässler pantomimisch Begriffe wie „Orgasmus“, „Porno“ oder „Sado-Maso“ darstellen sollen. Dies alles geschieht im Rahmen der gesetzlichen Schulpflicht, ohne Eltern die Möglichkeit zu geben, ihre Kinder davor zu schützen.

Diese Erziehung durch staatliche Einrichtungen läuft der christ­lichen Erziehung zahlreicher Elternhäuser direkt zuwider. Sie steht damit im krassen Gegensatz zu Art. 6 GG, der in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 GG den Eltern das Recht zur Kinderer­ziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht garantiert. „Danach ist es Sache der Eltern, ihren Kindern Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln (vgl. BVerfGE 41, 29 »44, 47 f.«) und nicht geteilte Ansichten von ihnen fernzuhalten (vgl. BVerfGE 93, 1 »17«)“, wie das Bundesverfassungsgericht in einer einschlägigen Entscheidung vom 21. Juli 2009 feststellt.

Wir protestieren gegenüber den politisch Verantwortlichen aller Bundesländer und fordern die sofortige Beendigung jeglicher Werte manipulierender und schamzerstörender SE von Kindern in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen durch den Staat.

Wir fordern alle Bürger auf, sich gegen solche staatl. Erziehungsinhalte u. -methoden zum Schutz der Kinder zu wehren.

Wir fordern die Bischöfe und alle Verantwortlichen in Kirche und christlichen Gemeinschaften auf, diesen Protest entschieden zu unterstützen.«

 

 

                                         

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