„Die Gnade des Gedächtnisses“

FMG-Wallfahrt 2013

 

1. Im Johannesevangelium (14,26) lesen wir die Verheißung JESU, dass Er den „Beistand, den HL. GEIST“ senden werde, der „an alles erinnern“ werde, was Er gesagt hat. Die Erinnerung, das Gedächtnis, ist etwas spezifisch Menschliches. Allein aus der Kraft des Gedächtnisses leben wir im Zusammenhang der Dinge und der Menschen. Ohne Gedächtnis, ohne Wiedererkennen, gäbe es keine menschliche Gemeinschaft, keine Sprache. Ebenso gehört zum Wesen der Kirche dieses Erinnern, dieses „Aufbewahren“ der Heilstaten GOTTES. Es ist der Brunnen, aus dem alles Wirken der Kirche seinen Sinn schöpft und Kraft gewinnt. Der selige Papst Johannes Paul II. hat darum einmal Maria „das Gedächtnis der Kirche“ genannt. Und Papst Franziskus sagte kürzlich (13.5.13) in einer seiner Werktagspredigten, „ein Christ ohne Gedächtnis ist kein wahrer Christ“, sondern eine Gefangener des Moments, ja ein Götzendiener, weil er GOTT nicht kennt, der mit uns geht, mit uns Geschichte macht.

An diese „Gnade des Gedächtnisses“ erinnerte die Predigt in der ersten Pilgermesse der diesjährigen Wallfahrt, am Pfingstmontag in der Wallfahrtskirche Maria Birnbaum: Die Wallfahrt sollte das eine oder andere aus dem im Schatz der Überlieferung, der Kirchengeschichte, der Heiligen, nahebringen, den der HL. GEIST „in allen Völkern und Nationen“ gewirkt hat. Und auf dieser Wallfahrt wurden wir eben besonders an die Heiligen Frankreichs „erinnert“ – die in ganz verschiedenen Zeiten, mit ganz unterschiedlichen Berufungen und Lebensläufen lebten und auch heute aktuell sind.

 

2. Der Marienwallfahrtsort Maria Birnbaum (südlich von Sielenbach im Landkreis Aichach-Friedberg) geht auf die Zeit von 1659/60 zurück, als ein kleines geschnitztes Vesperbild, eine Pietá, die von schwedischen Truppen im Dreißigjährigen Krieg geschändet worden war, vom Dorfhirten von Sielenbach in einen hohlen Birnbaum aufgestellt wurde. Zwei Wunderheilungen führten zum Anwachsen einer Wallfahrt. Der Grundherr, ein Deutschordenskomtur, ließ 1661 eine Kirche erbauen, frühbarock, die von außen, mit der Kuppel, ein wenig an russische Kirchenbauten erinnert. Dort birgt ein Teil des Birnbaumstammes im Hochaltar noch heute das Gnadenbild. Seit 1998 betreut der Deutsche Orden wieder diese Wallfahrtskirche. (Trotz zweimaliger Anmeldung - im Herbst 2012 und nochmals ein paar Wochen vor der Wallfahrt - war unsere Pilgermesse nicht vermerkt, doch glücklicherweise war die Mesnerin frühzeitig da, so dass wir doch die hl. Messe zum Beginn unserer Wallfahrt feiern konnten.)

 

3. Von dieser ersten Station aus führte uns der Weg nach Westen durch das Elsass nach Lothringen. Ungefähr von der französischen Grenze an begann der Regen, der uns auch an den folgenden Tagen immer wieder begleiten wollte, auch wenn dann und wann die Sonne durchbrach, die allerdings gegen den kalten Wind nicht recht aufkam. Der kleine Ort Mattaincourt, etwa 50 km südlich von Nancy gelegen, war unsere nächste Station. Leider fanden wir die Kirchentür verschlossen, doch freundliche Menschen telefonierten dann eine Schwester herbei, die uns den Zugang in den großen neugotischen Bau verschaffte, in dem sich das Grab des hl. Priesters Petrus Fourier befindet. Die Kirche wurde 1853 auf dem Gelände der früheren Dorfkirche gebaut. Pierre Fourier, 1565 im nahegelegenen Städtchen Mirecourt geboren, trat nach dem Studium in die rund 25 km südöstlich gelegene Augustiner-Chorherren-Abtei Chaumousey ein. Schon vorher hatte er daheim arme Kinder unterrichtet. 1589 in Trier zum Priester geweiht, wurde der Ordenspriester Pfarrer einer schwierigen, ganz heruntergekommenen Pfarrei: Mattaincourt. Allmählich gewann der bescheiden lebende Pfarrer die misstrauischen Menschen und erneuerte in vier Jahrzehnten die Pfarrgemeinde religiös und sittlich. Er gründete karitative Einrichtungen und eine Darlehenskasse und richtete eine Freischule für die Kinder ein. Zusammen mit Alexia Le Clerc gründete er den Lehrorden der Regulierten Chorfrauen Unserer Lieben Frau, reformierte die lothringischen Augustiner Chorherren und gründete eine neue Kongregation. 75-jährig starb Pierre Fourier am 9. Dezember 1640 in Gray in Burgund; sein Leib wurde in seiner Pfarrkirche bestattet. 1730 wurde er selig- und 1897 heiliggesprochen. Wir konnten vor seinem Reliquienschrein auf dem Altar einer eigenen Kapelle beten – unter dem Altar befindet sich eine Liegestatue des Heiligen.

 

4. Unsere erste Nacht verbrachten wir, sehr gastfreundlich empfangen, in einem diözesanen Bildungshaus, einem früheren Karmelitinnenkloster, in der Bischofsstadt Nancy. Am Vormittag des nächsten Tages suchten wir dann die Kathedrale der Stadt auf, deren historisches Zentrum mit einigen architektonisch besonders schönen Plätzen in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde. Nancy war die Hauptstadt des Herzogtums Lothringen, hat heute gut 100.000 Einwohner. Die Kathedrale, 1703-1742 erbaut, ist der Verkündigung Mariens geweiht. Im rechten Seitenschiff befindet sich in der Kapelle des hl. Josef neben alten Reliquienschreinen ein moderner Metallschrein mit den Reliquien der sel. Alexia Le Clerc. 1576 geboren als Kaufmannstochter in der lothringischen Stadt Remiremont, etwa 100 km südlich von Nancy, folgte sie schon von früher Jugend an dem Ruf GOTTES. Als der Vater 1595 verstarb, zog die Familie in den Ort Hymont bei Mattaincourt. Durch die geistlichen und seelsorglichen Tätigkeiten des hl. Petrus Fourier bestärkt, entschied sich Alexia für das Leben als Ordensschwester. Mit drei anderen jungen Mädchen weihte sie in der Pfarrkirche von Mattaincourt ihr Leben dem Dienst GOTTES, was als Gründungstag der Augustiner Chorfrauen gilt. 1598 eröffneten sie die erste Mädchenschule, gründeten schnell nacheinander mehrere Klöster und errichteten in vielen Städten Frankreichs Schulen für die Mädchenerziehung. 1606 wurde in Nancy das Mutterhaus der Augustiner Chorfrauen errichtet, Alexia – mit dem Ordensnamen Maria Theresia von JESUS – wurde Oberin. Mit 46 Jahren verstarb sie am 9. Januar 1922 in Nancy; ihr Grab ging in der französischen Revolution verloren. 1947 wurde sie seliggesprochen, erst 1950 wurde ein Bleisarg mit Gebeinen gefunden, die 1960 als die Reliquien der Seligen anerkannt wurden; 2007 wurden sie in die Kathedrale übertragen.

 

5. Vorbei an Toul – einer bis 1552 deutschen freien Reichsstadt, am westlichsten Punkt der Mosel gelegen; der heiliggesprochene deutsche Papst Leo IX. (1049-1054) war zuvor dort Bischof – fuhren wir dann nach Domrémy-la-Pucelle, dem Geburtsort der hl. Jeanne d’Arc, und feierten in der Krypta der Basilika „du Bois-Chenu“ die hl. Messe. Diese anderthalb Kilometer südlich des kleinen, an der Maas gelegenen Dorfes stehende Kirche wurde von 1881 an gebaut an der Stelle, wo Johanna die Stimmen der hll. Katharina und Margareta gehört hatte. Auf dem großen Vorplatz steht eine Statuengruppe aus Bronze, die den hl. Erzengel Michael und die hll. Katharina und Margarete darstellt, und davor kniend eine Marmorstatue der hl. Johanna. Auch die Kuppel der Basilika trägt eine Michaelsstatue. Im eigentlichen Kirchenschiff fallen vor allem die großen Gemälde an den Seitenwänden auf (auf Leinwand gemalt, an die Wände geklebt), die wesentliche Stationen aus dem Leben der hl. Jeanne d’Arc darstellen.

Nach der mittäglichen Stärkung besuchten wir noch die kleine Dorfkirche, die seit der Zeit der Heiligen zwar Veränderungen erfahren hat, aber ein Kalkstein-Weihwasserbecken aus jener Zeit und insbesondere das Taufbecken birgt, wo Johanna die Taufe empfing. Daneben steht ihr Geburtshaus, wo sie 1411 oder 1412 zur Welt kam; es hat wohl große Veränderungen erfahren. Im Garten zur Kirche hin hörte sie als 13-Jährige „GOTTES Stimme“, wie sie im Prozess in Rouen aussagte. – Als Johanna, die sich selber „Jeanne la Pucelle“ (Johanna, die Jungfrau) nannte, geboren wurde, wütete bereits über sieben Jahrzehnte der sog. Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich (1339-1453), durch den die Engländer ihren Anspruch auf den französischen Königsthron durchzusetzen versuchten. Von ihrem 13. Lebensjahr an hatte Johanna wiederholt Erscheinungen des hl. Michael, der sie aufforderte, dem bedrängten Frankreich zu Hilfe zu kommen, Orléans zu befreien und dem Kronprinzen (Dauphin) Karl VII. zur Krönung zu verhelfen. Nach fünf Jahren der inneren Bereitung verließ Johanna 1429 ihr Elternhaus, konnte den Dauphin von ihrer GÖTTlichen Sendung überzeugen. Am 17.7.1429 führte sie Karl VII. zur Krönung nach Reims. Im Mai 1430 wurde sie durch Verrat von den Burgundern gefangen und an die Engländer verkauft. Peter Cauchon, der den Engländern zugewandte Bischof von Beauvais, führte den Inquisitionsprozess, der mit der Verurteilung Johannas als Ketzerin, Hure und Zauberin zum Feuertod am 30.5.1431 endete.1456 wurde das ungerechte Urteil aufgehoben und Johanna für unschuldig erklärt; 1909 erfolgte die Selig- und 1920 die Heiligsprechung. Johanna hat über die Bedeutung als französische Nationalheilige hinaus Vorbildcharakter durch ihre Glaubensfestigkeit, ihre Gewissenstreue und ihre leuchtende Reinheit.

 

6. Auf der Autobahn fuhren wir dann vorbei an jener Gegend, wo das vom hl. Bernhard gegründete Kloster Clairvaux lag (Ville-sous-la-Ferté), auch vorbei an der Stadt Troyes, in deren bedeutender gotischen Kathedrale das Haupt des hl. Bernhard (1090-1153) aufbewahrt wird. Als eventuelles Ziel war auch der Friedhof in Châlo-Saint-Mars auf unserer Pilgerroute; allerdings reichte unsere Zeit dafür nicht. So musste es bei der Erinnerung an den dort begrabenen französischen Pädiater (Kinderarzt) und Genetiker Prof. Jérôme Lejeune bleiben: 1926 geboren, hatte der Wissenschaftler die chromosomale Ursache von Trisomie 21 (Down-Syndrom) entdeckt, dabei seine Erkenntnisse bewusst in den Dienst des menschlichen Lebens gestellt und sich für das Lebensrecht behinderter Kinder eingesetzt gegen die pränatale Auswahl und Abtreibung genetisch möglicherweise kranker Kinder. Wegen seiner klaren pro-life-Haltung verscherzte er sich wohl den Nobelpreis. Papst Johannes Paul II. hatte ihn sehr geschätzt und auf seine Anregung hin die Päpstliche Akademie für das Leben gegründet; er hatte ihn anlässlich seines Todes am 3.4.1994 in einer Botschaft als „großen Christen des 20. Jahrhunderts“ und vorbildlichen Laienapostel gerühmt und während einer Frankreich-Reise 1996 sein Grab besucht; der Seligsprechungsprozess ist eingeleitet. – Am Abend trafen wir dann in unserem Quartier in Orsay (südwestlich von Paris) ein.

 

7. Von Orsay aus fuhren wir am Mittwoch nach Paris hinein. Ziel war zunächst die Kirche des hl. Vinzenz von Paul in der Rue de Sévres 95 und dann, um die Ecke, die Kapelle Unserer Lieben Frau von der Wunderbaren Medaille in der Rue du Bac 140. Die Kapelle des hl. Vinzenz mit einer unscheinbaren Fassade überrascht mit einer reichen Innenausstattung. Der imposante Hochaltar birgt den Schrein des Heiligen, zu dem man hinaufsteigen kann; das Gesicht ist in Wachs modelliert. -

Der hl. Vinzenz von Paul, 1581 als Sohn eines armen Bauern in Südwestfrankreich geboren, war Hausgeistlicher und Lehrer beim General der königlichen Galeeren. Als er das Glück eines sterbenden Bauern nach einer Generalbeichte erlebte, predigte er mit großem Erfolg über die Beichte und hielt unter Mithilfe anderer Priester Missionen unter der armen Landbevölkerung. So entstand die „Kongregation der Weltpriester für Missionen“. Der Name Lazaristen leitete sich vom zeitweiligen Hauptsitz, dem früheren Aussätzigenheim St.-Lazare, ab. Durch Exerzitien für Priesteramtskandidaten und jahrzehntelange Konferenzen für Priester trug er außerordentlich zur Hebung des Klerus bei, schärfte aber auch das soziale Gewissen weiter Kreise. 1617 hatte er selber das Gelübde abgelegt, sein Leben den Armen zu widmen. Er war Helfer der Armen, Tröster der Kranken, Vater der Waisen, Befreier von Christensklaven, Verpfleger ganzer Provinzen in Kriegs- und Hungersnot. Er starb am 27. September 1660 in Paris (Seligsprechung 1729, Heiligsprechung 1737). - In den schmalen Seitenschiffen der ihm geweihten Kirche sind eine Reihe von Altären, die französischen Heiligen geweiht sind, darunter zwei mit den Reliquienschreinen heiliggesprochener Märtyrerpriester des von Vinzenz 1625 gegründeten Lazaristenordens: hl. Franz Regis Clet und hl. Johann Gabriel Perboyre. Clet, 1748 in Grenoble geboren, war zwanzigjährig bei den Lazaristen eingetreten. Nachdem er 15 Jahre als Moraltheologe am Priesterseminar von Annecy gelehrt hatte, gaben 1791 die Oberen seinem Wunsch nach der Chinamission nach. 1819 verraten und gefangengenommen, wurde er am 18. Februar 1820 bei Ouchanfou an einem Kreuz erdrosselt (1900 selig, 2000 heilig). Sein jüngerer Mitbruder Perboyre, 1802 in der Nähe von Toulouse geboren, wirkte zunächst in der Ordensausbildung und ging 1835 nach China. In einer neuerlichen Christenverfolgung wurde er verhaftet und nach langen Misshandlungen am 11. September 1840 in Wutschangfu ans Kreuz gehängt und langsam zu Tod stranguliert (selig 1889, heilig 1996).

 

8. Vinzenz von Paul hatte zur Betreuung armer und alleinstehender Kranker Vereinigungen von Bürgerfrauen gegründet; daraus entwickelte sich – unter Mitwirkung der hl. Louise de Marillac die Kongregation der „Töchter der christlichen Liebe“ (Vinzentinerinnen). Die verwitwete Adelige widmete sich ganz einem karitativen Leben, sie leitete die Schwesterngemeinschaft bis zu ihrem Tod am 15. März 1660 (selig 1920, heilig 1934). Ihre Reliquien ruhen in einem Schrein auf dem äußeren linken Seitenaltar der Kapelle der Wunderbaren Medaille in der Rue du Bac. Am äußeren rechten Seitenaltar befindet sich unter einer Statue des hl. Vinzenz ein Reliquiar mit dem Herzen dieses Heiligen. Der innere rechte Seitenaltar wiederum birgt in einem Schrein den unverwesten Leib der hl. Vinzentinerin Katharina Labouré. 1806 als Kind einfacher Landleute in Burgund geboren, war die Dienstmagd 1830 in den Orden eingetreten und hatte während ihres Noviziats mehrere Erscheinungen der GOTTESmutter, auf Grund derer die sog. Wunderbare Medaille geprägt und verbreitet wurde. Die Heilige diente ganz unerkannt in der Greisenpflege und als „Hühnerschwester“; erst im Jahr vor ihrem Tod – 31. Dezember 1876 – offenbarte sie sich den Oberen (selig 1933, heilig 1947). – Wir hatten die Freude, in dieser Kapelle unsere Pilgermesse zu feiern – unter dem Chorbogen-Fresko der Erscheinungen vom 18.7.1830. Über dem Schrein der Heiligen steht die Statue Mariens mit der Weltkugel, wie sie sich am 27.11.1830 zeigte und Katharina den Auftrag zur Medaille gab; am Hochaltar steht eine Statue der „Jungfrau mit den Strahlen“ entsprechend einer Erscheinung im Dezember 1830, wie sie auch auf der wunderbaren Medaille zu sehen ist.

 

9. Der starke Verkehr in der französischen Metropole verlangte uns einige Geduld ab, ehe wir dann unseren Bus wieder besteigen und Paris, am Arc de Triomphe vorbei, in Richtung Nordwesten verlassen konnten. Am Nachmittag waren wir dann in Rouen (110.000 Einwohner) und wanderten durch die Innenstadt mit Fachwerkhäusern aus Mittelalter, Renaissance und Klassizismus, vorbei an der Kathedrale vom Beginn des 13. Jahrhunderts und an der  „Großen Uhr“ (Gros-Horloge, in einem Renaissancepavillon von 1529 über der Straße), zum Alten Marktplatz, auf dem die hl. Jeanne d’Arc am 30. Mai 1431 bei lebendigem Leib verbrannt wurde. Die Stelle des Scheiterhaufens ist durch ein hohes Aluminiumkreuz gekennzeichnet, daneben steht eine Statue der Heiligen von 1926, und in der Mitte des Platzes befindet sich eine um 1980 erbaute Kirche. Sie steht teilweise auf Ruinen einer 1833 abgerissenen Kirche „Saint Sauveur“, die die Hinrichtung Johannes erlebt hatte. Der moderne eigenwillige Kirchenbau erweckt den Eindruck eines (gekenterten) Schiffes; ihre Fenster aus dem 16. Jh. entstammen einer 1944 zerstörten Kirche und bilden unter anderem Szenen aus dem Leben JESU und von Heiligen ab. – Rouen ist im Übrigen auch der Sterbeort des hl. Johannes Baptist de la Salle (Gründer der Schulbrüder, 1651-1719; seine Reliquien wanderten zuletzt 1937 nach Rom) sowie ein Wirkungsort des sel. Nikolaus Barré (1621-1686; Seelenführer, Erzieher; er bildete noch vor De la Salle in Rouen Lehrerinnen für die „Schulen vom JESUSkind“ aus).

 

10. Von Rouen aus hatten wir dann noch etwa 100 km zurückzulegen nach Lisieux, wo wir uns den ganzen folgenden Tag bis zum Freitagmorgen aufhielten. Es ist die Stadt der hl. Theresia „vom Kinde JESU und vom heiligsten Antlitz“; 1873 in Alençon geboren, war sie 1877 nach dem Tod ihrer Mutter mit dem Vater und ihren vier Schwestern hierher umgezogen. 1888 war sie dann hier in den Karmel eingetreten und am 30. September 1897 heimgegangen. In der „Ermitage Sainte Thérèse“ wohnten wir nahe beim Karmel; die jungen asiatischen und afrikanischen Frauen, die das Pilgerhaus führen – wohl einer geistlichen Gemeinschaft zugehörig –, verschönten die Abendmahlzeiten mit französischen geistlichen Liedern. Am Donnerstagvormittag wanderten wir hinauf zur großen Basilika (ab1929 erbaut, 95 m lang, 95 m hoch) verehrten dort im südlichen Querschiff Reliquien der jungen Kirchenlehrerin (Knochen des rechten Armes in einem kostbaren Schrein), beschauten die prächtigen Mosaikbilder, die Kirchenfenster und die von einzelnen Nationen gestifteten Kapellen und feierten dann in der Krypta (ebenfalls teilweise mit Mosaiken ausgestattet, am Hauptaltar die Statue des hl. Theresia) die hl. Messe zu Ehren dieser Kirchenlehrerin des „Kleinen Weges“ der CHRISTUSliebe.

In dieser Krypta befindet sich im hinteren Bereich ein neuer, sehr schöner Metallschrein mit den Reliquien der 2008 seliggesprochenen Eltern Theresias, Zélie und Louis Martin (1831-28.8.1877; 1823-29.7.1894). Nach der hl. Messe bot uns der ausgezeichnete Film über die hl. Theresia (deutsche Untertitel) im „Centre d’Accueil Pastoral International“ gegenüber der Basilika einen beeindruckenden Einblick in ihr Leben.

Am Nachmittag besuchten wir „Les Buissonnets“, das Haus, in dem Theresia nach dem Tod der Mutter mit dem Vater und den Schwestern bis zu ihrem Karmeleintritt etwa zehn Jahre lebte; wir wurden in Gruppen durch die Räume geführt – Küche und Esszimmer, im 1. Stock Zimmer der Schwestern, in dem Theresia bei ihrer Erkrankung 1882/3 das Bett hütete und geheilt wurde („Jungfrau vom Lächeln“, Original im Karmel); daneben Zimmer des Vaters und in einem anderen Raum Spielsachen und andere Gegenstände Theresias; im Garten steht die Statuengruppe, die den Augenblick festhält, als Theresia von ihrem Vater die Einwilligung zum Klostereintritt erbat. Auf dem Rückweg besuchten wir die Kathedrale St. Peter (12. Jh., normannisch-gotischer Stil, bis zur frz. Revolution Bischofssitz). Sie war die Pfarrkirche der Martins: im Beichtstuhl hinten links hatte sie ihre erste Beichte abgelegt; den neugotischen Hauptaltar hatte Herr Martin weitgehend gestiftet; in der Apsiskapelle feierte Theresia mit ihrem Vater regelmäßig die Werktagsmesse mit; vor einem steinernen Kreuzigungsrelief betete sie oft für die Bekehrung des Verbrechers Pranzini; in der Seitenkapelle rechts vom Hochaltar hatte die Familie an Sonn- und Feiertagen ihren Platz. Schließlich konnten wir noch in der Kirche des 1838 gegründeten Karmel vor ihrem Reliquienschrein beten und in den Nebenräumen die Ausstellung über das Leben im Karmel und von authentischen Gegenständen Theresias (die hier vom 9.4.1888 bis zulm 30.9.1897 lebte) sehen. Danach war noch bis zum Abendessen Zeit, sich nach persönlicher Vorliebe in Lisieux umzuschauen.

 

11. Vorbei an Caen (in dieser Stadt starb am 19.8.1680 der hl. Ordensstifter und Apostel der Herz-JESU- und Herz-Marien-Verehrung, Johannes Eudes; Grab im Ordensgeneralat in Kolumbien), und in der Ferne den hoch aufragenden „Mont Saint Michel“ sehend, war unser nächstes Ziel Pontmain (bei Fougères). In der Notzeit des deutsch-französischen Krieges 1870/71 sahen die 10- und 12-jährigen Buben Eugène und Joseph Barbedette und noch weitere Kinder bei Einbruch der Nacht des 17. Januar 1871 von ihrer Scheune aus die GOTTESmutter in einem blauen, mit goldenen Sternen übersäten Gewand. Das Bild veränderte sich: ein ovaler Rahmen umgab die Frauengestalt, ein kleines, rotes Kreuz erschien vor der Brust, wurde größer, ein Schrift bildete sich: „So betet doch, meine Kinder“. Und weiter: „GOTT wird euch in kurzer Zeit erhören. Mein Sohn lässt sich rühren.“ Das lächelnde Gesicht Mariens wurde dann traurig, ein rotes Kreuz mit Korpus erschien in den Händen der „Dame“ mit der Schrift „JESUS-CHRIST“ darüber, und nachmals wandelte sich das Bild. Nach etwa drei Stunden verschwand die Erscheinung und ließ die Dorfbewohner getröstet zurück. Acht Tage später wurde der Waffenstillstand unterzeichnet. Nach Untersuchungen erklärte am 2.2.1872 der zuständige Bischof die Echtheit der Erscheinungen; 1877 wurde bereits die heutige Basilika „Unserer Lieben Frau von der Hoffnung“ eingeweiht. Nach dem Besuch und dem Rosenkranzgebet in der Wallfahrtsbasilika – sich im Freien aufzuhalten, erlaubte Regen und kalter Wind nicht – feierten wir die hl. Messe in der Dorfkirche, die der Basilika schräg gegenüberliegt.

 

12. Rund 140 km südlich war Angers unser Tagesziel. Am nördlichen Loire-Ufer befindet sich das Mutterhaus der Guthirtinnen. Eine freundliche Schwester führte uns in die Klosterkirche, in der ein Schrein mit den Reliquien der Gründerin, der hl. M. Euphrasia Pelletier, steht, und dann zur kleinen Kapelle im Klostergarten, in der das frühere Grab der Heiligen war. 1796 an der Küste geboren, war sie in Tours im „Kloster der Zuflucht“ eingetreten, in dem man verirrte Mädchen und Frauen für CHRISTUS zurückzugewinnen suchte. Unter Leiden und Widerständen schuf sie eine neue, von den alten Klöstern gelöste Gemeinschaft. Am 24.4.1868 starb sie in Angers (selig 1933, heilig 1940).

 

13. Vor dem Abendessen in unserem Hotel in der Innenstadt war noch etwas Zeit, so dass etliche der Pilger sich dort noch ein wenig umsahen, unter anderem die eindrucksvolle Kathedrale Saint-Maurice besuchten, die im 12. Jh. auf den Mauern des 1032 niedergebrannten romanischen Baus im gotischen Stil erneuert wurde. Darin steht unter anderem eine Steinstatue des sel. Noel Pinot, eine Märtyrerpriesters von Angers in der französischen Revolution (1747- 21. März 1794, selig 1926). 1984 wurden weitere 99 Märtyrer von Angers seliggesprochen, der sel. Wilhelm Répin und 98 Gefährten, auch sie Opfer der französischen Revolution wie 2900 andere Opfer allein in der Diözese Angers. Guillaume Répin, 1709 geboren, war ins Priesterseminar von Angers eingetreten und hatte jahrzehntelang fruchtbar als Pfarrer gewirkt. Als Eidverweigerer wurde er 1792 verhaftet und am 2. Januar 1794 auf der „Place du Ralliement“ in Angers mit anderen durch die Guillotine hingerichtet.

 

14. Am Samstagvormittag fuhren wir dann nach Saint-Laurent-sur-Sèvre, einer kleinen Stadt im Departement Vendée, 80 km südlich von Angers. Fünf Kirchtürme überragen den Ort, an dem mehrere Ordensgemeinschaften leben – die Montfort-Missionare, die Montfort-Schwestern („Töchter der Weisheit“) und die Montfort-Brüder („Brüder vom HL. GEIST“). Eine Baustelle innerorts hielt uns etwas auf, doch dann gelangten wir doch zur Basilika, die schon der sel. Papst Johannes Paul II. 1996 aufgesucht hatte: mit dem Grab-Altar des hl. Ludwig Maria Grignion und der sel. Marie-Louise Trichet. Der hl. Ludwig wurde 1673 in Montfort-sur-Meu in der Bretagne geboren, den Beinamen Maria hatte er bei seiner Firmung gewählt. Als 27-Jähriger zum Priester geweiht, wirkte er bei Predigt-Missionen mit, war Geistlicher am Hospital in Poitiers und kurzzeitig in Paris, setzte sich dann mit ganzer Kraft für die Missionierung in Dörfern ein. Er erlebte manche Misserfolge, und als ihm durch Verleumdung der Predigtauftrag entzogen wurde, pilgerte er 1706 nach Rom und wurde von Papst Clemens XI. als „Apostolischer Missionar“ nach Frankreich zurückgesandt, um dem einfachen Volk und den Kindern die katholische Lehre nachhaltig einzuprägen und sie zu einer Erneuerung des Taufversprechens zu führen. GOTT unterstützte sein Wirken durch Wunder. Schon früh hatte er die besondere Rolle der Marienverehrung als Weg zur Gleichgestaltung mit CHRISTUS erkannt; 1712 verfasste er seine „Abhandlung über die wahre Verehrung der Seligsten Jungfrau“ (das sog. „Goldene Buch“); seine jansenistischen Gegner verhinderten die Publikation der Abhandlung, die erst 1843 möglich war und eine große Verbreitung erfuhr. 43-jährig starb er am 28.4.1716 in St-Laurent-sur-Sevre (selig 1888, heilig 1947; der sel. Johannes Paul II. hebt ihn in seiner Marienenyzklika „Redemptoris Mater“ namentlich hervor: „der den Christen die Weihe an CHRISTUS durch die Hände Mariens als wirksames Mittel empfahl, um die Taufverpflichtungen treu zu leben“). – Schon 1701 in Poitiers lernte er die Rechtsanwaltstochter Marie-Louise Trichet (*1684) kennen, die sich seiner geistlichen Führung anvertraute, auf seinen Rat im Krankenhaus als „Arme“ lebte und Liebesdienste tat und sich 1703 GOTT weihte, wobei sie ein Jahrzehnt in unsicherem, verkanntem Warten durchlebte, ehe sich ihr eine Gefährtin anschloss und die Gemeinschaft der „Töchter der Weisheit“ entstand, deren erste Oberin sie wurde. Sie starb am 28. April 1759, am selben Kalendertag und Ort wie der hl. Ludwig-Maria (selig 1993). – Unsere Mittagspause hielten wir noch, am Bus, in Saint-Laurent, ehe wir dann in die etwa 200 km entfernte Stadt des hl. Martin, Tours, weiterfuhren.

 

15. Während am folgenden Tag, Sonntag 27. Mai, in Paris mehr als eine Million Menschen sich zu einer friedlichen Demonstration gegen die Einführung der „Homo-Ehe“ zusammenfanden, auch unter Beteiligung von Bischöfen und Priestern – der Leiter des Diözesanen Bildungshauses in Nancy hatte schon Tage vorher dieses wichtige Anliegen uns gegenüber angesprochen –, erlebten wir am Samstag in Tours einen schrillen Demonstrationszug von einigen Hundert Homosexuellen und Sympathisanten, die lärmend und mit provozierenden Gesten an der Martins-Basilika vorbeizogen, wo wir gerade in der Krypta am Grab des hl. Martin gebetet hatten und uns nun in der Kirche umschauten.

Der hl. Martin, 316 in Steinamanger in Pannonien/Ungarn geboren, war von seinem Vater, einem römischen Offizier, auch ins Heer geführt worden. Er lernte den christlichen Glauben kennen und war Taufbewerber. Vor den Toren von Amiens im Norden Galliens ereignete sich die bekannte Szene der Mantelteilung und die CHRISTUSvision. Martin verließ das Heer, empfing die Taufe, ließ sich vom hl. Hilarius unterweisen und wurde – nach einer Zeit des Einsiedlerlebens auf einer italienischen Insel und in der Nähe von Poitiers (daraus entwickelte sich das Kloster Ligugé) – zum Bischof von Tours bestellt. Etwa 25 Jahre wirkte er glaubensstark, in Liebe zu den Armen und seelsorgseifrig als Bischof, bis er am 8.11.397 in Candes-Saint-Martin südwestlich von Tours starb und am 11. November in Tours begraben wurde. Seine Verehrung breitete sich rasch aus; als einer der ersten Nicht-Märtyrer wurde er in die römische Liturgie aufgenommen. Über seinem Grab in Tours erstanden eine Kapelle und dann eine Basilika. 1562 wurde sie in den Hugenottenkriegen verwüstet, auch Teile seiner Reliquien wurden zerstört. In der Französischen Revolution wurde die Kirche geschlossen und verwüstet; nachdem ein Teil einstürzte, wurde das Gebäude abgerissen und eine Straße gebaut; nur zwei von fünf Türmen blieben erhalten. Als der Laienapostel Léon Papin Dupont (1797-1876, Seligsprechungsprozess eingeleitet), ein ehemaliger Richter, nach Tours kam, der auch die Botschaft einer begnadeten Karmelitin Maria vom hl. Petrus in Tours (1816-1848) zu einem Sühnewerk (Anbetung, Verehrung des hl. Antlitzes) aufgriff, stellte er Nachforschungen über das Martinsgrab an und entdeckte 1860 die Reste der Grabstätte in einem Keller. Eine Wiedererrichtung der Basilika auf den alten Fundamenten scheiterte; in der Querrichtung aber erbaute man die heutige Martins-Basilika, deren Chor direkt über dem Ort des Martinsgrabes (in der Krypta) steht. – Nach weiteren rund 230 km erreichten wir am Abend unser Quartier in Nevers.

 

16. Am Morgen des DREIFALTIGKEITSsonntags fuhren wir zum Kloster St-Gildard; da wir früher dran waren als gedacht, die Kirche noch frei (und die Bänke an der Grotte, wo ursprünglich unsere hl. Messe vorgesehen war, nass), feierten wir gleich die hl. Messe in der Kirche, in der im rechten Schiff der Schrein steht mit dem unverwesten Leib der Seherin von Lourdes, der hl. Bernadette Soubirous. 1844 geboren, war ihr vom 11. Februar bis 16. Juli 1858 achtzehnmal die GOTTESmutter als „Unbefleckte Empfängnis“ erschienen. 1866 trat Bernadette dann in Nevers in den Orden der Caritas- und Schulschwestern von St-Gildard ein. als Ordensschwester. Nach längerem Leiden und demütig ertragenem Unverständnis starb sie am 16. April 1879 (selig 1925, heilig 1933). Wir hatten dann Zeit, das kleine Museum anzuschauen, zu beten und nach Wunsch Andenken zu erwerben bis zu unserem Aufbruch.

 

17. Die Mittagspause machten wir auf dem Busparkplatz im gut 100 km entfernten Paray-le-Monial, um danach die Heiligtümer des Städtchens zu besuchen: die Kapelle des hl. Claudius de la Colomière, die Klosterkapelle der hl. Margareta Maria Alacoque, die Anbetungskapelle Saint Jean und die Herz-JESU-Basilika:

Der Ort in Burgund geht zurück auf die Klosterstiftung eines Grafen Lambert von Chalon 973. Wenige Jahre später wurde es dem rund 50 km entfernten bedeutenden Reform-Kloster Cluny unterstellt. Von der ersten Klosterkirche sind noch Vorhalle und Südturm vorhanden; der Neubau zwischen 1090 und 1120 in Anlehnung an die Kirche von Cluny ist im Wesentlichen bis heute erhalten. Vom Busparkplatz geht man über eine Fußgängerbrücke über das kanalisierte Flüsschen Bourbince (parallel dazu gibt es noch den „Canal du Centre“ – einen nach 1784 erbauten Kanal, der Saône und Loire verbindet) und steht vor dem romanischen Kirchenbau, der 1792 zur Pfarrkirche wurde. Der schlicht-erhabene Bau ist fast ohne Plastiken; in der Apsis stellt ein Fresko aus dem 14. Jh. den verherrlichten CHRISTUS dar. Nachdem Frankreich nach dem Krieg von 1870 ein Staatsgelübde zu Ehren des Herzens JESU abgelegt hatte, gab es 1873 eine große Bitt- und Sühnewallfahrt nach Paray und den Beschluss, in Paris auf dem Montmartre die Sacre-Coeur-Kirche zu errichten. So wurde die Kirche hier 1875 vom Papst zur Basilika erhoben, und nach der Weltweihe an das Hlst. Herz JESU durch Leo XIII. nahm die Wallfahrt zu, obgleich der Ort durch die Offenbarungen des hlst. Herzens an die hl. Margareta Maria Alacoque schon seit Ende des 17. Jahrhunderts in den Blickpunkt gerückt war.

1626 war hier ein Heimsuchungskloster gegründet worden, in das 1671 die spätere Heilige eintrat. Schon 1619 hatten sich die Jesuiten in Paray niedergelassen; die heutige Kapelle des hl. Jesuiten Claudius de la Colombière wurde 1929 erbaut. Colombière, geboren 1641 bei Lyon, wurde 1674 zum Superior der Jesuiten in Paray eingesetzt und unterstützte als Seelenführer die hl. Margareta Maria in der Verbreitung der Herz-JESU-Verehrung. 1676 nach England versetzt und dort alsn angeblicher Beteiligter an der Titus-Oates-Verschwörung eingekerkert, kehrte 1679 krank nach Frankreich zurück und starb in Paray am 15. Februar 1682 (selig 1929, heilig 1992). Seine Reliquien ruhen in einem Schrein in der erwähnten Kapelle, in der auch manch andere Jesuitenheilige in Mosaik oder Glasmalerei dargestellt sind.

Die Kapelle des Klosters der Heimsuchungsschwestern birgt in einer rechten Seitenkapelle den Schrein mit den Reliquien der hl. Margareta Maria Alacoque; sie war auch der Ort der Herz-JESU-Visionen, vor allem der vier großen Visionen vom 27.12.1673 bis 16.6.1675. CHRISTUS zeigte der Schwester Sein liebeflammendes, verwundetes, von Dornen umgebenes und vom Kreuz überragtes Herz, in das er das Herz der Heiligen versenkte, und offenbarte sein Verlangen, unter der Gestalt des menschlichen Herzens verehrt zu werden, besonders in der Sühneabsicht und an einem eigenen Fest. Sie starb am 16. Oktober 1690; ihre Sendung wurde durch die Ausdehnung des Herz-JESU-Festes auf die ganze Kirche 1856, durch die Selig- und Heiligsprechung (1864 / 1920) und drei Enzykliken von Leo XIII., Pius XI. und Pius XII. anerkannt. 1986 war der sel. Papst Johannes Paul II. in Paray-le-Monial.

 

18. Die letzte Nacht verbrachten wir – nachdem wir noch gut 200 km in Richtung Nordosten zurückgelegt hatten – in Montferrand-le-Château bei Besançon, wieder in einem kirchlichen Exerzitienhaus. Auf der Rückfahrt war dann das Fridolinsmünster in Bad Säckingen am Hochrhein unser einziges Pilgerziel. Der Weg vom Parkplatz in die Innenstadt direkt am Rhein entlang war ein paar Tage später überflutet, auch wenn das Rhein-Hochwasser in keinem Vergleich zu den Überschwemmungen in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt usw. stand.

Säckingen, seit 1978 Kurstadt, lag bis zur Zuschüttung des rechten Rheinarms 1830 auf einer Rheininsel. Die gedeckte Holzbrücke zur Schweizer Seite ist über 200 m lang ist 1272 erstmals urkundlich erwähnt. Die Stadt wird auf eine um das Fridolinskloster entstandene Ansiedlung zurückgeführt. Die Lebenszeit des hl. Fridolin ist unsicher, es wird das 6. (oder 7.) Jh. angenommen. Das Römische Martyrologium nennt Fridolin einen Abt, der aus Irland stammend durch Gallien gepilgert ist und in Säckingen ein Doppelkloster zu Ehren des hl. Hilarius errichtet hat. Die Überlieferung (eine Fridolinsvita eines Mönchs Balther stammt aus dem 10. Jh.) sagt, dass er auf seinem Weg durch Gallien in Poitiers die Gebeine des hl. Hilarius auffand (aufgrund einer Traumvision) und für sie eine Kirche errichtete; er nahm Reliquien mit und gründete auf seinem Weg über Straßburg, Konstanz bis Chur überall Hilarius-Kirchen (der Kanton Glarus hat ebenfalls davon seinen Namen). Eine Traumvision wies ihn dann zu einer Rheininsel, die er dann bei Säckingen fand und mit einer Schenkungsurkunde von König Chlodwig gegen Widerstände in Besitz nahm. Dargestellt wird der hl. Fridolin nicht selten mit einem Totengerippe, das Bezug nimmt zu einer Landschenkung, die der Bruder des Schenkenden nach dessen Tod Fridolin streitig machte; vor dem Richter habe dann der zum Leben erweckte schenkende Bauer Ursus die Gültigkeit der Schenkung bezeugt. Fridolin starb hier an einem 6. März. Kirchengeschichtler sehen das Säckinger Kloster als ältestes Kloster im alemannischen Raum, gegründet um 600. – Das Fridolinsmünster, Stiftskirche des bis zur Säkularisation 1806 bestehenden Damenstifts, dessen Äbtissinnenliste bis 826 zurückreicht, war ursprünglich romanisch, wurde nach einem Brand gotisch wiedererrichtet und im 17. und 18. Jh. mit Barockelementen erneuert. Der kostbare Reliquienschrein (Arbeit Augsburger Silberschmiede, 18. Jh.) befindet sich in einer eigenen Kapelle rechts des Chorraums. Heute ist das Fridolinsmünster Pfarrkirche; wir feierten dort unsere letzte Pilgermesse. – Waren die ersten Tage unserer Pilgerfahrt, wie schon erwähnt, teilweise von Regen und kaltem Wind geprägt, so brachten wir am letzten Tag herrlichen Sonnenschein mit nach Deutschland. Vor allem aber brachten wir wohl Eindrücke aus dem katholischen Frankreich von heute und Elemente des „Gedächtnisses“ der Kirche mit – von den Heiligen vom 4. Jh. (hl. Martin) und 6. Jh. (hl. Fridolin) über das 15. Jh. (hl. Jeanne d’Arc), das 16./17. Jh. (hl. Petrus Fourier, sel. Alexia le Clerc, hl. Vinzenz von Paul, hl. Louise Marillac, hl. Marg. Maria Alacoque, hl. Claude de la Colombière) und das 18./19. Jh. (hl. Ludwig Maria Grignion, sel. Maria Louise Trichet; hll. Chinamärtyrer Clet und Perboyre, hl. M. Euphrasia Pelletier, sel. Märtyrer der frz. Revolution, hl. Bernadette, hl. Katharina Labouré) bis ins 20. Jh. (hl. Theresia von Lisieux und sel. Eltern Martin, Diener GOTTES Jérôme Lejeune).

 

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