Eine deutsche „Heiligtumsfahrt“

 

Bericht über die FMG-Wallfahrt 2007

 

 

„Heiligtumsfahrt“ wird die Verehrung der sog. Aachener Heiligtümer – vier Stoffreliquien (Kleid Mariens, Windel JESU, Enthauptungstuch Johannes des Täufers, Lendentuch JESU) – genannt, die alle sieben Jahre für einige Tage den Pilgern gezeigt werden. Die diesjährige FMG-Wallfahrt traf gerade in diese Zeit, so dass wir an der Zeigung und Verehrung der „Heiligtümer“ in der Kaiserstadt teilnehmen konnten. Aber im Grund war die gesamte Wallfahrt eine Pilgerfahrt zu deutschen „Heiligtümern“, insbesondere zu Reliquien deutscher Heiliger und Seliger.

1. Am Beginn der Wallfahrtsstationen unserer achttägigen Fahrt stand das Kloster Maria Medingen (bei Mödingen, nordwestlich von Dillingen/Donau, unweit der Geburtsstadt Lauingen des hl. Albert des Großen, *1193). Von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis 1802 ein Dominikanerinnenkloster mit wechselhafter Geschichte, ist es seit 1843 eine Niederlassung der Dillinger Franziskanerinnen. In der von Dominikus Zimmermann um 1717 erbauten barocken Marienkirche feierten wir die erste Pilgermesse am Pfingstmontag und suchten dann in der rechts anschließenden Margaretenkapelle – dem früheren Kapitelsaal – das Grab der seligen Dominikanerin Margareta Ebner auf. In Donauwörth um 1291 geboren, trat sie fünfzehnjährig in das Kloster Medingen ein. Ab 1312 war sie 14 Jahre lang durch eine schwere Krankheit fast dauernd an das Bett gefesselt. Aus der anfänglichen Auflehnung dagegen wurde eine immer innigere GOTTESliebe. Sie fand im Leiden CHRISTI Trost und Kraft. Von einem klugen Seelenführer, dem Weltpriester Heinrich von Nördlingen, geleitet (es ist von ihm die älteste Briefsammlung in deutscher Sprache erhalten), öffnete sie sich einem mystischen Leben. Seit dem Karfreitag 1347 trug sie unsichtbar die Wundmale des HERRN. Am 20. Juni 1351 ging sie heim; 1979 wurde der Kult der Seligen approbiert. Die Gemälde der hellen Rokokokapelle illustrieren Visionen und Ekstasen der Mystikerin; das Deckenbild zeigt die Verherrlichung der Seligen. Ihre Grabplatte vor dem Altar mit einer in Relief gemeißelten Ganzfigur stammt aus dem 14. Jahrhundert. Übrigens hatte die sel. Margareta einmal an einem Pfingstmontag beim Veni Creator der Schwestern die Engel mitsingen hören.

2. Bei teils regnerischem Wetter und dichtem Verkehr machten wir uns dann auf den Weg gen Norden. Am Nachmittag erreichten wir das hessische Marburg an der Lahn, das zusammen mit Eisenach das 800-Jahre-Jubiläum der Geburt der hl. Elisabeth von Thüringen begeht. 1207 wurde Elisabeth in Ungarn als 3. Kind von König Andreas II. und Gertrud von Andechs-Meranien geboren (im selben Jahr, als Franziskus in Assisi auf alle weltlichen Güter verzichtete). Als Vierjährige wurde Elisabeth an den Landgrafenhof in Thüringen gebracht und wuchs dort mit auf. 1221 heiratete Ludwig, nach dem Tod seines Vaters Landgraf geworden, Elisabeth. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Landgraf Hermann II., Sophie (später Herzogin von Brabant) und die sel. Gertrud, Prämonstratenserin in Altenberg (bei Wetzlar). Elisabeth, die schon zur Zeit ihrer glücklichen Ehe sich der Armen und Kranken annahm, verließ im Konflikt mit ihrem Schwager nach dem Seuchentod ihres Gatten 1227 in Italien auf dem Weg zum Kreuzzug, mit ihren Kindern die Wartburg und begann im Sommer 1228 in Marburg den Aufbau eines Hospitals zur Armen- und Krankenpflege – mit den Einkünften aus ihrem erkämpften Witwengut. Am 17.11.1231 starb sie dort vierundzwanzigjährig und wurde in der Franziskuskapelle des Hospitals beigesetzt. 1235 sprach Papst Gregor IX. sie in Perugia heilig (sieben Jahre vorher hatte derselbe Papst Franziskus von Assisi, + 1226, heiliggesprochen); im selben Jahr wurde der Grundstein zur heutigen Elisabeth-Kirche gelegt, der erste, rein gotische Dombau in Deutschland. 1539 wurden die Reliquien der Heiligen aus ihrem kostbaren Schrein entfernt, die Kirche wurde protestantisch. – Wir hatten kurz Gelegenheit, während gerade im Hauptschiff Kirchenmusik dargeboten wurde, Querhaus und Chor zu besuchen. Im nördlichen Querhaus (Elisabethchor) befindet sich das alte kostbare Mausoleum der Heiligen mit Bemalung und Relief am früheren Sarkophag, daneben unter anderem der sog. Elisabethaltar mit einem Kreuzigungsbild von 1300 und bildlicher Darstellung jener Szene, da Elisabeth einen Aussätzigen ins Ehebett aufgenommen habe, während der misstrauisch gemachte Gatte dann das Bild des Gekreuzigten vorfand, sowie der Graböffnung im Beisein Kaiser Friedrichs II. Im Hohen Chor fallen über dem steinernen gotischen Hochaltar besonders sechs kostbare Farbglasfenster aus dem 13./14. Jahrhundert ins Auge, von denen das älteste (vor 1250) Szenen aus dem Leben Elisabeths darstellt. Im ehemaligen Sakristeiraum neben dem Hohen Chor steht, durch ein figurenreiches altes schmiedeeisernes Gitter geschützt, der goldene Schrein, der um 1240 für die Gebeine Elisabeths angefertigt wurde und mit Darstellungen (getrieben in vergoldetem Kupfer) der Apostel, Mariens, Elisabeths sowie von Szenen aus dem Leben Elisabeths versehen ist – kostbare Erinnerungen an diese so junge und seit acht Jahrhunderten vielverehrte Heilige!

3. Am Abend des Pfingstmontags gelangten wir dann nach Paderborn, wo Karl der Große und Papst Leo III. 799 das Bistum gründeten und wohin 836 die Gebeine des hl. Liborius von Le Mans überführt wurden. Am folgenden Morgen feierten wir die hl. Messe, ein wenig beengt, in der Grabkapelle der seligen Pauline von Mallinckrodt im Park des Mutterhauses der von ihr gegründeten „Schwestern der Christlichen Liebe“. 1817 in Minden geboren, wuchs sie ab 1824 in Aachen auf und wurde als Schülerin der Lehrerin und Dichterin Luise Hensel sensibel für die soziale Not der Zeit. Nach dem Tod der Mutter übernahm die Siebzehnjährige die Verantwortung für den Haushalt; 1839 zog die Familie nach der Pensionierung des protestantischen Vaters in den Paderborner Raum. Pauline wirkte an der Gründung eines Frauenvereins zur Pflege armer Kranker mit und errichtete eine Kleinkinder-Bewahrschule und eine kleine Blindenanstalt. Da sie keinen Orden fand, der die Betreuung der Blinden übernahm, gründete sie 1849 eine eigene Kongregation, die rasch wuchs und Waisenhäuser und eigene Schulen für die Mädchen gründete. Der Kulturkampf fügte den deutschen Häusern der blühenden Kongregation schweren Schaden zu; Pauline kämpfte, gründete Niederlassungen in den USA und in Chile, in Böhmen, Liechtenstein und Belgien. Am 30.4.1881 starb sie im Mutterhaus; 1985 wurde sie seliggesprochen. Die Selige hatte auf die soziale und Glaubensnot der Zeit durch ihre Gründung segensreich und entschieden reagiert; ähnlich ruft heute der Kampf gegen die christlichen Werte der Reinheit, der Familie, der Heiligkeit des Lebens nach entschiedenen Zeugen und Helfern!

4. Nach dem Gebet am Grab der Seligen führte uns der Weg nochmals in die Innenstadt zum Liborius-Dom, dessen Ursprünge bis ins 8. Jahrhundert zurückgehen. Im Mittelschiff des dreischiffigen Domes fällt die von der Decke hängende Doppelmadonna (um 1480) auf; an den Pfeilern sind die Apostel als Zeugen des Glaubens dargestellt. Eine Gedenkplatte erinnert an den hl. Meinwerk (+5.6.1036), den bedeutendsten mittelalterlichen Bischof Paderborns, der durch seine Bautätigkeit der Stadt ihr Gesicht gab, Künste und Wissenschaften, aber auch die religiöse und sittliche Situation seines Bistums förderte. Begraben wurde er in der Kirche des Abdinghofklosters; 1376 wurden die Gebeine erhoben und in den Dom übertragen (Krypta). Unter dem Domchor liegt die Krypta aus dem 12. Jh., in der sich unter dem Altar der Reliquienschrein des hl. Liborius (Bischof von Le Mans (+9.6.397; mit dem hl. Martin von Tours befreundet), befindet. An einer großen Christophorus-Figur vorbei kamen wir zum Kreuzgang und Kapitelsfriedhof mit dem berühmten Hasenfenster („Der Hasen und der Ohren drei, und doch hat jeder Hase zwei.“). Auf den hl. Archidiakon Meinolf (+5.10.857?, Grab in der Busdorf-Kirche am östlichen Stadtrand) wurde nur hingewiesen.

5. Etwa 50 km westlich von Paderborn liegt als Ortsteil von Lippetal der Ort Herzfeld an der Lippe mit der 1903 erbauten schönen neugotischen Pfarr- und Wallfahrtskirche der hl. Ida. Sie steht über jener Stelle, wo die fränkische Gräfin Ida und ihr Gemahl Herzog Egbert um 790 die erste Kirche errichten ließen. Zentrum der Kirche ist die Grabstätte der hl. Ida, deren Grab bei Ausgrabungen 1976 aufgefunden wurde. Beim Treppenabgang zur Grabkrypta ist eine geschnitzte, liegende Idafigur, die sog. „Idenrast“, aufgestellt (17. Jh.), deren geöffnete Augen auf eine nächtliche Vision Idas mit dem Auftrag, hier eine Kirche zu bauen, verweisen. In der Krypta sieht man das Hauptesreliquiar, eine Goldschmiedarbeit um 1500, der 1882 angefertigte (einen alten, hölzernen ersetzende) Reliquienschrein und freigelegte Mauerreste sowie den steinernen Sarg, den Ida täglich mit Gaben für die Armen gefüllt hatte. In ihm war sie nach ihrem Tod am 4.9.825 bestattet worden. Ida, eine Verwandte Karls des Großen, hatte nach dem Tod ihres Gatten, des Sachsenherzogs Egbert, auf allen Besitz verzichtet und nahe der von ihr errichteten Kirche als Klausnerin gelebt. Zu ihrem Grab kamen viele Pilger, es geschahen Heilungswunder. 980 wurden ihre Gebeine von Bischof Dodo von Münster erhoben – was die Heiligsprechung bedeutete.

6. Da nur wenige Kilometer von Herzfeld entfernt das Wasserschloss Assen liegt, in dem seit 1997 vom Orden der „Diener JESU und Mariens“ (SJM) ein Kolleg aufgebaut wird, benannt nach dem seliggesprochenen Kardinal von Galen, machten wir einen Abstecher dorthin. Der Leiter, P. Raphael von Canstein, empfing uns bei strömendem Regen, zeigte uns die Schlosskapelle (incl. Segen mit einer Reliquie des sel. Clemens August,) und das Haus, informierte uns über die Geschichte: 1564 von der Familie derer von Ketteler errichtet, im 17. Jahrhundert von der Familie Galen erworben, 1997 vom Neffen des Kardinals (der sich in seiner Jugend oft in Assen aufgehalten hatte) für die katholische Jugendarbeit an SJM geschenkt, seither Ausbau als Kolleg mit vielfach ehrenamtlicher Hilfe und vielen Widerständen. Er ergänzte unseren aus dem Bus geholten Mittagsimbiss mit Kaffee und Kuchen.

7. Am Nachmittag erreichten wir dann die Stadt Münster. Zunächst suchten wir auf dem Zentralfriedhof das Grab der seligen Schwester M. Euthymia Üffing auf, das – inmitten des Gräberfeldes der Clemensschwestern – seit der Seligsprechung 2001 mit einer offenen Halle überbaut ist. 1914 etwa 60 km nördlich von Münster als 9. von 11 Kindern auf einem kleinen Bauernhof geboren, trat sie 1934 bei den Clemensschwestern in Münster ein. Von 1936 bis 1948 wirkte sie in Dinslaken als Kranken- und später als Wäschereischwester; von 1948 bis zu ihrem Tod am 9.9.1955 war sie in der Waschküche des Mutterhauses Münster tätig. Ein unauffälliges Leben des Gebetes und der Sühne, der Arbeit und der praktischen Nächstenliebe war ihr Teil. Erschüttert standen die Ärzte bei einer Untersuchung kurz vor ihrem Tod vor dem Krankheitsbild, dessen ungeachtet die Schwester sich in der kriegserschwerten Pflege von Kranken, auch von verwundeten Kriegsgefangenen, ebenso verausgabte wie inmitten von Riesenbergen schmutziger Wäsche. „Sie strahlte GOTTESnähe aus“, charakterisierte sie eine Mitschwester.

8. Im Dom St. Paulus – erbaut im 13. Jh. im Übergang von Romanik zur Gotik als dritter Kirchenbau nach der von St. Liudger um 800 gegründeten Klosterkirche (aus dem lat. „monasterium“ entstand der Stadtname Münster) und einem 1090 geweihten Dombau –  war – nach der Anbetung des eucharistischen HERRN - vor allem das Grab des „Löwen von Münster“ unser Ziel: in der Ludgerus-Kapelle, die bei der weitgehenden Zerstörung des Domes im 2. Weltkrieg im Chorumgang erhalten geblieben war und wo Kardinal Clemens August von Galen 1946 begraben wurde. Aus uraltem westfälischem Adel, erhielt er die Gymnasialausbildung in Feldkirch/Vorarlberg und Vechta und studierte dann in Fribourg, zunächst ohne festes Berufsziel. Allmählich wurde ihm der Ruf zum Priestertum bewusst. 1904 zum Priester geweiht, wurde er zunächst als Domvikar Helfer seines Onkels, des Weihbischofs Maximilian von Galen, und ging 1906 als Großstadtseelsorger nach Berlin (die dort vom ihm aus eigenen Mitteln erbaute Pfarrkirche soll offenbar nun aufgegeben werden!). 1927 wurde er Pfarrer von St. Lamberti in Münster. Die in Berlin erlebten sozialen Probleme hatten ihn auch zur Feder greifen lassen; er spürte auch die Nachteile der demokratischen Staatsform, weil er die Vormundschaft des Staates auch in Fragen persönlichster Gewissensentscheidung heraufkommen sah (etwa hinsichtlich der Schulpolitik). 1933 berief ihn Pius XI. zum Bischof von Münster. Zunächst zurückhaltend – aber zu Gebet, Anbetung und Sühne anregend – begann er in Predigten und Hirtenbriefen schärfer gegen den an Macht gewinnenden Ungeist eines erklärten Neuheidentums Stellung zu nehmen, gegen Konkordatsverletzungen, gegen die Auflösung katholischer Organisationen, gegen die Rassenhetze und den Druck, unter den christliche Eltern, Lehrer und Beamte gestellt wurden. Höhepunkt waren drei wortgewaltige Predigten 1941 gegen den Klostersturm und die Tötung der Geisteskranken: „Bleibt dieser Ruf ungehört, wird die Herrschaft der Königin Gerechtigkeit nicht wiederhergestellt, so wird unser deutsches Volk und Vaterland trotz des Heldentums unserer Soldaten... an innerer Fäulnis und Verrottung zu Grunde gehen“. Der Not im schwer zerstörten Münster galt im Krieg und nach dem Zusammenbruch seine Sorge. Am 22.3.1946, wenige Tage nach der Rückkehr aus Italien, wo er in Rom die Kardinalswürde empfangen und ein Kriegsgefangenenlager in Unteritalien besucht hatte (beim hl. Nikolaus in Bari betete er, dass die Kinder in Deutschland die katholische Schule wiederbekämen!), starb er an einer zu spät erkannten Blinddarmentzündung. Am 9.10.2005 wurde er in Rom seliggesprochen.

9. Am Abend kamen wir dann im etwa 40 km entfernten Coesfeld an und besuchten das außerhalb in der Bauernschaft Flamschen, gelegene ärmliche Geburtshaus der seligen Anna Katharina Emmerick, in dem man allerlei Einrichtungsgegenstände und Arbeitsgeräte sowie das kleine Stübchen sehen kann, das der Vater der 20jährigen anbaute, damit sie als Näherin daheim arbeiten konnte. Am 8.9.1774 als fünftes von neun Kindern des armen, abhängigen Kleinbauern (Kötter) geboren, hatte sie als Magd und Näherin gearbeitet und war schließlich 1802 mit der Tochter eines Kantors (dem sie, statt das Orgelspiel zu lernen, in seiner großen Not geholfen hatte) in das Kloster Agnetenberg der Augustinerinnen (eigentlich: Schwestern vom gemeinsamen Leben) in Dülmen aufgenommen worden. Schon als Kind in einer innigen Beziehung zu GOTT stehend und mit Visionen beschenkt, war sie z. B. den großen Coesfelder Kreuzweg nachts oft stundenlang gegangen.

10. Um einen Eindruck von diesem nordwestlich außerhalb von Coesfeld gelegenen, vom Münsteraner Bischof Christoph Bernhard von Galen 1658 gestifteten Kreuzweg zu bekommen, suchten wir am anderen Morgen die sog. Große Kapelle mit der 13. und 14. Station (Kreuzannahme und 1. Fall) auf – die Stationen beginnen nämlich mit dem Ölberggeschehen und enden dann mit dem Coesfelder Kreuz als 18. Station in der St. Lamberti-Kirche. Zu dieser Kirche hatten wir uns gleich am Morgen auf den Weg gemacht. Die Mesnerin erklärte uns dann auch einiges zu Kirche und zum Coesfelder Gabelkreuz, das um 1300 geschnitzt worden ist; das Antlitz spiegelt die furchtbaren Leiden des HEILANDS wieder.

11. Wir folgten an diesem Tag weiter der Spur der am 3.10.2004 in Rom seliggesprochenen Mystikerin in das etwa 17 km entfernte Dülmen, wo sich in der um 1936 erbauten Kreuzkirche seit 1975 ihr Grab und seit einer Umgestaltung im Jahr 2005 auch die Gedenkstätte (mit dem Sterbezimmer, Informationstafeln, Erinnerungsgegenständen usw.) befindet. Das Dülmener Kloster und das Sterbehaus Emmericks waren 1945 zerstört worden. Neun Jahre nach ihrem Eintritt war das Kloster in der Säkularisation aufgelöst worden; A. K. Emmerick hatte zunächst als Haushälterin eines Priesters und dann – nach ihrer Stigmatisation 1812 fast nur bettlägerig – in Dülmen gelebt. Sie wusste sich weiter an die Ordensgelübde gebunden, wurde infolge der Stigmatisation und ihrer Schauungen aber Ziel vieler Besucher und Gegenstand von Befragungen und langwierigen Untersuchungen, bis GOTT sie am 9.2.1824 heim rief. - Kirche und Grabstätte sind überaus nüchtern, ja kahl (sie sollen mit den 14 Stufen von den um einen gewöhnungsbedürftigen Zelebrationsaltar gruppierten Bänken hinauf zu einem 6 m hohen bloßen Balkenkreuz und mit dem dahinter liegenden offenen Raum über dem tiefer liegenden Grab Golgotha und Himmel darstellen). Wir hatten eine Führung bestellt, die mit einer Erklärung dieser Konzeption befrachtet war, und nach der hl. Messe in die erwähnte Emmerick-Gedenkstätte führte.

Nach dieser geistlichen Begegnung mit der Kreuzesmystikerin in der Feier des Kreuzesopfers CHRISTI und der Mittagsrast an unserem Pilgerbus brachen wir wieder auf, um über Dortmund, Essen und Düsseldorf nach Bonn zu fahren.

12. Im Osten Dortmunds steht an der Franziskanerstraße die Pfarr- und Klosterkirche St. Franziskus, ein neugotischer Bau, 1902 eingeweiht. 1895 waren Franziskaner erneut nach Dortmund gekommen, nachdem ihr seit dem 12. Jahrhundert bestehendes Kloster 1803 der Säkularisation zum Opfer gefallen war. Im rechten Seitenschiff der Kirche befindet sich (seit 1970, vorher seit der Umbettung vom Ostenfriedhof 1950 im Hauptchor) das Grab von Br. Jordan Mai, von einer Bronzeplastik des Ordensbruders bedeckt. 1866 in Buer (Gelsenkirchen) geboren, Taufname Heinrich, in seiner Jugend von der Kolpinggemeinschaft geprägt, erlernte er das Handwerk des Sattlers und Gerbers wie sein Vater und trat 1896 bei den Franziskanern ein und legte 1907 die Ewige Profess ab. Er wurde als Koch ausgebildet, lebte in verschiedenen nordwestdeutschen Klöstern, bis er 1907 nach Dortmund versetzt wurde. Er litt seit Längerem an starken Kopfschmerzen, auch der Ortswechsel brachte nicht die erhoffte Besserung. Doch er nahm dies als Willen GOTTES an und verbrachte neben seinen Diensten als Koch oder auch an der Pforte, in der Sakristei oder im Garten Stunden, manchmal ganze Nächte im Gebet zu – für die Bergarbeiter, Kranken und Notleidenden, für die Soldaten im 1. Weltkrieg. Seine Ordensberufung hatte er von Anfang an als Verpflichtung zum Streben nach Heiligkeit verstanden. „Ich setze alles daran, durch mein Leiden so viele Sünder wie möglich zu retten“. Als in der Nacht des 20.1.1922 in der Kirche eingebrochen und das Allerheiligste aus dem Tabernakel gestohlen wurde, bot er GOTT sein Leben zur Sühne an und war überzeugt, dass GOTT sein Opfer annahm. Am 20. Februar 1922 starb er. Unmittelbar nach seinem Tod setzte seine Verehrung ein und verbreitete sich weltweit. 1991 wurde das Dekret über den heroischen Tugendgrad erlassen. Leider war es schwierig, mit dem Reisebus in der Nähe der Kirche länger zu parken. So machten wir uns bald wieder auf die Pilgerschaft, um etwa 40 km weiter den Essener Dom aufzusuchen.

13. 1958 war das „Ruhrbistum“ erst errichtet worden und die auf ein Kanonissenstift Essen zurückgehende Kirche zur Kathedrale geworden. 845 hatte der sächsische Adelige Altfrid (800-874), Bischof von Hildesheim, dieses Damenstift errichtet, das im 10./11. Jh. eine Hochblüte erlebte und bis 1803 Bestand hatte. Die der GOTTESmutter und den Heiligen Cosmas und Damian geweihte Kirche, nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg wiederaufgebaut, ist eine nach 1275 errichtete gotische Hallenkirche; Teile vom ottonischen Vorgängerbau sind erhalten. In der nördlichen Seitenschiffkapelle wird die „Goldene Madonna“ verehrt, die älteste vollplastische Marienfigur der Welt (74 cm hoch, aus Pappelholz, mit Goldblech beschlagen), als „Mutter vom Guten Rat“ Patronin des Bistums. In der Ostkrypta befindet sich das gotische Hochgrab (um 1300) des Gründers von Essen, des hl. Bischofs Altfrid, der um 800 geboren und am 15.8.874 gestorben war. 851 war er 4. Bischof von Hildesheim geworden. Die von ihm gegründeten Stifte Essen, Gandersheim und Lamspringe wurden in den kurz zuvor missionierten Gebieten Stützpunkte der Kirche. Als Berater König Ludwigs des Deutschen gewann er politischen Einfluss und vermittelte zwischen dem West- und dem Ostfrankenreich. Sehenswert im Essener Dom auch der siebenarmige monumentale Leuchter der Äbtissin Mathilde um 1000. In der südlichen Seitenschiffkapelle wird seit 2004 des aus dem Bistum Essen stammenden, im Jahr 2001 seliggesprochenen NS-Martyrers Nikolaus Groß gedacht (Laie und Familienvater, in der kath. Arbeiterbewegung tätig, 1898-23.1.1945). 1983 wurde eine Westkrypta unter dem Atrium des Domes eröffnet, die Kardinal Hengsbach als Grablege dient (mit modernen sog. Betongussreliefs, „Adveniat-Krypta“ genannt, da Hengsbach dieses Hilfswerk mitbegründet hatte).

14. In Düsseldorf standen zwei Ziele auf unserem Plan: in der Krypta der Kirche des Franziskanerklosters (Immermannstraße) das Grab des Franziskanerbruders Firminus (Josef) Wickenhäuser (*1867 Massenbachhausen bei Heilbronn, Steinmetz, Bildhauer; 1906 Ordenseintritt, +30.9.1939 Düsseldorf, 1988 Dekret heroischer Tugendgrad) – aus Zeitmangel musste dieser Besuch unterbleiben –, und in der St.Josefskapelle des Düsseldorfer Theresien-Hospitals am Rheinufer (Altestadt/Emilie-Schneider-Platz) das Grab von Schwester Emilie Schneider. Die um 1716 erbaute Kapelle war 1852 vom den „Töchtern vom Hl. Kreuz“ übernommen worden; nach der Zerstörung durch Bomben 1943 wurde sie 1950 wiederaufgebaut und erst nach 1990 ausgemalt. Sr. Emilie Schneider, mit dem Taufname Julie, war 1820 in Haaren bei Heinsberg als Tochter eines preußischen Beamten geboren, lernte in Lüttich, wo sie als Erzieherin arbeitete, die „Töchter vom Hl. Kreuz“ kennen, die neun Jahre zuvor von der seligen Maria Theresia Haze (1782-1876, Sel. 1991) gegründet worden waren. Trotz anfänglichen Widerstands der Eltern folgte sie ihrer erkannten Ordensberufung, wurde nach wenigen Jahren Novizenmeisterin und 1852 Oberin des Düsseldorfer Theresienhospitals. Bald nach ihrem frühen Tod am 21.3.1859 – im selbstlosen Einsatz für die Notleidenden und durch qualvolle Krankheit hatte sie sich aufgezehrt – begann die Verehrung; das tiefe geistliche Leben der Mystikerin wurde erst später bekannt: innere Schau des leidenden HERRN, eucharistische und Herz-JESU-Spiritualität. In ihrem Seligsprechungsprozess wurde soeben, im Juli 2007, vom Hl. Vater das Dekret über den heroischen Tugendgrad erlassen. (Stadtpatron von Düsseldorf ist übrigens der hl. Apollinaris, Bischof von Ravenna und Märtyrer um 200, von dem Reliquien in der Stiftskirche St. Lambertus beigesetzt sind.)

15. Nach der Übernachtung in Bonn (auch noch in der nächsten Nacht) fuhren wir am folgenden Tag nach Köln. Von den zahlreichen geistlichen Stätten und potentiellen Pilgerzielen konnten wir die Kirchen St. Andreas, Minoritenkirche, Dom, St. Ursula und auf der anderen Rheinseite St. Heribert besuchen.

Wir begannen mit der Feier der hl. Messe in der Krypta von St. Andreas. Die Kirche wurde um 1200 errichtet; der romanische Chor wurde ab 1414 durch einen gotischen ersetzt. Nachdem das zugehörige Stift 1802 aufgelöst worden war, wurde St. Andreas Pfarrkirche; 1947 wurde die Nutzung der Kirche den Dominikanern übertragen. Die Krypta des 11. Jh. wurde 1955 freigelegt; hier ruhen nun in einem römischen Sarkophag die Gebeine des hl. Albertus Magnus. Um 1200 in Lauingen an der Donau geboren, trat er nach seinem Studium in Padua in den Dominikanerorden ein. Das Noviziat absolvierte er in Köln, lehrte dann in Hildesheim, Freiburg i. Br., Regensburg und Straßburg; als Prediger und in jeder Art von Seelsorge war er rastlos unterwegs, bis er 1243 auf einen Ordenslehrstuhl nach Paris berufen wurde. Hier setzte er sich gegen Widerstände mit der Philosophie des antiken Aristoteles auseinander und machte sie für die christliche Theologie fruchtbar. 1248 ging Albert wieder nach Köln, um ein Generalstudium aufzubauen, das die Grundlage der späteren Universität Köln wurde. Thomas von Aquin war hier sein bedeutendster Schüler. Als Ordensprovinzial durchreiste Albert zu Fuß den ganzen deutschsprachigen Raum. Sein Amt als Bischof von Regensburg (1260) legte er nach einem Jahr nieder. Nach verschiedenen Tätigkeiten und Reisen, u. a. zum Konzil in Lyon 1274, starb der „Doctor universalis“ (so genannt wegen seiner umfangreichen Kenntnisse auf allen Wissensgebieten) am 15. November 1280 in Köln, wurde in der Kirche seines Ordens begraben und kam später nach St. Andreas. – Im südlichen Querarm der Kirche befindet sich übrigens der religions- und kunstgeschichtlich bedeutsame „Makkabäerschrein“ (um 1525), der ursprünglich mit den seit 1164 in Köln verehrten Reliquien der 7 Makkabäer und ihrer Mutter in der Klosterkirche der Benediktinerinnen zu den hl. Makkabäern war.

16. Nächstes Ziel war die Minoritenkirche, als erste Kirche nördlich der Alpen der Immaculata geweiht. In ihrem linken Seitenschiff steht der Sarkophag des „Doctor subtilis“, des „scharfsinnigen Lehrers“, wie ihn das Mittelalter nannte: Johannes Duns Scotus (* um 1266 in Duns, Schottland, + 8.11.1308 in Köln). Der schottische Franziskanerpriester studierte und lehrte in Cambridge, Oxford, Paris und Köln und begründete eine eigene scholastische Richtung. Gegen viele Widerstände, auch gegen führende Theologen, war er überzeugt davon, dass Maria in privilegierter Weise vor der Erbsünde bewahrt worden war, und er lehrte und verteidigte diese Überzeugung. Zwar hatten auch Thomas von Aquin oder Bonaventura mit dem hl. Augustinus eine Sündenlosigkeit Mariens gelehrt, doch meinten sie, Maria sei erst im Schoß ihrer Mutter Anna geheiligt worden. Johannes Duns Scotus vertrat nun scharfsinnig das einzigartige marianische Privileg der Unbefleckten Empfängnis: GOTT konnte es – es geziemte sich für die Mutter des SOHNES GOTTES – also hat Er es getan, um sich selbst in ihr zu ehren. Das Dogma von 1854 besiegelte seine Auffassung dann endgültig. 1991 wurde die bestehende Verehrung von Johannes, der auch „Doctor Marianus“ genannt wird, von der Kirche bestätigt, was der Seligsprechung gleichkommt.

17. Johannes Paul II. hatte bei seinem Besuch 1980, auf die beiden Domtürme anspielend, gesagt, die Minoritenkirche umfasse zwei geistige Türme des Glaubens: den bedeutenden Theologen Duns Scotus und den großen sozialen Volksseelsorger Adolph Kolping. Das Grab des sel. Adolph Kolping ist im rechten Schiff der Minoritenkirche, zu Füßen des Tabernakels. 1813 in Kerpen geboren, lernte er die Schuhmacherei und folgte dann dem Ruf  zum Priestertum. 1845 wurde er nach dem Gymnasialbesuch und dem Studium in München, Bonn und Köln in der Kölner Minoritenkirche geweiht. Als Kaplan in der Industriestadt Wuppertal-Elberfeld lernte er das Elend der Arbeiter kennen. Er baute, angeregt durch den von dem Lehrer Breuer gegründeten Jünglingsverein, Gesellenverbände auf, um jungen Handwerker und Arbeitern in ihrer sozialen Not beizustehen und ihnen in der Kirche Heimat zu geben. Er arbeitete auch journalistisch, um das Haus des Gesellenvereins finanziell durchzutragen und die Familien zu stützen und eine christliche Ordnung aufzubauen. Der langjährige Rektor der Minoritenkirche starb am 4. Dezember 1865. 1991 wurde er seliggesprochen.

18. Dann folgte der Besuch im gotischen Kölner Dom St. Peter, wo wir gerade zum etwa 15minütigen „Mittagsgebet“ zurecht kamen. Die erste christliche Kultstätte bestand hier zu Beginn des 4. Jh., zur Zeit des ersten bekannten Bischofs von Köln, Maternus (Fest 11.9.). Ihr folgte schließlich 870 ein karolingischer Dom. 1248 wurde der Grundstein des gotischen Domes gelegt, dessen Chorraum 1322 konsekriert wurde. 1842 wurde der Weiterbau des Langhauses begonnen und dieses 1848 geweiht. 1888 war der Dombau vollendet – nach 632 Jahren. Von 1794 bis 1801 war der Dom von französischen Revolutionstruppen entweiht. – An die Zeit des Alten Doms erinnert das bis heute erhaltene Gerokreuz (um 970) in der Kapelle des Hl. Kreuzes vor der Sakramentskapelle (es gilt als älteste erhaltene Großplastik des Abendlandes nach der Antike). 1164 übertrug Erzbischof Reinald von Dassel aus Mailand (wo sie in St. Eustorgio seit dem 6. Jh. bezeugt sind) die Gebeine der Hl. Drei Könige aus Mailand, für die sogleich der Dreikönigsschrein gebaut und 1247 der Domneubau beschlossen wurde. Köln begeht die Übertragung der Reliquien am 23. Juli. Der Schrein im Hochchor des Domes, ein von Gold- und Silberblech überzogener Holzbehälter, eine Kombination von drei Schreinen, enthält auch die Gebeine der hll. Felix und Nabor. Der figürliche Schmuck stellt CHRISTUS bei der Anbetung der Könige, bei der Taufe im Jordan und als Weltenrichter dar, seitlich die Zeit des Alten Bundes mit den Propheten und den Königen David und Salomon und im oberen Schrein die Apostel, die für die Zeit der Gnade stehen. – In der 1. der linken Chorkapellen (an das Gerokreuz anschließend) ist das Hochgrab des hl. Engelbert (1185-7.11.1225, Bischof von Köln; seine Gebeine ruhen im Engelbertschrein in der Domschatzkammer). In der übernächsten Johanneskapelle gibt es Wandgrab und Schrein der sel. Richeza (Enkelin von Kaiser Otto II,, geb. um 1000, vermählt mit dem späteren König Mieszko II. von Polen; kehrte nach dessen Tod nach Deutschland zurück und starb 1063; die Gebeine wurde 1817 aus der Kirche St. Maria ad gradus in den Dom überführt). Nach der Dreikönigenkapelle in der Achse des Domes (mit dem ältesten Glasfenster des Domes, um 1260, mit biblischen Motiven) folgt die Agneskapelle, in der der Sarkophag der sel. Irmgardis von Süchteln steht (* um 1000, Gräfin, freigebig gegen Arme und Kranke, übersiedelte später nach Köln, pilgerte dreimal nach Rom; +4.9.1082/89). Wiederum danach in der Stephanuskapelle befindet sich das Hochgrab des Erzbischofs Gero (969-976, den die Überlieferung auch als Heiligen bezeichnet). – Am Beginn der Hl.-Kreuz-Kapelle führt eine Treppe in eine 1960 erbaute dreischiffige Krypta mit den Gräbern der Kölner Bischöfe. Dort gibt es auch eine Gedenktafel mit allen Heiligen und Seligen, die je im Kölner Dom gebetet haben – 37 werden da bis 2005 aufgezählt, und neun sind danach ergänzt (ein Informationsblatt beschreibt sie alle, so wie ein anderes Faltblatt alle 94 Kölner Bischöfe aufzählt (bis Kardinal Meisner) und auch die bekannten Grabstätten angibt).

19. Schließlich machten sich die meisten Pilger noch auf nach St. Ursula. Diese Märtyrin gehört neben den Hl. Drei Königin und dem hl. Gereon zu den Kölner Stadtpatronen. Ursula, eine englische Königstochter, soll mit zahlreichen Gefährtinnen eine Pilgerfahrt nach Rom unternommen haben, und auf der Rückreise seien die Pilgerschiffe bei Köln von Hunnen, die gerade die Stadt belagerten, überfallen worden; Ursula habe mit ihrer ganzen Gemeinschaft den Martertod erlitten. Der Legende liegt ein historisch gesichertes Martyrium wohl aus dem 3. Jh. zugrunde. Ausgrabungen ergaben, dass über drei (?) Gräbern schon früh eine Kapelle errichtet worden ist, die gegen Ende der Römerzeit gemäß einer alten Inschrift in der St.-Ursula-Kirche durch ein größeres GOTTEShaus ersetzt wurde. Die Lage der Kirche auf einem spätantiken Gräberfeld trug zur Entstehung der Legende von den 11.000 Jungfrauen bei. Die Verehrung der hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen verbreitete sich seit dem 12. Jh. im ganzen Abendland (Gedenktag 21.10.). 866 wird ein Kanonikerstift erwähnt, 922 ein adeliges Damenstift (bis 1802). Die heutige Kirche wurde im 12. und 13. Jh. errichtet. Nach 1643 wurde durch eine Stiftung die sog. „Goldene Kammer“ an der Südseite des Westbaus eingerichtet, in der bis heute in einer großen Zahl von Büsten Reliquien aufbewahrt sind. Im 2. Weltkrieg schwer beschädigt, wurde die Kirche bis 1966 wiederhergestellt. Der goldene Ursulaschrein steht hinter dem Hochaltar; im Nordquerarm gibt es ein marmornes Ursulagrabmal aus dem 17. Jh. Ein Bildzyklus stellt die Ursula-Legende dar (1456). – In die zunächst geschlossene Kirche konnten wir, als der Mesner sich einfand, eintreten und dann selbst die „Goldene Kammer“ besichtigen. Eine moderne Installation im südlichen Seitenschiff erinnert an die Märtyrer der Erzdiözese in der NS-Zeit.

20. Wenn Köln auch noch eine Vielzahl weiterer kunstvoller Kirchen und Heiligengräber aufweist - St. Pantaleon (hl. Bischof Bruno+ 965, Ged. 11.10.), St. Gereon (hl. Gereon u. Gef., Märt., 3.Jh., Ged. 10.10.), St. Severin (hl. Bischof Severin, um 400, Ged. 23.10.), St. Kunibert (hl. Bischof Kunibert, 663, Ged. 12.11.; hll. 2 Brüder Ewald, Glaubensboten, Märtyrer, um 695, Ged. 3.10.), St. Peter (hl. Bischof Evergislus, vor 594, Ged. 24.10.) etc. -, so konnten wir zu den schon erwähnten Kirchen der Innenstadt nur noch – wieder mit unserem Reisebus – den Schrein des hl. Bischofs Heribert in Köln-Deutz und schließlich jenen des hl. Anno in Siegburg besuchen.

Die Heribert-Kirche in Deutz, auf der anderen Rheinseite wurde 1896 im neuromanischen Stil erbaut und nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg in moderner Weise wiederaufgebaut. Aus der Kloster- und späteren Pfarrkirche Alt-St. Heribert bewahrt sie den Schrein des hl. Heribert auf der „Altarinsel“ sowie einige Figuren und liturgische Gegenstände, die aus dem Besitz des Heiligen stammen sollen. Heribert stammte aus Worms und wurde von Kaiser Otto III. zum Reichskanzler und zum Erzbischof von Köln erwählt; er gründete 1002 die Abtei Deutz, in der er nach seinem Tod am 16.3.1021 (G 30.8.) bestattet wurde. Seine Gebeine wurden 1147 erhoben und ruhen in dem kostbaren spätromanischen Schrein mit reichem ikonographischem Programm, der um 1167 hergestellt wurde. (Die Kirche wurde, während wir dort waren, mit allerlei Kabeln und Tuchbahnen offenbar für Gastgottesdienste des Evang. Kirchentags präpariert!) Im Kloster Deutz hatte im 12 Jahrhundert übrigens auch der sel. Abt und Mystiker Rupert von Deutz gelebt, den Prälat Holböck in seinem Werk über trinitarische Heilige anführt.

21. Etwa 35 km südlich von Deutz liegt die Stadt Siegburg, überragt vom Michaelsberg, einer vulkanischen Erhebung (dessen Auffahrt zu finden wegen einer Umleitung für unseren Kölner Aushilfsbusfahrer überaus schwierig war). In einer Kapelle der Kirche der alten Benediktinerabtei, die Erzbischof Anno gegründet hatte, befindet sich der kostbare Anno-Schrein mit seinen Reliquien – wie der Dreikönigschrein in Köln und der „Verduner Altar“ in Klosterneuburg bei Wien ein Werk des lothringischen Goldschmieds und Emailmalers Nikolaus von Verdun (1183). Wie wir von einem Ordensbruder erfuhren, war der Schrein erst kurze Zeit zurück von einer gründlichen Renovierung, und wir hatten die Freude, ihn ganz nah betrachten zu können. Der hl. Anno war um 1010 in Schwaben geboren, hatte an der Domschule in Bamberg studiert und war kurze Zeit Propst des Stiftes Goslar, ehe er Erzbischof von Köln wurde. Er übernahm auch mehrere Jahre die Leitung des Reiches für den minderjährigen König Heinrich IV. Er starb in Köln am 4.12.1075 (G 5.12.) und wurde in seiner Lieblingsstiftung Michaelsberg beigesetzt.

22. Der folgende Wallfahrtstag hatte von Bonn aus als erstes Ziel die Stadt Düren. Aus einem karolingischen Hofgut 843 zur Königspfalz geworden, wuchs Düren zu einer städtischen Siedlung, in der um 1300 eine frühgotische St.-Martinskirche erbaut wurde. Im Jahr 1501 brachte ein junger Steinmetz nach Düren eine Reliquie, das Haupt der hl. Mutter Anna, das er aus der Stiftskirche St. Stephan in Mainz – wo er arbeitete – entwendet hatte. Der Raub führte zu mehrjährigen Auseinandersetzungen, in die sich unter anderem  Kaiser Maximilian und Papst Julius II. einschalteten. Das Papstwort führte dazu, dass die Reliquie in Düren bleiben durfte. So entstand eine vielbesuchte Wallfahrt, für die die Kirche erweitert und mit einem mächtigen gotischen Westturm versehen wurde. Bei der Bombardierung Dürens am 16. Nov. 1944 wurde mit der gesamten Innenstadt auch die St.-Anna-Kirche zerstört. 1954-56 erbaute man, außergewöhnlich für die moderne Zeit unter Verwendung des gesamten alten Gesteins, ein neues GOTTEShaus. Das Anna-Reliquiar – ein schmiedeeiserner Gitterschrein, in dem in einem blechverkleideten Holzkasten wiederum ein eisengeschmiedetes Kästchen das silberne Büstenreliquiar aus dem 14. Jh. enthält – birgt das Haupt der heiligen Mutter Mariens, genauer ein handtellergroßes Stück der Hirnschale. – Der Name der Eltern Mariens, Anna und Joachim, tauchte schriftlich erstmals in einem sog. Protoevangelium im 2. Jh. aus Syrien oder Ägypten auf. Die Verehrung Annas war im Osten bereits im 6. Jh. gegeben und verbreitete sich vor allem durch die Kreuzfahrer sehr im Abendland. Theologischer Grund war die besonders von den Franziskanern vertretene Lehre von der Unbefleckten Empfängnis Mariens, die auch die Mutter Mariens ins Blickfeld der Verehrung rückte. In der Kunst sind besonders die sog. Annaselbdritt-Darstellungen bedeutsam. In der Dürener Kirche gibt es eine moderne derartige Statuengruppe.

23. Ursprünglich war der Plan, hier in Düren unsere Pilgermesse zu feiern, was aber terminlich nicht möglich war. So fügte es sich, dass wir um die Mittagszeit an diesem Herz-JESU-Freitag das hl. Messopfer in der Kapelle des Mutterhauses der „Karmelitinnen vom GÖTTlichen Herzen JESU“ in Sittard/Holland (Kollenberg 2, NL-6130 Sittard) feiern durften, die 1891 von der sel. Maria Theresia vom hl. Josef (Anna Maria Tauscher van den Bosch) gegründet worden waren, wo sich auch das Grab der am 13. Mai 2006 in Roermond seliggesprochenen Stifterin befindet. Im großen Garten hinter Mutterhaus, Exerzitienhaus und Altenheim konnten wir am Bus unsere Mittagssuppe verzehren und dann auch die kleine Ausstellung mit Fotos und Erinnerungsgegenständen der Seligen besichtigen. Anna Maria Tauscher war 1855 in Sandow in der Mark Brandenburg geboren als erste Tochter des protestantischen Pastors, der später in Berlin einen höheren Kirchenposten innehatte. Von der Wohltätigkeit der frommen Mutter wurde der Apostolatsgeist des Mädchens angeregt. Nach dem Tod der Mutter leitete das knapp 20jährige Mädchen den Haushalt und übernahm andere Aufgaben der Mutter. Maria Anna lebte ihren Glauben zunächst in einer eigenständigen Innerlichkeit und fand, als sie bei einer dreijährigen Tätigkeit in einer Kölner Nervenklinik die katholische Kirche kennenlernte, im katholischen Glauben ihr Suchen bestätigt und erfüllt. Sie konvertierte 1888 in Köln, St. Aposteln, und stand, als sie ihr Katholischsein offenbarte, ohne Arbeitsplatz und vom Elternhaus ausgeschlossen da. Sie stellte ihr Leben in den Dienst GOTTES, konnte in aller Armut im Norden Berlins 1891 ihr erstes St.-Josef-Heim für arme, unerwünschte Kinder gründen und dann – auch mit vielen Widerständen und Enttäuschungen, die sie nicht verbitterten – junge Mädchen um sich scharen, mit denen sie nach der Regel des Karmel lebte im Dienst an den Kindern. Nach viel Leid und geduldigem Warten konnte sie 1904 in Rocca di Papa bei Rom ein erstes Mutter- und Noviziatshaus einrichten; ihre Gemeinschaft wurde dem Orden der Unbeschuhten Karmeliten aggregiert. Bei ihrem Tod am 20. Sept. 1938 im schließlich nach Sittard/Niederlande verlegten Mutterhaus hatte der Orden schon Niederlassungen in mehreren Ländern (heute in 14 Ländern in drei Kontinenten).

24. Unweit von Sittard liegt der Ort Munstergeleen, in dem 1821 der Passionistenpater Johannes Andreas Houben geboren wurde, der gerade am übernächsten Tag, 3.6., in Rom heiliggesprochen wurde (+ Dublin 5.1.1893). Wir nahmen uns allerdings nicht die Zeit, diesen überraschend so nah entdeckten Ort aufzusuchen, wollten wir doch – ehe wir am Abend in Aachen Quartier nahmen, noch dem Marienerscheinungsort Banneux/Belgien einen Besuch abstatten, rund 70 km südlich von Sittard. Vom 15. bis 20. Januar und vom 11. Februar bis 2. März 1933 erschien die GOTTESmutter achtmal der elfjährigen Mariette Beco, gab sich als „Jungfrau der Armen“ und „Mutter des Erlösers“ zu erkennen, bezeichnete eine Quelle als ihr vorbehalten „für alle Nationen, für die Kranken“, denn sie sei gekommen, „das Leiden zu lindern“, rief zum Glauben auf und wünschte den Bau einer Kapelle. 1949 anerkannte der Bischof von Lüttich nach längerer Prüfung namens der Kirche die Realität der Erscheinungen. Wir hatten gute Gelegenheit, auf dem weitläufigen Gelände des Heiligtums mit verschiedenen Kapellen, Statuen, Kreuzwegstationen usw. betend und schauend herumzuwandern und anbetend vor dem ausgesetzten Allerheiligsten zu verweilen. Am späten Nachmittag machten wir uns dann wieder auf den Weg in das etwa 50 km entfernte Aachen.

25. Der Name Aachens kommt von seinen heißen Quellen. Karl der Große ließ hier eine große Pfalzkirche für seine zentrale Residenz errichten, die den Kern des heutigen Domes bildet – eines achteckigen Kuppelbaues, der um 800 vollendet war und 1414 durch eine gotische Chorhalle ergänzt wurde, die nun den Karlsschrein birgt. (Karl der Große, 742-28.1.814, war vom Kölner Erzbischof und Reichskanzler Rainald von Dassel mit Billigung des Gegenpapstes Paschalis III. heiliggesprochen worden, was der gültige Papst Alexander III. nicht guthieß. Später gestand die Kirche dem Bistum Aachen die Verehrung Karls als „selig“ zu.)

Der Mariendom wurde im Jahr 936 die Krönungskirche von 30 deutschen Königen und 12 Königinnen. Im Spätmittelalter wurde Aachen zum bedeutendsten Wallfahrtsort nördlich der Alpen. - In diesen Kaiserdom begaben wir uns am folgenden Samstagmorgen, um zur hl. Messe mit Zeigung und Verehrung der „Heiligtümer“ teilzunehmen, denn am Abend vorher war die diesjährige zehntägige Aachener Heiligtumsfahrt eröffnet worden, die seit 1349 alle sieben Jahre stattfindet. Karl der Große hatte seine Kirche reich mit Reliquien ausgestattet, darunter sieben Reliquien aus Stoff, die der Überlieferung nach das Kleid Mariens, die Windeln JESU, das Enthauptungstuch Johannes des Täufers und das Lendentuch JESU sind (sowie in Kornelimünster am Rand Aachens: Schürztuch, Grabtuch und Schweißtuch JESU). Diese Stoffreliquien waren 799/800 vom Patriarchen von Jerusalem hierher überbracht worden, und im Jahr 1239 war der Marienschrein (der diese Stoffreliquien birgt und sich normalerweise in der Dom-Schatzkammer befindet) fertiggestellt und die erste Heiligtumsfahrt unternommen worden. Die Zeigung der Heiligtümer war in den Eröffnungsritus der hl. Messe eingebettet worden. Das Kleid Mariens wurde als Zeichen der Geburt JESU aus Maria den Gläubigen gezeigt, dabei ein entsprechender Schrifttext vorgetragen und mit einem Lied und Kyrierufen beantwortet worden, ähnlich dann die Windel als Zeichen der Menschwerdung JESU, das Enthauptungstuch des Johannes als Zeichen des Zeugnisses für CHRISTUS, das Lendentuch als Zeichen der Erlösung durch CHRISTUS. Während das Marienkleid ausgebreitet an einer Stange getragen wurde, waren die anderen Textilien im gefalteten, verschnürten Zustand verblieben. Danach wurden die Tuchreliquien wieder aus dem Altarraum in Glasvitrinen in der Chorhalle übertragen, wo man sie nachher von nahe sehen konnte. Es war ein besonderes Ereignis, einmal diese Zeigung und Verehrung miterleben zu können.

26. Auf dem Rückweg zum Hotel bzw. zu unserem Bus besuchten wir in der Kapelle des Mutterhauses der „Armen-Schwestern vom hl. Franziskus“ das Grab der 1974 seliggesprochenen Stifterin Franziska Schervier. 1819 in Aachen geboren, erlebte sie in der Schulzeit die Konvertitin und Dichterin Luise Hensel, eine Freundin der sel. A. K. Emmerick, als Lehrerin. Von der Liebe zu den Armen erfasst, kümmerte sie sich um Wohnungen für Arbeiterfamilien, regelmäßigen Schulunterricht für Fabrikarbeiterkinder, errichtete Suppenküchen, pflegte Cholera- und Pockenkranke. 1845 gründete sie mit einigen Gefährtinnen die Ordensgemeinschaft. 1851 erhielt die kleine Gemeinschaft die oberhirtliche Bestätigung; es gab Neugründungen, auch in Amerika. Die Liebestätigkeit wurde immer umfangreicher: Mägdehäuser für stellenlose Dienstboten, Greisenasyle, Betreuung weiblicher Strafgefangener, sogar zum Tod Verurteilter, Bemühung um Heilung wilder Ehen und zerrütteter Familien. „Ich erkannte so offenbar in den Armen und Leidenden meinen GÖTTlichen HERRN, als hätte ich Ihn in denselben mit leiblichen Augen gesehen; darum ging mein ganzes Sinnen und Trachten dahin, wie ich Ihn in denselben erquicken und lieben könnte.“ 1857 unterstützte sie auch den Lehrer Johannes Höver bei seinem Vorhaben, eine männliche Ordensgemeinschaft zur Erziehung armer Knaben zu gründen, der „Armen-Brüder des hl. Franziskus“. Am 14. Dezember 1876 starb die „Mutter der Armen“.

[In Aachen wirkte in jenen Jahren auch Clara Fey, 1815-8.5.1894, Mitschülerin von Pauline von Mallinckrodt und Franziska Schervier; sie gründete 1844 die „Schwestern vom armen Kinde JESUS“ zur schulischen Ausbildung und sozialen Unterstützung bedürftiger Kinder; im Kulturkampf gründete Clara Fey im niederländischen Simpelveld ein neues Mutterhaus, dort ist sie auch begraben. In ihrem Seligsprechungsprozess wurde 1991 der heroische Tugendgrad zuerkannt.

Weiter wirkte in Aachen der Arzt und preußische Landtagsabgeordnete Heinrich Hahn, 1800-11.3.1882, der den „Franziskus-Xaverius-Missionsverein“ mitbegründete und als „Apostel im Laienkleid“ auf sozialem und karitativem Gebiet wirkte. Er starb im Ruf der Heiligkeit.]

27. Von Aachen aus führte uns unser Pilgerweg weiter in die Eifel, wo wir in Kall-Steinfeld den hl. Hermann Josef besuchten. Weil wegen Vorbereitungen für ein Kirchenkonzert die hl. Messe in der Klosterkirche mit dem Grab des Heiligen nicht möglich war, feierten wir das hl. Messopfer in einer spätgotischen Kapelle nahe dem Klosterkreuzgang, konnten aber die Basilika besuchen. Im 12. Jh. von den Prämonstratensern im romanischen Stil erbaut, wurde die Kirche um 1700 barockisiert. Das Kloster bestand vom 10. Jahrhundert (1130 Prämonstratenser-Regel) bis 1802; seit 1923 sind dort die Salvatorianer für die Seelsorge und mit einem Gymnasium und Internat. Im Mittelgang der Basilika steht das Grabmal des Heiligen mit einer lateinischen Inschrift, die Hermann Josef als „Bekenner und Bräutigam der allerseligsten Jungfrau Maria“ ausweist: „selig“, weil der Prozess um seine Heiligsprechung nach vielen Bemühungen in drei Jahrhunderten erst 1958 zur Bestätigung der jahrhundertelangen Verehrung geführt hat; „Bräutigam“ Mariens, weil der Mystiker Hermann Josef als großer Marienverehrer in einer Vision die „mystische Vermählung“ mit der GOTTESmutter erlebte und das JESUSkind auf dem Arm tragen durfte – so wird er auch oft dargestellt. In Köln um 1150 geboren (in die Kindheit fällt die Szene, da er in „Maria im Kapitol“ Maria und ihrem GÖTTlichen Kind einen Apfel anbot, den JESUS huldvoll annahm), trat er in Steinfeld ein, wurde in die Abtei Mariengarten in Friesland zum Studium geschickt und wirkte in Steinfeld im Speisesaal, als Sakristan und im priesterlichen Seelsorgedienst, auch als Beichtvater in Schwesternkonventen. Vor allem pflegte er das betrachtende Gebet. In den Hymnen und Gebeten, die von ihm überliefert sind, kommt eine zarte Mystik zum Ausdruck, die seine innige Liebe zum hlst. Herzen JESU und zur GOTTESmutter zeigt. Auf einer Seelsorgsreise starb er 1241 oder 1252 im Zisterzienserinnenkloster Hoven bei Zülpich (heute Marienborn); sein Leib wurde durch Vermittlung des Kölner Erzbischofs nach Steinfeld überführt (Ged. 21. Mai). Bei unserer Mittagsrast am Bus auf dem Parkplatz vor dem Kloster sprach uns übrigens eine Schwester aus der danebenliegenden Benediktinerinnen-Abtei Maria Heimsuchung (1955 gegründet) an, die sich sehr erfreut zeigte, dass viele unserer Mitpilgerinnen gegen den heutigen Zeittrend frauliche Kleidung trugen.

28. Am Nachmittag langten wir dann in der alten Römerstadt Trier an. Als eine der Kaiserresidenzen hatte die Stadt schon im 4. Jh. an die 80.000 Einwohner. Wir begannen unsere Besuche in der Basilika St. Paulinus, am Rand eines römischen Gräberfeldes nördlich vor den Mauern der antiken Stadt erbaut. Hier soll das sog. Marsfeld gelegen haben, auf dem Ende des 3. Jh. nach der Überlieferung die Thebäische Legion und viele Trierer Christen für ihren Glauben starben; zahlreiche christliche Grabinschriften verweisen darauf, dass hier früh ein Ort christlicher Verehrung von Heiligen war. Ende des 4. Jh. wurde ein Basilika errichtet. Hierher wurden ca. 390 die Gebeine des Bischofs und Märtyrers Paulinus übertragen, der in der Verbannung in Kleinasien verstorben war. Der Wechsel der Zeiten führte zu mehreren Nachfolgerbauten (so eine 1148 von Papst Eugen III. eingeweihte Kirche, die 1674 zerstört wurde). Der heutige barocke Kirchenbau entstand zwischen 1732 und 1775 nach einem Entwurf von Balthasar Neumann. Die Deckenfresken der herrlichen Barockkirche beziehen sich besonders auf die Märtyrer der Thebäischen Legion und der Trierer Christen, die am 4., 5. und 6. 10. 286 für CHRISTUS starben und deren Reliquien in der Krypta von St. Paulin verehrt werden, aber auch auf den hl. Paulinus. Er wurde, wahrscheinlich aus Aquitanien stammend, 346 Bischof der Stadt, hatte vorher schon den im Arianismusstreit nach dem Konzil von Nizäa mehrfach verbannten (335-337 nach Trier) hl. Athanasius, Bischof von Alexandrien, kennengelernt. Als Kaiser Konstantius 353 auf einer Synode in Arles alle Bischöfe des Westens zur endgültigen Absetzung des Athanasius bewegen wollte, widersprach Paulinus als einziger in aller Entschiedenheit. Im selben Jahr noch wurde er nach Phrygien verbannt, auch dort von einem Ort zum anderen gehetzt, und starb da nach fünfjährigem leidensvollen Exil 358 (Ged. 31. August). In der Krypta von St. Paulin, wohl in der Anordnung aus der alten Zeit, stehen um den Paulinus-Altar mit der Lade des hl. Bischofs in der Mitte Sarkophage einer Reihe von namentlich bezeichneten Märtyrern. Nach der Literatur wurden auch Reliquien der hll. Trierer Bischöfe Bonosus (+373, Gedenktag 17.2.) und Britto (+386, Gedenktag 5.5.) in St. Paulinus beigesetzt.

29. Hinter der Basilika St. Paulin liegt ein großer Friedhof, auf dem 1918 die aus Düppenweiler/Saar stammende sel. Ursulinenschwester Blandine Merten beigesetzt wurde. Das 1883 geborene, Maria Magdalena getaufte Mädchen aus gläubiger Familie wurde Volksschullehrerin. 1908 folgte sie dem Ruf GOTTES und trat bei den Ursulinen im Kloster Calvarienberg in Ahrweiler ein. In innerem Ringen ging sie den steilen Weg, eine vollkommene Ordensfrau zu werden. Bei ihrem ewigen Gelübde im Jahr 1913 bot sie sich dem HERRN als Opfer an. Im Herbst 1916 zeigte sich bei ihr eine unheilbare Tuberkulose. Sie durchlitt die Krankheit in vollkommener Hingabe an den Willen GOTTES. Am 18. Mai 1918 verstarb sie im Kloster St. Bantus in Trier. 1987 wurde sie seliggesprochen. In der Nähe ihres ehemaligen Grabes wurde eine Gedenkkapelle mit ihren Reliquien errichtet.

30. Auf dem südlichen Gräberfeld des antiken Trier hatte sich um die Grabkirche der ersten Bischöfe St. Eucharius und St. Valerius seit dem 3./4. Jh. eine Klerikergemeinschaft gebildet, die um 975 zu einer benediktinischen Mönchsgemeinde umgewandelt wurde. Eine Blütezeit erlebte die Abtei im 12. Jh., als man beim Bau der heutigen Kirche (die allerdings besonders im 17. und 18. Jh. Veränderungen erfuhr) die Reliquien des hl. Apostels Matthias auffand, die wohl beim Normannensturm 882 vergraben worden waren. Es entwickelte sich eine Wallfahrt zu dem nachgewählten Apostel (vgl. Apg 1,15), der seit der Johannestaufe mit JESUS zusammen war und so Zeuge Seiner Auferstehung sein konnte. Er soll nach der Überlieferung in Judäa und Äthiopien gewirkt haben und um 63 getötet worden sein. Die Gebeine hat der Tradition gemäß die hl. Kaiserin Helena (+330) nach Trier bringen lassen. Die Abteikirche St. Matthias war bei unserem Besuch in Renovierung, so dass wir die Krypta mit den hll. Bischöfen Eucharius (3. Jh., Ged. 9.12.) und Valerius (Ende 3. Jh., Ged. 29.1.) nicht besuchen konnten, wohl aber das Grab des einzigen nördlich der Alpen begrabenen Apostels (Grabfigur von 1468).

31. Es war dann Zeit, in unserem Quartier im Gästehaus der Barmherzigen Brüder Trier (im Gelände ihres großen Krankenhauses) einzuchecken, und wegen der frühen Schließungszeiten des Domes und anderer Kirchen (18.00 Uhr) war am Abend kein Besuch mehr möglich. Am folgenden Sonntagvormittag nutzten allerdings viele unserer Pilger die Zeit zwischen hl. Messe/Frühstück und Abfahrt, um – trotz der Absperrungen wegen eines Radrennens – noch zum Dom zu gelangen.

Der Trierer Dom ist die älteste Bischofskirche Deutschlands, aus einer spätantiken Kirchenanlage hervorgegangen; er ist baulich mit der Liebfrauen-Basilika, einer der ältesten gotischen Kirchen Deutschlands, verbunden. Der Dom birgt in einer barocken Heiligtumskammer den „Heiligen Rock“ JESU CHRISTI. Auch die Überbringung dieser Tunika wird auf die hl. Helena, die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, zurückgeführt. Archäologische Befunde sprechen für die Anwesenheit dieses Gewandes am Trierer Kaiserhof im 4. Jh. - Konstantin errichtete an der Stelle des heutigen Domes neben der damaligen Bischofskirche eine gewaltige Pilgerkirche mit einer z. T. noch erhaltenen Anlage zur Aufbewahrung des Hl. Rockes, der damals nicht öffentlich gezeigt und 1196 sogar eingemauert wurde. Auf Drängen Kaiser Maximilians beim Reichstag zu Trier 1512 zeigte man die Reliquie erstmals öffentlich und seither in unregelmäßigen Abständen, so 1933 (eine mächtige Glaubensdemonstration), 1959 und 1996 (angekündigt wieder für 2012).

(Erwähnt seien noch in der Trierer Innenstadt die Jesuitenkirche mit dem Grab des Jesuiten Friedrich von Spee (1591-1635) und des Dieners GOTTES P. Wilhelm Eberschweiler (1837-23.12.1921, Seligsprechungsprozess eingeleitet); die Kirche St. Paulus mit der Grabkapelle von Hieronymus Jaegen (1841-26.1.1919, Ingenieur, Bankdirektor, Abgeordneter des preuß. Landtags, wirkte in zahlreichen kath. Vereinen und Sozialeinrichtungen, Mystiker; Dekret über heroischen Tugendgrad 2006); ferner in Trier-West Pfarrkirche St. Simeon, wohin 1971 die Reliquien des hl. Simeon von Trier (+1.6.1035, Einsiedler im Hl. Land, Mönch auf dem Sinai, Einsiedler im Nordturm der Porta Nigra, Trier).

32. Die heilige Messe feierten wir in der auf dem Gelände der Barmherzigen Brüder von Trier stehenden Maria-Hilf-Kapelle, in der der Ordensstifter, der sel. Peter Friedhofen begraben ist. 1819 in Weitersburg bei Koblenz als Sohn eines Bauern und Schornsteinfegers geboren, früh verwaist, wuchs er in Armut auf und lernte das Schornsteinfegerhandwerk in Ahrweiler. Während seiner Gesellenjahre schloss er an vielen Orten die Jugend zu Aloysiusgemeinschaften zusammen. 1850 gründete er eine Genossenschaft von Laienbrüdern zur Haus- und Hospitalpflege männlicher Kranker. Am 21. Dezember 1860 verstarb er in Koblenz; 1888 wurde das Mutterhaus nach Trier verlegt, die Gebeine des Gründers 1928 hierher übertragen. Papst Johannes Paul II. sprach ihn 1985 selig.

33. Vorbei an Mettlach, einem Ort in der Saarschleife, der auf die Klostergründung (um 676) des hochadeligen Franken und späteren Trierer Bischofs St. Liutwin zurückgeht, der auch dort begraben wurde (+717, Gedenktag 29.9.), fuhren wir von Trier südwärts ins Saarland und machten Station an der wunderschön nahe der französischen Grenze gelegenen Orannakapelle bei Berus. Die hl. Oranna (Ged. 15.9.) stammte aus Irland – angeblich eine iroschottische Prinzessin, verwandt mit dem hl. Wendelin. Es war die Zeit der Christianisierung vorwiegend durch iroschottische Missionstätigkeit im 6. und 7. Jh. Sie kam mit ihrer Gefährtin Cyrilla in diese Gegend von Berus, lebte in einer Klause, die sie nur verließen, um Kranke zu pflegen, Armen zu helfen und von CHRISTUS zu erzählen. Sie wurden begraben in der Pfarrkirche des Dorfes Eschweiler, das durch kriegerische Einwirkungen in der ersten Hälfte des 14. Jh. zerstört und von den Bewohnern aufgegeben wurde. Seine vereinsamte Kirche blieb noch Jahrhunderte das religiöse Zentrum der Gegend – eben die Orannakapelle. Die feierliche Erhebung der Reliquien ist beurkundet für das Jahr 1480. 1719 wurde der Schrein zum Schutz in die Beruser Pfarrkirche gebracht (bzw. sie sollen in einer Felsspalte die französische Revolution überstanden haben, vgl. auch eine Erzählung über jene Zeit von Johannes Kirschweng, Die Fahrt der Treuen). Die Kapelle verfiel, wurde 1814 wieder aufgebaut. 1969 kamen die Reliquien wieder in die Orannakapelle zurück.

Uralte Überlieferung sieht in der Heiligen eine besondere Fürsprecherin in Kopfleiden. Kopf- und Ohrenleidende trugen oft auch eiserne Kronen die in der Kapelle aufgehängt wurden; man kann auch eine solche in der Kapelle liegende geschmiedete Krone sich betend auf den Kopf setzen. Glasfenster stellen Szenen aus dem Leben der hl. Oranna dar. An der inneren Rückwand der Kapelle erinnert ein Gemälde (Triptychon) an ein schweres Grubenunglück 1962. Vor der Kapelle gibt es einen Orannabrunnen. - Es war ein schöner Ort, um auch die Mittagsrast zu halten.

34. Danach setzten wir unsere Fahrt fort nach Pirmasens. Der Name dieser pfälzischen Stadt geht zurück auf den hl. Pirmin (+753), der u. a. das Kloster Hornbach gegründet hatte, dem diese Siedlung einst unterstand. Der Landgraf von Hessen-Darmstadt verlegte im 18. Jh. seine Residenz hierher, 1793 fiel die Stadt an Frankreich, 1815 kam sie mit der übrigen Pfalz zu Bayern. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sie etwa 7000 Einwohner und entwickelte sich zu einem Zentrum der Schuhindustrie. Hier wurde 1851 der Speyerer Diözesanpriester Paul Josef Nardini Pfarrer. Geboren 1821 in Germersheim am Rhein als uneheliches Kind (Lichtenberger) geboren, von der Familie verstoßen, wurde er adoptiert von einer Großtante, die mit dem Schuhmacher Anton Nardini verheiratet war. Er sollte nach der Volksschule auch Schuster werden, doch durfte er wegen der Begabung die Lateinschule besuchen, dann das Gymnasium in Speyer. Er studierte in Speyer und München und promovierte dort 1846 mit Auszeichnung. Im selben Jahr zum Priester geweiht, berief ihn der Bischof bald als Präfekt in das Bischöfliche Konvikt. 1850 kam er in die Pfarrseelsorge zurück und übernahm 1851 die Diasporapfarrei Pirmasens mit etwa 1800 Katholiken. Um der Not in Pirmasens zu begegnen (die in Heimarbeit hergestellten Schuhe wurden von den Frauen im Hausiererhandel verkauft, die so oft wochenlang unterwegs waren; die Männer waren oft als Saison- oder Wanderarbeiter abwesend, die Kinder sich selber überlassen), errichtete er gegen große Widerstände eine Niederlassung der Niederbronner Schwestern aus dem Elsass und gründete 1855 die Schwesterngemeinschaft der „Armen Franziskanerinnen von der hl. Familie“ („Mallersdorfer Schwestern“, weil das Mutterhaus 1869 nach Niederbayern verlegt wurde) und konnte schon bald Schwestern auch in andere pfälzische Orte schicken – für die Armen- und Krankenpflege und die Erziehung der Verwahrlosung preisgegebener Kinder. Nardini gab dafür seine ganze Kraft hin; am 27.1.1862 starb er an Lungenentzündung mit 40 Jahren. Am 22. Oktober 2006 wurde er im Speyerer Dom seliggesprochen. Sein Grab ist in der Kapelle des Pirmasenser Nardinihauses, Schlossstraße (die im 2. Weltkrieg völlig zerstört war, während das Grab wunderbar unversehrt blieb). Die Oberin des Hauses erzählte uns vom Leben des Seligen und dem Wirken des Ordens.

35. Etwa 40 km entfernt liegt die Kleinstadt Bad Bergzabern. Dort verbrachte die jüdische Philosophin Edith Stein mehrfach ihre Ferien im Haus des befreundeten Ehepaares Conrad-Martius, las da im Sommer 1921 die Autobiographie der hl. Teresa von Avila und wurde in der Pfarrkirche St. Martin am 1.1.1922 getauft und empfing am folgenden Tag die Erstkommunion. Ihr Suchen hatte sie CHRISTUS finden lassen. (Bischof Schlembach hat im Gedenken an Edith Stein darum die Kirche in Bad Bergzabern zur Tauferneuerungskirche des Bistums Speyer erklärt.) 1923 bis 1931 unterrichtete Edith Stein dann in Speyer, dozierte kurze Zeit in Münster und trat 1933 in den Kölner Karmel ein (Ordensname Theresia Benedicta a Cruce), übersiedelte vor der Verfolgung der Nazis Ende 1938 nach Echt/Niederlande, wo sie am 2.8.1942 verhaftet wurde; am 9.8.1942 starb sie in der Gaskammer in Auschwitz. Von Johannes Paul II. wurde sie 1987 in Köln selig- und 1998 in Rom heiliggesprochen und 1999 zur Mitpatronin Europas ernannt. - Als wir zur Pfarrkirche von Bergzabern kamen, fand gerade ein sonntäglicher Vespergottesdienst statt. Die Kirche war 1995/6 renoviert und neugestaltet worden, so dass Taufstein (vom Davidstern im Marmorboden umrahmt), Statue der Heiligen mit Leuchter, Tabernakel (Thoraschrein auf dem Hintergrund der Feuersäule symbolisierend) das Andenken an Edith Stein besonders wach halten.

36. Am Abend erreichten wir hoch über der Rheinebene die elsässische Anhöhe des St. Odilienberges (763 m), eine geschichtsträchtige Stelle (rätselhafte 10 km lange „Heidenmauer“ – 6. oder 2. Jh. v. Chr.). Im 7. Jh. nach Chr. hatte hier der elsässische Grafen Etticho (auch: Adalrich) seiner Tochter Odilia die Hohenburg vermacht, die hier und am Fuß des Berges Klöster errichtete. Die Überlieferung erzählt, dass sie, blindgeboren, vom Vater verstoßen, in einem burgundischen Kloster aufgezogen und zwölfjährig vom hl. Bischof Erhard von Regensburg in Burgund getauft wurde; dabei erhielt sie das Augenlicht. (Ein Relief über dem Steinsarkophag der hl. Odilia stellt dies dar.) Der Vater wollte dies nicht als Wunder annehmen und musste manche Prüfung über sich ergehen lassen, ehe er die Berufung seiner Tochter akzeptierte. Sie verstarb im Jahr 720 nach einem aufopferungsvollen Leben für Arme und Kranke und fand ihr Grab im Kloster auf dem Berg. Die beiden Klöster kamen im 12. Jh. unter den Äbtissinnen Reglindis und Herrade zu einer großen Blüte. Herrade von Landsberg verfasste eines der schönsten Bücher des Mittelalters: den „Hortus Deliciarum“ (Paradiesgarten, eine Art illustrierter Weltchronik; eine Bild daraus ist auch als Fresko in der Kreuzkapelle neben der Odilienkapelle zu sehen). Plünderungen und Brände führten zum Niedergang der beiden Klöster; 1546 verließen die letzten Benediktinerinnen den Berg. Dreißig Jahre später brachen Prämonstratenser neues Leben und erbauten auf den Ruinen eine Kirche; 1791 wurden sie vertrieben; die Reliquien der Heiligen konnten in Sicherheit gebracht werden. 1853 brachte eine Kollekte unter den Elsässischen Katholiken das Geld für einen Rückkauf auf; der Bischof von Straßburg berief eine Schwesternkongregation zur Betreuung der Pilger (zusammen mit Diözesanpriestern). Seit 1931 halten elsässische Männer hier beständig Anbetung vor dem Allerheiligsten. – Wir hatten am Abend noch Gelegenheit, uns im Inneren der Pilgerstätte umzuschauen (Klosterkirche, Klostergang mit Täufer-, Kreuz- und Odilienkapelle. Die Tränenkapelle (die an das Büßen Odilias für Grausamkeiten des Vaters erinnert) und die Engelkapelle am Felsabhang waren leider schon geschlossen. In der Klosterkirche feierten wir am folgenden Morgen die letzte Pilgermesse unserer diesjährigen Wallfahrt.

37. Jenseits des Rheins querten wir schließlich den Schwarzwald. Ein erster Abstecher galt der Wallfahrtskirche Ettenheimmünster oberhalb der Stadt Ettenheim. Sie geht zurück auf den hl. Landelin, einen iro-schottischen Mönch, der anfangs des 7. Jh. hier als Einsiedler lebte und um 640 den Märtyrertod erlitten hat; eine erste Ansiedlung von Einsiedlern und Mönchen war nicht von Dauer. Bischof Etto im 8. Jh. gilt als 2. Gründer des Klosters. Die jetzige Wallfahrtskirche St. Landelin (die frühere Klosterkirche) steht da, wo an der Stelle des Landelinsbrunnens (vier Brunnenquellen) hinter der Kirche das Martyrium stattgefunden haben soll. Die heutige Kirche ersetzte 1688 eine kleinere Kapelle oder Kirche, musste aber wegen Einsturzgefahr 1764 wesentlich umgebaut werden. Die Legende des Heiligen ist in den Deckengemälden dargestellt: die Rheinüberquerung, die freundliche Aufnahme, die Ermordung durch den Jäger eines heidnischen Grundherrn, die Entstehung der Quellen, die Bestattung des Leichnams am heutigen Ort Münchweier. Die in der Wallfahrtskirche aufbewahrte Landelinsbüste mit einer Reliquie konnten wir, weil wir uns die Zeit für eine Führung nicht nahmen, leider nicht sehen.

38. In der Nähe der ehemals kleinsten „freien Reichsstadt“ Zell am Harmersbach (mit der Wallfahrtskirche „Maria zu den Ketten) an der Straße nach Oberentersbach steht inmitten von Wiesen ein Bildstock, der an die Ermordung der 12jährigen Cäcilia Baumann am 25.5.1905 erinnert. Das Bauernmädchen, das einige Wochen vorher die erste hl. Kommunion empfangen hatte, starb dort in Verteidigung ihrer jungfräulichen Reinheit gegen die Gewalt eines 17jährigen Bauernknechtes, ganz ähnlich wie drei Jahre vorher in Italien die hl. Maria Goretti. Zwar wurde sie bei ihrer Beisetzung in Zell a. H. (das Grab ist nicht mehr erhalten) als leuchtendes Vorbild der Keuschheit gerühmt, aber nie ein Seligsprechungsverfahren erwogen. Immerhin ist ihr Andenken in dem erhaltenen und immer noch mit Blumenpflanzung gepflegten Bildstock erhalten und ihr Lebensbild in das zweibändige deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen. – Wir beteten an ihrem „Marterl“ und fuhren weiter zum letzten Pilgerziel: Wittichen.

39. Die ehemalige Klarissen-Klosterkirche Wittichen bei Schenkenzell hängt unmittelbar mit dem Leben der sel. Luitgard von Wittichen zusammen. Sie stammte aus jener Gegend (* um 1291) und trat mit 12 Jahren in das Beginenklösterchen in Oberwolfach ein. Im Alter von etwa 20 Jahren hörte sie in der hl. Messe die Aufforderung JESU, Ihm ein Haus zu bauen und 34 Schwestern mitzunehmen, „in Gedächtnuß, daß ich 34 Jahre auf Erden gewesen“, denn es sei die Zeit hinzuzurechnen, die Er im Schoß Seiner glorreichen Mutter gewesen sei. Im Vertrauen auf die Vorsehung GOTTES ließ sie an der Stelle, die sie geschaut hatte, mitten in der Wildnis, ein Holzklösterchen errichten. 1325 zog sie mit den 34 Gefährtinnen dorthin. Als sie auf Bettelreisen bei Königin Agnes von Ungarn im schweizerischen Königsfelden war, sah sie im Geist den Brand ihres Klösterchens, das sie mit Hilfe der Königin wieder aufbaute; die Zahl der Schwestern war auf 79 gestiegen. Am 18.10.1347 starb Luitgard im Ruf der Heiligkeit; sie wurde nie kanonisiert, ihr Grab aber war Ziel vieler Wallfahrer, die ihre Fürbittkraft erfuhren. 1376 wurde das Kloster dem Orden der hl. Klara angeschlossen; es erlebte im 16. Jh. einen Niedergang. Als 1629 die Gebeine der sel. Luitgard feierlich erhoben wurde, fanden die Ärzte das unverweste Hirn der Seligen. Dieses Ereignis bewirkte ein großes Aufblühen der Wallfahrt. 1640 zerstörten Schweden das Kloster und 1663 ein 3. Klosterbrand. 1681 wurde die heutige Kirche auf gotischen Fundamenten neu aufgebaut; bei der Säkularisation 1802 zählte der Konvent 22 Nonnen. Die meisten Klostergebäude wurden abgerissen, die Kirche in dem kleinen stillen Tal wurde Pfarrkirche. Das Grab der sel. Luitgard ist ein kleiner Sarkophag an der Südwand des Langhauses, darüber ein Ölgemälde mit der Darstellung der Vision der Seligen, in der sie den Auftrag zur Klostergründung erhielt; daneben ein kleiner Barockschrein mit einer Reliquie der Seligen. - Diese Prophetin des vorgeburtlichen Lebens schickte uns dann wieder auf den Rückweg in Richtung München. Eine eindrucksvolle „Heiligtumsfahrt“ zu Zeugen und Orten des christlichen Glaubens in unserem Land!

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