(FMG-INFORMATION 99, April 2010)

 

Vorwort der FMG-INFORMATION 99:

 

Liebe Freunde und Mitarbeiter, verehrte Leser und Förderer!

 

Diese Ausgabe unserer FMG-Information erreicht Sie nach Ostern. Als Titelbild aber haben wir kein österliches Bild gewählt, sondern – in diesen turbulenten Wochen täglicher Meldungen von Missbrauchsfällen – das Bild vom Sturm auf dem See Genesareth (Lk 8,23ff.).

Die Situation der offenkundig gewordenen Vergehen an Kindern und Jugendlichen hat natürlich eine Vielzahl von Aspekten. Wir versuchen einige davon im folgenden Artikel aufzugreifen. Hier möchten wir mit dem Evangelium vom Seesturm zu Anfang einige Gedanken vorlegen, wie wir als Glieder der Kirche die Situation verstehen.

Ein alter Betrachtungstext, auf den wir kürzlich gestoßen sind, deutet das Schlafen des Herrn im Boot auf den mangelhaften Glauben der Jünger: Weil der Glaube schläft, entsteht der Sturm. „Denn wenn sich mitten im Tugendstreben der Ansturm unreiner Geister, böser Menschen und schlechter Gedanken ver­mehrt, dunkelt der Glanz des Glaubens, schwindet die Erhabenheit der Hoff­nung, erlischt die Flamme der Liebe.“ Der Text verweist aber auch auf die Rettung aus dem Sturm: „Es erhebe sich der Glaube, und bald zähmt der Herr den Ansturm der bösen Mächte und die Wogen der Verfolger.“ (Wilh. von Merton)

Der Sturm, in den das Schiff der Kirche geraten ist, wird zwar von kirchenfeindlichen Kräften benützt und geschürt, aber verursacht haben ihn Einzelne, die ihre Berufung, Menschen zu Christus zu führen, verrieten. Anstatt junge Menschen die Liebe zu Gott, die Freude des Glaubens und den Weg der Hoffnung zu lehren, haben sie ihnen anvertraute junge Menschen tief entwürdigt, häufig seelisch und geistlich schwer verwundet, nicht selten in ihrer Entwicklung schwer geschädigt und ihnen lebenslang schwärende Verletzungen angetan. Sie, die die Kirche vertreten sollten, haben ihre Glaubwürdigkeit schwer beschädigt. Christus selber ist in den Kleinsten Seiner Brüder und Schwestern Schlimmes angetan worden. Sein hartes Wort vom Mühlstein für jene, die den „Kleinen“ Ärgernis geben (Mt 18,6), trifft hier zu.

Doch mitverantwortlich sind auch andere, die wegschauten oder beschönigten, statt ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen. Und es gibt auch jene mitverantwortlichen „Schreibtischtäter“, die die anspruchsvolle Sexualmoral der katholischen Kirche dem laxen Zeitgeist der sexuellen Revolution anpassen wollten und solches seit Jahren, bis heute lehren. Wo es Sünde, die in sich böse ist, nicht mehr gibt, wo sie „wegerklärt“ wird, weil Umstände und Absichten der Handelnden entscheidender seien als das Gebot Gottes; wo Gott zu einem nachgiebigem „Allesschlucker“ gemacht wird, der Schuld nicht straft, sondern ohne Umkehr vergibt; wo die Sexualmoral der Kirche angegriffen und ausgehöhlt wird, weil dem heutigen Menschen voreheliche Enthaltsamkeit nicht mehr abverlangt werden dürfe; weil es unzumutbar sei, auf der Zusammengehörigkeit von ehelicher Liebe und Fruchtbarkeit zu bestehen; weil die biblische Ablehnung homosexuellen Tuns nicht gültig sein darf – muss man sich da wundern, darf man sich da empören, wenn sexuell unreife, pädophile, ephebophile Menschen auch meinen, es sei nicht so schlimm, ihren Neigungen nachzugehen?

Und wenn von sexuellem Missbrauch die Rede ist – und es wurden da von Opfern in den Medien teilweise üble Dinge erzählt (auch von nichtkirchlichen „Reformschulen“!) – warum fehlt jede Sensibilität dafür, wie Kinder mitunter im schulischen Sexualkundeunterricht verstört und seelisch verletzt werden? Ist das in Ordnung, weil der Staat der Auftraggeber ist? Und hier sind sog. katholische Schulen mitunter besonders hart gegenüber Eltern, die ihre Kinder vor Scham­zerstörung, sexueller Stimulierung und seelischer Verletzung bewahren wollen (man denke nur an die Eltern in NRW, die deshalb Gefängnisstrafen verbüßen).

Die Folgerung aus all dem darf nicht nur „gnadenlose Nulltoleranz“ gegen­über Priestern oder Ordensleuten sein, die Kindern wirklichen sexuellen Miss­brauch angetan haben. Es muss wieder eine Verkündigung und Verteidigung der verbindlichen Lehre der Kirche auf diesem Gebiet geben – denn sie ist heilbringend und befreiend, weil sie der Würde des Menschen als Ebenbild Gottes entspricht. Und wir müssen Gott Sühne leisten und Seine Gnade erbitten: Gnade der Heilung für alle, denen schreiendes Unrecht angetan wurde, Gnade der Einsicht, Umkehr und Vergebung für die Täter, Gnade und Mut für alle Hirten, nicht vor dem Zeitgeist in die Knie zu gehen, sondern allein vor dem Herrn.

Stehen wir zusammen in der Sorge um die jungen Menschen und die Kirche

Ihr FREUNDESKREIS MARIA GORETTI e. V., München

 


 

Sonderartikel

Fragen, Fakten und Meinungen zum „Missbrauchsskandal“

 

Wie im Vorwort angedeutet, wollen wir hier versuchen, einige der vielfältigen Aspekte der Missbrauchsanklage von Priestern, Ordensleuten und anderen Mitarbeitern der Kirche im deutschsprachigen Raum anzusprechen und eine kleine Zusammenstellung verschiedener hilfreicher Aussagen dazu vorzulegen.

 

1. Was ist mit „Missbrauch“ wirklich gemeint?

Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema verlangt, die verschiedenen Formen von „Missbrauch“ zu unterscheiden und nicht alles auf die gleiche Stufe zu stellen:

ob ein Kind/Jugendlicher geschlagen wurde (mit der Bandbreite von „Kopfnuss“ bis brutalem Schlagen – aus unterschiedlichen, keineswegs immer sexuellen Motiven; die Züchtigung in den Erziehungsmethoden der 50er, 60er Jahre, die wir heute ableh­nen, waren damals durchaus in der Gesellschaft akzeptiert),

ob ein Kind/Jugendlicher mit Worten bloßgestellt, sexuell ge­demütigt, körperlich bedrängt, sexuell missbraucht, vergewal­tigt wurde, ob aus Pädophilie (sexuelle Neigung Erwachsener auf Kinder beiderlei Geschlechts) oder Ephebophilie (homose­xuelle Neigung zu männlichen Jugendlichen), aus sadistischer Lust, Abhängige zu quälen, ob das einmalig oder systematisch war usw. Nichts davon ist zu billigen oder zu beschönigen, aber die Gerechtigkeit verlangt, dass nicht alle solcher Taten Ver­dächtigen mit dem Begriff „Missbrauch“ in den schlimmsten Ruf sexueller Monster gebracht werden.

Im Übrigen ist „Missbrauch“ kein guter Begriff – es kann ja auch keinen richtigen „Gebrauch“ eines Kindes, eines Menschen ge­ben. Immer, wenn ein Mensch zum Objekt gemacht wird, ist das entwürdigend.

Der Sexualpädagoge Ahlers kritisierte in einem Interview mit der „taz“, dass meist nicht zwischen Pädophilie und sexuellem Kindesmissbrauch unterschieden werde. Die Mehrzahl der Taten werde von nichtpädophilen Tätern begangen; nur ein Drittel der Täter sei pädophil. Pädophilie sei nicht heilbar, doch könne ein Pädophiler lernen, „für sein Verhalten Verantwortung zu übernehmen, indem er keine Kinder missbraucht“. Pädophile, die Hilfe suchten, um keine Täter zu werden, verdienten Respekt. Es gäbe aber auch Pädophile, die der Überzeugung seien, „dass sexuelle Kon­takte zwischen Erwachsenen und Kindern okay sind und dass nur die Gesellschaft ein Problem damit hat“; dieser Gruppe müsste natürlich mit Hilfe des Strafrechts Einhalt geboten werden. (Vgl. kath.net 19.3.10)

 

2. Hunderte von Missbrauchsfällen sozusagen gestern?

Bei der Berichterstattung der Medien wurde oft auch nicht diffe­renziert nach dem Zeitpunkt des Geschehenen. Es wurde mit Schlagzeilen und Artikeln der Eindruck erweckt, Missbrauchs­fälle, die vielleicht 40 Jahre zurückliegen (und womöglich da­mals nicht nach heutigem Standard geahndet wurden), seien gerade eben oder immer noch in dieser oder jener kirchlichen Einrichtung geschehen. Auch solche Vorgehensweisen dienen nicht der Gerechtigkeit (wobei, nochmals betont, keineswegs die Verwundung und vielleicht lebenslange Belastung und Schändung des einzelnen Opfers entschuldigt werden darf).

 

3. „Immer neue Missbrauchsfälle in der kath. Kirche“?

Die Medienberichte fokussierten sich – vor allem in den ersten Wochen – auf Ordensleute und Priester. Erneut sei wiederholt, was wir im Vorwort auf Seite 2 geschrieben haben: „Der Sturm, in den das Schiff der Kirche geraten ist, wird zwar von kir­chenfeindlichen Kräften benützt und geschürt, aber verursacht haben ihn Einzelne, die ihre Berufung, Menschen zu CHRIS­TUS zu führen, verrieten… CHRISTUS selber ist in den Kleins­ten Seiner Brüder und Schwestern Schlimmes angetan wor­den. Sein hartes Wort vom Mühlstein für jene, die den „Kleinen“ Ärgernis geben, trifft hier zu. Jeder Missbrauchsfall durch katholische Priester, Ordensleute oder Laienmitarbeiter hätte nicht sein dürfen, den Opfern muss geholfen werden, leibseelische Heilung zu erlangen und die Liebe GOTTES zu erfahren. Und es muss alles getan werden, um in der Zukunft solches zu verhindern. Dennoch muss unser Blick auch die übrige Wirklichkeit erfassen. Und allmählich meldeten sich Stimmen zu Wort, die mit Fakten den einseitigen und parteiischen Dar­stellungen widersprachen:

Die vom „Spiegel“ veröffentlichten Zahlen über kirchliche Missbrauchsfälle zeigen nach Ansicht des Kriminalpsychia­ters Hans-Ludwig Kröber, dass sexueller Missbrauch bei Mitarbeitern der katholischen Kirche sehr viel seltener vor­kommt als bei anderen erwachsenen Männern. Die Zahlen legten nahe, dass die Geisteshaltung, in der Priester lebten, sie weitgehend davor schütze, Täter zu werden. Kröber ar­beitet als Professor für forensische Psychiatrie an der Berliner Charité und ist Mitherausgeber des Standardwerks „Handbuch der Forensischen Psychiatrie“. Nichtzölibatär le­bende Männer werden laut Kröber mit einer 36 mal höheren Wahrscheinlichkeit zu Missbrauchstätern als katholische Priester. Insgesamt habe es seit 1995 in Deutschland rund 210.000 polizeilich erfasste Fälle von Kindesmissbrauch ge­geben. Es bestehe die Gefahr, dass die katholische Kirche in Deutschland ähnlich wie vor einigen Jahren in den USA in einen „Selbstgeisselungs-Furor“ gerate und aus Angst vor neuem Unrecht an vermeintlichen Opfern alle Anschuldigungen ungeprüft akzeptiere. Aber auch angebliche Opfer müssten hinnehmen, dass man ihre Vorwürfe prüfe, so Kröber. (Vgl. rv 7.2.10, DT 9.2.10)

 

Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen For­schungsinstituts Niedersachsen, schreibt: „Der ‚Spiegel’ fragte Anfang Februar bei allen 27 Diözesen Deutschlands nach, wie viele Priester oder kirchlich angestellte Laien in ih­rem jeweiligen Amtsgebiet seit 1995 als Tatverdächtige oder Verurteilte dieses Delikts registriert worden sind. 24 Diöze­sen haben geantwortet. Wenn man die von ihnen benannten sieben Laien streicht, ergeben sich 117 tatverdächtige Pries­ter… (bzw.) eine Gesamtzahl von vielleicht 147 Priestern, die in den 15 Jahren bundesweit von der Polizei als Tatver­dächtige registriert wurden. Dem steht gegenüber, dass in Deutschland zwischen 1995 und 2008 die Zahl der polizei­lich erfassten Tatverdächtigen des sexuellen Kindesmiss­brauchs insgesamt 128.946 betrug. Rechnen wir für 2009 noch den Durchschnittswert dieser 14 Jahre hinzu, ergibt sich für die 15 Jahre eine Gesamtzahl von rund 138.000. Von ihnen waren 0,1 Prozent katholische Priester. Mas­senhaft kann man das nicht nennen… Selbst wenn die kirchliche Dunkelfeldquote beispielsweise dreimal größer wäre (als im sonstigen nicht-familiären Umfeld), läge der An­teil der Priester bei den Tätern lediglich bei drei statt bei einem Promille…“ (Vgl. SZ 15.3.10)

 

Metropolit Augoustinos, Leiter der griechisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, hat die katholische Kirche gegen Vor­würfe im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch in Schutz genommen. Es handle sich um ein ökumenisches, um ein Menschheitsproblem. Er finde es daher „nicht fair“, wie der­zeit mit der katholischen Kirche in Deutschland umgegangen werde. Kindesmissbrauch sei zweifellos ein Verbrechen. Wer aber einen Zusammenhang mit dem Zölibat herstelle, tue der katholischen Kirche unrecht. Es müsse darum ge­hen, Fälle von Missbrauch, die es überall gebe, zu vermei­den. Bei gleicher Gelegenheit, einem Treffen der Gemein­samen Kommission der katholischen und der orthodoxen Kirche in Deutschland, sagte Bischof G. L. Müller, Regens­burg, „wenn ein Polizist stiehlt, ist ja auch nicht die Polizei dran schuld“. Wer im kirchlichen Rahmen ein Kind miss­brauche, tue dies nicht im Namen der Kirche, im Gegenteil. Zweifellos sei es besonders schlimm, wenn Priester als „Männer GOTTES“ in dieser Weise das ihnen entgegen­gebrachte Vertrauen missbrauchten. Vermutlich würden sich aber auch künftig solche Verbrechen nicht gänzlich verhin­dern lassen, weil eine Prävention sehr schwierig sei. Pädophil veranlagten Menschen fehle es meist an Unrechts­bewusstsein. Sie seien in ihrer Persönlichkeit gestört und könnten ihr Verhalten ähnlich wie Suchtkranke nicht leicht beherrschen. 99,5 Prozent der Priester hätten nichts mit derartigem Fehlverhalten zu tun. - Der Bischof verwies auf die gesamtgesellschaftliche Dimension des Problems. In den vergangenen 15 Jahren seien mehr als 200.000 Fälle von Kindesmissbrauch bei der deutschen Justiz aktenkundig geworden. Opfer würden nicht nur Kinder, sondern häufig ältere Schutzbefohlene. Es sei auch eine Form von Miss­brauch, wenn „wohlsituierte Familienväter nach Thailand reisen und sich an Jugendlichen vergreifen, was sie in Deutschland nie tun würden“. (Vgl. kath.net 3.3.10)

 

Auch aus dem protestantischen Bereich sind Missbrauchs­fälle bekannt geworden, z. B.:

„Der ehemalige Idsteiner Pfarrer… hat vor mehr als 20 Jah­ren einen damals 15-jährigen Konfirmanden sexuell miss­braucht … ihn auch mit ins Frankfurter Bordellviertel ge­nommen…“ (Wiesbadener Kurier 15.3.10).

Kindesmisshandlungen auch in der Diakonie. Die Staatsan­waltschaft Düsseldorf ermittelt gegen 17 ehemalige Mitar­beiter der Educon GmbH, einer Tochtereinrichtung der Graf-Recke-Stiftung, die der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe angehört… Fälle aus den Jahren 2007 und 2008… (kath.net/ idea 11.3.10)

In der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen (www .faz. net, 14.3.10) stand der Bericht eines Mannes, der sein ganzes Leben in einem Heim verbracht hat – erst in einem katholi­ischen Heim: „da gab es eine Nonne, die mich wie eine Mut­ter geliebt hat“, dann in einem evangelischen Heim (West­uffeln), aus dem er systematischen sexuellen Missbrauch vieler Jungen durch einen Erzieher berichtet, erniedrigende erzwungene Verhaltensweisen, ekelerregende Forderungen, Belästigung beim Duschen usw. Der Mann ist schwer traumatisiert, bindungsunfähig, für sein Leben geschädigt.

 

Ebenso sind Missbrauchsvorwürfe gegenüber nichtkonfessi­onellen Schulen/Internaten bekanntgeworden, etwa gegen die hochgelobte Odenwaldschule im hessischen Heppen­heim. Ein Hauptverdächtiger, der Reformpädagoge und ehemalige Schulleiter Gerold Becker gehörte übrigens auch der EKD-Kammer für Bildung und Erziehung an (und war an einer Schrift für den Konfirmandenunterricht 1997 mitbetei­ligt). Dieser Becker ist der Lebensgefährte von Hartmut von Hentig, dem „berühmten Gründer der Laborschule in Biele­feld“. Offenbar wurden in diesem „Elite-Internat, an dem Da­niel Cohn-Bendit, Beate Uhse oder Amelie Fried lernten“ mehr als 100 Kinder missbraucht. In dieser Einrichtung, die seit 1963 als UNESCO-Projektschule einem weltweiten Schulnetzwerk der UN-Kulturorganisation angehört, leben Lehrer und Schüler wie Familien zusammen. Ehemalige Schüler berichteten der „Frankfurter Rundschau“, dass sie als „sexuelle Dienstleister“ für ganze Wochenenden einge­teilt und zu Oralverkehr gezwungen, ja auch Gästen zum Sex angeboten wurden. Auch Nackt-Turnen war üblich. Die Übergriffe geschahen 1970 bis 1985. Die jetzige Schulleite­rin nennt auch 2-3 Fälle, in denen sich frühere Schüler um­gebracht haben; auch sie Missbrauchsopfer. Der Frankurter Psychologe W. Schwertl schreibt in einem Gutachten, das die heutige Internatsleiterin in Auftrag gab, der sexuelle Missbrauch an der Odenwaldschule sei geradezu Ausdruck eines „Kulturprogramms“ gewesen. Es habe auch Veranstal­tungen zur Würdigung des antiken Griechenland und der Knabenliebe gegeben. (Vgl. rv 15.3.10, SZ 12.3.+15.3.10, Bild 8.3.10)

 

„Nach Missbrauchsfällen fällt Schatten auf Helene-Lange-Schule in Wiesbaden (Wiesbadener Kurier 12.3.10): demnach hat sich ein Kunstpädagoge der „reformpädagogisch“ ausge­richteten Schule 1989 an vier Jungen vergriffen; die Schulgemeinde habe damals entschieden, keinen Staatsanwalt einzuschalten, auch die Eltern der missbrauchten Jungen hätten sich dagegen ausgesprochen, den überaus beliebten Kunstlehrer anzuzeigen.

 

„Wenn man das Gesamtphänomen betrachtet, ist der Anteil der Kirche an den gesamten Fällen von sexuellem Kindes­missbrauch gering. In Deutschland werden jährlich viele tau­send Taten begangen. Mit der Fokussierung auf die katholi­sche Kirche entlastet sich die Gesellschaft von dem Blick auf sich selbst.“ Das sagt der deutsche Sexualpädagoge Christoph Joseph Ahlers in einem Interview mit der „taz“. (Vgl. kath.net 19.3.10)

 

Die Fokussierung auf die Kirche und auf den Hl. Vater hat etwas von der Wiedererweckung der Kollektiv-Strafe.

Der Bonner Erziehungswissenschaftler Volker Ladenthin wandte sich gegen Forderungen nach einer Entschuldigung durch den Papst oder die Kirche im Allgemeinen. Wer so etwas wolle, führe die antike Kollektiv-Strafe wieder ein. Es verlange auch niemand vom Deutschen Fußballbund eine Entschuldigung, weil sich Fußballspieler oder Mannschaften bestechen ließen. Die Schuld liege stets bei den Einzel­tätern. (Vgl. kath.net 18.3.10)

 

4. Grün-linke Ideologie unterstützte Missbrauch

Allmählich wird auch in Erinnerung gebracht, aber von den großen Massen-Medien noch immer totgeschwiegen, dass manche der heutigen lautstarken Kritiker der Kirche aus einem Umfeld kommen, in dem noch vor 25 Jahren Pädophilie alles andere als ein zu bekämpfendes Übel war.

Der bekannte "Spiegel"-Reporter Jan Fleischhauer veröf­fentlichte auf Spiegel-Online eine kleine Zeitreise zum Thema „Missbrauch von Kindern als Folge der sexuellen Revolution“ und wies nach, dass die Grünen noch vor gar nicht allzu langer Zeit sehr „Abenteuerliches“ zum Thema Sexualität und Kinder zu sagen hatten. Fleischhauer be­richtet dabei von einem Antrag der grünen Bundestagsfrak­tion vom Februar 1985, in dem die Grünen die Strafrechts­paragrafen 175 und 182 ersatzlos streichen wollten, da die­se „einvernehmliche sexuelle Kontakte“ mit Minderjährigen unter Strafe stellten und dadurch „die freie Entfaltung der Persönlichkeit“ behinderten. „Mädchen werden als willenlose Objekte männlicher Verführungskunst dargestellt“, heißt es in dem Gesetzentwurf, „in der Norm drücken sich mithin bür­gerliche Moralvorstellungen aus.“ Ähnliche Anträge gab es von den Grünen in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Würt­temberg im gleichen Jahr. Im letzteren Antrag hieß es damals: „Da Kinder Menschen sind, hat niemand das Recht, sich unter welchem Vorwand auch immer über ihre Rechte auf Selbstbestimmung und persönliches Glück hinwegzu­setzen.“ Fleischhauer meinte angesichts der Aufgeregtheit bei den Grünen über die Missbrauchsfälle in der Kirche wörtlich: „Das alles ist Schnee von gestern, sicher. Heute würde sich kein Grüner, der ernst genommen werden will, noch so äußern, man hat schließlich dazugelernt. Auch soll man Leuten nicht endlos ihre Sünden vorhalten - nur wäre es im Gegenzug ganz schön, wenn sie nicht immer in der ersten Reihe tanzen müssten, wenn es darum geht, von anderen Entschuldigungen zu verlangen.“ (kath.net 22.2.10)

 

Der Psychiater und Theologe Dr. Manfred Lütz, Köln:

»1970 erklärte der angesehene Sexualwissenschaftler Eberhard Schorsch unwidersprochen bei einer Anhörung im Deutschen Bundestag: „Ein gesundes Kind in einer intakten Umgebung verarbeitet nichtgewalttätige sexuelle Erlebnisse ohne negative Dauerfolgen." Die linke Szene hätschelte die Pädophilen. Bevor sich Jan Carl Raspe in die RAF ver­abschiedete, pries er 1969 im „Kursbuch" die Kommune 2, in der Erwachsene Kinder gegen deren Widerstand zu Koitierversuchen brachten. Bei den Grünen gab es 1985 ei­nen Antrag auf Entkriminalisierung von Sex mit Kindern, und noch 1989 erschien im renommierten Deutschen Ärzteverlag ein Buch, das offen für die Erlaubnis von pädosexuellen Kontakten warb. In diesen Zeiten wurde insbesondere die katholische Sexualmoral als repressives Hemmnis für die „Emanzipation der kindlichen Sexualität" bekämpft.

Erst Ende der achtziger Jahre haben dann vor allem femi­nistische Beratungsstellen zu Recht klargemacht, dass es keine gewaltfreien sexuellen Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen gibt. Freilich war es dabei nicht immer einfach, zwischen Bagatellisierung und Skandalisierung einen angemessenen Weg zu finden.

Dann ergriff die Welle auch die katholische Kirche, und manche ihrer Vertreter verstanden die Welt nicht mehr. Hatten die Pädophilieentkriminalisierer sie gerade noch ob ihrer rigiden unmodernen Moral lächerlich gemacht, sollten sie jetzt plötzlich wegen ihrer Laschheit die eigentlichen Übeltäter sein. Auch in der derzeitigen Debatte wird ge­wöhnlich der gesellschaftliche Kontext ausgeblendet und die katholische Kirche isoliert als Sündenbock für all die abseiti­gen und skandalösen Träume vom Kindersex gebrandmarkt, die in alternativen Kreisen vor vierzig Jahren geträumt wur­den. Kirchenkritiker und auch manche Kirchenvertreter er­greifen die willkommene Gelegenheit, ihre üblichen Platten aufzulegen: Die kirchlichen Strukturen, die Sexualmoral, der Zölibat seien schuld. Doch das ist nichts anderes als unver­hohlener Missbrauch mit dem Missbrauch, vor allem aber gefährliche Desinformation, die Täter schützt.« (kath.net 18.2.10, Kirche heute 3/2010)

 

Und selbst die Feministin Alice Schwarzer spricht klar:

„Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist keine Erfindung katholischer Patres. Und er hat auch nichts mit dem Zölibat zu tun“ schreibt die deutsche Feministin Alice Schwarzer im Februar-Editorial der Zeitschrift „Emma“. Nach der Schät­zung des Kriminologischen Instituts Hannover würden Jahr für Jahr etwa eine Million Kinder in Deutschland miss­braucht, in neun von zehn Fällen Mädchen. Dreiviertel der Täter seien Verwandte oder Nachbarn, 98,5% Männer. Der beste Schutz sei für ein Kind in der Familie „eine starke Mutter, die nicht aus Angst oder Gleichgültigkeit wegsieht, sondern sich vor ihr Kind stellt.“ Schwarzer erinnert daran, dass der Zeitgeist der „sexuellen Befreiung“ den Missbrauch gefördert habe: „Ideologisch führend waren 68er, etliche von ihnen waren auch in der tonangebenden ‚Deutschen Gesell­schaft für Sexualforschung’ aktiv, wie der Sozialpädagoge Prof. Helmut Kentler. Es war die Zeit, in der der bekennende Pädosexuelle Kentler unwidersprochen die ‚freie Liebe’ mit Kindern fordern und als Gerichtsgutachter in ‚wissenschaft­lichen’ Studien empfehlen konnte, straffällige Jugendliche ‚bei pädagogisch interessierten Päderasten’ unterzubringen.“ Sie erinnerte auch an Daniel Cohn-Bendit, der in „Little Big Man“ „unbefangen über seine Erlebnisse als Kindergärtner in den Jahren 1972 bis 1974 plaudern konnte“. Da nahm der „ständige Flirt mit allen Kindern bald erotische Züge“ an – mit gegenseitigen sexuellen Berührungen. Heute „angese­hener“ grüner EU-Abgeordneter!  -  Schwarzer fragt weiter, warum der Skandal in der „ach so progressiven“ Odenwald-Schule über den massiven sexuellen Missbrauch in den 1970er und 1980er Jahren erst jetzt so richtig ernstgenom­men werde, obwohl die Frankfurter Rundschau bereits 1999 darüber berichtet habe. „Hat das auch etwas zu tun mit der Veränderung des Zeitgeistes – und damit, dass die einstigen Propagandisten der 'freien Liebe' nicht mehr den Ton ange­ben?“ (Vgl. kath.net 12.3.10)

 

Der Journalist Peter Seewald schreibt:

»Differenzierung und Genauigkeit werden in solchen Zeiten zu besonders wertvollen Gütern. Und allzu viele in den Me­dien denken, sie sich nicht mehr leisten zu können. Der kampagnenhafte Charakter der Berichterstattung liegt zu­nächst in den Mechanismen und der Dynamik der Medien­welt selbst begründet. Nicht alle Themen eignen sich für ei­nen Rallye, aber jede Redaktion wird versuchen, da, wo Bri­sanz im Spiel ist, ein Thema hochzuschreiben. Das kann die Schweinegrippe sein, mit der ein ganzes Land in Panik ver­setzt wird, oder die Kundus-Affaire. Gibt es eine Mischung aus Sex und Kirche, ist das für einige wie ein Jackpot, der endlich geknackt wird. Anheizen, trommeln, hochkochen. Niemand will zu spät kommen, wenn zum großen Halali ge­blasen wird. Sobald der Hype erreicht ist, sind alle Dämme gebrochen. „Was wusste Ratzinger?“, titelte die Frankfurter Rundschau, „Papst soll zu Odenwald Stellung beziehen.“ Die „Aufklärer“ hatten in ihrem Furor glatt übersehen, dass es sich hier um keine katholische Schule, sondern um ein Vor­zeigeprojekt der Reformpädagogik handelt…

Über 220 Millionen Kinder werden nach Angaben von UNICEF weltweit jährlich zum Sex gezwungen. Das ge­schieht nicht im „Dunkelraum Kirche“. Der Kinderschänder­ring von Belgien, der vor Jahren Aufsehen erregte, bestand nicht aus Priestern und Ordensleuten, sondern aus Po­litikern und Managern. Täglich werden in Deutschland hun­derttausendfach pornografische Kinderbilder aus dem Inter­net heruntergeladen. Diese Täter leben nicht zölibatär. Und das Problem der Pornografisierung einer ganzen Gesell­schaft, die Kinder bereits am Schulhof trifft und auch Er­wachsene ins Grauen führt, ist keine Folge von kirchlicher Sexualmoral, sondern von deren Abhandenkommen. Sollte eine Gesellschaft nun nicht auch darüber nachdenken, wel­che Kultur wir da pflegen, was wir mit unseren Kindern machen, dass sie immer mehr gestört, kaputt, beziehungs­unfähig geworden sind?« kath.net 15.3.10

 

Diese Enthüllungen lassen sich vermehren. F. Küble deckt auf, wie der „Spiegel“ noch 1996 eine peinliche Lobeshymne über den Nobelpreisträger Carleton Gajdusek veröffentlichte, der als „Knabenliebhaber“ verharmlost und dessen „kinder­schänderisches Treiben in den schönsten Tönen vernied­licht, ja geradezu verherrlicht wurde“ (vgl. http: //kultur-und-medien-online.blogspot.com, 16.3.10).

Und der gemeinnützige Verein „CareChild e.V., Menschen für Kinder“, Münster, wirft der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger Scheinheiligkeit vor. Sie (und übrigens auch die Grünen-Fraktionschefin Claudia Roth) sei Mitglied des Beirats der „Humanistischen Union“, eines Ver­eins, „der u. a. ‚pädophile Arbeitsgruppen’ unterstützt hat“: „Unter dem Deckmantel ‚humanistischer Arbeit’ versuchte der Verein ‚Humanistische Union e. V.’ jahrelang Pädophilen zu mehr gesellschaftlicher Anerkennung zu verhelfen“ (siehe www. carechild. de, 15.3.10, vgl. kath.net 26.2.10, kath.net 19.3.10)

 

5. Ursache Zölibat?

Das alte Lied wird in der Missbrauchsdebatte neu angestimmt, in der festen Voreingenommenheit, der Zölibat drücke eine Leibfeindlichkeit und Abwertung der Geschlechtskraft aus. Was die Kirche über das hohe Gut der Geschlechtlichkeit lehrt, das als Ausdruck der personalen Hingabe von Mann und Frau in der Ehe Wertschätzung und Ehrfurcht verdient (und nicht zum entpersonalisierten Konsumgut werden darf), wird ignoriert, weil man es nicht hören will. Wenn argumentiert wird, der Zöli­bat sei Ursache, dass zölibatär Lebende sich in Kindesmiss­brauch ein „Druckventil“ suchten, dann wird offenbar sugge­riert, Verheiratete hätten den Partner als „Druckventil“ (und nicht als personal geliebte Ergänzung) – welch entwürdigende Vorstellung. Und alle jungfräulich Lebenden werden unter Ge­neralverdacht gestellt! Die geforderte „Freistellung“ des Zöli­bats (der ja übrigens nicht Ordensleute betrifft, die ja in voll­ständig eigener Wahl, nicht von der Kirche „gezwungen“, diesen Lebensstand erwählt haben) hieße nach dieser Logik ja Zwang zur Priesterehe (oder Zwang zu sexueller Betätigung mit wechselnden Partnerinnen oder Partnern). Man sollte, auch kirchenintern, endlich Schluss machen mit der ständigen Infragestellung des priesterlichen Zölibats und viel mehr versu­chen, ihn unermüdlich zu erklären und zu bezeugen.

 

Christian Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen For­schungsinstituts Hannover, widersprach nach einem Be­richt der Stuttgarter Nachrichten der These, der Zölibat sei eine Ursache für sexuellen Missbrauch in katholischen Ein­richtungen. „Wir sehen das als Wissenschaftler eher anders. Denn pädophil ist man bereits mit 15, 16. Aber das Gelübde, keusch zu bleiben, legt man als Priester erst mit 25 oder 30 ab. Da ist also von der sexuellen Identität her alles gelaufen“ (vgl. kath.net 11.3.10).

 

7. „Sexualfeindliche“ Kirche oder 68er Sexrevolution?

Das Vorurteil der Sexualfeindlichkeit der Kirche sucht sich auch jetzt wieder eine vermeintliche Bestätigung. Dass mit all dem in den Medien, bei „Wir sind Kirche“ usw. die Missbrauchsopfer aus dem Blick kommen bzw. für ideologische Kämpfe miss­braucht werden, liegt auf der Hand.

Darum reagiert man auch gereizt, wenn nur irgendwie ange­tippt wird, dass die sexuelle Revolution seit dem Ende der 60er Jahre mitschuldig sein könnte, wie etwa in der Aussage von Bischof Mixa im Februar (vgl. zum Thema auch Absatz 4 im Vorwort).

Der Augsburger Bischof Walter Mixa hat sich im Interview mit der „Augsburger Allgemeinen" von den Missbrauchsfäl­len bei den Jesuiten tief berührt gezeigt: „Es gibt wenige Nachrichten, die mich so erschüttern und betroffen machen.“ Nahe gehe ihm, dass selbst Priester „in entsetzlicher Weise schuldig werden können“. Solche Täter versündigten sich an der Psyche ihrer Opfer und gegen die Kirche. Allerdings sei sexueller Missbrauch von Minderjährigen ein verbreitetes gesellschaftliches Übel, das auch in Familien, Schulen oder Sportvereinen auftrete. - Mixa betonte aber auch, dass an diesen „abscheulichen Verbrechen“ die „sogenannte sexuel­le Revolution sicher nicht unschuldig“ sei. „Wir haben in den letzten Jahrzehnten gerade in den Medien eine zunehmende Sexualisierung der Öffentlichkeit erlebt, die auch abnorme sexuelle Neigungen eher fördert als begrenzt“, sagte Mixa. „Besonders progressive Moralkritiker“ hätten sogar eine Le­galisierung von sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Minderjährigen gefordert. - Mixa zeigte sich auch selbst­kritisch und räumte ein, dass in der Kirche „mancher Verant­wortliche in der Vergangenheit gegenüber Sexualdelikten an Kindern und Jugendlichen zu blauäugig war“. Sexueller Missbrauch sei kein Gentleman-Delikt. Kritik übte der Augs­burger Bischof an dem Zeitgeist, der eine Resozialisierung statt Strafe propagiere und „auf eine Besserung des Täters in einem anderen Aufgabenfeld“ gesetzt habe, anstatt diesen zur Verantwortung zu ziehen. (Vgl. kath.net 16.2.10)

 

Der Salzburger Weihbischof Laun hat die Situation ganz zu­treffend charakterisiert und den wirklichen Weg der Heilung aufgezeigt: „Wir brauchen nicht weniger katholische Moral, sondern mehr“:

»Vor allem gilt es, eine ‚Strategie’ anzusprechen, die beson­ders deutlich macht, wie sehr bestimmte Leute in erster Li­nie am Beschmutzen der Kirche interessiert sind und nicht an der schlimmen Sache selbst, womit sie die Opfer im Stich lassen: In einer prominenten Zeitung Österreichs heißt es in diesen Tagen auf der ersten Seite: „Denkt doch einmal über die Sexualmoral nach!“ Dies als Denkanstoß, meint der Autor: Das „Riesenproblem der Kirche“ sei die „Unterdrü­ckung der Triebe“ in der katholischen Kirche.

Und wie hieße dann die Lösung? Die Freigabe aller Triebe? „Hätte die sexuelle Revolution die Kirche erreicht, gäbe es dort vielleicht nicht so viele in ihrer natürlichen Sexualität gestörte Menschen, die vertrauensvolle Kinder als Ventil ih­rer Triebe missbrauchen.“ Weiter gibt sich der Autor „er­schüttert, mit welcher Hartnäckigkeit sich die Männer in Rom der Einsicht verweigern, dass Sexualität ein Konzept der Schöpfung und deshalb positiv ist“. Über das Leid, das da­durch entstehe, sollte der Vatikan, meint der Verfasser, end­lich nachdenken.

Nun, es tut weh zu sehen, wie wenig der Autor am Problem selbst interessiert zu sein scheint. Weiß er wirklich so wenig über die Lehre der Kirche, hat er sich nicht die Mühe ge­nommen, sie kennen zu lernen? Und die locker empfohlene „‚sexuelle Revolution“ – wie sieht denn deren „Moral“ aus? Im so genannten Sexkoffer, der heute noch in vielen Schu­len Österreichs als Grundlage der „Sexualerziehung“ herum­liegt, gibt es nur drei klar erkennbare ‚Normen der ,Sexual­moral‘“ Kein ungewolltes Kind, keine sexuell übertragbare Krankheit zuziehen, keine sexuellen Straftaten. Aus, das ist alles, alles andere ist offenbar in Ordnung, erlaubt und vielleicht sogar empfehlenswert – wohl als „Triebventil“, zur Sättigung der „natürlichen Triebe“, über deren Beherrschung man nicht reden muss: „Eh klar“ oder unnötig? Oder genügt dazu die genannte Angst-Motivation: kein ungewolltes Kind, Strafe, Krankheit? Ist das die Grundlage einer wunderbaren „Moral“ als Frucht der „sexuellen Revolution“? Wie unwirk­sam eine rein mit Angst begründete Moral ist, sollte eigent­lich bekannt sein.

Zu unterscheiden wäre übrigens auch Triebverzicht und Triebunterdrückung. Sie sind nicht identisch. Zu fragen wäre zudem: Was sollte die Kirche im Sinn der sexuellen Revolu­tion ‚ändern’? Das Nein zum Ehebruch, das Nein zur homo­sexuellen Praxis, das Nein zu einem Sexualleben mit wech­selnden Partnern, das Nein zur Pornografie? Und weiter: Könnte die Kirche die „Moral ändern“, wenn sie im Sinn des oben zitierten Autors „nachgedacht“ hat? Glaubt irgendje­mand ernstlich, dass es dann auf der Welt weniger sexuel­len Missbrauch gäbe?

Um es klar zu sagen: Die Kirche lehrt die Gebote GOTTES, sie hat keine Kompetenz, diese zu verändern, weil es Seine Gebote sind, nicht ihre. Und wenn jemand meint, sie hätte diese Gebote, die letztlich im Herzen jedes Menschen zu le­sen sind, falsch interpretiert, dann müsste der Betreffende zeigen, dass er die kirchliche Lehre wirklich kennt, alles an­dere ist nicht seriös.

Daher: Natürlich hat der Augsburger Bischof Mixa recht, wenn er zu bedenken gibt, dass die seit der sexuellen Re­volution übersexualisierte Gesellschaft das Übel des sexu­ellen Missbrauchs nicht nur nicht eindämmt, sondern sogar fördert, und zwar auch in der Kirche, weil sie auch in die Kirche eingedrungen ist und Christen infiziert hat.

Was wir brauchen, ist nicht weniger katholische Sexu­almoral, sondern mehr: einerseits in Form ihrer besseren Vermittlung, andererseits im Nachdenken darüber, wie man denen, die in Kindern ein Sexualobjekt sehen, hilft, diese ihre Antriebe zu beherrschen, wie man ihre abwegige Neigung frühzeitig erkennen und sie darum von Berufen fernhalten kann, die eine „Gelegenheit“ bö­ten: Um die Kinder vor ihnen zu schützen und die potenzi­ellen Täter vor sich selbst.

Die Kirche im Kontext des Missbrauchs wegen ihrer Lehre anzuklagen ist, als ob man die Feuerwehr als solche pau­schal anklagen und abschaffen wollte, weil eines ihrer Mit­glieder Feuer gelegt hat (was bekanntlich schon vorgekom­men ist) oder andere Feuerwehrleute trotz Alarm nicht aus­rücken wollten. Nein, was wir brauchen, ist eine umfassende Analyse des Problems, in der gefragt werden muss nach den Ursachen, nach gefährdeten Tätergruppen, nach ge­fährlichen Ideologien, nach Möglichkeiten der Prävention, nach Hilfe für die Opfer und auch danach, wie mit den Tä­tern zu verfahren ist.

Die einseitige Beschimpfung der Kirche wird keinem Kind helfen, zumal die katholische Kirche derzeit wie kaum eine andere Institution oder Religion darum bemüht ist, sich dem Problem zu stellen: mit tiefer Scham über das, was manche ihrer Mitglieder getan oder geduldet haben, aber auch mit einem starken, problemorientierten Willen, für eine bessere Zukunft zu sorgen…« (vgl. kath.net 28.2.10, DT 27.2.10)

 

Und schon zu Anfang der Missbrauchs-Debatte schrieb der Freiburger Theologe und Universitätsprofessor Dr. Joseph Schumacher (www. theologie-heute.de, „Kommentare“) unter anderem:

»Zu den zahlreichen Skandalen, bedingt durch perverse Handlungen von Priestern und Mitgliedern religiöser Orden, wie sie seit geraumer Zeit durch die Presse gehen, neuer­dings wieder durch die Enthüllungen des Verhaltens der Er­zieher an drei Jesuiten-Gymnasien in Deutschland, werden alle möglichen Gründe vorgebracht und erfolgen nicht we­nige Schuldzuschreibungen an die Kirche und ihre angeblich rigide Sexualmoral und ihre Ablehnung der Homosexualität, das entscheidende Problem wird dabei jedoch nicht er­wähnt, nämlich die falsche, das heißt destruktive Theologie vieler Priester heute und deren unreligiöses Leben. Viele sind heute Opfer einer subjektiven Theologie, die in Rich­tung Agnostizismus geht oder, ein wenig plakativ ausge­drückt, einer Theologie ohne Glauben. Vorreiter solcher Verweltlichung sind kurioserweise die Orden.

Zunächst einmal wird doch jeder vernünftige Mensch sagen: Wenn die Tugend der Keuschheit einen hohen Stellenwert im Orden des heiligen Ignatius von Loyola hätte, dann wären die kontraproduktiven Verfehlungen in ihm, die nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel kommen, die indessen nicht nur jeder christlichen sondern auch jeder humanen Erziehung hohnsprechen, nicht geschehen. Dass hier eine falsche Theologie studiert wurde, wird nicht zuletzt auch deutlich an den dialektischen Stellungnahmen der Ordensmitglieder, die die Verwirrung perfekt machen. Da fehlt jede Logik. Zwi­schen den Zeilen schaut dabei immer wieder die Verharmlo­sung hervor. Das Ganze macht die innere Erosion des Christentums und der Kirche manifest, die weltweit ist, glo­bal. Unsere Erde ist klein geworden. Es begann mit den Enthüllungen in den Vereinigten Staaten vor einigen Jahren. Dem Zusammenbruch des Glaubens folgt der Zusammen­bruch der Moral. Nicht der Zölibat ist schuld, sondern seine innere Ablehnung durch jene, die ihn einst in Freiheit ge­wählt haben, und die Abwendung von der überkommenen Sexualmoral sind es. Das „Wegschauen“ der kirchlichen Administration begann schon da, wo man begann, die eige­nen Prinzipien dem Zeitgeist zu opfern und anders zu den­ken und gar auch anders zu handeln, als man sprach oder als es von einem erwartet wurde. Mangelnde Konsequenz ist auf die Dauer verhängnisvoll. „Principiis obsta“, das hatte man schon lange vergessen. Eine gewisse Tragik liegt darin, dass die Autorität nicht nur schwach war - in gewisser Weise verständlich, wurde sie doch allenthalben grund­legend in Frage gestellt -, sondern wohl auch nicht genü­gend Einsicht hatte und von einem künstlich aufgesetzten realitätsfernen Optimismus geblendet wurde.

Leider gestehen sich das die Verantwortlichen in der Kirche nicht genügend ein. Sie vertrauen ihrer Pastoralbürokratie und ihren Institutionen, die zunehmend seelenlos werden. Schon lange hat das Vertrauen der Gläubigen zur Glau­bensverkündigung im Religionsunterricht sein Fundament verloren, wenn das auch noch nicht überall angekommen ist. Teilweise gilt das gar auch für die gottesdienstliche Verkündigung. Darauf müsste man das Augenmerk richten.

Wichtiger als der flächendeckende Pastoralservice, den man heute mit großer Hingabe organisiert, den jedoch im Grunde niemand will - das Interesse am Glauben und an den Sakra­menten der Kirche ist denkbar gering -, ist die Wiederher­stellung der Ordnung im eigenen Haus, die Besinnung auf das Fundament und auf die Quellen. Die Hirten müssten sich über Jahre hin mit Geist und Verstand um das Seel­sorge-Personal, um die Priester und ihre Helfer und Hel­ferinnen, um deren Verkündigung sowie um deren Glau­bensleben und Lebenswandel kümmern und für eine bes­sere wissenschaftliche und spirituelle Ausbildung der ange­henden Priester sorgen. Damit würde man im Übrigen indi­rekt auch dem Anliegen des Nachwuchses im Priester- und Ordensstand dienen und die Arbeit der Laien im kirchlichen Dienst wirklich fruchtbar machen. Priester- und Ordensbe­rufe kann man nur wecken durch gute Priester und Ordens­leute. Alles andere geht an der Wirklichkeit vorbei. Das Ganze ist so einfach, dass man sich beinahe schämt, es auszusprechen: Würden die Priester wieder in größerer Zahl ein religiöses Leben führen, würden sie glauben und beten und aus der Kraft der Sakramente leben, würden sie sich wirklich verzehren für Ihren missionarischen Auftrag, wie sie es immer wieder behaupten - sie nennen das „verheizt wer­den“ -, würden sie sich wirklich für ihren missionarischen Auftrag verzehren, dann würden ihre verdienstvollen Ge­meinschaften und würde die Kirche vor den hier angespro­chenen Fehltritten bewahrt und nicht mehr in solcher Weise vor der Welt desavouiert, wie das seit geraumer Zeit ge­schehen ist und geschieht…

Würden die Priester auf die klaren Weisungen des Heiligen Vaters hören, im Kleinen wie im Großen, würden die De­saster, die wir beklagen, gegenstandslos, aber noch viele andere Desaster würden dann gegenstandslos, die einst­weilen noch im Winterschlaf liegen. Die Missbrauchsfälle machen die Kirche suspekt, nicht im Hinblick auf ihre Lehre, wie es oftmals falsch dargestellt wird, sondern im Hinblick auf ihre mangelnde Inkonsequenz, sofern die Verantwortli­chen in der Kirche die offizielle Lehre nicht mehr ernst neh­men, wenn sie sie überhaupt noch kennen. Sie enthüllen das innere Vakuum des Christentums, seinen verhängnis­vollen Verfall, den viele Verantwortliche über Jahre hin nicht erkannt haben oder nicht erkennen wollten.

Die Kirche muss die Verfallserscheinungen als solche kon­statieren und ihnen auf den Grund gehen. Gewiss geht vieles auf Kosten der Dummheit. Das ist sicher. Aber die Dummheit ist verschwistert mit der Unmoral. Die Sünde hat weithin die Verblendung des Geistes zur Folge. In existenti­ellen Fragen verfehlt der Mensch die Wahrheit, wenn er seelisch und ethisch blockiert ist.

Die klug sein wollende Feststellung, man müsse nun sehen, was sich in der Kirche ändern müsse, damit so etwas nicht wieder vorkommt, ist naiv, weil sie für die wirkliche Antwort kein Verständnis hat. Die muss nämlich lauten: Rückkehr zum Glauben der Kirche und zu einem gewissenhaften Streben nach der Heiligkeit gemäß der inneren Logik des Evangeliums. Speziell gilt das für die, die eine besondere Verantwortung tragen in der Kirche.«

 

Und zuletzt ein Zitat von Guido Horst:

»Es waren doch gerade die Vertreter der nachkonziliaren auto­nomen Moral, die die Worte ‚Keuschheit’ und ‚Reinheit’ nicht mehr über die Lippen bekamen. Von ihnen hat man nicht mehr gehört, dass es in sich schlechte Taten gibt, die immer und in jedem Fall zu unterlassen sind. Die regelmäßige Beichte und ein intensives Gebetsleben waren früher die Mittel, um in den Tugenden der Keuschheit und Reinheit zu wachsen und sich nicht – mit oder ohne Kinder – dagegen zu versündigen. Diejenigen, die das alles für vormodern und überholt erklärt haben, jammern jetzt – und suchen sich wieder die Päpste und das kirchliche Lehramt mit ihrer glasklaren Morallehre als Sünden­bock. Ein leicht durchschaubares Spiel.« (DT 25.2.10)

 

 


Aufgelesen-Kommentiert

 

Eine „hirntote“ junge Frau wurde gesund

 

Die römische Internet-Nachrichtenagentur „Zenit“ berichtete am 16.1.2010 von der Münchner Ärztin Dr. Regina Breul und ihrer Aufklärungstätigkeit über Hirntod und Organtransplantation (vgl. dazu auch FMG-INFORMATION 98, S. 33).

Schon die Meldungen über die erste Herztransplantation in Kapstadt 1967, als sie gerade ihr Medizinstudium aufgenommen hatte, hatten Zweifel in ihr geweckt, ob man vorher alles für die verunglückte „Herzspenderin“ getan habe. Aufgerüttelt worden sei sie durch den Dokumentarfilm von Silvia Matthies in der ARD 2008, der Zweifel an der Hirntod-Definition anmeldete. Nach der Einführung der künstlichen Beatmung 1963 und spätestens nach den ersten Herztransplantationen habe sich die „Notwendigkeit“ einer neuen Todesdefinition ergeben, da man Organe von Leichen nicht mehr verpflanzen kann. 1969 habe dann eine Ad-hoc-Kommission die „Harvard Medical School“-Kriterien eines sog. Hirntodes (Ausfall der Großhirn- und Hirnstammfunktion) festgelegt. Weltweit gibt es heute mehr als 37 Todesdefinitionen. Durch künstliche Beatmung werden die Herz-Kreislauf-Funktionen aufrecht erhalten, so dass der „Hirntod“ nur in der Klinik zustande kommt; er treffe durchschnittlich 4.000 von rund 900.000 jährlichen Todesfällen in Deutschland. Doch sei zweifelhaft, ob wirklich abgewartet wird, bis das gesamte Gehirn funktionsunfähig ist, und Fehldiagnosen würden nicht untersucht, sondern abgestritten. Während noch vor einiger Zeit sechs aufeinanderfolgende Messungen der Hirnstromaktivität mit negativem Ergebnis nötig gewesen seien, um den sog. Hirntod zu diagnostizieren, sei die Beobachtungszeit sehr verkürzt worden. Dr. Breuls Resümee: „Es kann und darf nicht sein, dass Menschen unter dem Deckmantel des medizinischen Fortschritts oder dem der christlichen Nächstenliebe getötet werden.“

 

Die erwähnte Fernsehjournalistin Silvia Matthies hat nun ein Filmprojekt „Unzensierte Dokumentation zum Thema Biomedizin“ begonnen, das auf der Internetseite http: /unzensierte-dokumentation.de/ vorgestellt wird: „Mangelhafte Recherche, unzureichende Analyse, Desinformation: Diese Defizite prägen die Berichterstattung über Biotechnologie und Medizintechnik in den Medien. Oft sehen sie ihre Aufgabe darin, Akzeptanz für den Fortschritt zu schaffen, statt ihn kritisch zu beleuchten. Brisante Fragen werden erst gar nicht gestellt: Sind Hirntote wirklich tot? Wie sicher ist die Hirntod-Diagnostik?…“

 

Als erster Film wurde „Tot oder lebendig?“ am 15.02.2010 ins Internet gestellt. In diesem etwa 15-minütigen Film wird von einer infolge Reitunfalls als hirntot erklärten polnischen jungen Frau, Agnieszka, berichtet; ihre Eltern wurden zur Einwilligung in die Organspende aufgefordert, lehnten dies aber ab, weil sie ihre Tochter für noch am Leben hielten. Sie verloren das Ver­trauen zur Chefärztin, hörten aber dann davon, dass der Reha­bilitationsmediziner Prof. Dr. Jan Talar von der Universität in Bydgoszcz schon mehrfach in scheinbar aussichtslosen Fällen Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma in ein gesundes Leben zurückgeholt hatte. Bei der Verlegung der Tochter in diese Klinik übergab die Chefärztin die Krankenakte, in der „tot“ ver­merkt war (auf den Einspruch der Eltern strich sie rasch hand­schriftlich „tot“ durch und schrieb darüber „Hirnstammverlet­zung“!). Nach fünf Wochen intensiver Therapie von Prof. Dr. Jan Talar wachte das Mädchen wieder auf und erholte sich dann vollständig. Es stellte sich heraus, dass die Feststellung des Hirntodes in jenem ersten Krankenhaus in zahlreichen ähnlichen „aussichtslosen“ Fällen geschehen war. Die Chefärz­tin, die sich zunächst einer Begegnung mit dem wiederherge­stellten Mädchen entzog, wurde dann öffentlich konfrontiert und entschuldigte sich mit einem „Computerfehler“. Das betreffende Krankenhaus ist stolz darauf, die meisten Organe in Polen zu liefern.

Der Film verweist am Ende auf eine Studie der Universität Bonn, Abteilung Neurochirurgie (veröffentlicht 2006), die aus­sagt, dass von 113 Probanden, die exakt nach den Regeln der Deutschen Bundesärztekammer für hirntot erklärt waren, im­merhin zwei überlebten. Dagegen wird aus einem Brief des Bundesgesundheitsministeriums von 2009 zitiert, in dem be­hauptet wird, es sei weltweit kein Fall bekannt, bei dem der Hirntod nach sachgerechtem Verfahren fälschlich festgestellt oder ein Überleben Hirntoter beobachtet worden sei.

 

Zu dem genannten Artikel über Dr. Breul veröffentlichte Zenit (17.1.10) dann folgenden Leserbrief von Prof. Dr. Reinhold Ortner, Bamberg. Wir danken dem Autor für die Zustimmung zum Abdruck.

 

 

Organspende und Ethik des Sterbens

von Prof. Dr. Reinhold Ortner

 

»In die Medizin haben neue biotechnische Methoden Eingang gefunden, welche grundlegende Lebensfunktionen ebenso verkennen wie die Personwürde des Menschen. Liberal-mate­rialistisches Denken verneint in Diskussion und Gesetzgebung sowohl beim vorgeburtlichen wie beim sterbenden Menschen die Existenz seiner Seele und macht Entscheidungen für das Töten davon unabhängig.

Wann ist ein Mensch endgültig tot?

Darf man ihn für tot erklären, wenn noch Leben in ihm pulsiert? Ist sein Körper schon ein Leichnam, wenn das Gehirn seine Funktion nicht mehr voll erfüllt? „Welch dumme Fragen!“ wer­den Sie sagen. „Es ist absurd, einen noch Lebenden für tot zu erklären.“ So realitätsfremd ist das aber gar nicht. Um z. B. eine Organtransplantation vorzunehmen, muss man die Or­gane einem lebenden Körper entnehmen. Das heißt: dieser Mensch atmet noch, sein Herz schlägt, der Blutkreislauf ver­sorgt weiterhin die Organe. Noch vor nicht langer Zeit hat für den Arzt das Fehlen dieser Lebenszeichen zur Feststellung berechtigt: Dieser Mensch ist tot. Seit einiger Zeit aber werden diese Kriterien als nicht mehr vorrangig notwendig erachtet. Man richtet sich nach der 1968 neu gestellten Definition „brain death“ (Hirntod). „Tot sein“ wird gleichgesetzt mit „Hirntod“. Diese Definition ermöglicht die (juristische) Rechtfertigung, z. B. einem im Koma liegenden Menschen Organe herauszu­schneiden.

Die Diagnose „brain death“ entscheidet für den Organspender darüber, wie die letzte Phase seines Sterbens verläuft. Zu­nächst: der Mensch ist nicht irgendein tierisches „Individuum“, sondern eine von GOTT mit (s)einer Geistseele ausgezeich­nete Person. Der Status „hirntot“ sagt nur etwas über fehlende Hirnströme aus, die mit derzeit entwickelten elektronischen Messgeräten zu erfassen wären. Kreislauf, Herz- und At­mungstätigkeit (ob mit oder ohne unterstützende Maschinen) werden als Lebenskriterien den Hirnaktivitäten argumentativ untergeordnet.

Wir sollten vor einer Entscheidung zur Organspende folgendes überdenken: Nur Organe, die einem lebendem Körper ent­nommen werden, sind bei einer Transplantation brauchbar, Organe eines Toten jedoch nicht. Wird z. B. bei einem Ster­benden ein „flaches EEG“ festgestellt, kann dieser Körper per definitionem zum „Leichnam“ erklärt werden. Eine Organent­nahme ist dann strafrechtlich erlaubt. Niemand aber kann mit Sicherheit behaupten, dass das Leben eines „Hirntoten“ voll­kommen erloschen, ohne Schmerzempfindlichkeit ist, dass innere geistige Denkvorgänge ausgeschaltet sind und seine Seele irreversibel den Körper verlassen hat. Jede Entnahme von Spenderorganen (nicht selten nach einer Narkosespritze und Abdeckung der Augen des Sterbenden), verursacht die endgültige Tötung des Betroffenen.

 

Es gibt eine Ethik des Sterbens. Religiöse und ethische Gründe stehen der Entnahme von Organen beim noch nicht vollende­ten Sterben entgegen. Niemand kann „nur ein wenig“ oder „sowieso“ tot sein. Der Tod ist endgültig, unumkehrbar. Einen Menschen in seiner Sterbephase (diese erstreckt sich bis zum ersten Moment des eingetretenen Todes) aktiv aus dem Leben zu „befördern“, verletzt die Unantastbarkeit des Lebens und das 5. Gebot Gottes.

Sicherlich: Das Leben eines Menschen ist ein ethisches Gut. In der Motivation christlicher Nächstenliebe kann es bei einem Kranken durch eine Organspende verlängert werden. Bei paarigen Organen (z. B. Niere) gibt es dafür auch keinerlei Beden­ken oder ein „ethisches Stoppschild“. Das Entfernen nur einer Niere führt nicht zum Tod des Spenders. Anders, wenn es um nicht-paarige Organe geht. In diesem Fall ist auch das ethische Gut „Leben“ des Spenders und sein Recht auf einen Tod in Würde zu respektieren.

Christlicher Glaube birgt die Hoffnung, dass Gott dem noch beseelten Körper die Gnade eines letzten Aktes von Liebe und Reue schenkt. Das Eintreten in den Tod nach dem Spenden der Sterbesakramente durch den Priester ist daher für den Sterbenden ebenso wichtig und tröstlich wie die körperliche Nähe lieber Menschen, ihre teilnehmende Güte und Sterbe­gebete: „In deine Hände, Herr, empfehlen wir seine Seele.“

Ich möchte zu dieser Sache die äußerst wichtige Frage nach der menschlichen Seele einbringen. Diese trennt sich erst nach Eintritt des endgültigen Todes vom Köper. Jede nichtpaarige Organentnahme ist aktives Töten dieses Menschen, dessen Seele noch im Körper existiert.

„Heilige Muttergottes, bitte für ihn jetzt in der Stunde seines Todes.“ „In paradisum deducant te angeli.“ (Engel mögen dich ins Paradies geleiten.) Dieser letzte christliche Liebesdienst wird dem Sterbenden durch die tödliche Chirurgie der Organentnahme nicht gewährt.«

 

 

Mitwirkung von Krankenschwestern bei Organentnahmen?

 

Eine FMG-Mitarbeiterin, ausgebildete Krankenschwester, hatte an Prof. Gradinger, den Präsidenten der „Deutschen Gesellschaft für Chirurgie“ in Berlin, die Frage gestellt, auf welche rechtliche Grundlage sie sich berufen kann, um als Arzt/Krankenschwester etc. die Mitwirkung an Eingriffen zu verweigern, an denen sie aus Gewissensgründen nicht mitwirken könne – besonders bei Organent­nahme und Abtreibung.

 

Unter dem 23. Februar 2010 antwortete der Generalsekretär der „Deutschen Gesellschaft für Chirurgie“ in Berlin, Prof. Dr. H. Bauer, zunächst allgemein, man könne sich auf die grundgesetzlich garantierte Gewissensfreiheit oder auch religi­öse Überzeugung berufen und darauf bestehen, von der Mit­wirkung bei solchen Eingriffen befreit zu werden, müsse aber wohl in Kauf nehmen, vom Arbeitgeber in einem anderen Ar­beitsbereich eingesetzt zu werden. Dann wird noch der ergän­zend eingeholte juristische Rat angeführt:

»Die Freiheit der ärztlichen Gewissensentscheidung wird von der Rechtsprechung allgemein anerkannt. So hat z. B. das Bundesverwaltungsgericht (NJW 1968, 218) darauf hingewie­sen, dass beim Ärztlichen Dienst die Gewissensentscheidung des einzelnen Berufsangehörigen im Zentrum der Arbeit steht. Die Freiheit der Gewissensentscheidung bilde „als ein Kern­stück der ärztlichen Ethik eine immanente und wesenseigene Beschränkung jeder berufsständischen Rechtssetzungsgewalt“. Mit diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht der Klage eines Psychiaters stattgegeben, der sich aus Gewissensgrün­den gegen die Heranziehung zum allgemeinen Notfalldienst gewehrt hatte. Und das Bundesarbeitsgericht hat es akzeptiert, dass von angestellten Ärzten aus Gewissensgründen die Teil­nahme an Arzneimittelversuchen abgelehnt wurde (vgl. MedR 1990, 288).

Auch wenn sich diese Entscheidungen ausschließlich mit der ärztlichen Entscheidungsfreiheit befassen, ist die Annahme berechtigt, dass die Aussage der Urteile auch auf das Kran­kenpflegepersonal angewendet werden kann, da die Freiheit der Gewissensentscheidung eine verfassungsrechtliche Grundlegung hat.

Im Ergebnis ist die Frage also dahingehend zu beantworten, dass ein Arzt oder eine Krankenschwester berechtigt sind, eine Teilnahme an bestimmten Eingriffen aus Gewissensgründen oder religiöser Überzeugung abzulehnen.

Allerdings ist der Arbeitgeber in solchen Fällen ohne Zweifel berechtigt, den betreffenden Arbeitnehmer umzusetzen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Arbeitsvertrag mit dem Krankenhaus für eine ganz bestimmte Tätigkeit abgeschlossen worden wäre. Wenn also z. B. eine Krankenschwester expressis verbis als OP-Schwester eingestellt wird, kann sie nicht gegen ihren Willen auf eine Station umgesetzt werden. Allerdings ist zu überlegen, dass in einem solchen Konfliktfall die Krankenschwester eine Entscheidung treffen muss, ob ihr die Gewissensentscheidung so wichtig ist, dass sie dann auch freiwillig eine entsprechende Umsetzung akzeptieren würde.«

 

Der „Katholische Berufsverband für Pflegeberufe e. V. in Regensburg“ antwortete auf dieselbe Fragestellung:

»Es kann niemand gezwungen werden, bei entsprechenden Eingriffen mitzuwirken, wenn es dem Gewissen widerspricht.«

 

 

Weitere Meldungen zum Thema Organspende-Hirntod

 

 „Spender-Niere brachte dem Patienten den Tod

Einem Dialyse-Patienten war 2007 in der Uniklinik Graz eine Spenderniere eingepflanzt worden, die nach 12 Stunden wieder entfernt werden musste, weil man feststellte, dass der Spen­der an Krebs erkrankt war, doch hatte sich dann der Krebs schon fortgepflanzt, so dass der Empfänger 2009 daran starb. Die Spenderniere kam aus dem LKH Klagenfurt; der dortige ärztliche Direktor wies alle Schuld von sich – die vorgeschrie­benen Untersuchungen seien durchgeführt worden, die Krebs­erkrankung sei nicht erkennbar gewesen. Die Familie klagt auf Schadenersatz. (Vgl. „Kleine Zeitung“, 10.12.2009)

 

Pfarrer vom Bistum unter Druck gesetzt,
weil er gegen die Hirntod-Definition Stellung bezog

Ende Oktober 2009 titelten Zeitungen „Bistum suspendiert Geistlichen – Pfarrer verteufelt Organspenden“ (so „Münchner Merkur“ 28.10.09) und ähnlich. Ein Priester, der erst kurz in der Wallfahrtskirche Violau im Bistum Augsburg den Seelsorge­dienst übernommen hatte, habe Organspenden als unsittlich bezeichnet und haben „nach seinen untragbaren Äußerungen den Dienst quittieren“ müssen. Er habe in seinem Pfarrbrief die Entnahme von Organen bei hirntoten Menschen mit einer Tö­tungshandlung gleichgesetzt und sich auch nach einem Ge­spräch mit der Bistumsleitung geweigert, seine Ansichten zu korrigieren; er habe es auch abgelehnt, eine von Weihbischof Losinger verfasste Gegendarstellung mit der „offiziellen Haltung der Kirche“ zu veröffentlichen, so wird Bistumssprecher Chris­toph Gold zitiert: „Wer nicht auf der Plattform des katholischen Glaubens handelt, kann im Bistum nicht als Seelsorger tätig sein“. Eine Meldung des Christoferuswerks Münster vom 28.10. berichtete dann, der Pfarrer habe dem Bischof gegenüber sei­nen Rücktritt von der Pfarrseelsorge erklärt „vor allem“ auf­grund seines Wunsches nach der außerordentlichen Messform. Als „weiterer Anlass“ wird die Forderung der Bistumsleitung angeführt, im nächsten Pfarrblatt einen Artikel zugunsten der Organtransplantation abzudrucken, was er aus Gewissens­gründen ablehnte. Vorausgegangen war offenbar ein Plädoyer des zuständigen Dekans bei einer Vortragsveranstaltung Mitte September 2009 für die Hirntod-Definition, worauf der Pfarrer mit seiner Information im Pfarrblatt reagierte.

Es war also offenbar keine „Amtsenthebung“ oder „Suspendie­rung“, sondern ein mehr oder minder unter Druck erfolgter Rücktritt vom Pfarrdienst. Auch wenn das Reißerische der Pressemeldungen nicht ganz zutrifft – das Skandalöse bleibt, und auch die Aussagen des Bistumssprechers können nicht frei erfunden sein. Der „Hirntod“ ist aber keineswegs Gegen­stand des katholischen Glaubens! Der Katechismus der Katho­lischen Kirche spricht vielmehr (wie Papst Benedikt XVI. im Herbst 2008 „ex cadavere“!) nicht vom sog. Hirntod, sondern von der Organspende „nach dem Tod“: „Zudem ist es sittlich unzulässig, die Invalidität oder den Tod eines Menschen direkt herbeizuführen, selbst wenn dadurch der Tod anderer Men­schen hinausgezögert würde.“ (KKK 2296). (Vgl. dazu Leser­briefe auf Seite 46ff.)

 

 

Deutscher Ethikprofessor und US-Transplantationsärzte: „Hirntote“ sind am Leben

 

Es ist tragisch, wenn kirchliche Verantwortliche an der „Hirntod-Definition“ kritiklos und in solcher Verbissenheit hängen bleiben, wenn in der wissenschaftlichen Diskussion die Fragwürdigkeit längst wieder intensiv diskutiert wird.

 

Wir wurden auf einen Aufsatz von Prof. Dr. Ralf Stoecker auf­merksam, der an der Universität Potsdam Professor für Philo­sophie mit Schwerpunkt Angewandte Ethik ist; er hatte sich 1998 mit einer Arbeit über die Hirntod-Debatte habilitiert und gehört seit 2008 dem Vorstand der Akademie für Ethik in der Medizin an. Er veröffentlichte Ende 2009 den Beitrag „Ein Plädoyer für die Reanimation der Hirntoddebatte in Deutschland“ (in: „Körperteile – Körper teilen?“ Kritisches Jahrbuch der Philosophie, Beiheft 8, 2009).

Dabei muss vorausgestellt werden, dass der Standpunkt Stoe­ckers letztendlich darauf hinausläuft, es komme gar nicht so sehr darauf an, „ob hirntote Menschen oder Menschen unmit­telbar nach dem Herzstillstand tot sind oder noch leben – auch wenn vieles für letztere Antwort spricht –, sondern dass es darauf ankommt, wie wir mit ihnen umgehen dürfen und soll­ten“ (S. 59). Doch vorher schildert Stoecker den gegenwärtigen Diskussionsstand: Bei der Verabschiedung des Transplantati­onsgesetzes im Deutschen Bundestag 1997 sei die entschei­dende Frage, ob hirntote Menschen tot sind, unbestimmt ge­blieben; die Bundesärztekammer habe sogleich die Deutungs­hoheit an sich gezogen und die Frage sei verdrängt worden. In den USA, die einerseits eine deutliche Vorreiterrolle gespielt hätten, habe es aber eine solche Zäsur nicht gegeben (42f). „Bemerkenswert an der Diskussion in den USA in den letzten Jahren ist jedoch nicht nur, dass aus Sicht vieler Autorinnen und Autoren und insbesondere des President’s Council [on Bioethics] überhaupt noch Diskussionsbedarf über die Todes­konzeption besteht, sondern auch die geteilte Überzeugung vieler Diskutanten, dass jedenfalls die herkömmlichen Begrün­dungen der Hirntod-Konzeption überholt seien...“ (44). Die Gewichte, so schreibt Stoecker, hätten sich „mittlerweile deut­lich zuungunsten der Hirntodbefürworter verschoben“ (44f). „Aber auch wer nur ein bisschen lebt, lebt. Deshalb ist es angesichts der zunehmenden Kritik an der Gleichsetzung des Hirntods mit dem biologischen Tod und der Unhaltbar­keit der These vom personalen Tod so schwierig, weiter an der Hirntod-Konzeption festzuhalten; es erfordert, wie der Neurologe Robert Truog... feststellt, einen hohen Aufwand an Selbsttäuschung...“ Truog nenne auch den Grund, dass hartnäckig an der Hirntod-Definition festgehalten werde: „die Angst, dass damit der Transplantationsmedizin die Basis ent­zogen würde“ (47).

Stoecker kommt dann auf die Zuwendung zu einer anderen Spendergruppe zu sprechen: Patienten mit Herzstillstand: hart-beating organ donor, in den USA heute meist „Spende nach Herztod“ (donation after cardiac death, DCD) genannt. Man unterscheide ein plötzliches Auftreten (unkontrollierter DCD) oder einen durch Beendigung lebenserhaltender Behand­lungsmaßnahmen geplanter kontrollierter DCD) Herztod. In Deutschland würden keine Organe von herztoten Patienten entnommen, doch gebe es Bestrebungen, dieses Verbot auf­zuweichen (50f).

Stoecker benennt da eine Reihe von Problemen und Wider­sprüchen, die hier nur angedeutet seien: Bei Herzstillstand sind Reanimationsversuche möglich, im Allgemeinen werden diese etwa 20 Minuten lang fortgesetzt. Auf der anderen Seite dürfen Organe nicht durch fehlende Durchblutung durch mangelhafte Versorgung geschädigt und für Transplantation unbrauchbar werden. Darum werden Organe so schnell wie möglich nach dem Herzstillstand entnommen, zwischen 2 und 10 Minuten, oder man versucht schon vor dem Herzstillstand die Schädi­gung der entsprechenden Organe zu minimieren. Dabei können gerade diese organerhaltenden vorbereitenden Maßnahmen dafür sorgen, dass der Patient noch reanimiert werden könnte. Auch gewährleistet ein Herzstillstand von wenigen Minuten noch nicht, dass der Hirntod eingetreten ist. Und die Tatsache, dass der Tod nahe ist, ändert nichts, dass solche Menschen „zu diesem Zeitpunkt, kurz nach dem Herzstillstand, alle noch am Leben sind“ (55). Abermals gebe es eine Behandlungsme­thode, die im Prinzip vielen schwer kranken Menschen helfen könne, „die aber darauf angewiesen zu sein scheint, dass mit allen Mittel der Selbsttäuschung an einer These festgehalten wird, die bei näherem Hinsehen unhaltbar ist – hier die These, dass Hirntote tot sind, dort dass ein Mensch unmittelbar nach dem Herzstillstand tot ist. Denn die Alternative, so scheint es, liegt darin zuzugestehen, dass die Operateure die Spender mit der Explantation töten“ (56). Der Autor plädiert daher für eine Wiederaufnahme der Hirntod-Debatte. Dabei hält er „alle Ver­suche, doch noch irgendwie festzustellen, dass die hirntoten Spender und die Spender mit Herzstillstand in Wirklichkeit tot sind“, für „aussichtslos“. Die Debatte könnte und sollte (!) sich in der Richtung entwickeln, so Stoecker, dass man unter Um­ständen Organe entnehmen darf, auch wenn die Spender noch nicht tot sind – wenn man festhalte, dass Transplantati­onen nützlich und sinnvoll seien. (Er sieht aber auch die Prob­lematik, dass dann die Tore für andere Formen fremdnütziger Tötung geöffnet werden. (56f).

Für den Christen, der mit dem 5. Gebot festhält, dass GOTT allein der HERR über den Tod ist, sind diese Andeutungen des Professors nicht akzeptabel. Aber beeindruckend ist doch, wie er offen die Selbsttäuschung bzw. vom Nutzen [und Geld!] geleitete Fremdtäuschung anspricht, „hirntote“ Menschen oder solche bei Herzstillstand seien tot.

(Vgl. auch Linus S. Geisler, Die Lebenden und die Toten. Die Transplantationsmedi­zin beginnt sich von der ‚Tote-Spender-Regel‘ zu verabschieden, http:/ www. linus-geisler.de /art2010/201001universitas_tote-spender-regel. html.)

 

In „Kirche heute“ 11/2009 (S. 14f) referiert Anton Graf von Wengersky einen Artikel des Hastings Center Report (38, Nr. 6, 2008) „Überdenken der ethischen Fragen im Zusammen­hang mit der Spende lebender Organe“ (Rethinking the Ethics of Vital Organ Donations), in dem die Transplantations­ärzte Franklin Miller (National Institutes of Health) und Robert Truog (Harvard University) [auf letzteren bezieht sich auch Prof. Stoecker!] aufzeigen, dass die Hirntod-Theorie nicht glaubwürdig sei, dass „hirntote“ Patienten (die alle diagnosti­schen Kriterien des Hirntods erfüllen) lebende Menschen sind, dass Organe nach der jetzigen Praxis vor dem Tod dem lebenden Menschen entnommen werden, wobei der Patient durch die ärztliche Organentnahme selbst getötet wird. Und die beiden Ärzte plädieren dafür, offen die Tötung des Patien­ten bei der Organentnahme als „gerechtfertigte Tötung“ zuzulassen. (Vgl. dazu auch Robert D. Truog, M.D., and Franklin G. Miller, Ph.D., The Dead Donor Rule and Organ Transplantation; http:// content.nejm.org/ cgi/content/full/ 359/7/674)

 

In der „Tagespost“ (6.3.2010) rezensiert Prof. Manfred Balkenohl das Buch „Methaphysik heute“, einen Sammelband, herausgegeben von Tadeusz Guz, Elzbiata Szczurko, Leszek Bruśniak, Frankfurt am Main 2009. In dieser Rezension wird auch auf den Beitrag von Joseph Schumacher (Universität Freiburg i. Br.) eingegangen, der „eines der umstrittensten The­men unserer Zeit einer metaphysischen und zugleich ethischen Wertung unterzieht: ‚Organspende und Organtransplantation. Ihre Wertung im Licht der christlichen Ethik’.“ Problematisch werde die Organtransplantation nämlich „im Blick auf den Zeit­punkt, zu dem man einem Menschen ein Organ entnimmt, um es einem anderen einzupflanzen“. Längst sei bekannt, dass ein totes Organ nicht transplantiert werden kann, und es sei evi­dent, dass man von einem toten Menschen keine lebenden Or­gane erhalten kann. „Also hat man es für opportun gehalten, die Toterklärung eines Menschen vorzuverlegen, also den Begriff ‚Hirntod’ einzuführen, der nach alter Definition ‚irrever­sibles Koma’ gewesen ist. Wenn einem Hirntoten, also einem Sterbenden, ein lebenswichtiges Organ entnommen wird, wird in jedem Fall dessen natürliches Sterben vereitelt. Es handelt sich also hiernach um eine Form von Euthanasie, worauf Johannes Paul II. in seiner Enzyklika Evangelium vitae bereits hingewiesen hatte. Er spricht unverblümt von der Versuchung zur Euthanasie im Umfeld der Organtransplantation, worauf Schumacher hinweist. Im Zusammenhang damit, ‚Organe für Transplantationen zu gewinnen’, spricht der Papst nämlich von ‚Euthanasie’, das heißt, ‚sich zum Herrn über den Tod zu machen, indem man ihn vorzeitig herbeiführt’. Schumacher kommt zu dem Ergebnis: ‚Nüchtern betrachtet sind Hirntote Sterbende, nicht Gestorbene. Sie befinden sich im Prozess des Sterbens, in den man nicht aktiv eingreifen darf, den man nicht definitiv zu Ende führen darf…“ Wenn einem „Hirn­toten“ das „natürliche Sterben vereitelt“ wird, handle es sich „um einen Vorgang von metaphysischem Rang“. Euthanasie sei nach Johannes Paul II. „eine schwere Verletzung des GÖTTlichen Gesetzes“. Darum fordere Schumacher, den To­deszeitpunkt „an dem äußeren Erscheinungsbild des mensch­lichen Körpers“ festzumachen.

 

„Komapatient war 23 Jahre bei Bewusstsein“, so berichte­ten im November verschiedene Zeitungen. Nach einem schwe­ren Autounfall war ein Belgier zwar gelähmt, aber nicht, wie die Ärzte meinten, im Wachkoma. Über 20 Jahre musste er bei wachem Bewusstsein eine Fehlbehandlung ertragen, ohne sich kundtun zu können. Erst dann wurde bei einer Computer­tomographie des Querschnittgelähmten der Irrtum erkannt. Sein Schicksal ist offenbar kein Einzelfall. Der Neurologe Ste­ven Laureys hatte erst im Sommer 2009 eine Studie veröffent­licht, derzufolge Wachkoma-Patienten erschreckend häufig falsch diagnostiziert werden. In rund 40 Prozent aller als nur noch vegetativ eingestuften Fälle seien bei sorgfältiger Prüfung noch Bewusstseinsreste nachweisbar. In Deutschland erleiden rund 100.000 Menschen jedes Jahr schwere Schädel-Hirn-Verletzungen; etwa 20.000 liegen danach länger als drei Wochen im Koma. Manche sterben, manche werden gesund, doch 3000-5000 Menschen bleiben in einem Zwischenstadium ge­fangen (vgl. spiegel.de 21.11.09).

 

 

 

Ist schamhafte Kleidung durch die "Theologie des Leibes" überholt?

 

 

Die Morallehre der Kirche und die dahinter stehenden theologischen Aussagen über Leiblichkeit und Geschlechtlichkeit, über Ehe und Keuschheit werden von vielen Zeitgenossen als eng, leibfeindlich, prüde etc. abgelehnt – und nicht wenige, die im Dienst der Kirche stehen, tun dies ebenfalls, auch Moraltheologen. Und wenn die subjektiven sexuellen Wünsche und Bedürfnisse der Maßstab werden (vgl. auch den Beitrag über die Katholische Frauenbewegung Österreichs auf 35f.), dann ist auch schamhafte Kleidung kein Thema mehr.

Dagegen gibt es auf der Seite Neuer Geistlicher Bewegungen, von Jugendlichen, die von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. beeindruckt sind und sich zur Kirche bekennen, von katholischen Medien, die nicht dem modernistischen Mainstream an­hängen, und von dahinter stehenden theologischen Autoren eine neue Verkündigung der christlichen Sicht von Geschlecht­lichkeit und Ehe, die durchaus positiv zu würdigen ist.

Häufig wird von den genannten Bewegungen, Medien und Referenten Bezug genommen auf die „Theologie des Leibes“, die in der Verkündigung von Papst Johannes Paul II. gründet. Der verstorbene Papst hatte ja zu Anfang seines Pontifikats, in den Katechesen der Generalaudienzen vom Herbst 1979 bis Anfang 1983, vor allem die diesbezüglichen Aussagen der Hl. Schrift gedeutet und den GÖTTlichen Plan mit Mann und Frau aufgezeigt.

 


 

Leider fällt auf, dass in entsprechenden Sendungen katholi­scher Sender, in Zeitschriften dieser Bewegungen oder in bzw. auf Büchern, die da beworben werden (und deren Inhalt durchaus dem unverkürzten katholischen Glauben und auch der Reinheit und katholischen Sexualmoral verpflichtet ist), das Gespür für anziehende und schamhafte Mode noch nicht wiederentdeckt worden ist.

(So hat uns jemand von Vortragenden in einem kath. Fernseh­sender berichtet, die sich mit tiefem Ausschnitt oder auch mit Minirock zeigten; eine von ihnen erklärte auch, Frauen müssten nicht „mit Rollkragenpullover herumlaufen“.) Oder Personen, die etwa in Fernsehtalkshows usw. in ihren Worten die Kirche verteidigen (und deswegen in kirchentreuen Medien, Internet-Nachrichtenportalen etc. gerühmt werden), zeigen in ihrer Klei­dung eine Diskrepanz zu der von ihnen vertretenen Haltung.

 

In einem Teil* einer Artikelreihe, die die „Theologie des Leibes“ von Johannes Paul II. kurz darlegen will, wurde kürzlich unter der Vorgabe „Der erlöste Mensch hat ein unverkrampftes Verhältnis zur Sexualität“ die Maßgabe aus der überlieferten Weisheit der Kirche, Gelegenheiten zur Sünde zu meiden, in den Geruch der Prüderie gestellt. Das „Wegschauen“ etwa von Werbeplakaten mit spärlich bekleideten Personen könne (zwar) „klug sein“, es sei „ein notwendiger erster Schritt“, aber es sei nur „negative“ Reinheit. Ein Beispiel eines Bischofs der frühen Kirche, der nicht den Blick von einer Prostituierten ab­gewendet, sondern ihre Schönheit gewürdigt und mit seinem „reinen Blick“ ohne Begehrlichkeit ihre Bekehrung angestoßen habe, soll das veranschaulichen. Und dann wird – mit Berufung auf Johannes Paul II.! – jemand, der in dieser Weise „eine Gelegenheit zur Sünde“ meidet, in den bösen Verdacht gestellt, „in ständigem Argwohn“ zu leben, sich „keine andere Art vor­stellen“ zu können, „über den menschlichen Körper und die sexuelle Beziehung zu denken, als durch das Prisma der Be­gehrlichkeit“. (*Vgl. „Der Durchblick“ Januar 2010 S. 18f. und „Zenit“ 29.1.10)

 

Ist es von der Lehre Johannes Pauls II. her gedeckt, sich als schon vermeintlich zur „positiven“ Reinheit fortge­schrittener „erlöster Christ“ über die Vorsicht zu erheben und, weil man selber sozusagen zu den „Starken“ gehört (vgl. Röm 14,2), auch in der eigenen Kleidung freizügig zu sein: Wenn jemand dadurch zu Begierde verführt wird, dann liegt es daran, dass in seinem Herzen halt nicht die „positive Reinheit“ herrscht, dann hat er kein „unverkrampftes Verhältnis“ zur Geschlechtlichkeit und Nacktheit, dann ist er selber schuld?

Johannes Paul II. hat nie etwas in dieser Richtung gesagt.

In seinen Katechesen kommt er immer wieder auf die Worte im Buch Genesis zu sprechen: „Beide, Adam und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander“ (Gen 2,25) und – nach dem Sündenfall: „Da gingen beiden die Au­gen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren...“ (Gen 3,7ff). Ein totaler Bedeutungswandel war da geschehen, so zeigt er es auf: Zunächst war da das „ursprüngliche Gut der GÖTTlichen Schau“, die „die ganze Einfachheit und Fülle jenes Blickes, durch den sich der reine Wert des Menschen als Mann und Frau kundtut“, bedeutet; ein Nicht-Schämen, das nicht etwa ein Mangel war, sondern eine Fülle – eben die ursprüng­liche Unschuld. „Mann und Frau verlieren nach dem Sündenfall die Gnade der ursprünglichen Unschuld. Die Entdeckung der bräutlichen Bedeutung des Leibes ist für sie nicht länger eine einfache Offenbarungs- und Gnadenwirklichkeit... Der Mensch entdeckt hier – wenn auch durch den Schleier der Scham – fortwährend sich selbst als Hüter der Freiheit des Geschenks, um dieses Geheimnis gegen jede Verengung zum bloßen Gegenstand zu verteidigen.“ (Generalaudienz 20.2.80). Und darum spricht der Hl. Vater auch immer wieder von der „drei­fachen Begehrlichkeit“ (vgl. 1 Joh 2,16), die „nicht der Fülle jenes Ebenbildes, sondern eben den Schädigungen, den Un­zulänglichkeiten, den Grenzen, die mit der Sünde hervortreten“ entspricht (14.5.80), die vielmehr „eine Einschränkung der bräutlichen Bedeutung des Leibes mit sich bringt“, wobei die Scham diese bräutliche Bedeutung bewusst halten und vor der Begehrlichkeit schützen will (25.6.80).

Diese Sicht, die ganz in der Überlieferung der Kirche verankert ist (denn auch bei Johannes Paul II. gilt wie bei den Konzils­texten, dass es natürlich keine „Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruches“ [Benedikt XVI. 22.12.05) geben kann), geht auf den HERRN selber zurück, der vor dem begehrlichen Blick warnte (Mt 5,28f). Und sie findet sich natürlich auch im von Johannes Paul II. der Kirche geschenkten „Katechismus der Katholischen Kirche“, wo es z. B. in Nr. 2520 heißt: „Der Getaufte muss aber weiterhin gegen die Begierde des Flei­sches und die ungewollte Begehrlichkeit ankämpfen. Mit der Gnade GOTTES gelingt ihm das l durch die Tugend und Gabe der Keuschheit, denn die Keuschheit ermöglicht, mit aufrichtigem und ungeteiltem Herzen zu lieben; l durch die lautere Absicht, die das wahre Ziel des Menschen ins Auge fasst, denn der Getaufte sucht mit arglosem Auge in allem den Willen GOTTES zu erkennen und zu erfüllen, l durch die äußerlich und innerlich lautere Sichtweise, durch die Beherr­schung der Gefühle und der Phantasie, durch die Zurückwei­sung jedes Wohlgefallens an unreinen Gedanken, die zur Ab­kehr vom Weg der GÖTTlichen Gebote verleiten...; l durch das Gebet.“ Darum verlangt die Reinheit nach Schamhaftig­keit (vgl. KKK 2521), die „sich weigert, zu enthüllen, was ver­borgen bleiben soll“, die „die Wahl der Kleidung“ beeinflusst (KKK 2522), die „gegen die „voyeuristische Ausbeutung des menschlichen Körpers in gewissen Reklamen...“ etc. Einspruch erhebt (KKK 2523).

Was die Glaubenskongregation 1975 in ihrer „Erklärung zu einigen Fragen der Sexualethik“ schrieb, ist durch die „Theo­logie des Leibes“ nicht aufgehoben: „Entsprechend diesen drin­genden Ermahnungen müssen die Gläubigen auch in unserer Zeit, ja heute noch mehr als früher, zu jenen Mitteln greifen, welche die Kirche schon immer empfohlen hat, um ein keu­sches Leben zu führen: Zucht der Sinne und des Geistes, Wachsamkeit und Klugheit, um die Gelegenheiten zur Sünde zu meiden, Wahrung des Schamgefühls, Maß im Genuss, gesunde Ablenkungen, eifriges Gebet und häufiger Empfang der Sakramente der Buße und der Eucharistie...“ („Persona hu­mana“, 12).

 

In einem Interview mit einem der Pornografie verfallenen Mann, der vom seinem Laster frei wurde und darüber in einem Buch „Voll Porno – Warum echte Kerle Nein sagen schreibt (vgl. kath.net/idea 28.2.10), wurde er auch gefragt, ob jemand der „auf Porno-Entzug“ ist, noch empfänglicher für sexuelle Impulse von Werbung oder von attraktiven Frauen ist, und ob er sexy gekleidete Gemeindemitglieder problematisch empfin­det. Er antwortete: „Zum einen kann man lernen, bewusst wegzugucken. Man muss nicht bei einer BH-Werbung verweilen und kann sich gegen den zweiten Blick entscheiden“, und: er könne zwar die Schönheit einer Frau wahrnehmen und GOTT dafür danken, aber sich zugleich auf die „eigene Schönheit zu Hause“, seine Frau, besinnen. Bei freizügig Gekleideten würde er „den schwarzen Peter nicht nur den Frauen zuschieben. Ich wundere mich aber schon teilweise, was auf einigen christlichen Veranstaltungen an nackter Haut zu sehen ist. Vielen jungen Frauen ist es wohl nicht bewusst, was sie da für Fantasien auslösen. Wir Männer sind aber für unsere eigenen Gedanken verantwortlich.“

 

Als Christen können wir uns nicht davon dispensieren, auch die Wirkung unseres Verhaltens auf andere insofern zu bedenken, ob es anderen Anlass zur Sünde sein könnte – soweit es eben in unserer Macht steht, solches zu verhin­dern. Und bei freizügiger Kleidung gilt das. Ebenso wie es eine Vorbildwirkung – im Guten wie im Bösen – etwa auf junge Menschen hat.

Bischof John W. Yanta, Amarillo/Texas hatte in einem Hir­tenbrief über schamhafte Kleidung (besonders im Bezug auf den liturgischen Raum) 2006 geschrieben: „Welche Kleidung man herrichtet und anzieht, ist ein moralischer Akt, und Bekleidung zu tragen ist ein moralischer Akt (vgl. FMG-INFORMATION 90).

Denn man bringt damit auch zum Ausdruck, dass man den anderen nicht mit seinem Leib, seinen geschlechtlichen Reizen, als Objekt seiner Bewunderung oder seines Begeh­rens, ansprechen will. Sondern dass man ihm begegnen will als Person, die einlädt, nicht beim Äußeren stehen zu bleiben, sondern die in ihrer Personalität, Würde und Tiefe wahrgenommen werden will. „Die sexuelle Scham ist nicht ein Flucht vor der Liebe, sondern im Gegenteil ein Mittel, um Liebe zu erreichen. Das unwillkürliche Bedürfnis, die sexuellen Werte der Person zu verhüllen, ist ein natürlicher Weg, um die Werte der Person zu enthüllen“ (Karol Wojtyla, Liebe und Verantwortung).

 

 

 

In Kürze

 

Pornografie im Internet und die Folgen

Bonn. Der Medienwissenschaftler Daniel Hajok, Berlin, schrieb in der Zeitschrift „Jugend Medien Schutz-Report“ (Bonn), dass der beständige Zuwachs von Pornografie im Internet auch Kindern und Jugendlichen es leichter mache denn je, sich Zu­gang zu jugendschutz- und sogar strafrechtlich relevanten Angeboten zu verschaffen. Sie würden auch ungewollt in nicht gekanntem Ausmaß damit konfrontiert. Etwa 12% aller Web­seiten, 8% aller Emails und 35% aller Downloads enthielten Pornografie. Da Kinderpornografie in den meisten Ländern nicht als Straftat gelte, nehme auch ihre Verbreitung zu. Hajok spricht von einer „Veralltäglichung“ im Umgang mit Porno­grafie bei Jugendlichen. Männliche Jugendliche würden sich bereits mit 13 Jahren Zugang verschaffen und fast täglich solche Angebote nutzen, weibliche Jugendliche später und seltener. In der Wissenschaft herrsche Unklarheit, wie schädlich bzw. gefährlich der Porno-Konsum für Jugendliche sei, schreibt Hajok. Studien hätten aber einen Zusammenhang zwischen dem Pornokonsum 13- bis 18-Jähriger und ihrer Wahrnehmung von Frauen als Sexualobjekte festgestellt. (Vgl. kath.net/idea 22.11.09)

Canberra. Eine Studie des australischen Forschers Michael Flood (vom „Australian Research Centre in Sex, Health and Society“ an der La Trobe Universität) ergab, dass Jungen, die regelmäßig Pornografie konsumieren, öfter sexuelle Beziehun­gen haben und vermehrt Mädchen belästigen. Pornografie verfestige sexistische und ungesunde Auffassungen über Beziehungen und Sex. Gewalttätige Inhalte verstärkten sadis­tische Neigungen und erhöhten die Wahrscheinlichkeit sexuel­ler Übergriffe. (Vgl. kath.net/LifeSiteNews.com 12.2.10)

Würzburg. Ähnlich äußerte sich der österreichische Psychiater Raphael Bonelli in einem Interview der „Tagespost“ (13.2.10). Sein Institut für „Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie“ veranstaltet im April in Wien zusammen mit der Wiener „Sig­mund Freud Privatinitiative“ und der „Gesellschaft der Ärzte in Wien“ eine Fachtagung zum Phänomen Internet-Sexsucht. Bonelli äußerte, das Internet habe der Sexsucht eine neue Dimension eröffnet. Diese Störung schränke die Partnerbezie­hung stark ein oder verunmögliche sie sogar. Das Internet biete eine leicht zugängliche, kostengünstige, anonyme Zu­gangsschwelle mit niedrigem Risiko der Entdeckung illegaler Aktivitäten, und das mit einem grenzenlosen Markt, auf dem die Grenzen zwischen Konsument, Produzent und Anbieter verschwimmen. Am Sexualverhalten der ganzen Gesell­schaft verändere sich etwas, was noch gar nicht abzu­schätzen sei. Man müsse neuere Studien zur Kenntnis neh­men, „die zeigen, dass Personen mit häufigem Pornografie-Konsum siebenmal so häufig sexuelle Aggressionen zeigen wie diejenigen, die nie Pornografie konsumierten“. Eltern rät Bonelli: „Kein Internetzugang in das absperrbare Kinderzimmer! Der Computer mit Internetzugang sollte an einem familien­öffentlichen Ort sein, etwa im Wohnzimmer. Das tut auch dem Papa gut.“ Religiöse Menschen seien prinzipiell resistenter gegen Suchtverhalten, wie viele Studien der vergangenen 20 Jahre bestätigten. „Hier zeigt sich wieder, dass eine dem Men­schen gemäße Ethik ihn schützt, und nicht quält.“ Aber wer religiös sei und in diese Falle getappt sei, zeige viel mehr Scham und brauche oft besonders lange, um Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wenn ein Betroffener in die Therapie komme, habe er schon viel geschafft. Das Sich–öffnen-Können sei eine große Erleichterung; meist gehe dem ein jahrelanges Ringen voraus, kombiniert mit dem Selbstbetrug, man komme schon selber heraus. In der Therapie aber sei durchwegs ein schnel­les Stabilisieren zu beobachten.

Wir verweisen zu diesem Thema wiederum auf den äußerst aufschlussreichen und hilfreichen Hirtenbrief von Bischof Finn, Kansas City-St. Joseph, USA, über die Würde des Menschen und die Gefahren der Pornografie, den wir als Sonderdruck „Selig, die reinen Herzen sind“ anbieten.

l

„Katholische“ Frauenbewegung Österreichs
hat sich von der Lehre der Kirche verabschiedet

Linz. Die Zeitschrift „Welt der Frau“, herausgegeben von der „Katholischen Frauenbewegung Österreichs“ (nach Angabe auf der Homepage von „fast 220.000 ÖsterreicherInnen“ mo­natlich gelesen, brachte in Nummer 10/2009 einen Artikel der deutschen Diplompsychologin Ursula Nuber (die offenbar regelmäßige Mitarbeiterin der Zeitschrift ist) zum Thema „Be­freite Sexualität“. In der Einleitung heißt es „Für ein erfülltes und selbstbestimmtes Sexualleben ist es gut, wenn Frauen ihre Wünsche und Bedürfnisse kennen“. Der ganze Artikel ist frei von der Sicht der Kirche, und das heißt der Ordnung GOTTES für die Geschlechtlichkeit: „Wenn Frauen heute ihre wahren sexuellen Wünsche ausleben wollen, dann müssen sie gegen verinnerlichte elterliche Normen, religiöse Werte und eine jahrhundertealte Geschichte der Unterdrückung angehen...“ „Ich halte es für sehr wichtig, dass Frauen lernen, über ihre sexuellen Wünsche und Vorstellungen zu sprechen, denn nur so können sie bekommen, was sie wollen..“ Dann werden vier Aussagen von Frauen angeführt. Daraus ein paar harmlosere Sätze:. Eine Alleinstehende 52-Jährige („Name der Redaktion bekannt“): „Guter Sex gibt mir Energie... Ich habe zwei Sexual­partner... Für Sex einen Mann zu finden, ist nicht schwer...“ Eine 45-Jährige, Mutter von drei Söhnen: „Im Alter von knapp 40 Jahren habe ich mich von dem um 13 Jahre jüngeren Vater meines jüngsten Kindes getrennt... Dann hat meine Sturm- und Drangzeit begonnen. Wechselnde Partnerschaften, aufregende Dates, ständiges Flirten... Die nächtlichen Erfolge haben mir unheimlich gutgetan...“

Man fragt sich, was solche Darlegungen und Beispiele in der Zeitschrift eines „katholischen“ Frauenverbands sollen, wenn nicht den Leserinnen werbend nahebringen, dass sie auch so leben sollen.

In Heft 1/2010 werden dann Fachleute befragt, so eine „Dr.in“ Angelika Walser, 41, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Insti­tut für Moraltheologie der Kath. Theol. Fakultät, Universität Wien“ befragt „Sexualität ohne Moral?“ Auf die Fragestellung, 98% der Menschen hielten sich nicht an die kirchliche Sexual­moral, wer brauche sie noch, antwortet Walser: „Eigentlich alle. Aber das Problem ist, dass die Normen der kirchlichen Sexu­almoral aus einer Welt stammen, in der Ehe ganz selbstver­ständlich die einzige Institution der Geschlechterbeziehung war.“ Deswegen beziehe sich auch JESUS bezüglich Treue auf die Ehe. „Führende Moraltheologen“ seien der Ansicht, „dass es in der Bibel kein direktes Verbot von außerehelichen Bezie­hungen gibt“. Es gebe viele Formen unehelicher Partnerschaf­ten, in denen Liebe und Sexualität geradezu vorbildlich mitein­ander verknüpft seien. Die Normen befänden sich im Wandel. Die moraltheologische Diskussion setze sich „breiter und diffe­renzierter“ mit der kirchlichen Norm, der einzig legitime Ort geschlechtlicher Lust sei die Ehe, alles andere sei Sünde, auseinander. Anna Rosenberger, Erwachsenenbildnerin und ehrenamtliche Vorsitzende der Kath. Frauenbewegung der Diözese St. Pölten, ergänzt dazu, viele Menschen seien sich dieses „obersten Normsatzes in der kirchlichen Sexualmoral“ nicht bewusst; in der Seminarreihe „Selbstbewusst Frau sein“ der KFB Österreich komme im „Modul Körper und Sexu­alität“ „die ganze Bandbreite an Einstellungen unter den Frauen“ zum Ausdruck; das Wort Sünde sei da noch nie gefal­len. Und wieder Walser: „Letztendlich ist es nach Auseinander­setzung mit der kirchlichen Lehre meine Gewissensentschei­dung, ob ich mich an die Normen der kath. Kirche halten will oder nicht. Für die Gestaltung meines Sexuallebens bin ich selbst verantwortlich. Tatsache ist, dass Sexualität in verschie­denen Partnerschaftsformen außerhalb der Ehe stattfindet, für die von kirchlicher Seite zumindest respektvolle und wertschät­zende Worte gefunden werden sollten“.

l

Heilige Ehepaare

Köln. Prälat Prof. Helmut Moll, der vor 10 Jahren als Beauf­tragter der Deutschen Bischofkonferenz das wichtige zweibän­dige deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts „Zeugen für CHRISTUS“ herausgegeben hat (die 5. Auflage ist in Vorbe­reitung), veröffentlichte einen Aufsatz über heilige Ehepaare („Heilige Ehepaare. Eine Antwort auf die Scheidungsmentalität von heute“, Die Neue Ordnung, Walberberg, Heft 5, Oktober 2009, S. 369-377).

Ausgehend von der Seligsprechung der Eltern der hl. Theresia von Lisieux, Louis und Marie Zélie Martin, am 3. Juli 2008 gibt Moll einen Überblick über heilige Ehepaare – von den bibli­schen Personen Maria und Josef, Joachim und Anna, Elisa­beth und Zacharias sowie Aquila und Priszilla (Apg 18,2f) angefangen. Für die Zeit der Christenverfolgung führt Moll die Märtyrerehepaare Viktor und Corona (um 176; Gedächtnis 14. Mai), Marius und Martha (19. Januar) und Bonifatius und Thekla (um 250, 30. August), Flavius und Dafrosa (4. Jh.; 4. Januar), Chrysanthus und Daria (um 245/313; 25. Oktober; Reliquien in Bad Münstereifel) sowie Julianus und Basilissa (4. Jh., 6. Januar) an. Auch die Zeit nach der Konstantinischen Wende kennt hl. Ehepaare: Basilius d. Ältere u. Emmelia (4. Jh., 30. Mai), Gregor (der Ältere!) von Nazianz und Nonna. Weitere heilige Paare sind Andronikus und Athanasia von Antiochien in Syrien (9. Oktober) sowie Melania die Jüngere und Pianius (5. Jh., 31. Dezember).

Für das Mittelalter nennt Moll dann zunächst Herrscherpaare: Edwin und Ethelburga (Märtyrer 633), Heinrich II. und Kuni­gunde (13. Juli), Stephan I. von Ungarn und sel. Gisela (16. August bzw. 7. Mai), aber auch Vinzenz Madelgar und Walt­raud (Belgien, 7. Jh.) und spanische Märtyrer Aurelius und Sabitothone sowie Felix und Liliosa (9. Jh.), ferner Isidor und sel. Turibia (um 1130, 15.Mai) und Graf Elzear von Sabran und Delphina (27. September).

In der „frühen Neuzeit“ führt der Aufsatz sieben japanische Märtyrer-Ehepaare (drei 1626, 12. Juli; zwei 1620, 16. August; eines 1627, 27. August; eines 1622, 2. Oktober) sowie ein koreanisches (genauer zwei) an (1839, 20. September). Für das 19. und 20. Jahrhundert stellt Prälat Moll dann das 2001 seliggesprochene römische Ehepaar Luigi und Maria Bel­trame Quattrocchi [9. November bzw. 26. August] etwas aus­führlicher vor und verweist auf den hl. Bruder Klaus von Flüe und Dorothea, auf den sel. Karl I. und Kaiserin Zita [deren Seligsprechungsverfahren nun im November 2009 eröffnet wurde], auf den Prozess für Marcello und Anna Maria Inguscio im Erzbistum Catania/Sizilien (1934-1986 bzw. 1938-1996, zwei Kinder), sowie auf das Verfahren im Erzbistum Modena-Nonantola für das Ehepaar Sergio Bernardini und Domenia Bedonni (1882-1966 bzw. 1889-1971, zehn Kinder). Der Aufsatz schließt mit der Feststellung: „Die Heiligen sind die wahren Lehrer der Kirche, nicht zuletzt jene Ehegatten, die sich im Sakrament der Ehe rückhaltlos und für immer aneinander verschenkt haben. In guten wie bösen Tagen, bei Gesundheit und Krankheit zusammenzustehen, bezeugt ihren heroischen Tugendgrad, der auch darin zum Ausdruck kommt, einer end­gültigen und unwiderruflichen Entscheidung fähig zu sein.“

l

Euthanasiebefürworter will leben

Tübingen. Der emeritierte Professor Walter Jens war einst Vorkämpfer für die aktive Sterbehilfe und hielt zusammen mit dem im Dissens zur kath. Kirche stehenden Theologen Hans Küng ein Vorlesungsreihe „Menschenwürdig sterben: ein Plä­doyer für Selbstverantwortung“. Noch 2001 forderte Jens ein Gesetz für aktive Sterbehilfe. Zwei Jahre später begann seine Demenz, 2006 verfasste er zusammen mit seiner Frau eine Patientenverfügung, die lebensverlängernde medizinische Maßnahmen verbietet, und nahm einem befreundeten Arzt das Versprechen ab, ihm allenfalls ein tödliches Medikament zu verabreichen. Heute sieht die Realität anders aus: Jens lebt noch, liebevoll betreut von seiner Gattin und einer Pflegerin in seinem Heim. Er leidet zwar an schwerster Demenz, zeigt aber in kleinen Dingen sehr viel Lebensfreude. In einem dpa-Inter­view sagte seine Frau im Juli 2009, sie glaube nicht mehr, dass ihr Mann nun, wenn er könnte, ihre „Hilfe beim Sterben“ einfordern würde. „Ich weiß genau, und es steht Wort für Wort in unserer Patientenverfügung formuliert, dass mein Mann so, wie er jetzt leben muss – unfähig zu schreiben, zu sprechen und zu lesen, überhaupt noch zu verstehen – niemals hat leben wollen. Sein Zustand ist schrecklicher als jede Vorstellung, die er sich wahrscheinlich irgendwann einmal ausgemalt hat. Trotzdem wäre ich im Augenblick nicht fähig, ihm zum Tode zu verhelfen.“ Manchmal sage er: „Bitte, bitte, hilf mir!“, was dop­peldeutig sei. „Aber er sagt auch oft: ‚Ich will nicht sterben!‘ Neulich hat er gesagt: ‚Nicht totmachen, bitte nicht totmachen.‘ Ich bin mir nach vielen qualvollen Überlegungen absolut sicher, das mich mein Mann jetzt nicht um Sterbenshilfe, sondern um Lebenshilfe bittet.“ (Vgl. HLI-Report CH 4/2009)

l

21 Dekrete über Wunder bzw. heroischen Tugendgrad

Vatikan. In einer Audienz für den Präfekten der Selig- und Heiligsprechungskongregation am 21. Dezember 2009 bestä­tigte der Hl. Vater wieder Dekrete über Wunder bzw. über das Martyrium oder den heroischen Tugendgrad. Wunder wurden anerkannt für fünf Selige, deren Heiligsprechung nun bevor­steht: der sel. Stanislaus Soltys von Kazimierz, polnischer Regularkanoniker (1433-1489), die sel. Andrea Bessette, Ordensfrau in Kanada (1845-1937), die sel. Julia Salzano, italienische Ordensgründerin (1846-1929), die sel. Maria MacKillop, Ordensgründerin in Australien (1842-1909) und die sel. Battista da Varano, Klarissin in Camerino/Italien (1458-1524). Zu den weiteren Dekreten zählen unter anderem das Martyrium des polnischen Priesters Jezrey Popieluszko (1947-1984) und der heroische Tugendgrad von Pius XII., Johannes Paul II. und Mary Ward (Gründerin des früher „Englische Fräulein“ genannten Ordens, heute Congregatio JESU; 1585-1645).

l

Heroischer Tugendgrad für Bernhard Lehner

Regensburg. Ende Dezember 2009 machte die Diözese Re­gensburg bekannt, dass die Theologen der römischen Heilig­sprechungskongregation den heroischen Tugendgrad für den Diener GOTTES Bernhard Lehner anerkannt haben. Das offizielle Dekret des Hl. Vaters ist also demnächst zu erwarten. Das Lebensbild von Bernhard Lehner hatten wir in der FMG-IN­FORMATION 73 vorgestellt; es ist auch in unserem Band „GOTTES Kinder“ 3 enthalten. Der „kleine Bernhard“ wurde 1930 in Herrngiersdorf, südlich von Regensburg, als Sohn eines Schreiners geboren. Schon als Volksschüler besuchte er fast täglich die hl. Messe. Schon früh keimte in ihm der Wunsch, Priester zu werden: „Ich will etwas werden, womit man in den Himmel kommt.“ 1941 trat er in das Seminar Obermünster in Regensburg ein und besuchte das „Alte Gym­nasium“. In seiner Strebsamkeit lebte er nach dem Grundsatz „Im Beten der Frömmste, im Studieren der Fleißigste und im Spielen der Fröhlichste.“ Anfang Dezember 1943, mit 13 Jah­ren, erkrankte Bernhard an septischer Diphterie und starb – bei vollem Bewusstsein – am 24. Januar 1944. Überliefert sind seine Worte: „Wer wird denn weinen, wenn man in den Himmel kommt!“ Bernhards natürliches, frohes Wesen, seine mitfüh­lende Güte und Hilfsbereitschaft, die Hingabe an den Willen GOTTES und große Marienliebe und sein heiligmäßiges Ster­ben machten ihn zum Vorbild für junge Menschen und verbrei­teten seinen Ruf als Fürsprecher, der zur Einleitung des Selig­sprechungsverfahren auf Diözesanebene schon 1950 führte, das nun mit dem erwarteten Dekret über den heroischen Tu­gendgrad einen entscheidenden Schritt macht; notwendig ist nun noch die kirchliche Anerkennung eines der Fürsprache des „kleinen Bernhard“ zugeschriebenen GÖTTlichen Wunders.

l

Weitere Zerstetzung von Ehe und Familie

Berlin. Mehrere Parteien im Bundestag – Grüne, Linke und SPD -  wollen eine Grundgesetzänderung. Artikel 3 soll neben der Untersagung von Benachteiligung oder Bevorzugung we­gen Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Herkunft, Glaube auch die „sexuelle Identität“ beinhalten – dabei geht es erklärtermaßen um „Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans­gender, transsexuelle und intersexuelle Menschen“. Während aber die bisher in diesem GG-Artikel benannten Merkmale objektiv feststellbar sind, ist die sexuelle Identität „rein subjek­tiv“; sie kann „letztendlich niemals jemand anderem als der betreffenden Person bekannt sein“ (so die Soziologin Pepper Schwartz). Und auch Pädophile könnten ihre sexuelle Präfe­renz als „sexuelle Identität“ bezeichnen! In einer Stellungnahme weist die Leiterin des „Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft“ in Reichelsheim, Dr. med. Christl R. Vonholdt („Die Tagespost“ 2.2.10) darauf hin, dass die Ehe vom GG nicht als sexuelle Verhaltensweise besonders geschützt ist, sondern weil sie der Ort ist, in dem Kinder nicht nur geboren werden, sondern auch am besten aufwachsen, was wesentlich für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft ist. Vonholdt weist auf den denkbar nächsten Schritt hin: Die „Grüne Jugend“ forderte bereits eine gesetzlich festgeschriebene homosexuelle Ehe, polygame Ehe, Gruppenehe (bisexuelle Ehe) und Geschwister­ehe. In der Stellungnahme wird dann insbesondere hingewie­sen, dass eine Verankerung aller „sexuellen Identitäten“ im GG verlange, dies auch den Kindern in Kindergarten und Schule so zu vermitteln, was zu einer weiteren Orientierungslosigkeit für Kinder und Jugendliche führte.

l

Banker: „Finanzkrise begann mit Geburtenrückgang“

Rom. Im Vatikanfernsehen äußerte sich der Präsident der Vatikanbank „IOR“, Ettore Gotti Tedeschi, der wahre Ursprung der Krise sei nach seiner Überzeugung „der Einbruch der Ge­burtenrate in den Ländern des Westens“. Die Vorhersagen der sog. Neo-Malthusianer in den 70er Jahren von der demogra­phischen Bombe der sog. Überbevölkerung sei nicht eingetre­ten; Länder der 3. Welt hätten ihre Lebensbedingungen sogar verbessert, dank der Fortschritte im Gesundheits- und Ernäh­rungswesen. In den Ländern des Westens aber sei die Ent­wicklung anders verlaufen: „Denn die Geburten gehen zurück, das heißt: Weniger junge Leute treten produktiv in die Arbeits­welt ein, und dafür gibt es mehr ältere Leute, die aus dem Produktivsystem ausscheiden und ein Kostenfaktor für die Gemeinschaft werden... Die Gesundheits- und Sozialkosten steigen, Steuern können nicht mehr gesenkt werden, die Er­sparnisse gehen zurück.“ Der Westen habe diesen Einbruch eine Zeitlang durch Auslagerung der Produktion und Finanzak­tivitäten auffangen können, doch das System wachse nur dadurch, dass Familien sich verschulden. „Letztlich hat man an den Finanzmärkten versucht, das nachlassende Wachstum der Wirtschaft zu kompensieren – welches wiederum mit der Tat­sache zusammenhängt, dass keine Kinder mehr geboren wur­den.“ Das Verhalten der Banker habe die Krise zwar verschärft, doch jetzt gebe es nur einen Weg, das wirtschaftlich-finanzielle Gleichgewicht wiederherzustellen – Einschränkung. (Vgl. rv 7.2.10)

l

Aidsverhütung

Nürnberg. Seit Jahren belästigt einen überall in der Öffentlich­keit die niveaulose, sittenzerstörende Kondomwerbung. In einem Beitrag über eine Ausstellung „Plakativ! Produktwerbung im Plakat“ im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg in der „Tagespost“ (15.12.09) charakterisier H.-B. Würmeling tref­fend die Kondom-Werbung: Es sei sicher wichtig, „Aids keine Chance“ zu geben, die Frage sei nur, wie man das machen solle. „In der (letztlich aus Steuermitteln finanzierten) Plakatak­tion werden dazu raffiniert Kondome in allen möglichen Ver­fremdungen gezeigt. Mit denen soll sich der Betrachter der oft verrätselten Plakate gedanklich beschäftigen, auch der, dem dies völlig fremd ist. Unmerklich soll er Kondome als selbstver­ständliche Utensilien in seiner Gedankenwelt zulassen und einführen. Auf diese Weise wird der Appell gegen Aids, dem jedermann folgt, benutzt, um ein menschenunwürdiges Sexual­verhalten nicht nur zu rechtfertigen, sondern geradezu anzu­preisen.“

Vor kurzem wurde gemeldet, dass im Saarland eine „Michael-Stich-Stiftung“ (von dem ehemaligen Tennisstar gegründet) eine Kampagne mit ganz widerlichen, geradezu pornografi­schen Plakaten und TV-Spots begonnen hat, offenbar zunächst im Saarland. An Aids erkrankte Kinder zu unterstützen: wun­derbar. Doch auf diese Weise wird nicht „auf drastische Weise“ Aids verhindert, sondern mit widerlichen, schamlosen Motiven das sittliche Niveau weiter abgesenkt, abgesehen davon, dass der Kondom-Schutz bekanntermaßen „russisches Roulette“ ist!

l

Pornografie in der Kirche

Erlangen. Teil einer Ausstellung „Sieben Todsünden“ des Künstlers Béla Faragó, die für vier Wochen in der Erlanger Herz-JESU-Kirche ausgestellt ist, ist ein Bild „Wollust“, das eine üppige nackte Frau und zwei kleine Männer in pornogra­fischer Weise darstellt – im Kirchenraum. Proteste dagegen führten immerhin zur Entscheidung des Pfarrgemeinderats, das Bild an den Sonntagen zu verhüllen. Pfarrer und Pastoralrefe­rent verteidigen die Bilder in der Kirche. Damit werde „die Wirk­lichkeit in die Mitte unserer Kirche“ gebracht. Der Künstler­seelsorger der Erzdiözese Bamberg, Weigel, findet es „ganz toll, dass eine normale Pfarrgemeinde das Wagnis eingeht, sich für zeitgenössische Kunst zu öffnen, die Kontroversen er­zeugen kann“. Allerdings müsse man auch „Rücksicht auf die Schwachen nehmen“, z. B. Kinder. Doch ob diese von dem Bild schockiert seien, sei noch nicht erwiesen. (Vgl. kath.net 16.3.10) – Hier zeigt sich, dass der Götze „moderne Kunst“ alles Gespür für Reinheit verlorengehen ließ und zugleich gewissermaßen „Kindesmissbrauch“ stattfindet, wenn Ministranten oder Kom­munionkinder einer solchen Darstellung ausgesetzt werden (in der Kirche noch dazu). Ein kath.net-Leser schreibt zurecht: „Ein Psychologe sagte mir, was man mit den Augen sieht, nimmt man in sich auf und trägt es in den Gedanken und im Herzen. Und meine Erfahrung sagt mir, dass es so ist. Solche Bilder dienen nicht dem Heil des Menschen.“

  

 

 

zurück