(FMG-INFORMATION 114, August 2015)
Firmung früher:
nicht jahrelang der Gnaden berauben
Aus einem Hirtenbrief von Erzbischof Samuel J. Aquila, Denver
Es ist eine Erfahrung nicht nur in Deutschland, dass nach der Firmung junger Menschen die Zahl der jugendlichen Messbesucher keineswegs zunimmt. Selbst Papst Franziskus spielte einmal in einer Predigt bei einem Pastoralbesuch in einer römischen Pfarrei (1.12.2013) darauf an, man sage, dass die Firmung „das Sakrament des Abschieds“ genannt wird.
Bei manchen Heiligen stößt man aber auf ein recht frühes Firmalter bei der hl. Maria Goretti zum Beispiel 6 Jahre (und die Gnade wurde in ihr wunderbar wirksam!). Von den orientalischen Christen ist bekannt, dass die Firmung zusammen mit der Taufe vollzogen wird. Bei uns ist die Firmung aber eher in ein noch höheres Alter gerückt worden, und man erklärt es nicht selten als ein Sakrament des Erwachsenwerden (ähnlich wie die protestantische nicht als Sakrament verstandene „Konfirmation“), wo die jungen Menschen nun eingeladen seien zu einer bewussten Entscheidung – doch, wie man erlebt, meist ohne eine andauernde Entscheidung für ein Leben aus dem Glauben.
Der Erzbischof von Denver (Colorado, USA), Samuel J. Aquila, hat nun am Pfingstfest 2015 in einem Hirtenbrief an seine Diözese (datiert vom 14.5.2015) die Wiederherstellung der ursprünglichen Reihenfolge der drei Initiationssakramente Taufe, Firmung, Erstkommunion bekanntgegeben. Er hatte eine entsprechende Änderung schon in seiner früheren Diözese Fargo (North Dakota) eingeführt (vgl. FMG-Information 103 S. 12) und vom der Freude von Papst Benedikt XVI. darüber beim Ad-Limina-Besuch berichtet (vgl. FMG-Information 105 S. 26).
Sehr bemerkenswert finden wir die Erwartung und Zielsetzung des Erzbischofs, die in seinem Hirtenbrief zum Ausdruck kommt, der überschrieben ist: „Heilige unter uns“ („Saints among us“). „Die Erzdiözese Denver und die Kirche als Ganzes brauchen mehr Katholiken, die für ihren Glauben brennen. Wir brauchen mehr Jünger CHRISTI, die GOTT ‚mit aller Kraft‘ lieben. Aus diesem Grund stelle ich die Firmung an ihren ursprünglichen Platz.“
Aus diesem Hirtenbrief spricht aber auch – in beeindruckender Weise – ein klare, gläubige Hirtensorge: die ihm als Bischof anvertrauten Menschen „den Weg zum Himmel zu führen“. Wir gehen auf diesen Hirtenbrief von Erzbischof Aquila ausführlicher ein, weil wir es – abgesehen von der Frage der Sakramenten-Reihenfolge – sehr bedeutungsvoll und beispielhaft finden, wie sehr dieser amerikanische Erzbischof an die Kraft der Gnade auf dem Glaubensweg der Kinder und Jugendlichen glaubt und den gefährdeten jungen Menschen, deren Seelen heute zum „Schlachtfeld“ geworden sind, die Firmgnade früher zugänglich machen will.
Der Hirtenbrief (vgl. https:// files.acrobat.com/a/preview/41056d00-11f5-497f-a07c-3a6c11c6a46f, vgl. http:// archden.org/saints/#post-8385) gliedert sich – wie der Bischof auch in der Einleitung schon darstellt – in drei Kapitel – die Sakramente der Initiation, die Schule der Familie und die Wiederherstellung der Reihenfolge der Sakramente.
Voraus geht eine Einleitung, in der der Bischof auf die erste Seligsprechung auf amerikanischem Boden am 4. Oktober 2014 hinweist: Schwester Miriam Teresa Demjanovich, Barmherzige Schwester von der hl. Elisabeth, in Bayonne (New Jersey) als Kind slowakischer Einwanderer 1901 geboren, am 8. Mai 1927 bereits gestorben. Sie „glaubte, dass die ‚Nachfolge CHRISTI im Leben der Heiligen immer möglich und mit jedem Lebensstand kompatibel ist‘, wie es der hl. Johannes Paul II immer wieder betonte“.
So schreibt nun Erzbischof Aquila: „Eltern und Kinder stehen heute vor vielen Herausforderungen, die Sr. Miriam Teresa nicht gekannt hätte. Und GOTT wünscht noch immer, jeden von uns in Seine Nähe zu ziehen und zu einem Heiligen zu machen: gewöhnliche Menschen, die GOTT von ganzem Herzen lieben und bereit sind, Ihm zu folgen, wohin Er sie auch führt.“ Selbst wenn unsere Gesellschaft sich immer mehr vom Glauben distanziere und gottveressener werde, hungere sie doch nach frohen, von CHRISTUS verwandelten Zeugen. Und zugleich benötigten diese neuen Generationen von Katholiken Gnade, „um in einer nichtchristlichen Umgebung bestehen zu können“. Darum habe er beschlossen, die Sakramente der Initiation – Taufe, Firmung und Eucharistie – wieder in ihre ursprüngliche Reihenfolge zu führen. Denn so werde die sakramentale Gnade, die die Kirche den Kindern vom Alter der Vernunft an anzubieten habe, „verfügbarer“ werden. Aller menschliche Fortschritt des letzten Jahrhunderts habe die Menschheit nicht vor Kriegen, Krankheit, Korruption und Ungerechtigkeit bewahren können. Die Rettung komme nur aus der „Flut von Gnade und Liebe, die der Dreifaltige GOTT über uns ausgießen möchte“.
Die ursprüngliche Reihenfolge der Sakramente der christlichen Initiation „beginnt mit dem Leben in CHRISTUS durch die Taufe; darauf folgt die Firmung, die die Gnade der Taufe vollendet, uns mit den Gaben des HL. GEISTES erfüllt und vorbereitet, JESUS in der hl. Eucharistie zu empfangen und uns hilft, uns Ihm für eine lebenslange Jüngerschaft zu übergeben.“ Dazu zitiert Aquila auch aus dem Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 1322 und 1324), dass die hl. Eucharistie die christliche Initiation vollendet. Und er führt an, dass die schon erwähnte selige Schwester Miriam Teresa getauft, gefirmt und ihr die Erstkommunion gereicht wurde, als sie fünf Jahre alt war. In ihren wenigen Lebensjahren habe ihre Liebe zu JESUS sie verwandelt und auch das Leben vieler beeinflusst.
Die Firmung, so schreibt Erzbischof Aquila dann in Kapitel I., sollte „immer als ein Initiationssakrament gesehen werden, das mit Taufe und Eucharistie vereint ist“; dennoch sei sie mehr als ein Anhang der Taufe. „In der Taufe wird der HL. GEIST wirklich gegeben, aber in der Firmung wird Er in einer Weise geschenkt, die die Gnaden der Taufe vollendet und dem Empfangenden eine besondere Stärke verleiht.“ Sie besiegle die Taufe, ähnlich wie in der Heilsgeschichte Pfingsten Ostern vollende. „Wir brauchen die Gaben des HL. GEISTES, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute und Sekunde, um ein Leben zu führen, das den VATER verherrlicht. Das Ziel des christlichen Lebens ist weder ein bloßer Moralismus, wo Regeln definiert und befolgt werden, noch ein ideologisches System, in dem Wahrheiten zur eigenen Zustimmung vorgelegt werden. Es ist vielmehr eine lebendige Erfahrung mit JESUS, dem HERRN, in der Gnade Seines GEISTES.“
Dann wird die Entwicklung des Firmsakraments durch die Jahrhunderte skizziert, anfangend mit Apg 8,14-18 (und Hebr 6,2). In der frühen Kirche seien Taufe und Firmung in einem kontinuierlichen Initiationsritus gefeiert worden, der zum Kommunionempfang hinführte. Beim Ritus der christlichen Initiation für Erwachsene (ab dem Vernunftalter) in der Osternacht sei das noch immer so, und auch in den östlichen Riten der Kirche, wo die Gläubigen alle drei Sakramente der Initiation als Kleinkinder empfangen. Als es nach dem 5. Jahrhundert für die Bischöfe schwieriger wurde, die Runde in der Diözese zu machen und alle gleichzeitig zu taufen und zu firmen, sei die intrinsische Verbindung von Taufe, Firmung und Eucharistie verdeckt worden. Taufe und Kommunion empfingen die Kinder durch den Priester, und wenn der Bischof die Pfarrei besuchen konnte, habe er Firmung und Eucharistie gespendet. Im Mittelalter seien die Kinder mit dem Vernunftalter, mit etwa sieben Jahren, gefirmt worden, hätten die Erstkommunion aber nicht vor dem 11./12. Lebensjahr empfangen – was in der Reihenfolge die Wiederherstellung der alten Praxis bedeutet habe. In Frankreich habe dann im 18. Jahrhundert ein Bischof in einer tiefgreifenden Entscheidung beschlossen, die jungen Menschen sollten nach der Erstkommunion gefirmt werden. Als sich das in anderen Diözesen verbreitete, habe 1897 Papst Leo XIII. bekräftigt, dass die Firmung am Beginn des Vernunftalters gespendet werden sollte. Im Jahr 1910 entschied Papst Pius X., das Erstkommunionalter auf sieben Jahre zu senken. Grund war seine Sorge, dass den Kindern alle Ressourcen offenstehen sollten, die sie benötigten, um ein reiches geistliches Leben zu entwickeln und ihre Aufgaben als Christen in der modernen Welt zu erfüllen. Pius X. schien dabei vorauszusetzen, dass für die Firmung das Vernunftalter weiterhin gelte, doch habe sich unabsichtlich daraus der gegenwärtige Brauch entwickelt, dass die Kinder in der 2. Klasse (so anscheinend in den USA, bei uns in der 3. Klasse) zur Erstkommunion geführt werden und in höheren Klassen die Firmung. Das 2. Vatikanum habe eine Überarbeitung des Firmritus gewollt, und Paul VI. zeige in der Apostolischen Konstitution über das Firmsakrament (Divinae consortium naturae, Nr.1) 1971 klar eine Hinwendung zur alten Reihenfolge: „Die durch die Taufe wiedergeboren Gläubigen werden durch das Sakrament der Firmung gestärkt und schließlich in der Eucharistie durch die Speise des ewigen Lebens belebt, so dass sie durch diese Sakramente der christlichen Initiation mehr und mehr teilhaben am Schatz des GÖTTlichen Lebens und voranschreiten zur Vollkommenheit der Liebe.“ Und Papst Benedikt XVI. schreibt im Apostol. Schreiben „Sacramentum caritatis“ 2007 (Nr. 17): „Man darf nämlich nie vergessen, dass wir im Hinblick auf die Eucharistie getauft und gefirmt werden… Darum führt die Heiligste Eucharistie die christliche Initiation zu ihrer Fülle und stellt die Mitte und das Ziel des gesamten sakramentalen Lebens dar.“ Dazu führt Erzbischof Aquila die schon erwähnte Ad-Limina-Audienz 2012 an, bei der der Papst ihm sagte: „Sie haben getan, was ich immer tun wollte.“
Im 2. Kapitel „Die Schule der Familie“ berichtet der Erzbischof von Denver von der Begegnung mit einem Vater seiner früheren Diözese, dessen Sohn nach der von Aquila wiederhergestellten Regelung im 3. Schuljahr gefirmt worden war. Sein Sohn bete jeden Abend um die sieben Gaben des HL. GEISTES und habe ihn aufgefordert, das auch zu tun: „Es hat wirklich meinem Glauben geholfen“, so der Vater. Er habe vom Glauben seines Sohnes gelernt und seine Liebe zum HL. GEIST und zu JESUS vertieft. – Auch er, so erzählt der Erzbischof, bete täglich um die Ausgießung der Gaben des HL. GEISTES. Sie seien „unverzichtbarer Bestandteil des christlichen Lebens, die uns bereit machen, Jünger zu sein, die zu Heiligen werden.“ Das Gebet sei die „Grundschule“, in der Heilige geformt würden. GOTT habe die Familie geschaffen als Spiegelbild der Gemeinschaft des Lebens und der Liebe in der DREIFALTIGKEIT. „Die Vereinigung von Mann und Frau erlaubt ihnen, am Schöpfertun GOTTES mitzuwirken; aus ihrer Liebe kommen die Kinder, wie Adam und Eva der Liebe des DREIFALTIGEN entsprangen. Doch die elterliche Liebe hört nicht mit der Zeugung auf. Sie wird vergrößert und bereichert durch all die Früchte des moralischen, geistigen und übernatürlichen Lebens, die Vater und Mutter an ihre Kinder weiterzugeben berufen sind, und durch die Kinder an die Kirche und die Welt“, schreibt Aquila in seinem Hirtenbrief. Er verweist dann auf die Aufforderung des 2. Vatikanums, das Heim der Familie zur „Hauskirche“ zu machen, „wo die Kinder CHRISTUS begegnen, in der Tugend wachsen und vorbereitet werden auf die Berufung, die GOTT ihnen gibt.“ Darum seien die Eltern die wichtigsten Lehrer, die ihre Kinder auf den Sakramentenempfang vorbereiten. Das setze voraus, dass die Eltern den Glauben kennen und lieben. „Wenn wir unseren katholischen Glauben nicht verstehen, wie können wir erwarten, dass unsere Kinder ihn verstehen? Wenn wir unseren katholischen Glauben nicht leben, wie können wir das von unseren Kindern erwarten?“ Der Erzbischof erinnert, wie jeder, der in sein Elternhaus kam, es als katholisches Haus erkannte. Doch Bilder, Statuen könnten nicht die einzige Quelle dafür sein. Am wirkungsvollsten zur Weitergabe des Glaubens seien Taten liebevoller Opferbereitschaft der Eltern.
Das 3. Kapitel spricht dann von der Vorgehensweise beim Verändern der Reihenfolge der Sakramentenspendung in der Diözese (Übergangszeit, stufenweiser Prozess, bis 2020 alle Kinder in der 3. Klasse Firmung und Erstkommunion in derselben Feier empfangen; weitere Informationen auf der Homepage der Diözese sagen, dass die Erstbeichte in der 2. Klasse sein soll und die Firmspendung durch den Erzbischof, einen anderen Bischof oder einen beauftragten Priester geschehen wird). Diese Veränderung bringe in der Diözese Fargo wie auch im Bistum Phoenix und in anderen Diözesen gute Früchte. (Schon anfangs erwähnt Aquila, dass er in seiner früheren Diözese Fargo über die theologischen und pastoralen Gründe für die Veränderung der Sakramenten-Abfolge hinaus, in der Überzeugung bestärkt worden sei durch das, was er von Eltern und Kindern über die Auswirkungen der empfangenen Gnaden erfahren habe.)
Doch am wichtigsten sei nicht eine logistische, sondern eine geistige Veränderung. Denn die geistige Atmosphäre sei heute anders als zur Zeit der Eltern oder Großeltern. „Die geistige Landschaft der modernen amerikanischen Gesellschaft unterstreicht in der Tat die Notwendigkeit, dass die Kinder die Gnaden früher empfangen.“
Dafür verweist der Erzbischof auf eine im Jahr 2009 veröffentlichte Studie („Soul Searching“) der Soziologen Ch. Smith und M. Lundquist Denton über die religiösen Überzeugungen und Praktiken amerikanischer Teenager. Danach glaubt die Mehrheit der Jugendlichen, unabhängig von ihrer Glaubensausrichtung, an etwas, was die Wissenschaftler „moralisch-therapeutischen Deismus“ nennen: Man glaube, dass GOTT existiere, dass Er die Welt geschaffen habe und über sie wache, aber selten eingreife; dass GOTT wolle, dass die Menschen gut, nett und fair sind; dass das Hauptziel des Lebens sei, glücklich zu sein und über sich selber ein gutes Gefühl zu haben; und dass gute Menschen in den Himmel kämen. Vorstellungen von der geistigen Welt außerhalb der eigenen subjektiven Erfahrung würden von den Jugendlichen aber nur selten erwähnt – Begriffe wie Heiligkeit, Sünde, Gnade, Rechtfertigung, DREIFALTIGKEIT, Kirche, Eucharistie, Himmel und Hölle würden bei den meisten christlichen Jugendlichen in den USA ersetzt durch Glück, Nettigkeit und das Verdienen eines himmlischen Lohns. Der Erzbischof kommentiert diese Aussagen nun, dass eine solche Art eines Selbsthilfe-Glaubens nicht tragfähig sei, weil er nicht auf der Wahrheit der menschlichen Person gründe. Der Himmel könne nicht „verdient“ werden, sondern ist ein Geschenk der Liebe und Verbundenheit des DREIEINEN GOTTES. Wirkliches, dauerhaftes Glück komme nur aus einem Leben, das in Einklang damit stehe, wie wir geschaffen wurden und wie es uns in JESUS CHRISTUS geoffenbart wurde, der allein in die Liebe des VATERS im GEIST führen könne. Seine Hoffnung sei nun, dass mit der Wiederherstellung der ursprünglichen Sakramenten-Reihenfolge die Firmung zu einer tieferen Begegnung mit jeder Person des DREIFALTIGEN GOTTES führe. Die Eltern hätten die Möglichkeit, ihre Kinder zur Beichte, zu Firmung und hl. Kommunion vorzubereiten in einem Alter, das von Natur aus empfänglicher sei für diese geistliche Formung und für die Gnade. Nach Thomas von Aquin bestimme das Alter des Leibes nicht das Alter der Seele.
(Auf der Homepage der Erzdiözese Denver wird unter „FAQs“ dazu ein Theologe J. Staudt zitiert: „Die Annahme der Gnade des HL. GEISTES in einem jüngeren Alter wird den Kindern mehr Mut und Führung geben in den ständig wachsenden Schwierigkeiten einer christlichen Lebensführung. Fünf oder gar zehn Jahre auf den Empfang dieser Gnade zu warten, beraubt einen unnötigerweise der Gnade des HL. GEISTES, die so lebenswichtig ist für das geistliche Wachstum und die Reifung.“ Außerdem würde dieses jüngere Alter den Eltern mehr Gelegenheit geben, ihren berechtigten Platz in der religiösen Ersterziehung ihrer Kinder einzunehmen bei der Sakramentenvorbereitung in einem Alter, in dem die Kinder natürlicherweise begieriger auf die Mitwirkung ihrer Eltern sind.)
Als Bischof von Fargo habe er die Erfahrung gemacht, dass Drittklässler am empfänglichsten seien für die Gaben des HL. GEISTES. Es sei beeindruckend, das kindliche Vertrauen und Staunen zu beobachten. „Viele Male übertrifft ihre Fähigkeit, die Wahrheit zu sehen und GOTT zu vertrauen, gänzlich die unsere, und dies ermöglicht es ihnen, die Gnaden des Sakraments tiefer aufzunehmen.“ Aquila verweist auch auf das unauslöschliche Zeichen, das die Firmung der Seele einprägt; dies leite zu einem lebenslangen Bekennen des Glaubens, zu Taten der Nächstenliebe und zu einer Vertiefung der Beziehung zu CHRISTUS hin. „In einer zunehmend säkularen Welt ist das die Wirklichkeit: die Seelen unserer Kinder sind das Schlachtfeld. Als Hirte der Erzdiözese Denver muss ich alles tun, was ich kann, um jenen zu helfen, die die Kinder heranbilden, um diese Schlacht zu gewinnen.“ Die gegenwärtige Kultur lehre sie nur, nett und fair zu sein und sich gut zu fühlen, aber das tiefe Bedürfnis nach Rettung und Erlösung werde vernachlässigt. Der Ansatz eines moralisch-therapeutischen Deismus sei zum Scheitern verurteilt, weil er denen nicht helfe, die das „Nett- und Gut-Sein“ nicht schafften; weil er keine Heilung anbiete. GOTT werde zu einer weit entfernten Gottheit reduziert, anstatt Ihn als innigen persönlichen Freund zu vermitteln. Wirklich erfüllend sei nur die Begegnung mit GOTT, der die Liebe ist, der die Herzen heilt und das menschliche Sein verändert.
Erzbischof Aquila zitiert dann aus der Botschaft des hl. Johannes Paul II. vor dem Weltjugendtag in Köln 2005, dass die Kirche „wahre Zeugen für die Neuevangelisierung“ brauche: „Männer und Frauen, deren Leben durch die Begegnung mit CHRISTUS gewandelt worden ist; Männer und Frauen, die fähig sind, diese Erfahrung den anderen mitzuteilen. Die Kirche braucht Heilige. Wir alle sind zur Heiligkeit berufen, und nur die Heiligen können die Menschheit erneuern. Auf diesem Weg des evangeliumsgemäßen Heroismus sind uns so viele vorausgegangen, und ich ermahne Euch, oft ihre Fürsprache anzurufen.“
Dieses weltweite Bedürfnis an Heiligen sei offenkundig für jeden, der die Nachrichten lese. Viele Eltern hätten ihm erzählt, wie besorgt sie seien, weil ihre Kinder in einer immer weniger christlichen, ja immer unchristlicheren Gesellschaft aufwüchsen. Das Heranbilden von Heiligen müsse mit den Eltern und Großeltern beginnen, mit ihrem Beispiel.
Und dann verweist der Erzbischof von Denver auf ein solches Vorbild, den deutschen Franziskanerpriester Leo Heinrichs (geboren 1867 in Erkelenz-Oestrich bei Köln), der 1907/08 als Pfarrer der Pfarrei St. Elisabeth in Denver gewirkt hatte. Bei der Kommunionspendung am 23. Februar 1908 in der morgendlichen Arbeitermesse empfing ein Mann, ein italienischer Einwanderer, die hl, Kommunion, spuckte sie dann wieder aus und schoss unvermutet auf den Pater, den er nicht kannte, einfach aus Hass gegen katholische Priester. Erzbischof Aquila hebt heraus, dass P. Leo noch mit letzter Kraft das Ziborium auf die Stufen des Liebfrauenaltars stellte und einige verstreute Hostien aufsammeln konnte; auf die anderen vermochte er nur noch zu zeigen. Sein Grab in Totowa, New Jersey, werde noch immer aufgesucht und Gebetserhörungen gemeldet; in den Dreißigerjahren wurde das Seligsprechungsverfahren begonnen.
Abschließend wendet sich Aquila dann direkt an die Adressaten des Hirtenbriefs: „Mögen Sie nie Verfolgungen so direkt erleben wie P. Leo. Seine Geschichte und die Martyriums-Berichte, die wir heute aus dem Nahen Osten und aus Afrika hören, sollten Sie aber veranlassen, sich zu fragen: ‚Wie gut kenne ich den HERRN? Welche Opfer bin ich bereit für Ihn zu bringen? Bin ich bereit, den Glauben an meine Kinder oder Enkel weiterzugeben und ihr erster Lehrer im Glauben zu sein? Was kann ich tun, um meine Familie zu einer würdigen Hauskirche zu machen?‘“ Er bete darum, dass mit den Gaben des HL. GEISTES, der Firmgnade und der hl. Kommunion die Zahl der Menschen auf dem Weg zur Heiligkeit in seiner Diözese wachse, und er bitte um Unterstützung, dass die Kinder und alle Gläubigen „zu mutigen, authentischen Jüngern CHRISTI“ herangebildet würden.
Übrigens hatte sich im Jahr 2001 auch der Salzburger Erzbischof Dr. Georg Eder für ein niedrigeres Firmalter ausgesprochen, „weil Kinder offener sind und der Gnade keinen Widerstand entgegensetzen“. In der FMG-INFORMATION 74 (S. 30f, August 2001) haben wir übrigens unter dem Titel „Firmung spät oder früh?“ schon die kirchlichen Maßgaben über den Firmzeitpunkt aufgezeigt sowie von einer Entscheidung der vatikanischen GOTTESdienstkongregation (18.12.1999) im Fall eines 11jährigen Mädchens berichtet, dem in einer US-Diözese die Firmung versagt worden war: „Wenn ein Mitglied der Gläubigen dieses Sakrament zu empfangen wünscht, sogar wenn es eines oder mehrere Elemente der lokalen Gesetzgebung nicht erfüllt (d.h. wenn es jünger ist als das für die Verwaltung des Sakramentes bezeichnete Alter), dann müssen diese Elemente dem grundlegenden Recht des Gläubigen auf den Sakramentenempfang weichen.“ Auch in einer süddeutschen Diözese hatte ein zehnjähriges Kind um die Firmspendung (zusammen mit einem etwas älteren Geschwister) gebeten und die bischöfliche Erlaubnis erhalten. – Und in der französischen Diözese Dijon entschied Erzbischof Minnerath im vergangenen Jahr, die Firmung – die bislang nur 5% der Getauften empfangen – aufzuwerten: Die Kinder, die am Religionsunterricht teilnehmen, sollen zu Beginn des 4. bzw. 5. Schuljahres, mit etwa 10 Jahren, gefirmt werden, und am Ende des Schuljahres die Erstkommunion empfangen (vgl. Chronik der Abtei St-Joseph de Clairval 2014).
Wir hatten unseren Artikel damals zusammengefasst: „Das Firmsakrament ist nicht nur für jeden Christen notwendig zur vollständigen Eingliederung in CHRISTUS – zusammen mit Taufe und Eucharistie, es schenkt auch die ‚Kraft aus der Höhe‘ für den geistigen Kampf. Uns scheint, dass besonders in dieser heutigen Zeit, da die Kinder durch die Flut der Informationen und Verlockungen früher als zu anderen Zeiten in diesen geistigen Kampf hineingestellt sind, und nicht zuletzt im Hinblick auf die Angriffe auf die Unschuld und Keuschheit schon im Kindesalter, dieses Sakrament des HL. GEISTES schon den jüngeren Kindern überaus notwendig ist.“
Vor der nächsten Bischofssynode zur Familie
In der FMG-INFORMATION 113 vom März dieses Jahres haben wir schon versucht, die Vorgänge und Äußerungen bei der außerordentlichen Bischofssynode im vergangenen Oktober und vorher sowie nachher ein wenig zu beleuchten, natürlich angesichts der vielen Stellungnahmen und langen Texte nur unzulänglich. Ähnlich steht es jetzt mit den Diskussionsbeiträgen und Stellungnahmen in der deutschen Kirche und international in den vergangenen Monaten: Wir können nur einen geringen Teil davon aufgreifen, und manche klare Aussage eines Bischofs oder Kardinals – etwa auch von Kardinal Gerhard Ludwig Müller, von Kardinal Raymond Burke –, aber auch manches Fragwürdige von Kardinal Kasper oder manchen deutschen Bischöfen muss wegbleiben. Einige wichtige Statements aber möchten wir berichten: ein Interview von Weihbischof Athanasius Schneider, ein Interview mit Kardinal Walter Brandmüller und eine unseres Erachtens sehr wertvolle Überlegung eines selber durch Scheidung Betroffenen, des Juristen Rainer Beckmann, greifen wir auf, und dazu einzelne bischöfliche Wortmeldungen.
Vorweg aber noch eine Anmerkung: Am 23. Juni 2015 wurde das „Arbeitsdokument“ („Instrumentum laboris“) für die Bischofssynode in gut zwei Monaten veröffentlicht. Nach der Darstellung von „Radio Vatikan“ (deutsch) vom 23.6. ist es aus dem Abschlussdokument („Relatio Synodi“) der außerordentlichen Synode im vergangenen Herbst hervorgegangen. Das Synodensekretariat habe die Eingaben und Vorschläge der Bischofskonferenzen auf den anfangs dieses Jahres verschickten Fragebogen zu kurzen Abschnitten gebündelt und in den älteren Text integriert (vgl. www. vatican.va/roman_curia/synod/documents/rc_ synod_doc_20150623_instrumentum-xiv-assembly_ge.html). Laut Radio Vatikan (deutsch) finden sich vermehrt Hinweise auf die sog. wiederverheirateten Geschiedenen, auch der „stark umstrittene“ Begriff Gradualität habe „wieder Eingang in den Text“ gefunden. Kardinal Marx bezeichnete das Papier als „gute Diskussionsgrundlage“; es zeige gerade „bei den schwierigen Themenbereichen wie dem Umgang mit Paaren in Krisen- Trennungs- und Scheidungssituationen sowie im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen“ „in einer vorsichtigen Sprache verschiedene Blickwinkel auf“.
Zuversicht, dass die authentische überlieferte Lehre der Kirche sich durchsetzt, gewinnt man daraus nicht, wie z. B. an einem Absatz deutlich wird: In Nr. 123 steht eine recht undurchsichtige Aussage. In der deutschen Fassung heißt es: hinsichtlich „zivil wiederverheirateter Geschiedener“, die „unwiderruflich in einer neuen Partnerschaft leben“, gebe es „bezüglich der Idee eines Prozesses der Versöhnung oder eines Bußweges unter der Autorität des Bischofs eine gewisse Übereinstimmung“. In der italienischen Fassung, die ja wohl in Ermangelung eines lateinischen Originals als „authentische Fassung“ gelten muss, wird noch stärker behauptet, es bestehe Übereinstimmung. Wie diese „Übereinstimmung“ zustande gekommen sein soll, ist unklar. Noch fraglicher aber ist, worüber denn hier angeblich Übereinstimmung bestehe, denn der Text ist unklar. Da ist die Rede von einem „Prozess der Reue“, von der Überprüfung der möglichen Ungültigkeit der Ehe, von der „Verpflichtung (!) zur geistlichen Kommunion“ und der „Entscheidung, enthaltsam zu leben“ (letzterer entspricht Familiaris consortio!). Dann aber wird auch von einem „Bußweg“ unter Begleitung eines beauftragten Priesters, der dann nach seiner Einschätzung „situationsgerecht“ die Binde- und Lösevollmacht gebrauchen könne, gesprochen. Da ist also alles offen – und man muss die Befürchtung hegen, dass auch das Schlussdokument der Synode ähnlich zweideutige Formulierungen enthält, die das Tor zu unterschiedlicher Pastoralpraxis öffnen, was letztlich die Unauflöslichkeit der Ehe untergräbt (vgl. „katholisches.info“ 14.7.2015 mit Berufung auf P. Thomas Michelet OP).
Flammende Gebete für die Bischöfe
Aus einem Interview mit Weihbischof Athanasius Schneider
(Quelle:: .www. lifesitenews.com/news/interview-bishop-schneider-urges-flaming-prayers-to-protect-bishops-from-wo; 8.6.15, Übersetzung unter Verwendung von http:// kultur-und-medien-online.blogspot.de/2015/06/bischof-athanasius-schneider-uber-die.html?utm_source=feedburner&utm_medium =email&utm_campaign= Feed:+blogspot/ejKm+%28Kultur+und+Medien+-+online%29, 11.6.2015)
Weihbischof Athanasius Schneider (54), deutschstämmiger Weihbischof von Astana, Kasachstan, hat in den letzten Monaten mehrfach pointiert zu Themen der Weltbischofssynode Stellung genommen. Im Mai veröffentlichte er zusammen mit Erzbischof Aldo di Cillo Pagotto (aus Paraiba, Brasilien) und mit Bischof Robert Francis Vasa (Santa Rosa, USA) das Buch „Option für die Familie: 100 Fragen und 100 Antworten“ (zunächst in Italienisch). Das sehr ausführliche Interview, dessen Wiedergabe wir teilweise kürzen und zusammenfassen, wurde geführt für Lifesitenews von Dr. Maike Hickson. Sie stammt aus Deutschland, promovierte in der Schweiz und lebt mit ihrem Ehemann Dr. Robert Hickson, einem Historiker und Kulturwissenschaftler, und zwei Kindern in den USA. Sie publiziert in zahlreichen Wochen- und Monatszeitschriften. Auf die Einstiegsfrage, die sich auf das eben erwähnte Buch bezog, antwortete Weihbischof Schneider:
(1, 2) Die in der ganzen Kirche seit mehr als einem Jahr diskutierten Themen beträfen das sittliche Leben der Gläubigen unmittelbar, und es sei „vorrangige Aufgabe der Bischöfe, die Gläubigen über solch wichtige Wahrheiten klar und deutlich zu belehren“. Im Buch würden – vom Thema der Bischofssynode vorgegeben – „die GÖTTlichen Wahrheiten über Ehe, Familie und Sexualität in Erinnerung gerufen“, wie das kirchliche Lehramt sie beständig und unverändert seit 2000 Jahren weitergegeben habe. „Die heutige antichristliche und beinahe globale Gesellschaftsordnung greift die GÖTTliche Ordnung der Ehe und der Sexualität frontal an und propagiert Ehescheidung, Konkubinat, und homosexuelle Lebensstile. Deswegen wird im erwähnten Buch die objektive Falschheit vor allem dieser Phänomene anhand von Aussagen des Lehramtes dargestellt und bewiesen.“
(3) Befragt, wie es dazu kommen konnte, dass bislang in der Kirche undiskutierbare Themen wie die Sakramentenzulassung von geschiedenen Wiederverheirateten und die Akzeptanz homosexueller Verbindungen eine solche Aufmerksamkeit erlangen konnten, antwortete Schneider, „die Akzeptanz von eindeutig unchristlichen und sogar heidnischen Lebensstilen innerhalb der katholischen Kirche“ sei „Ergebnis einer längeren Entwicklung“, und zwar Frucht eines doktrinellen Relativismus in vielen Bereichen in den letzten Jahrzehnten. „Der doktrinelle Relativismus besagt, dass radikale Änderungen stattfinden dürfen und sollen, weil es ja nach dieser Theorie keine Beständigkeit und Unveränderlichkeit gibt: weder im Bereich des Dogmas, der Sittlichkeit noch in der Liturgie. Ferner besagt diese Theorie des Relativismus, dass man den Wortlaut einer Lehre beibehält, deren Sinn aber so interpretiert, dass man dann in der Praxis (Pastoral) durchaus Handlungen tun darf, die dem Wortlaut widersprechen.“ Letztlich sei das eine Form von Gnostizismus. Eine der Ursachen dafür sei ein „Minderwertigkeitskomplex“, meist beim Klerus, „der sich darin äußert, dass man dem Mainstream in der modernen Welt gefallen will“. Letztlich aber sei dies „Untreue gegenüber dem Wort CHRISTI“, „Verrat am Taufversprechen“ und „Feigheit vor der Welt“.
(4) Schneider wurde dann angesprochen auf den Vorschlag von Walter Kardinal Kasper, Katholiken, die nach einer Scheidung zivil wieder geheiratet haben, nach einer Zeit der Buße zu den Sakramenten zuzulassen.
„Dieser konkrete Vorschlag von Kardinal Kasper und den Sympathisanten seiner Theorie bedeutet ohne Zweifel eine Unterminierung der Lehre CHRISTI über die Unauflöslichkeit der Ehe. Kardinal Kaspers Theorie offenbart einen unchristlichen Begriff von Sühne und Buße. Wofür konkret sühne jemand in diesem Fall oder wofür tue er Buße? Wenn die betreffenden Gläubigen Buße tun, bereuen sie dann lediglich, dass sie sich von ihrem legitimen Ehegatten in der Vergangenheit getrennt haben? Oder bereuen sie, dass sie nun beständig durch das eheliche Zusammenleben mit einem neuen Partner GOTTES Gebot verletzen? Das biblische Verständnis von Reue besagt jedoch, dass man den festen und ehrlichen Vorsatz hat, das, was man bereut, künftig nicht mehr zu wiederholen. Es ist offenkundig, dass nach Kardinal Kaspers Theorie diese Gläubigen keine Reue darüber haben, dass sie Handlungen begehen, die direkt das Gebot GOTTES ‚Du sollst nicht die Ehe brechen" und somit die Unauflöslichkeit der Ehe verletzten. Wenn sie darüber eine echte Reue haben würden, müssten sie den festen und ehrlichen Entschluss haben, diese Akte nach Kräften und mit GOTTES Hilfe künftig nicht mehr zu wiederholen. Eine Zeit einer solchen vorgeblichen Sühne oder Buße wäre letztlich eine Pervertierung des biblischen Begriffs der Buße, eine Farce, eine Verspottung der Unauflöslichkeit der Ehe, ein Missbrauch des Sakramentes der Eucharistie, welche ja die Feier der Hochzeit des Lammes und der Braut (der Kirche) ist. Was in diesem Zusammenhang besonders schwerwiegend ist, ist der Umstand, dass man all das durch den gnostischen Missbrauch der biblischen Begriffe Buße und Barmherzigkeit rechtfertigt.“
(5) Die anschließende Frage geht darauf, ob man nicht doch – mit Kardinal Kasper - diesen wiederverheirateten Katholiken mehr Barmherzigkeit erweisen müsste, ob man ihnen eine Trennung vom jetzigen Partner zumuten könne, und wie die Kirche das Seelenheil dieser Menschen im Blick haben müsse.
„Sicherlich muss man Barmherzigkeit zeigen gegenüber Katholiken, die durch ihre Lebensweise ständig ein wichtiges Gebot GOTTES verletzten. Barmherzigkeit im Sinne GOTTES bedeutet, dass man den Sünder aus seiner unglücklichen Situation herausholt, sofern dieser es auch ehrlich will. Man muss auch einem Sünder seine Freiheit lassen, und selbst GOTT respektiert sie, denn Er zwingt niemandem Seine Barmherzigkeit auf. GOTT bietet jedem die Gnade der echten Reue und der Vergebung der Sünden an. Es wäre eine Gotteslästerung zu denken und zu sagen: ‚O HERR, ich nehme Deine Barmherzigkeit und Vergebung an, aber ich habe nicht die Absicht, diese meine konkrete Sünde, diese meine konkrete Ablehnung Deines Willens, künftig zu unterlassen.‘ Katholiken, die objektiv das Gebot GOTTES schwer verletzten, zu den Sakramenten zuzulassen, ohne von ihnen den festen und ehrlichen Vorsatz zu verlangen, künftig diese Sünde zu meiden, wäre nicht barmherzig, sondern grausam, denn man würde sie in ihrer objektiven Ablehnung des Willens GOTTES noch bestärken und sie sogar zur Gefahr der Gotteslästerung und zum Missbrauch des Heiligen treiben. Das Wort CHRISTI ist hier sonnenklar: ‚Wenn dich deine rechte Hand zur Sünde verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg: Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt“ (Mt 5,30). Wenn ein Priester, ein Bischof oder ein Kardinal diese Worte CHRISTI bagatellisiert und entsprechend die Menschen lehrt, dann ist er sicherlich nicht barmherzig, sondern wird mitschuldig daran, dass Menschen ewig verloren gehen. Oder ist für solche Kleriker ein eheliches Zusammenleben außerhalb einer gültigen Ehe keine Sünde mehr? Oder gibt es in den Augen solcher Kleriker keine objektive Todsünde und keine ewige Verdammnis mehr?“
(6) Weihbischof Schneider erklärt dann den von ihm angeführten Begriff der Gnosis als „weitverbreitetes Phänomen in der intellektuellen Elite der ersten Jahrhunderte“ das im 2. Jh. sogar in kirchliche Kreise eingedrungen sei. Der hl. Irenäus von Lyon habe das Verdienst, diese schleichende Gefahr entlarvt und mit seinem berühmten Werk ‚Adversus haereses‘ davor gewarnt zu haben. Einige der wichtigsten Grundsätze des altchristlichen Gnostizismus: „1. Es darf einen Gegensatz und sogar einen Widerspruch geben zwischen dem, was wir denken, und dem was wir tun. 2. Nur das erhabene Denken und intellektuelle Erkennen bringt den Menschen das wahre Heil. 3. Alle äußeren Werke im Leib sind zu verachten und sie haben keinen Einfluss auf das wahre Heil des Menschen. 4. Die Gebote im Alten Testament, wie z.B. ‚Du sollst nicht die Ehe brechen‘ sind der Ausdruck des bösen und nicht des guten Gottes, deshalb ist das Alte Testament abzulehnen, und es gilt nur der gute und barmherzige Gott des Neuen Testaments. 5. Die Apostel und das Lehramt der Kirche haben die wahre Absicht CHRISTI nicht richtig verstanden und weitergegeben, deshalb ist eine neue geistige Interpretation der Worte CHRISTI notwendig.“
(8) Gefragt nach der Weise, wie die Kirche Menschen, die geschieden und zivil wiederverheiratet sind, begegnen solle, verweist Schneider auf die Werke der geistigen Barmherzigkeit – Unwissende lehren, Zweifelnden recht raten, für sie beten. Man könne vieles tun – mit Liebe, Taktgefühl, Geduld -, um ihnen zu zeigen, dass die kirchliche Gemeinschaft sie ernst nehme, nicht vergesse und stets helfen wolle, „damit sie den Willen GOTTES durch ihre Lebensweise nicht missachten“, durch Einladung zu Wallfahrten, Exerzitien, eucharistischen Anbetungen, zum Mittun bei Werken der Barmherzigkeit. Besonders wichtig sei, sie zu leiten, dass sie die Gnade der wahren Demut erbitten, was bedeute, in Wahrheit die eigene Sündhaftigkeit zu bekennen.
(9) Der Weihbischof spricht dann von der moralischen und spirituellen Schönheit des Ehesakramentes, das in seiner absoluten Unauflöslichkeit „die unwiderrufliche Treue GOTTES zu uns Menschen und die unzertrennbare Einheit CHRISTI mit der menschlichen Natur im Geheimnis der Kirche, Seiner Braut, darstellt“. Wie die Kirchenväter aufgerufen hätten: „Christ, erkenne deine große Würde!“, so müssten wir heute sagen: „Christliche Eheleute, erkennt die große Würde eurer Ehe.“ Der erhabenste Zweck der Ehe sei, der Kirche, dem Mystischen Leib CHRISTI, neue Glieder zu schenken: Menschen, die einst Bürger des Himmels sein würden. Das Schenken des natürlichen Lebens durch die Zeugung und des GÖTTlichen Lebens durch den Priester (in Taufe und Bußsakrament) gehörten zusammen und seien die schönsten Aufgaben, die GOTT den Menschen anvertraute.
(10) Die Eheleute müssten wissen, dass jedes Kind von GOTT ihnen geschenkt wurde und dass sie es zu einem Bürger des Himmels erziehen sollten, worüber sie Rechenschaft geben müssten. Es bestehe kein Zweifel, dass Kinder, vor allem viele Kinder, normalerweise die Ehe zusammenhielten, weil die Sorge für sie die Eltern weniger egoistisch werden ließen. Bei jedem Kind weite sich gewissermaßen das Herz. Es gebe auch Ausnahmen mit Konflikten, doch die Wirklichkeit erweise, dass keine oder zu wenige Kinder öfter Grund zur Scheidung seien, weil die Eltern zu sehr mit sich beschäftigt wären und egoistisch würden.
Die folgende Frage befasst sich wieder mit der Bischofssynode.
(11) „Die Botschaft der letzten [außerordentlichen] Bischofssynode enthält im Allgemeinen einen guten theologischen Inhalt und will die katholischen Familien in ihrem Glauben bestärken. Allerdings erwähnt die Botschaft das Thema der Zulassung der ‚wiederverheirateten‘ Geschiedenen zu den Sakramenten: ein Thema, das eigentlich gar nicht zur Diskussion stehen dürfte, weil vom beständigen Lehramt der Kirche schon eindeutig entschieden. Dasselbe gilt für den Schlussbericht [Schlussrelatio]. Eine Versammlung von katholischen Bischöfen kann ja auch nicht darüber nachdenken bzw. diskutieren, ob CHRISTUS wirklich GOTT ist oder nicht. Das wäre ein Zeichen von Unglauben. Im Schlussbericht gibt es eine Reihe von positiven Inhalten: z. B. wird öfter von der Gnade und auch von der Familie als Hauskirche gesprochen; ferner wird die Gültigkeit der Lehre der Enzyklika ‚Humanae vitae‘ betont. Der allgemeine Ton der Botschaft verrät jedoch eine gewisse Sentimentalität und begünstigt dadurch das heutige weitverbreitete Phänomen einer Gefühlsreligion, die bleibende Elemente wie Wahrheit, Opfer und Übernatur ausklammert oder marginalisiert. Diese Sentimentalität drückt sich aus in einem häufigen Gebrauch von Wörtern wie ‚liebevoll‘, ‚barmherzig‘, ‚Gefühl‘. Wirkliche Mängel des Schlussberichts sind folgende: Es fehlen überhaupt die Begriffe Sünde, Todsünde und deren Thematisierung, ferner die Hervorhebung der Wichtigkeit von großen Familien; die Bedeutung des Sonntags wird kaum erwähnt, nur einmal im Kontext der sonntäglichen Eucharistiefeier; nichts wird gesagt über den Zusammenhang zwischen Familie und Priesterberufungen; es fehlen die Themen Glaubensbekenntnis und Mut, den Glauben gegenüber der nichtchristlichen Umwelt zu vermitteln, ebenso die Notwendigkeit des Widerstandes; ferner fehlen die Worte Kreuz und Nachfolge des Gekreuzigten.
(12) Die Interviewerin geht dann zur Aussage des Schlussberichts der außerordentlichen Bischofssynode vom Oktober 2014 (Nr. 41), wo von positiven Aspekten der nur zivilen Ehen und der unverheiratet zusammenlebenden Paare die Rede ist, und fragt, ob da nicht die Gefahr bestehe, dass Menschen in solchen Verbindungen gar nicht mehr die Notwendigkeit der Sakramente und des Segens GOTTES sehen.
„Im Licht des Glaubens ist es sicherlich falsch, von positiven Aspekten zu sprechen in einer Wirklichkeit, die für einen Katholiken einen objektiven sündhaften Zustand bedeutet, wie eine [nur] zivil geschlossene Ehe. Vom pädagogischen Gesichtspunkt her ist so eine Sprache schädlich, weil sie die objektive schwere Sündhaftigkeit einer ungültigen ehelichen Verbindung bagatellisiert. Solch eine Sprache zu gebrauchen ist unwürdig für Bischöfe, weil sie der Sprache und der Lehre CHRISTI und der Apostel widerspricht.“
(13) Dann wird der Bischof gefragt nach seiner Bewertung des Wunsches der Bischofssynode (Schlussbericht Nr. 48), den kanonischen Prozess der Nichtigkeitserklärung einer Ehe zu beschleunigen und sogar organisatorisch zu vereinfachen.
„Die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben wiederholt eine zu laxe Praxis von manchen Ehegerichten in Ehenichtigkeitsprozessen heute beklagt. Solch eine laxe Praxis kommt de facto einer Ehescheidung gleich. Wenn es um das Heilige geht - und die Ehe ist etwas Heiliges - und um die Gültigkeit von Sakramenten, die keine menschlichen, sondern GÖTTliche Einrichtungen sind, dann ist die Kirche immer den sichereren Weg (‚via tutior‘) gegangen. GOTT hat in der Hl. Schrift oft die Menschen und ihre Hirten gewarnt: ‚Verflucht, wer den Auftrag des HERRN lässig betreibt‘ (‚maledictus qui facit opus Domini negligenter‘) (Jer 48, 10). Als positiv und hilfreich kann man den Vorschlag des Schlussberichts der Synode bewerten, die Kosten der Ehenichtigkeitsprozesse zu mindern oder ganz zu erlassen.
(14) Die nächste Frage bezieht sich auf den Vorschlag der „geistlichen Kommunion“ (in Nr. 53).
„Die eigentliche Frucht des Empfanges des Sakramentes der Eucharistie besteht in der Einheit der Seele mit CHRISTUS. Die hl. Kommunion ist das Zeichen der Einheit (‚signum unitatis‘) und das Band der Liebe (‚vinculum caritatis‘) in erster Linie zwischen dem Kommunizierenden und CHRISTUS selbst. Das Konzil von Trient lehrt (sess. XIII, cap. 8), dass jeder sakramentale Empfang der hl. Kommunion immer auch geistig sein soll und dass, für eine geistliche Kommunion, ein lebendiger Glaube vorhanden sein soll, der durch die Liebe wirksam ist (vgl. Gal 5, 6). Und CHRISTUS sagte: ‚Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.‘ (Joh 14,15)
Wenn nun jemand in einer schwerwiegenden Weise ein Gebot GOTTES übertritt und so fortwährend die Heiligkeit des sakramentalen Ehebandes verletzt, dem fehlt das wahre Werk der Liebe zu GOTT und zu Seinem Willen. Folglich erfüllt er nicht die Bedingungen, um geistig kommunizieren zu können. Er kann jedoch eine Sehnsucht nach dem Stand der Gnade haben, um dann in solch einem Stand eine größtmögliche innere Einheit mit Christus zu erlangen. Der Hinweis in Paragraph 53 des Schlussberichtes über die geistliche Kommunion entspricht sicherlich nicht der beständigen Lehre der Kirche und verursacht eher Verwirrung.“
(15) Die Interviewerin bemängelt, dass im Schlussbericht (Nr. 57, 58) der außerordentlichen Bischofssynode zu wenig zum Thema Empfängnisverhütung gesagt sei und fragt, ob die Kirche nicht nachdrücklicher darüber sprechen müsste und was Bischof Schneider im Schlussbericht der kommenden ordentlichen Bischofssynode gern lesen würde.
„Die gesamte Überlieferung der Kirche hat immer gelehrt, dass zahlreiche Kinder ein besonderer Segen GOTTES für eine Familie sind (vgl. Gaudium et spes, 50; KKK 2373). Man müsste erwähnen, dass man auch schwer sündigen kann, wenn man die natürliche Methode der Geburtenregelung, d.h. die periodische Enthaltsamkeit, egoistisch gebraucht, d.h. ohne schwerwiegende Gründe. Für die sittliche Gutheit des Gebrauchs der natürlichen Methode müssen gerechte Gründe vorliegen (vgl. Humanae vitae, 16).“
(16) Kritisch fragt die Interviewerin noch den verschiedene UN-Konferenzen in den 1990er Jahren, die zur Unterminierung der Familie beitrugen, indem sie die Frauen wie die Kinder durch eigene Rechtserklärungen aus dem Familienverband herausgelöst und als unabhängige Elemente dargestellt haben. Die Kirche habe anfänglich besorgt und mit Widerstand reagiert, doch der Schlussbericht beziehe sich nun an ein, zwei Stellen darauf.
„Wenn man sich auf Dokumente von nichtchristlichen Organisationen bezieht, dann muss man höchste Sorgfalt walten lassen, zumal wenn in solchen Dokumente Thesen und Vorschläge enthalten sind, die gegen den natürlichen und christlichen Sinn der Familie sind. In der völlig sexualisierten heutigen Gesellschaft bedürfen die Frauen und Kinder sicherlich des effektiven Schutzes vor Missbrauch. Wenn man sich nun auf entsprechende Dokumente bezieht, dann soll man sich nur auf jene Punkte berufen, die in sich sittlich einwandfrei sind. Zur Vermeidung von Missverständnissen bei den Gläubigen, müsste man dann allerdings klar auf die sittlich bedenkliche Grundtendenz des betreffenden Dokumentes hinweisen.“ Man solle bei der Verwendung von Begriffen, die auch von Gegnern des Christentums verwendet werden, immer den wahren christlichen Sinn dieser Begriffe nennen.
(18) Die Interviewerin fragt nach der Bewertung, dass bei den Debatten der Bischofsynode offenbar Sünde/Todsünde nicht thematisiert wurden.
„Diese Unterlassung ist schwerwiegend, denn ohne die Annahme der Wahrheit von der Erbsünde und der Sünden überhaupt, kann man die Erlösung des Menschengeschlechts durch das Kreuzesopfer CHRISTI nicht richtig verstehen. Eliminiert man das Sprechen von der Sünde, dann eliminiert man auch letztlich die wahre Erlösung und man verwandelt das Christentum in einen Humanismus oder in einen Pelagianismus. Übrig bleibt dann die Selbsterlösung oder eine Religion der sittlichen natürlichen Ethik und Pädagogik oder eine Religion der Ökologie und des Klimas (‚climate change‘).“
(19, 20) Auf die Frage nach seinen Einschätzungen bezüglich der kommenden Bischofssynode und nach dem, was die Gläubigen tun könnten, um die gesunde Lehre zu stärken, sagte der Weihbischof:
„Meine Erwartungen sind die, dass es eine Bischofssynode sein wird, die diesem Namen entspricht und der Nachfolger der Apostel würdig ist. Es soll eine Versammlung der ‚Lehrer des Glaubens‘ sein, die die Gläubigen – gelegen oder ungelegen – mit aller Klarheit und Vernünftigkeit der Worte lehren (vgl. die Briefe des hl. Paulus an die ersten Bischöfe der Kirche, an Timotheus und Titus); ich erwarte, dass sie der unchristlichen Welt furchtlos und ohne Minderwertigkeitskomplexe das ganze Evangelium der Familie künden. Einschätzungen sind für mich schwer zu machen. Für mich besteht allerdings kein Zweifel, dass es eines machtvollen Gebetes seitens der ganzen Kirche bedarf, damit die Lehrer der Unwahrheit auf der Synode - auch wenn sie aus den Reihen der Bischöfe und Kardinälen kommen sollten – die Herde CHRISTI nicht verderben und nicht, unter dem Vorwand der Gnade und Barmherzigkeit, sittliche Ausschweifung erlauben. Denn schon der hl. Apostel Judas Thaddäus hatte in seinem Brief die damaligen Gläubigen vor solchen in die Kirche eingeschlichenen Lehrern der Unzucht gewarnt: ‚subintroierunt homines impii, Dei nostri gratiam transferentes in luxuriam‘ (Jud 4).“
„Zunächst sollen die Katholiken viele und flammende Gebete verrichten, damit die Bischöfe von der Versuchung der Anpassung an die Welt bewahrt werden und im apostolischen Bekennermut gestärkt werden, und auch, dass GOTT sich erhebe und die Pläne der Frevler bei der Synode zerstöre, welche die Klugheit des Fleisches (vgl. 1 Kor 1, 26) lehren. GOTT aber spricht: ‚Ich verwerfe die Weisheit der Weisen und vernichte die Klugheit der Klugen‘ (1 Kor 1, 19). Die Katholiken sollen, besonders im Hinblick auf die Synode, vor allem die beständige Lehre der Kirche und aller Heiligen über die Ehe und Familie durch Schriften, Konferenzen und durch ihr persönliches Zeugnis verbreiten.“
(21) „In welchem Maße gibt es eine Parallele zwischen der Unterminierung der innerhalb der Kirche in unserer Zeit und derjenigen in der Zeit der Reformation?“
„Unterminiert man die Unauflöslichkeit der Ehe, dann verliert die Ehe im Laufe der Zeit ihre Heiligkeit und verwandelt sich so in eine Art ‚weltlich Ding‘, wie Martin Luther sie bezeichnet hatte. Die Folge davon ist dann die Erlaubtheit der Scheidung und die weitere Folge davon ist dann die Erlaubtheit der geschlechtlichen Beziehungen außerhalb der Ehe. Das hat die Geschichte vieler aus der protestantischen Reformation hervorgegangenen Konfessionen gezeigt.“
(22) „Sie haben einmal die heutige Kirchenkrise als die vierte Große Kirchenkrise der Geschichte bezeichnet. Könnten Sie uns das erklären?“
„Was einem jeden unvoreingenommenen Beobachter der heutigen Krise der Kirche auffallen muss, ist der Zustand einer enormen und gleichsam globalen Verwirrung in Bereich des Dogmas, der Moral und der Liturgie; mit anderen Worten gesagt: es herrscht ein Relativismus in allen diesen Bereichen. Vieles ist dem Uminterpretieren unterworfen, so dass die einzelnen dogmatischen Lehren, sittlichen Grundsätze und Gesetze der Liturgie bei vielen Gläubigen, vielen Priestern und selbst bei einigen Bischöfen ins Schwimmen geraten sind. Unzählige Theologen und selbst einige Bischöfe dürfen ungestraft wirkliche Häresien verkünden und an Gotteslästerung grenzende Liturgien feiern. Die früheren großen Krisen der Kirche waren irgendwie thematisch umschrieben, z. B. die arianische Krise (Leugnung der GOTTheit CHRISTI), das ‚saeculum obscurum‘ [dunkle Jahrhundert] im 9. - 10. Jahrhundert (Konkubinat und Simonie des Klerus und monströse Sittenlosigkeit einiger Päpste), das Avignoner Exil mit dem großen abendländischen Schisma (70-jährige Abwesenheit der Päpste von ihrem römischen Bischofssitz; zwei und drei Päpste gleichzeitig) und als Teil dieser Krise dann das Renaissancepapsttum (völlige Verweltlichung des Lebensstils der Päpste, Übernahme des heidnischen Naturalismus als Öffnung zur damaligen Welt). Die heutige Krise ist eine Krise, die gleichsam alle Bereiche des kirchlichen Lebens umfasst, wobei der schwerwiegendste Aspekt der doktrinelle Relativismus ist, der augenscheinlichste aber die liturgische Anarchie.“
(23) „Auf dem Hintergrund des Schicksals Ihrer eigenen Familie und Ihres Leben und Leidens unter dem Kommunismus in der Sowjetunion: welche Erfahrungen können Sie nun fruchtbar machen für den derzeitigen Kampf in der Kirche um den Glauben?“
„Die Notwendigkeit der Furchtlosigkeit vor den Feinden des Christentums; die reichen Gnaden, die aus dem Leiden und der Kreuzesnachfolge fließen; die Notwendigkeit der integralen Weitergabe des katholischen Glaubens vor allem in den Familien bei Abwesenheit bzw. beim Mangel der Priester.“
(24) „Da wir beide Deutsche sind, erlaube ich mir, Ihnen eine besondere Frage zu stellen. In unserer Geschichte sind die Deutschen mit dem Problem des Widerstandsrechtes konfrontiert worden und der Frage der Verantwortung des Einzelnen, selbst wenn er nur einem Übel schweigend zuschaut. Welche Lehre sollten wir daraus ziehen für unsere aktuelle innerkirchliche Situation, wenn wir fürchten, dass einige allzu reformfreudige Kirchenvertreter die ewige Lehre JESU CHRISTI selbst anzutasten versuchen? Wie können wir hier besser unsere Treue zur Lehre CHRISTI zeigen, aus Liebe zu JESUS CHRISTUS selbst und auch zu unseren Mitmenschen? Was sollten wir tun, wenn wir die Integrität des Glaubens angegriffen sehen, seien wir Kleriker oder Laien?“
„Wir sollten, ob gelegen oder ungelegen, die ganze Integrität unseres katholischen Glaubens in Wort und Schrift bekennen, und zwar angefangen im Bereich der kirchlichen Gemeinschaften und Organisationen, mit denen wir in Berührung kommen, und wenn nötig sogar vor dem eigenen Pfarrer oder Bischof, falls dieser sich erdreisten sollte, die Lehre CHRISTI in einem bestimmten Punkt zu leugnen, aus Liebe zur Welt und zu schneller Unterwerfung unter die ‚politische Korrektheit‘. Wir sollten so handeln, aber es immer mit Würde, Gelassenheit und mit Demut tun, jedoch klar und furchtlos.“
(25) Die Interviewerin fragt nun nach der Kollegialität - auf dem Hintergrund der Aussagen von Kardinal Marx über die angebliche Unabhängigkeit der nationalen Bischofskonferenzen von der Autorität Rom.
„Der katholische Glaube besagt, dass der Papst als Nachfolger Petri der mit wahrer Leitungsgewalt ausgestattete oberste Hirte aller Jünger CHRISTI ist, der Gläubigen und ihrer Hirten, also auch der Bischöfe. Andernfalls wäre der Papst lediglich eine Dekoration, und das widerspräche der von GOTT selbst gegebenen Struktur der Kirche. Die angenommene Unabhängigkeit der einzelnen Bischöfe oder einer Gruppe (z. B. einer Nation) vom Papst widerspricht der GÖTTlichen Verfassung der Kirche. Bischöfe, die solch eine Haltung vertreten und leben, sind dann nicht mehr katholisch, sondern schismatisch. Der Papst (als Stellvertreter CHRISTI) ist das sichtbare Haupt der sichtbaren Kirche und die Bischöfe sind die Glieder am Leib der universalen Kirche. Haupt und Glieder sind gegenseitig verbunden und gehören organisch zusammen (ein Bild für die Kollegialität). Die Glieder, also die einzelnen Bischöfe oder das Kollegium der Bischöfe, können nicht gleichzeitig das Haupt für den gesamten Leib bilden. Die Bischöfe sind Haupt nur für einen Teilbereich (oder Jurisdiktion) der gesamten Kirche (d.h. einer Diözese). Der Papst als Haupt kann einzelne Bischöfe oder ihre Gesamtheit (Kollegium), an seinem Lehr- und Leitungsamt teilnehmen lassen, so dass dann solch ein Lehr- und Leitungsakt ein gemeinsamer kirchlicher und wahrer kollegialer Akt ist. Der Papst ist dazu allerdings nicht gezwungen. Wenn das so wäre, dann hätte die Kirche von ihrer Verfassung her ein Doppelhaupt und das wäre gegen die von CHRISTUS gegebene Verfassung und gegen das Prinzip der wahren Hierarchie, die aus Ordnung und Unterordnung im Leib CHRISTI und im Reiche GOTTES besteht.
(26, 27) Die Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland nennt Weihbischof Schneider „sehr traurig, weil dadurch die praktische Verhaltensweise der deutschen Kirche dem widerspricht, was sie glaubt“. Zu den Forderungen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, homosexuelle Partnerschaften zu segnen etc. sagt er, wer solches vertritt, sei kein Katholik mehr, und zitiert 1 Joh 2,19.
(28) Die nächste Frage geht wieder auf den Schlussbericht der vergangenen Bischofssynode, wo in Nr. 55 von homosexuellem Verhalten die Rede ist.
„Bei praktizierenden Homosexuellen handelt es sich um Personen, die sich in einer schwerwiegenden Weise gegen den Willen GOTTES des Schöpfers verfehlen, denn mit ihren Akten lehnen sie die Tatsache der GÖTTlichen Ordnung der Geschlechtlichkeit ab. Nun besteht aber die geschlechtliche Ordnung nur aus zwei Geschlechtern, dem männlichen und dem weiblichen, und diese Ordnung hat GOTTES unendliche Weisheit und Güte ausgedacht und für gut erklärt. Wenn sich jemand durch seine Handlungen bewusst gegen diese Ordnung auflehnt, dann lehnt er sich gegen die Weisheit und Liebe GOTTES auf und lehnt letztlich den Willen GOTTES in einem sehr wichtigen Bereich ab. Wenn jemand GOTTES Willen in einem wichtigen Bereich ablehnt, dann setzt er seinen Willen, seine eigene Einsicht und seine Leidenschaften an die Stelle GOTTES. Dadurch schließt sich so jemand von der ewigen Gemeinschaft mit GOTT, von der ewigen Seligkeit selbst aus und wählt die ewige Verdammung. Praktizierende Homosexuelle, wie auch jeder Todsünder, befinden sich in einer höchst gefährlichen geistigen Lage, gleichsam vor dem Abgrund, weil sie Gefahr laufen, ihre Seele auf ewig zu verlieren. CHRISTUS hat gelitten und Sein kostbares Blut am Kreuz vergossen, damit kein Mensch ewig verlorengehe, sondern vielmehr sich bekehrt, d. h. den Willen Gottes in allem voll annimmt, und so ewig gerettet wird. CHRISTUS kann niemanden retten und keinem vergeben, wenn er sich nicht bekehrt (vgl. Mk 4, 12). Beginnend an Pfingsten war einer der wichtigsten Aufrufe in der Predigt der Apostel und der Kirche dieser: ‚Es soll sich jeder von seiner Bosheit bekehren!" (Apg 3, 26); und er wird es auch bis ans Ende der Zeiten bleiben. Das unfehlbare Wort GOTTES spricht ganz klar darüber, dass homosexuelle Handlungen gottwidrig und schwer sündhaft sind und denjenigen, der sie begeht, in Gefahr bringen, ewig verloren zu gehen: ‚Schläft einer mit einem Mann wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft, ihr Blut soll auf sie kommen." (Lev 20, 13); "Männer, die mit einander Geschlechtsverkehr haben, werden das Reich GOTTES nicht erben" (1 Kor 6, 10); und "homosexuelle Handlungen verstoßen gegen die gesunde Lehre des Evangeliums" (vgl. 1 Tim 1, 10). Das sagt uns der HL. GEIST auch durch den Mund des Moses und des hl. Apostels Paulus (vgl. auch Lev 18, 22; Gen 18, 20; Jes 3, 9; Röm 1, 26-27; Jud 7).
Wenn Vertreter der Kirche diese Mahnungen des HL. GEISTES auf einmal nicht mehr aussprechen und sie verschweigen – unter dem Vorwand, homosexuell handelnde Menschen ‚willkommen zu heißen‘ und ihre Würde zu achten – dann begehen sie eine schwere Sünde der Unterlassung, und GOTT wird von ihnen Rechenschaft verlangen, wenn eines Tages homosexuell handelnde Menschen ewig verloren gehen, weil sie nicht gewarnt wurden. Es wäre eine Sünde, einen Menschen nicht darauf aufmerksam zu machen, dass er sich in einer realen Gefahr befindet zu sündigen und abzustürzen. Allen Priestern, Bischöfen und Kardinälen, die es in unseren Tagen – unter dem Vorwand des Respekts – unterlassen, praktizierende Homosexuelle auf die sittliche Schwere ihrer Handlungen hinzuweisen, wird GOTT einmal beim Gericht diese Worte entgegenhalten: ‚Wenn du nicht warnst und nicht redest, um den Schuldigen von seinem schuldhaften Weg abzubringen, damit er am Leben bleibt, dann wird der Schuldige seiner Sünde wegen sterben, von dir aber fordere ich Rechenschaft für sein Blut‘ (Ez 3, 18).
Man muss bei der enormen sentimentalen und intellektuellen Konfusion des Themas Homosexualität den gesunden Menschenverstand bewahren und den – durch alle Jahrhunderte konstanten – pastoralen Grundsatz der Kirche befolgen: ‚Die Sünde hassen, den Sünder aber lieben‘. Man darf Menschen mit homosexuellen Neigungen nicht belügen und muss ihnen die Wahrheit sagen, dass die homosexuelle Neigung in sich eine Störung der von GOTT in die Natur grundgelegte Ordnung ist. An sich ist eine solche Tendenz keine Sünde. Diese Störung ist Folge der Erbsünde, wie alle anderen Störungen des sittlichen Verhaltens und in der Persönlichkeitsstruktur. Es gibt viele Störungen im sittlichen Verhalten der Menschen, die auch sehr tiefsitzend sind, wie z. B. die Neigung zum Alkohol- und Drogenmissbrauch. Wenn solche Tendenzen nicht ausgelebt werden, dann müssen sie keine Schande sein. Man muss Menschen mit objektiv ungeordneten Tendenzen, wie in unserem Falle Menschen mit homosexuellen Neigungen, mit Liebe und Takt helfen, einen Prozess der Heilung zu machen. Mit der Gnade GOTTES und der kompetenten Hilfe von Fachleuten kann man diesen Menschen helfen, wie es die Erfahrung in vielen Fällen schon reichlich bewiesen hat. Erst wenn diese Menschen so einen Prozess der Heiligung beschreiten und in ihm Fortschritte machen, werden sie wahrhaft glücklich. Alles andere wäre Betrug und Illusion. Die unmissverständlich klare Lehre der Kirche über die Homosexualität, vorgetragen mit Liebe und Respekt, wird diesen Menschen wahrhaft eine Hilfe sein, damit sie ihre Seele für die Ewigkeit retten und schon hier auf Erden ein glückliches Leben führen können – mit Hilfe der Übung der Keuschheit als Ledige oder durch eine Eheschließung, in Übereinstimmung mit dem Gebot GOTTES. Das wäre die wahre pastorale Antwort auf dieses aktuelle Problem in unserer Gesellschaft, gemäß dem Wort GOTTES und dem uns überlieferten Glauben der Apostel.“
(29) „Was ist die klare Lehre der katholischen Kirche zu homosexuellen Paaren, die Kinder adoptieren wollen, besonders in Hinblick auf das Wohl der Kinder?“
„Es gibt klare Aussagen des Lehramtes zur Sündhaftigkeit homosexueller Handlungen, betreffend die objektive Unordnung der homosexuellen Tendenz, und darüber hinaus hinsichtlich der Sündhaftigkeit und Unrechtmäßigkeit der Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare, z. B. Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre ‚Persona humana‘ vom 29.12.1975; Brief der Kongregation für die Glaubenslehre ‚Über die Seelsorge für homosexuelle Personen‘ vom 1.10.1986; ‚Katechismus der Katholischen Kirche‘ Nr. 2357-2359; Kongregation für die Glaubenslehre: ‚Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen‘ [3.6.2003].
Aus diesem Dokument sei die folgenden klare Stellungnahme des kirchlichen Lehramtes zitiert: ‚Wie die Erfahrung zeigt, schafft das Fehlen der geschlechtlichen Bipolarität Hindernisse für die normale Entwicklung der Kinder, die eventuell in solche Lebensgemeinschaften eingefügt werden. Ihnen fehlt die Erfahrung der Mutterschaft oder der Vaterschaft. Das Einfügen von Kindern in homosexuelle Lebensgemeinschaften durch die Adoption bedeutet faktisch, diesen Kindern Gewalt anzutun in dem Sinn, dass man ihren Zustand der Bedürftigkeit ausnützt, um sie in ein Umfeld einzuführen, das ihrer vollen menschlichen Entwicklung nicht förderlich ist. Eine solche Vorgangsweise wäre gewiss schwerwiegend unsittlich und würde offen einem Grundsatz widersprechen, der auch von der internationalen Konvention der UNO über die Rechte der Kinder anerkannt ist. Demgemäß ist das oberste zu schützende Interesse in jedem Fall das Interesse des Kindes, das den schwächeren und schutzlosen Teil ausmacht‘ (Nr. 7).“
(30) In der letzten Frage des Interviews wird die Bewertung des Referendums für die „Homo-Ehe“ in Irland angefragt. Weihbischof Athanasius Schneider antwortet:
„Das Ergebnis des jüngsten Referendums in Irland ist ein Spiegel und ein Indikator dafür, wie sehr sich breite Massen eines Volkes (darunter viele Katholiken) – und, GOTT sei es geklagt, selbst Vertreter des katholischen Klerus – sich von der neokommunistischen Gender-Ideologie haben indoktrinieren lassen. Die Massen gehen mit dem Zeitgeist, und nicht wenige Kleriker, manchmal sogar Prälaten, kollaborieren mit diesem Zeitgeist, entsprechend ihrer Haltung politischer Korrektheit. Die jüngste Geschichte Europas hat gezeigt, dass die Massen sehr schnell Ideologien und selbst menschenverachtende Ideologien (wie z. B. Faschismus, Nationalsozialismus, Sowjetkommunismus) annehmen. Im Unterschied zu früheren Zeiten in der Geschichte findet man in unseren Tagen in den Reihen des Klerus einen deutlich höheren Anteil von Kollaborateuren mit der neuen herrschenden Ideologie. Das ist ein Zeichen des Ausmaßes der Krise des Glaubens innerhalb der Kirche.
Auf der anderen Seite ist das auch eine Chance für alle, die ihren Taufgelübden – und dem Glauben der Apostel und der Heiligen – treu geblieben sind, den Glauben zu bekennen und zu verteidigen! Die heutige Zeit ist nicht eine Zeit des faulen Schlafens, sondern eine Zeit, ein guter Soldat CHRISTI zu sein (2 Tim 2, 3). Unser Kampf ist ein geistiger Kampf, ein Kampf für die Wahrheit, mit Liebe (vgl. Eph 4, 15).“
Pastoral kann nicht
der Glaubenslehre widersprechen
Interview von LifeSiteNews.com mit Kardinal Brandmüller
Am 14. April 2015 veröffentlichte LifeSiteNews ein Interview von Dr. Maike Hickson mit Kardinal Walter Brandmüller. Der deutsche Kardinal (*1929), Kirchengeschichtler im Vatikan und 2010 zum Kardinal ernannt, nimmt darin kein Blatt vor den Mund, insbesondere als er zu den Aussagen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und des Osnabrücker Bischofs Bode angesprochen wird.
(Quelle des englischen Textes: https:/ www. lifesitenews.com/news/cardinal-brandmueller-advocates-for-changing-catholic-teaching-on-marriage)
„Können Sie noch einmal für unsere Leser klar die Lehre der Katholischen Kirche darlegen, wie sie beständig Jahrhunderte hindurch in Bezug auf die Ehe und ihre Unauflöslichkeit gelehrt wurde?
Die Antwort ist zu finden im Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1638-1642.
Kann die Kirche wiederverheiratete Paare zur Hl. Kommunion zulassen, sogar wenn ihre zweite Eheschließung in den Augen der Kirche nicht gültig ist?
Das wäre möglich, wenn die betroffenen Paare sich dazu entschließen würden, künftig wie Bruder und Schwester zu leben. Diese Lösung ist besonders der Überlegung wert, wenn die Sorge für Kinder eine Trennung verbieten würde. Die Entscheidung für einen solchen Weg wäre ein überzeugender Ausdruck der Buße für den vorherigen, langdauernden Ehebruch.
Kann die Kirche das Thema Ehe in einer ‚pastoralen‘ Weise behandeln, die der beständigen Lehre der Kirche widerspricht? Kann die Kirche überhaupt ihre Lehre verändern, ohne selbst in die Häresie zu fallen?
Es ist offensichtlich, dass die pastorale Praxis der Kirche nicht im Widerspruch stehen kann zur verbindlichen Glaubenslehre oder diese einfach ignorieren darf. So könnte vielleicht ein Architekt eine noch so schöne Brücke bauen. Missachtet er aber die Gesetze der Statik, riskiert er den Zusammenbruch seiner Konstruktion. In gleicher Weise muss jede pastorale Praxis dem Wort GOTTES folgen, wenn sie nicht fehlschlagen soll. Eine Veränderung der Lehre, des Dogmas, ist undenkbar. Wer es dennoch bewusst tut oder hartnäckig fordert, ist ein Häretiker – sogar wenn er den römischen Purpur trägt.
Ist nicht die ganze Diskussion über die Zulassung von Wiederverheirateten zur hl. Eucharistie auch Ausdruck der Tatsache, dass viele Katholiken nicht mehr an die Realpräsenz glauben und eher denken, dass sie in der hl. Kommunion irgendwie nur ein Stück Brot empfangen?
In der Tat ist es ein unlösbarer innerer Widerspruch, wenn jemand den Leib und das Blut CHRISTI empfangen und sich mit Ihm vereinen möchte, während er zugleich bewusst Sein Gebot missachtet. Wie soll das funktionieren? Der hl. Paulus sagt dazu: ‚Wer unwürdig isst und trinkt, der isst und trinkt sich das Gericht ...‘ [1 Kor 11,29]. Aber: Sie haben Recht: Bei weitem nicht alle Katholiken glauben an die wirkliche Gegenwart CHRISTI in der konsekrierten Hostie. Man kann diese Tatsache bereits in der Art und Weise sehen, wie viele - auch Priester – am Tabernakel ohne Kniebeuge vorbeigehen.
Warum gibt es heute einen so starken Angriff auf die Unauflöslichkeit der Ehe innerhalb der Kirche? Eine mögliche Antwort könnte sein, dass der Geist des Relativismus in die Kirche eingedrungen ist, aber es muss noch mehr Gründe geben. Könnten Sie einige nennen? Und sind nicht alle diese Gründe ein Zeichen für die Krise des Glaubens in der Kirche selbst?
Natürlich, wenn gewisse allgemein, immer und überall gültige sittliche Normen, nicht mehr anerkannt werden, dann macht sich jeder selbst sein eigenes moralisches Gesetz. Das hat zur Folge, dass man tut, was man will. Dazu kommt die individualistische Lebenshaltung, die das Leben als eine einzige Chance zur Selbstverwirklichung und nicht als einen Auftrag des Schöpfers betrachtet. Es ist offensichtlich, dass solche Haltungen Ausdruck eines tiefgehenden Glaubensverlusts sind.
In diesem Zusammenhang kann man feststellen, dass es in den letzten Jahrzehnten wenig Diskussion über die Lehre von der gefallenen menschlichen Natur gab. Der vorherrschende Eindruck war, dass der Mensch insgesamt gut ist. Aus meiner Sicht hat dies zu einer laxen Haltung gegenüber der Sünde geführt. Nun, da wir das Ergebnis einer solchen laschen Haltung sehen – eine Explosion unmenschlichen Verhaltens in allen möglichen Bereichen des menschlichen Lebens –: sollte dies nicht ein Grund für die Kirche sein, einzusehen, dass die Lehre von der gefallenen menschlichen Natur bestätigt wurde, und sie daher wiederum zu verkünden?
Das ist in der Tat wahr. Das Thema ‚Erbsünde‘ mit ihren Folgen, die Notwendigkeit der Erlösung durch das Leiden, den Tod und die Auferstehung CHRISTI wurden lange Zeit weithin unterdrückt und vergessen. Doch man kann den Lauf der Welt – und das eigene Leben – nicht verstehen ohne diese Wahrheiten. Es ist unvermeidlich, dass dieses Ignorieren wesentlicher Wahrheiten zu moralischem Fehlverhalten führt. Sie haben Recht: Es müsste endlich wieder darüber gepredigt werden, und zwar mit Klarheit.
Die hohe Zahl von Abtreibungen vor allem im Westen hat großes Leid verursacht, nicht nur für die getöteten Babys, sondern auch für die Frauen (und Männer), die sich entschieden haben, ihr Kind zu töten. Sollten die Prälaten der Kirche nicht eine feste Haltung zu dieser schrecklichen Wahrheit einnehmen und versuchen, die Gewissen jener Frauen und Männer aufzurütteln, auch um deren Rettung willen? Und hat die Kirche nicht die Pflicht, mit Nachdruck die Kleinen zu verteidigen, die sich nicht selbst verteidigen können, weil man ihnen nicht einmal zu leben erlaubt? ‚Lasst die Kleinen zu mir kommen....‘
Hier kann man sagen, dass die Kirche, vor allem unter den letzten Päpsten und ebenso unter dem Heiligen Vater Franziskus keinen Zweifel gelassen hat am verabscheuungswürdigen Charakter der Tötung ungeborener Kinder im Mutterleib. Dies trifft gewiss auch auf alle Bischöfe zu. Doch es ist eine andere Frage, ob und in welcher Form diese Lehre der Kirche in der Öffentlichkeit bezeugt und vertreten wird. Das könnte die Hierarchie sicherlich mehr tun. Man denke nur an die Teilnahme von Kardinälen und Bischöfen an Pro-Life-Märschen.
Welche Schritte würden Sie der Kirche empfehlen, um die Berufung zur Heiligkeit zu stärken und um den Weg aufzuzeigen, auf dem man sie erreichen kann?
Man hat auf jeden Fall die Pflicht, den Glauben in einer Weise zu bezeugen, die der jeweiligen Situation angemessen ist. In welcher Form dies geschehen kann, hängt von den konkreten Umständen ab. Da steht der kreativen Phantasie ein weites Feld offen.
Was würden Sie zu den jüngsten Aussagen von Bischof Franz-Josef Bode sagen, dass die katholische Kirche sich zunehmend den ‚Lebenswirklichkeiten‘ der Menschen von heute anpassen und entsprechend ihrer Morallehre angleichen muss? Ich bin sicher, dass Sie als Kirchenhistoriker andere Beispiele aus der Geschichte der Kirche vor Augen haben, wo sie von außen unter Druck gesetzt wurde, um die Lehre CHRISTI zu verändern. Könnten Sie einige nennen, und wie hat die Kirche in der Vergangenheit auf solche Angriffe reagiert?
Es ist völlig klar und auch nicht neu, dass die Verkündigung der Lehre der Kirche auf die konkrete Lebenssituation der Gesellschaft und des Einzelnen angewendet werden muss, wenn die Botschaft Gehör finden soll. Doch das betrifft nur die Art und Weise der Verkündigung, und überhaupt nicht ihren unantastbaren Inhalt. Eine Anpassung der Morallehre ist nicht akzeptabel. ‚Gleicht euch nicht dieser Welt an‘, sagte der hl. Apostel Paulus [Röm 12,2]. Wenn Bischof Bode etwas anderes lehrt, befindet er sich in Widerspruch zur Lehre der Kirche. Ist er sich dessen bewusst?
Ist es der deutschen katholischen Kirche gestattet, in der Frage der Zulassung von wiederverheirateten Paaren zur hl. Eucharistie eigene Wege zu gehen und dabei unabhängig von Rom zu entscheiden, wie es Reinhard Kardinal Marx nach der jüngsten Zusammenkunft der Deutschen Bischofskonferenz gesagt hat?
Die bekannten Aussagen von Kardinal Marx stehen im Widerspruch zum Dogma der Kirche. Sie sind in pastoraler Hinsicht unverantwortlich, denn sie setzen die Gläubigen Verwirrung und Zweifeln aus. Wenn er meint, dass er auf nationaler Ebene einen unabhängigen Weg einschlagen kann, setzt er die Einheit der Kirche auf Spiel. Es bleibt dabei: verbindlicher Maßstab für die gesamte Lehre und Praxis der Kirche ist ihre klar definierte Glaubenslehre.“
Die „Rheinische Post“ führte kürzlich ein kurzes Interview mit Walter Kardinal Brandmüller (vgl. www. rp-online.de/panorama/wissen/der-gute-hirte-darf-woelfe-nicht-fuerchten-aid-1.5205105, 1.7.2015). Die Zeitung sprach von einer ängstlichen Haltung der deutschen Kirche in der Debatte um die sog. „Homo-Ehe“ und fragte, ob die „Wohlstandskirche erst wieder lernen“ müsse, „sich notfalls öffentlich verprügeln zu lassen“. Brandmüller verwies darauf, dass es der sogenannten öffentlichen Meinung gelungen sei, Gesetze eine „political correctness“ aufzustellen, gegen die zu verstoßen das Risiko einer „medialen Hinrichtung“ bedeute. Daneben gebe es eine schweigende Mehrheit, die zuschaue, was keinesfalls eines Christen angemessen sei, wenn es um die Glaubens- und Sittenlehre der Kirche gehe. Wir alle seien gefirmt, und die Bischöfe hätten die Bewahrung des Glaubensguts der Kirche versprochen. „In der Erfüllung dieser Pflicht darf der gute Hirte sich nicht vor den Wölfen fürchten.“ Und andere dürften ihn nicht im Stich lassen „in der illusorischen Hoffnung, selbst verschont zu bleiben“. Es gebe neben dem „kirchlichen Establishment“ meist jugendliche Bewegungen und Gemeinschaften der Kirche, in denen die Kraft des HL. GEISTES spürbar sei. Brandmüller nannte ein Zitat von Kardinal Ratzinger, dass die von der Kirche gelehrte Moral „keine Speziallast für Christen“ sei, „sondern die Verteidigung des Menschen gegen den Versuch seiner Abschaffung“, „eine der zahlreichen brillanten Formulierungen Ratzingers“. Es scheine tatsächlich „gewisse Kreise eine geradezu perverse Lust an der Selbstzerstörung erfasst zu haben“, etwa hinsichtlich der Verhinderung der Weitergabe des Lebens und Infragestellung der „naturgegebenen geschlechtlichen Identität von Mann und Frau“. Die Kirche dürfe sich da in ihrem Auftrag nicht beirren lassen, das „natürliche Sittengesetz zu verkünden, das durch das Evangelium vervollkommnet wird und das dem Menschen guten Willens einsichtig ist“.
Zum mehrheitlichen Ja Irlands zur sog. „Homo-Ehe“ verwies der Kardinal auf das Evangelienwort vom schal gewordenen Salz, „das von den Leuten zertreten wird“ (Mt 5,13). Er stimmte dem Interviewer zu, dass die Kulturleistung der Kirche gewaltig sei und „Ausdruck eines alle Lebensbereiche durchdringenden Glaubens“. Dieses Reichtums dürfe man sich dankbar und stolz bewusst sein. Doch „entscheidend ist der Glaube an das Evangelium“, das die Kirche vermittle. Kritisch fragte Brandmüller, was ein „katholischer“ Kindergarten, ein „katholisches“ Krankenhaus usw. helfe, wenn dort nicht der Glaube vermittelt und dem christlichen Sittengesetz widersprechende Operationen durchgeführt würden. Da sei es besser, „ja eigentlich notwendig“, dass die Kirche sich von solchem Ballast löse, „wenn es nicht möglich ist, die leeren Gefäße mit christlichem Geist zu füllen“. Es sei „Entweltlichung“ notwendig, und „statt ein ‚Christentum light‘ zu predigen“, sollten wir den Mut aufbringen, im Kontrast zum gesellschaftlichen Mainstream „zu fordern und vorzuleben, was die Zehn Gebote und die Ethik des Neuen Testaments zum Inhalt haben“. Dieses „Kontrastprogramm“ werde wie in der Antike auch heute „wieder seine Anziehungskraft erweisen“.
Eine Antwort auf Kardinal Kasper
Rainer Beckmann: „Das Evangelium der ehelichen Treue“
Dieses kleine, gut argumentierende Buch (fe-Verlag Kisslegg) ist, wie Kardinal Cordes im Geleitwort schreibt, „ein Zeugnis, das pastoral geboten, realistisch und der Hl. Schrift verpflichtet ist“. Kardinal Cordes hält die Stellungnahme von Rainer Beckmann, der selber von Scheidung betroffen ist, aber bewusst in Treue zu seinem Eheversprechen nicht „wiederverheiratet“ ist, für wichtig, weil nach der Wissenssoziologie „unsere Überzeugungen und Handlungsweisen im Umgang mit anderen dem Bewusstsein eingewurzelt werden“. Lebensmodelle von Menschen, die wir menschlich und geistig authentisch finden, „vermitteln eine ausdrückliche und gefühlsgetragene Gewissheit für unser Urteilen und Handeln“: also eine Bestätigung der Weisheit, dass „Beispiele prägen“ durch die wissenschaftliche Forschung. - Cordes erinnert auch, dass bei der „Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland“ 1972-75 in Würzburg schon das Thema der sog. wiederverheirateten Geschiedenen heiß diskutiert wurde und schließlich eine Studiengruppe, der er angehörte, einen Vorschlag erarbeiten sollte, der als Votum nach Rom gehen sollte. „Unsere Mühe blieb jedoch ohne Erfolg. Eine lehrmäßig vertretbare Position konnten wir nicht finden.“ – Wir versuchen, einen Überblick über dieses Büchlein geben.
Kapitel I. in Rainer Beckmanns Buch ist überschrieben: „Auf das Zeugnis der Betroffenen hören“ (S. 11-19). Beckmann legt selbstkritisch und mit gebotener Zurückhaltung seine eigene tragische Situation offen, dass nach einer längeren Entfremdung, die er zu spät erkannt habe, seine Frau sich einem anderen Mann zuwandte und diesen schließlich standesamtlich heiratete. Er entschied sich, nicht ohne mehrwöchiges Ringen, nicht „nur“ der Weisung CHRISTI und der Lehre der Kirche zu entsprechen, sondern seinem eigenen Eheversprechen, „bis dass der Tod uns scheidet“, treu zu sein und nicht, wie manche ihm rieten, eine neue „Beziehung“ einzugehen. „Ich bemühe mich daher seit der Trennung, den Kontakt zu meiner Frau nicht abreißen zu lassen“, ohne Aufdringlichkeit, aber um weiter erkennen zu lassen, „dass es für mich kein endgültiges Scheitern gibt und ich weiterhin bereit bin, mit ihr einen Neuanfang zu machen“ und so von seiner Seite durch Verzicht auf eine neue Beziehung „die Tür für eine Versöhnung offen“ zu halten.
Durch diese seine eigene Lage haben die Argumente Beckmanns eine besondere Kraft, und er nimmt in Anspruch, so Kardinal Walter Kasper zu antworten, der in seinem Buch „Das Evangelium von der Familie. Die Rede vor dem Konsistorium“, Freiburg 2014) forderte, man solle „auf das Zeugnis der Gläubigen hören“, die in einer „schwierigen familiären Situationen leben“ (auch wenn Kasper da nur die Situation von Wiederverheirateten gemeint hatte, denn in seinem Vortrag vor dem Kardinalskollegium am 20. Februar 2014 „kamen diejenigen Katholiken, die nach der traditionellen Lehre der Kirche und ihren Weisungen zum Empfang der Sakramente leben, praktisch nicht vor“, so stellt Beckmann fest).
Kapitel II. „Vom ‚Glaubenssinn der Gläubigen‘“ (S. 20-31) befasst sich mit dem fünften Abschnitt des Kasper-Referats und verdeutlicht überzeugend dessen „Widersprüchlichkeit“. Kardinal Kasper hatte in seiner „Abschließenden Stellungnahme“ mit Berufung auf das II. Vatikanum gefordert, den „Glaubenssinn“, der „jedem Christen durch die Taufe geschenkt wird“, „gerade in unserer Frage ernst zu nehmen“. Doch offenkundig interessieren den Kardinal dabei nicht die Gläubigen, die trotz Trennung/Scheidung ihrem Ehegatten treu bleiben, sondern nur jene, die eine Sakramentenzulassung für die zivil Wiederverheirateten fordern. Beckmann fragt aber nach der Realität dieses „Glaubenssinnes“ bei uns. Nach der von Rom ausgehenden Umfrage vor der außerordentlichen Bischofssynode im Oktober 2014 fasste die Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz die Antworten zusammen (vgl. www. dbk-shop-de/media/files_public/ kblhnuqfjk/DBK_5273.pdf). Beckmann führt einiges davon an und sieht als Resümee „die ernüchternde Erkenntnis, dass die katholische Lehre zu Ehe und Familie in Deutschland für die Lebenspraxis keine nennenswerte Rolle spielt.“ Was davon „hausgemacht“ ist, erörtert Beckmann nicht, doch zitiert er aus einem Aufsatz von Joseph Ratzinger aus dem Jahr 1958, in dem der heutige emeritierte Papst analysiert, dass wir heute eine „Kirche von Heiden“ haben, „die sich noch Christen nennen, aber in Wahrheit Heiden wurden“. Kardinal Kasper, so führt Beckmann an, lasse an einer Stelle seines Vortrags „erkennen, dass er sich sehr wohl bewusst ist, wie wenig ‚Glaubenssinn‘ bei den ‚Gläubigen‘ noch zu finden ist“ (wenn er nämlich davon spricht, viele in kirchlicher Form geschlossene Ehen seien nicht gültig geschlossen). So fragt Beckmann, „wie ernsthaft kann man sich dann auf einen ‚Glaubenssinn der Gläubigen‘ berufen?“ und zitiert den St. Pöltener Bischofsvikar Prader, der in einem Kommentar zu ähnlichen Umfrageergebnissen in Österreich formulierte: „Wenn ein Lehrer in Mathematik den Kindern die Grundrechnungsarten nicht vermittelt und die Kinder bei einem Test die Rechnungen nicht lösen können, dann kann er daraus zwei Schlüsse ziehen: 1. Die Rechenregeln sind nicht zu vermitteln oder 2. Er ist als Lehrer nicht geeignet.“ Analog hätten die Verantwortlichen für die Vermittlung der katholischen Ehelehre zu fragen, ob die Lehre nicht vermittelbar, d. h. den Menschen nicht angemessen sei, oder ob sie in der Vermittlung der Lehre versagt hätten. Doch sei von Selbstkritik nichts zu spüren. Beckmann zieht aus dem Schweigen der Verantwortlichen die Folgerung, dass auch viele Hirten an der Vermittelbarkeit (und Richtigkeit) der kirchlichen Ehelehre zumindest zweifelten – wie es Laien- und Jugendverbände offen sagten. Hier verweist der Autor auf Kardinal Kaspers Wort, das auch die DBK übernommen hat, man müsse bezüglich Sexualität, Ehe und Familie „überhaupt erst wieder sprachfähig“ werden: „Offensichtlich sind die Bischöfe bei den genannten Themen nicht deshalb verstummt, weil ihnen die Fähigkeit des Sprechens abhanden gekommen wäre. Sie sind verstummt, weil sie das, was sie sagen müssten, nicht mehr sagen wollen. Das, was man aus katholischer Sicht zu Sexualität, Ehe und Familie sagen sollte, kann man – objektiv betrachtet – durchaus sagen. Die Ursache der ‚Verstummung‘ liegt in der vermuteten Reaktion der Zuhörer: Viele Menschen wollen das, was die Bischöfe sagen sollten, nicht hören.“ Auch JESUS habe mit dieser Reaktion zu kämpfen gehabt (vgl. Joh 6,60). Der „Verlust der Sprachfähigkeit“ bei diesem Themenbereich sei „Zeichen des ängstlichen Rückzugs, ein Mangel an Konfliktfähigkeit und Konfliktbereitschaft, vielleicht sogar ein Mangel an eigener Überzeugung. Denn wenn man die ‚Sprachfähigkeit‘ nur wiedergewinnen kann, indem man von den bisherigen Positionen abrückt, handelt es sich um weit mehr als nur ein Kommunikationsproblem. Es steht somit nicht nur der Glaubenssinn der Gläubigen, sondern auch der Glaubenssinn mancher Hirten in Frage.“
Im Kapitel III. „Analyse des Sachverhalts“ (S. 32-46) befasst sich Beckmann mit den „Szenarien“, für die Kardinal Kasper seine „Lösung“ vorschlägt. Zunächst hebt er heraus, was aus katholischer Sicht schlichtweg den zwingenden Vorrang haben muss: die „Rückkehr zur ehelichen Lebensgemeinschaft“. „Solange der verlassene Ehepartner bereit ist, die Ehe fortzusetzen, kann nicht davon gesprochen werden, dass eine Ehe ‚endgültig‘ gescheitert ist. Der wiederverheiratete Ehepartner könnte durchaus, wenn er es wollte, auf seinen Ehemann bzw. seine Ehefrau zugehen und sich versöhnen.“ Wenn das wohl äußert selten geschehe, dann nicht, weil es „objektiv unmöglich“ sei, sondern „weil der Wiederverheiratete eine subjektive Vorzugsentscheidung getroffen hat“ und eine Rückkehr trotz „gutem Willen“ für „definitiv ausgeschlossen“ erkläre. Dem Seelsorger, wenn er die Voraussetzungen zur Zulassung zur Beichte oder Kommunion prüfen müsste, würde eine objektive Beurteilung schwerfallen – das „subjektive Empfinden des Partners, der sich getrennt hat“, würde letztlich immer ausschlaggebend sein. So würde die „scheinbare Beschränkung der Sakramentenzulassung auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft ‚definitiv ausgeschlossen‘ ist“, in der Praxis doch den Zulassungsanspruch aller Betroffenen zur Folge haben.
Der nächste Gesichtspunkt, den der Autor anspricht, ist, dass es für katholische Christen, die nach den Geboten GOTTES (und mit Seiner Gnade) leben wollen, auch bei einer „vorerst gescheiterten Ehe“, kein „definitives und unkorrigierbares Scheitern“ geben könne und man die Umkehrbereitschaft des Ehepartners niemals vollkommen ausschließen dürfe. Das Brechen des Treueversprechens des einen Ehepartners sei keine Rechtfertigung für den anderen, genauso zu handeln, denn das katholische Eheversprechen stehe „unter keiner auflösenden Bedingung“, da die versprochene lebenslange Treue auf einer Liebe basiere, die „kein bloßes Gefühl, sondern eine Entscheidung“ sei. „Der verlassene Ehepartner ist daher nicht berechtigt, sich auf die Suche nach einem neuen Partner zu machen… Er ist vielmehr aufgrund seines eigenen Versprechens in Nachahmung der unverbrüchlichen Treue GOTTES verpflichtet, den getrennten Partner weiterhin zu lieben, zu achten und zu ehren und ihm die Treue zu halten.“ Eine Wiederheirat zeige, dass man den anderen Ehepartner für unfähig hält umzukehren, was dem Kern der christlichen Botschaft widerspricht, wie es Johannes Paul II. in „Familiaris consortio“ (84) sagt: „Die Kirche vertraut darauf, dass auch diejenigen, die sich vom Gebot des HERRN entfernt haben und noch in einer solchen Situation leben, von GOTT die Gnade der Umkehr und des Heils erhalten können, wenn sie ausdauernd geblieben sind in Gebet, Buße und Liebe.“ Zwar spreche auch Kardinal Kasper davon, dass es „keine menschliche Situation geben“ könne, „die absolut aussichtslos und ausweglos wäre“, doch er übergehe die logische Konsequenz, das Eingehen einer Zweitehe als Fehlverhalten abzulehnen, völlig. Vielmehr gehe der Kardinal noch weiter, indem er sage, viele verlassene Partner seien „auf eine neue Partnerschaft und auf eine neue, zivile Eheschließung angewiesen“, und zwar „um der Kinder willen“, als ob dies geradezu „verpflichtend“ sei. Doch sei die sicher nicht leichte Aufgabe der Versorgung vorhandener Kinder allein kein ausreichender oder gar zwingender Grund zu einer Eheschließung. Und ein „Angewiesensein“ auf eine Zweitehe würde hinsichtlich der Unauflöslichkeit der Ehe bedeuten, dass die Erstehe nicht unauflöslich sein könne, weil die Kirche (und GOTT) sonst Unmögliches verlangten. Doch alle getrennten Ehepartner, die keine zweite Beziehung eingehen, zeigten, dass auch bei persönlichen und wirtschaftlichen Belastungen lebenslange Treue möglich sei.
Eine weitere Argumentationslinie Kardinal Kaspers ist, dass die Lösung einer neuen Verbindung „nicht ohne neue Schuld“ möglich sei. Hinsichtlich aus der Erstehe mitgebrachter Kinder sei dies überhaupt nicht zu begründen. Für Kinder aus der neuen Verbindung sei das Aufwachsen mit Vater und Mutter „ein hoher Wert, der gegen die Verpflichtung zur Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft abgewogen werden muss“, so Beckmann. Hier aber kommt die Verpflichtung der Betroffenen ins Spiel, „sich der Akte zu enthalten, die Eheleuten vorbehalten sind“ (Familiaris consortio, 84)*. „Zur Erziehung und Versorgung von Kindern ist es schließlich nicht notwendig, dass die Eltern, von denen wenigstens ein Teil bereits mit einem anderen ehelich verbunden ist, weiter geschlechtlich verkehren.“ Beckmann gibt zu, dass eine solche Position als „lebensfremd“ bezeichnet werde. Dass sie selten anzutreffen sei, liege aber an der Überbetonung des Sexuellen in unserer Gesellschaft und besonders am Unverständnis für den Wert der hl. Eucharistie und an der verbreiteten Ablehnung der Unauflöslichkeit der Ehe. Schließlich weist Beckmann den Gedanken zurück, die dem „neuen Partner“ gegenüber übernommenen Pflichten ließen eine Trennung zu „neuer Schuld“ werden. Das könne man nur sagen, wenn man die Unauflöslichkeit der Ehe ignoriere. Wenn man sie ernstnehme, sei die Trennung keine Schuld, sondern eine Pflicht. Wer feierlich und ernsthaft vor GOTT einen Menschen „exklusiv und lebenslang Liebe und Treue versprochen“ habe, könne nicht einer weiteren Person gegenüber die gleiche Verpflichtung eingehen. Auch Kardinal Kasper sage zu Recht: „Es ist die Würde des Menschen, endgültige Entscheidungen treffen zu können.“
Im Kapitel IV. „Der ‚neue‘ Lösungsansatz“ (S. 47-54) wird die Argumentation widerlegt, es könne eine „Umkehr und Buße“ geben, die den Vorsatz, nicht mehr zu sündigen, ausschließe: „Einem Geschiedenen, der wieder geheiratet hat und diese zweite Verbindung nicht aufgeben will, fehlt dieser Vorsatz.“ „Die Unauflöslichkeit der Ehe und die dem Ehepartner versprochene Treue bedeuten für einen katholischen Ehepartner nicht, dass er es in einem zweiten Versuch besser machen kann, sondern dass er seine erste und einzige Ehe zum Erfolg führen soll.“ Es sei keine Reue über ein Verhalten in der Vergangenheit, wenn man dieses nicht wirklich für falsch halte, sondern fortsetzen wolle. „Der Lösungsansatz von Kardinal Kasper widerspricht daher offensichtlich der Unauflöslichkeit der Ehe – die er aber angeblich nicht antasten will.“
In Kapitel V. „Was heißt Barmherzigkeit?“ (S. 55-74) greift Beckmann diesen Gedanken nochmals im Zusammenhang des Gleichnisses vom verlorenen Sohn auf: „Wer keine Umkehrbereitschaft zeigt, der erwartet keine Barmherzigkeit, sondern eine Änderung der Verhaltensnorm – im vorliegenden Fall die Abkehr von der Unauflöslichkeit der Ehe“ – ganz anders als der „verlorene Sohn“. „Wer sagt, dass er an der Unauflöslichkeit der Ehe festhalten will, muss den Betroffenen daher die Wahrheit zumuten… Niemandem ist damit geholfen, wenn man eine objektiv irreguläre Situation nicht als solche bezeichnet und ihre Konsequenzen verschweigt“. „Richtig verstandene Barmherzigkeit zielt darauf ab, Irrtum und Sünde zu überwinden und nicht den Irrenden oder Sünder in seinem Tun zu bestärken.“ Die vorgeschlagenen Wege würden kein Ansporn sein, sich im Sinn der Unauflöslichkeit der Ehe zu verhalten, sondern geradezu ein „Anreiz, das Treueversprechen zu brechen“. Kardinal Kasper betone zwar auffällig oft, dass er keiner „billigen Barmherzigkeit“ das Wort reden wolle, doch er erwecke eben diesen Eindruck. Sein Vorschlag liefe – im Bild des Gleichnisses – „darauf hinaus, den Sohn mit frischem Geld auszustatten, damit er sein Verhalten nicht ändern muss.“
Das Kapitel VI. ist überschrieben „Argumentative Irrwege“ (S. 75-84). Dabei erwähnt der Autor z. B., beim Durchlesen der Ausführungen Kaspers über die angebliche frühkirchliche Praxis seien ihm schnell Zweifel gekommen, „ob hier wirklich ‚sichere‘ Erkenntnisse vermittelt“ würden. Kasper: „So viel ist jedoch sicher: In einzelnen Ortskirchen gab es das Gewohnheitsrecht“, wonach Christen in einer zweiten Verbindung zu Lebzeiten des ersten Partners „nach einer Zeit der Buße“ die Teilnahme an der Kommunion ermöglicht wurde. Wenige Zeilen später spricht Kasper von „guten Gründen für die Annahme“, und dann davon, die historischen Einzelheiten seien „in diesen Fragen unter den Fachleuten umstritten“ und die Kirche könne „sich in ihren Entscheidungen nicht auf die eine oder andere Position festlegen“. Das sei, so Beckmann zurecht, „keine seriöse Argumentation“, ganz abgesehen von der Frage, ob eine „eventuell ‚in einzelnen Ortskirchen‘ vorzufindende Praxis“ richtig war und der Weisung JESU entsprach.
Auch in den folgenden Kapiteln (VII. „Die Unauflöslichkeit der Ehe ernst nehmen“, S. 85-103; VIII. „Barmherzige Pastoral“, S. 104-124; IX. „Das Problem hinter dem Problem“, S. 125-134; X. „Fazit“, S. 135-143) legt Rainer Beckmann noch bedenkenswerte Überlegungen und Bewertungen vor, z. B.:
Es gebe viele Menschen, die für andere Ziele (Karriere, Sport) große Opfer auf sich nähmen. „Warum sollte es dann nicht auch möglich sein, für die Treue zum eigenen Ehepartner das Opfer des Alleinseins auf sich zu nehmen?“
Geistige Kommunion: „Das innere Begehren des Herzens nach einer möglichst vollkommenen Vereinigung mit CHRISTUS kann nur so weit reichen, wie die Betroffenen auch bereit sind, JESU vorbildliche Treue und Seine klare Lehre zur Ehescheidung anzuerkennen.“
„Trotz der Tugenden, die in einer zweiten Verbindung gelebt werden können, muss man auch darauf hinweisen, dass die in der neuen Beziehung verwirklichten Werte nicht einfach gegen den Bruch der sakramentalen Ehe ‚aufgerechnet‘ werden können.“
„Eine Pastoral gegen die Lehre führt zur Änderung der Lehre und eine falsche Lehre bringt keine Früchte.“
„Die Annahme des Vorschlags von Kardinal Kasper würde im Ergebnis zu dem Eindruck führen, ‚die Wiederverheirateten‘ seien in gleicher Weise zu den Sakramenten zugelassen wie Eheleute, die an ihrer sakramentalen Ehe festhalten. Das käme einer praktischen Aufgabe der Unauflöslichkeit der Ehe gleich. Dennoch sagt Kardinal Kasper: ‚Niemand stellt die Unauflöslichkeit einer sakramentalen Ehe, die geschlossen und vollzogen… wurde, in Frage‘. Wie das zusammenpassen soll, bleibt sein Geheimnis.“
„Die vorgesehene Lossprechung wiederverheirateter Geschiedener im Sakrament der Versöhnung ohne grundlegende Änderung ihrer Lebenssituation würde einen Präzedenzfall schaffen: Sündenvergebung ohne den Vorsatz, künftig die Sünde zu meiden. Eine solche ‚Lösung‘ nimmt dem Bußsakrament seine unabdingbare Voraussetzung, nämlich echte Reue und Umkehr, und führt es damit ad absurdum.“
„Was manchem heute nur als eine ‚Öffnung‘ oder geringfügige ‚Anpassung‘ der Lehre an einen veränderten gesellschaftlichen Kontext erscheint, ist in Wahrheit ein Bruch mit ihrer Jahrhunderte alten Glaubenstradition, die direkt auf dem Wort CHRISTI gründet.“
„Die Synodenväter sollten sich auch nicht dadurch beeinflussen lassen, dass Kardinal Kasper für den Fall des Festhaltens an den bisherigen Grundsätzen eine Verschlimmerung der Situation angekündigt hat… Es würde ‚zu einer schlimmen Enttäuschung führen, wenn wir nur die Antworten wiederholen, welche angeblich schon immer gegeben wurden…‘ Kardinal Kasper argumentiert wieder an der Sache vorbei. Wenn die Antworten, die immer schon gegeben wurden, richtig sind, dann muss man sie wiederholen, ‚ob man es hören will oder nicht‘ (2 Tim 4,2). Und wenn die bisherigen Antworten falsch sind, hätte er sie in seiner Rede widerlegen können – was ihm nicht ansatzweise gelungen ist.“
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* FMG-Anmerkung zum „Leben als Bruder und Schwester“
In der Zeitschrift „Vision 2000“ (3/1015, S. 12f) berichtet eine Ordensschwester (Sr. Michaela Mayer ISA), dass ein Priester vehement die Ansicht vertrat, „man könne doch von einem jungen Mann nicht verlangen, dass er zölibatär lebe, wenn seine Ehe zerbrochen sei und er in einer neuen Beziehung lebe“, und sie fragt: „Verlangt die Kirche da wirklich Unmögliches?“ An der Diskussion habe sich ein Paar beteiligt, „das genau in so einer ‚Josefs-Ehe‘ seit vielen Jahren glücklich lebt. Sie berichteten, dass sie durch die Katechese eines anderen Priesters aufgerüttelt worden waren. Ihnen sei vorher nicht bewusst gewesen, dass sie in ihrer Lebenssituation irregulär und in Sünde lebten. Nach vielen Gesprächen mit diesem Priester, der ihnen in großem Respekt, aber eben auch in der Wahrheit der Lehre der Kirche begegnet sei, wäre in ihnen die Sehnsucht gereift, ihr Leben mit CHRISTUS und im Rahmen Seines Evangeliums zu ordnen.“ Seither lebten sie seit Jahren als „Bruder und Schwester unter einem Dach“; anfangs sei es schwer gewesen, aber – so sagte der Mann – der Priester habe ihm zur monatlichen Beichte geraten. Das sei seine größte Hilfe gewesen. Die Schwester knüpft an diesen Bericht die Frage, warum man von solchen Beispielen nichts höre und davon, dass es „ohne enge Bindung an CHRISTUS nicht möglich“ sei, zölibatär zu leben: „Mir scheint, wir sollten den Menschen doch mehr zutrauen als nur die Befriedigung des Triebes“. Es gehe doch darum, „zunächst einmal selbst zu glauben, dass JESU Worte wahr und damit auch lebbar sind.“
Meldungen - Meinungen
Kardinal Antonelli: Unauflöslichkeit der Ehe verbietet Kommunionempfang „wiederverheirateter“ Geschiedener und unverheiratet Zusammenlebender
Rom. Auf der Internetseite des Päpstlichen Rates für die Familie findet sich ein Aufsatz (in Italienisch, Englisch und Spanisch) von Kardinal Ennio Antonelli, von 2008 bis 2012 Präsident dieses Familienrates, unter dem Titel „Die Ehekrise und die Eucharistie“, der im Juni 2015 als Buch erschienen ist. Der Kardinal warnt darin davor, den wiederverheirateten Geschiedenen die Zulassung zur Kommunion zu gewähren. Ein solcher Schritt hätte verheerende Folgen – er wäre ein Herabsetzung des Altarssakraments, aber auch das Ende des Ehesakraments. (Bemerkenswert: Die Buchvorstellung und der Link zum Text des Aufsatzes auf der offiziellen Seite ist mit einem Foto von Papst Franziskus mit Kardinal Antonelli versehen!)
Antonelli bekräftigt ohne Wenn und Aber, dass eine gültig geschlossene und vollzogene Ehe nach dem Willen CHRISTI unauflöslich ist, und dass jede neue Verbindung eines getrennt lebenden Ehegatten unerlaubt ist und „eine beständige schwere moralische Ungeordnetheit“ darstellt; „sie schafft eine Situation, die objektiv dem bräutlichen Bund CHRISTI mit der Kirche widerspricht, wie er in der hl. Eucharistie bezeichnet und bewirkt wird. Daher kann Geschiedenen und Wiederverheirateten nicht erlaubt sein, die hl. Kommunion zu empfangen“. Antonelli zitiert dabei mehrfach die Enzyklika „Familiaris consortio“ [Korrektur gegenüber Printausgabe FMG-INFORMATION 114: das Apostolische Schreiben FC], aber auch den Katechismus, das Kirchenrecht und das Apostolische Schreiben „Reconciliatio et Poenitentia“ Johannes Pauls II.
Ausdrücklich stellt er fest, dass der Ausschluss von der eucharistischen Kommunion andauert während der ganzen Dauer eines unerlaubten eheähnlichen Zusammenlebens. Und dies stelle keine Diskriminierung von wiederverheirateten Geschiedenen gegenüber anderen Situationen objektiv schwerer Unordnung und öffentlichen Ärgernisses dar. Wer einen Diebstahl begangen habe, müsse Wiedergutmachung leisten, wer einen Mitmenschen materiell oder moralisch geschädigt habe, müsse den Schaden wiedergutmachen. Ohne einen wirklich festen Vorsatz zur Umkehr könne es keine sakramentale Lossprechung und keine Zulassung zur hl. Eucharistie geben.
Einige Zitate (nach dem englischen Text übersetzt):
„Wer sich ernsthaft um ein christliches Leben bemüht, wird früher oder später die Gnade der vollen Bekehrung und Versöhnung erlangen, so dass er dann die Sakramente empfangen kann, oder zumindest die Gnade der ewigen Rettung am Ende des irdischen Lebens. In dieser Hinsicht werden das feste Vertrauen in die Gnade und die Achtung vor der Wahrheit in Harmonie gebracht“ (S. 3).
Im Hinblick auf die verschiedenen Vorschläge und Forderungen: „Man muss das Risiko berücksichtigen, die Glaubwürdigkeit des Päpstlichen Lehramtes aufs Spiel zu setzen, das – mit Johannes Paul II. und Benedikt XVI. – vor kurzer Zeit wiederholt und fest die Möglichkeit der Zulassung der Wiederverheirateten und Zusammenlebenden ausgeschlossen hat.“ (S. 6)
„Im heutigen Kontext des kulturellen Relativismus besteht die Gefahr, die hl. Eucharistie zu banalisieren und auf eine bloße gesellschaftliche Geste zu reduzieren. Manchmal haben sich sogar Nichtgetaufte dem Tisch des HERRN genähert, mit der Absicht, eine Geste der Höflichkeit zu zeigen, und Ungläubige haben das Recht eingefordert, bei Hochzeiten oder Begräbnissen die Kommunion zu empfangen, einfach nur als ein Zeichen der Solidarität mit ihren Freunden.“ (S. 7)
Zur These von der Anerkennung der „Werte“ in nichtehelichen Beziehungen:
„Irreguläre Verbindungen haben sicherlich authentische menschliche Werte (z. B. Zuneigung, gegenseitige Hilfe, gemeinsame Sorge für die Kinder), weil das Böse immer mit Gutem gemischt ist und nie pur existiert. Man muss jedoch vermeiden, solche Verbindungen in sich als unvollkommene Werte darzustellen, weil sie ernstlich ungeordnet sind.“ (S. 7; hier wird 1 Kor 6,9-10 zitiert!).
Zur These von der Gradualität, wie sie etwa Kardinal Schönborn mehrfach vorgebracht hat: (Gradualität meint das stufenweise Wachstum im Guten bzw. die schrittweise Bekehrung des Einzelnen; im Gegensatz zu angeblich legitimen unterschiedlichen Stufen der Gebote GOTTES) „Das Gesetz der Gradualität betrifft nur die subjektive Verantwortung der Einzelnen, und es darf nicht umgewandelt werden in eine Gradualität des Gesetzes, wobei das Böse als unvollkommen Gutes präsentiert wird. Es gibt keine Gradualität zwischen dem, was wahr ist und dem, was falsch ist, zwischen Gut und Böse.“ (7)
[Vgl. dazu; Johannes Paul II. 25.10.1980: „Daher kann das sogenannte ‚Gesetz der Gradualität‘ oder des stufenweisen Weges nicht mit einer ‚Gradualität des Gesetzes‘ selbst gleichgesetzt werden, als ob es verschiedene Grade und Arten von Gebot im GÖTTlichen Gesetz gäbe, je nach Menschen und Situationen verschieden. Alle Eheleute sind nach dem GÖTTlichen Plan in der Ehe zur Heiligkeit berufen, und diese hehre Berufung verwirklicht sich in dem Maße, wie die menschliche Person fähig ist, auf das GÖTTliche Gebot ruhigen Sinnes im Vertrauen auf die Gnade GOTTES und auf den eigenen Willen zu antworten."]:
„Die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen und von (unverheiratet) Zusammenlebenden zum Tisch der hl. Eucharistie führt zu einer Trennung zwischen Gnade und Bekehrung, die nicht im Einklang mit dem Evangelium steht.“ (S. 8)
„Die Kirche ist von JESUS CHRISTUS, dem einzigen Retter aller Menschen, gerufen, mit Ihm zusammenzuwirken zum Heil der Christen, die in voller geistiger und sichtbarer Gemeinschaft stehen, zum Heil der Christen, die in teilweiser Gemeinschaft stehen, zum Heil der Gläubigen nichtchristlicher Religionen und ebenso der Nichtgläubigen, die nur unbewusst zu GOTT hin ausgerichtet sind. Um ihre Mission der Rettung wirksam auszuüben, ist – auch wenn die Zahl der Gläubigen ihre Bedeutung hat – die Authentizität der kirchlichen Gemeinschaft in der Wahrheit und der Liebe sicher wichtiger und notwendiger. Es wäre irreführend, das numerische Wachstum der Mitgliederzahl zu suchen, indem wir uns losmachen von der Vermittlung einer (geistlichen) Formung, oder auf dem Weg einer Offenheit, die darauf aus ist, den rechtlichen Zustand zu ignorieren, alles allen zu gewähren, und die so auf eine allgemein niedrige Stufe führt. Im Gegenteil besteht eine dringende Notwendigkeit nach einer Pastoral, die an alle gerichtet sein muss, aber differenziert, die sich zunächst um die wenigen, die erreichbarer sind, bemüht, um durch sie alle anderen zu erreichen.“ (S. 16f)
(Vgl.www. familiam.org/pcpf/allegati/10956/Relazione_Antonelli_inglese. Pdf, katholisches.info 12.6.2015, kathnews 13.6.2015.)
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Bischöfliches Treffen hinter verschlossenen Türen
Rom. Am Pfingstmontag haben die Erzbischöfe von München und Marseille, Marx und Pontier, und der Bischof von St. Gallen, Büchel, nach Rom an die Gregoriana zu einer Geheimkonferenz über den Umgang der Kirche mit sog. wiederverheirateten Geschiedenen und homosexuell orientierten Menschen eingeladen – aber nicht als Bischöfe ihrer Diözesen, sondern als Vorsitzende der Bischofskonferenzen von Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Außer den Bischöfen Bode, Osnabrück; Heiner Koch, Dresden; Feillet, Reims; Brunin,, Le Havre; Lovey, Sitten, Gmür, Basel, waren die übrigen Bischöfe, insbesondere solche, die zu den behandelten Themen andere Ansichten vertreten, nicht geladen. Eingeladen waren ferner Professoren, Priester und einige ausgewählte Journalisten: darunter der DBK-Generalsekretär P. Langendörfer SJ, P. Zollner SJ (Vizerektor der Gregoriana), Prof. Buckenmaier, P. Batlogg SJ (Herausgeber „Stimmen der Zeit“, angeblich Zelebrant bei „Homo“-Gottesdiensten in München), Prof. Schockenhoff (Moraltheologe Freiburg i.Br.), Prof. Söding (Bibliker, Bochum), Prof. Dirscherl (Dogmatiker Regensburg), Msgr. Graulich SDB (Prälat der Rota Romana). Unter den exklusiven Journalisten waren T. Kleinjung, ARD, M. Bewerunge ZDF, J. Bremer, FAZ, und P. Bernd Hagenkord SJ, Radio Vatikan, der zusammen mit einer französischen Professorin die Veranstaltung moderierte. (Es heißt, dass die Bischofskonferenzen die Kosten für Reise und Übernachtung aller Teilnehmer, auch der Journalisten, zahlten.)
Behandelt wurden laut Programm „JESU Worte zu Ehe und Ehescheidung. Überlegungen zu einer kath. Bibelhermeneutik“, „Sexualität als Ausdruck von Liebe. Überlegungen zu einer Theologie der Liebe“ und „Das Geschenk des eigenen Lebens. Überlegungen zu einer Theologie der Biographie“. In einer Pressemitteilung heißt es: „Erforderlich ist eine Weiterentwicklung der Theologie der Liebe, die an die Tradition der moraltheologischen Unterscheidungen anknüpft und neue Einsichten der Anthropologie wie der Soziologie integriert“. Offensichtlich wurde hier der Versuch unternommen, hinter den Kulissen die Weichen zu stellen für die gewünschten Ergebnisse der Bischofssynode im Herbst. (Vgl. kath.net 27.5., 28.5., 29.5.15, DT 28.5.; 30.5.15)
Mitte Juli wurde die „Tagungsdokumente“ auf der Homepage der DBK veröffentlicht (französisch, deutsch, italienisch (www. dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/dossiers _2015/2015-05-25_Dokumentation_Studientag_zur_Bischofssynode_ FR_DE_IT.pdf; vgl. rv 16.7.2015) – also wieder den Eindruck erweckend, es handle sich bei den dort diskutierten Ansichten um die Sicht „der“ deutschen Bischöfe.
Zur Frage der Ehescheidung gibt es ein Referat der Pariser Professorin Dr. Anne-Marie Pelletier, die vorschlägt, in der „Seelsorge für Paare in zweiter Ehe (!)“ gehe es um „Versöhnung der Personen mit ihrer Vergangenheit, also mit der Erinnerung (!) an ihre erste Ehe“, was „die abgestorbene Beziehung der Macht des Auferstandenen anzuvertrauen“ bedeute. Die Wiederverheirateten dürften nicht „Verstoßene“ sein, „eingeschlossen in eine Sackgasse unter dem Vorwand (!), dass angesichts der Unauflöslichkeit eine neue Verbindung verboten ist“. - Dass eine zweite Verbindung kein Schicksalsschlag, sondern ein willentlich eingegangener Akt ist, unterschlägt sie.
Der Bochumer Professor Dr. Thomas Söding schwadroniert dann, dass, „gerade weil das jesuanische Votum für die Ehe und gegen die Scheidung so klar ist“, „es auch offen“ sei und „keine rigoristische, sondern eine barmherzige Auslegung“ verlange. Diese „Offenheit“ sei „nicht Beliebigkeit, sondern Zukunftsfähigkeit“. Und Söding behauptet, Menschen könnten „nicht mehr in ihre Ehe zurück, ohne schwere neue Schuld auf sich zu laden“, und wer „nicht die Gnade“ sexueller Askese habe, dürfe nicht als „obstinater Sünder ausgewiesen werden“. (Siehe dazu die Darlegungen von Rainer Beckmann S. 12ff!)
Der Freiburger Moraltheologe Dr. Eberhard Schockenhoff und der Fribourger Prof. Dr. Francois-Xavier Amherdt erheben dann in ihren Referaten den Anspruch, „Überlegungen zu einer Theologie der Liebe“ vorzulegen. Amherdt tritt z. B. dafür ein, bei sexuellen Beziehungen außerhalb des Ehebundes „eine Unterscheidung der jeweiligen Situation“ vorzunehmen und „das Positive in jedem Leben zu erkennen“; so solle die Kirche „stärker den Wert der zivilen Ehe“ (!) herausstellen, die „bereits verpflichtend und oft für die Fruchtbarkeit offen“ sei.
Prof. Dr. Alain Thomasset SJ, Paris, fordert dann die „Berücksichtigung der Geschichte und der biografischen Entwicklungen in Ethik und Pastoral der Familie“, etwa was die „Lehre über die Handlungen, die in sich schlecht sind“, angeht. Sein Verweis auf das „Gewissen“ beruft sich auf die „pastoralen Bemerkungen“ verschiedener Bischofskonferenzen, die 1968 die Enzyklika „Humanae vitae“ umdeuteten. Konkret fordert er dann, bei „Wiederverheirateten“ „anzuerkennen, dass in bestimmten Fällen und unter den besonderen Umständen die sexuellen Handlungen des Paares nicht mehr als moralisch schuldhaft betrachtet werden“, dass bei Verheirateten „sexuelle Handlungen mit einer nicht-abortiven Empfängnisverhütung entsprechend den Umständen als subjektiv nicht schuldhaft angesehen werden“ und dass bei homosexuellen Personen, „die in einer festen, treuen Paarbeziehung leben“, „eine ähnliche Milderung der objektiven Sündhaftigkeit der sexuellen Handlungen … vorgenommen und die subjektive moralische Verantwortung verringert oder gar aufgehoben werden“ könne.
Im letzten Referat fordert die deutsch-schweizer Theologin Dr. Eva-Maria Faber (Chur) zunächst, die Ehe mehr „als Gemeinschaft von zwei individuellen Personen“ zu sehen. Sie behauptet dann z. B., da sich „der Anspruch der Treue und der Unauflöslichkeit der Ehe“ auf „die gelebte Realität der Lebensgemeinschaft von Ehepartnern“ beziehe, sei eine „Verbindlichkeit“ fraglich, wenn keine konkrete Lebensgemeinschaft mehr bestehe: „Die Praxis, hierfür eine Dispensmöglichkeit zu verweigern, fordert Menschen eine Art von Treue ab, wie sie sich nicht im Eheversprechen selbst schon abzeichnet.“
Die veröffentlichten „Tagungsdokumente“ schließen mit einem „zusammenfassenden Bericht über die Diskussion“. Darin wird z. B. behauptet, „dass es für wiederverheiratete Geschiedene, die in einer zweiten Beziehung auch sexuell aktiv sind, keine Möglichkeit der Versöhnung geben soll“ stelle eine „Sackgasse“ und eine „Verweigerung“ ohne Parallele dar. Ein Scheitern einer Ehe stelle – wegen der Sakramentalität – auch ein Scheitern für die Kirche insgesamt dar, wo die Kirche sich „nach ihrer eigenen Verantwortung für dieses Scheitern fragen“ müsse. Und das Schlagwort von der „Gradualität“ taucht wieder auf. Ja es wird behauptet, es fänden sich „auch in den Liebesbeziehungen, die augenscheinlich nicht den Normen der Kirche entsprechen, Aspekte, die als authentische Zeugnisse der Liebe GOTTES und des Wirkens des Geistes zu betrachten“ seien. Die Kirche müsse das Schwarz-Weiß-Denken überwinden, besonders bezüglich der Homosexualität! Bei der Synode werde es „nicht leicht fallen, eine gemeinsame Antwort zu finden“. Sie dürfe sich „nicht darauf beschränken, das Bestehende und bereits Gesagte zu affirmieren“.
Hier ist also erneut abzulesen, mit welch wenig überzeugenden Argumentationen die Marx-Fraktion bei der Synode ihre Ziele durchsetzen will. Jenen, die die authentische Lehre der Kirche festhalten, versucht man da gleich mit den Schlagworten von „Spaltung“ und „Verunglimpfung“ ein schlechtes Gewissen zu machen. Aber ist das, was hier als neue „Theologie der Liebe“ dargestellt wird, wirklich noch „die Botschaft JESU von der Ehe und Familie“?
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„Auch wenn 99% dafür wären, hat die Kirche zu sagen, was falsch und was richtig ist“
Manila. Auf den Philippinen äußerte sich der emeritierte Erzbischof von Manila, Gaudencio Kardinal Rosales, nachdrücklich gegen den Versuch, auf den Philippinen die Scheidung zu legalisieren. 1950 war nach der US-amerikanischen Kolonialzeit die Scheidung abgeschafft worden; derzeit wird ein Gesetzentwurf zur Wiedereinführung debattiert. Der Kardinal antwortete auf eine Umfrage, laut der 60 % der Befragten für eine Legalisierung der Ehescheidung eintreten. „Auch wenn 99% dafür wären“, so Rosales, „bleibt die Scheidung für die Kirche falsch, weil die Ehe ein Sakrament ist und die Kirche die Pflicht hat, die Lehre ihres Gründers einzuhalten und zu fördern. Ob dieser Kampf zur Förderung der Wahrheit des Evangeliums ein verlorener Kampf ist, das ist nicht ihr Problem. Ihr einziges Problem ist, zu sagen, ob Dinge falsch oder richtig sind.“ (Vgl. katholisches.info 31.3.2015.)
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Die afrikanische Stunde
Rom. So überschrieb der amerikanische Journalist George Weigel eine Analyse der kirchlichen Situation nach der außerordentlichen Bischofssynode im Herbst 2014. „Die afrikanischen Synodenväter waren unter den Anführern derer, die die Vorschläge Kaspers hinterfragten. Und sie argumentierten mit Nachdruck, dass sich die christliche Auffassung der Ehe in ihren Kulturen vor allem für die Frauen als eine befreiende Kraft gezeigt habe. Sie schlugen auch – implizit oder explizit – vor, dass Bischöfe, die sterbende Ortskirchen repräsentierten, die westliche Dekadenz nicht in den Südteil der Welt exportieren sollten“. Er wies darin auch auf den südafrikanischen Kardinal Wilfrid Fox Napier hin, der bezüglich der Synodendiskussion über die Ehe und über die Seelsorge für Homosexuelle Alarm schlug mit einer drastischen Verurteilung des Zwischenberichts der vergangenen Synode (vgl. DT 7.2.15).
Kardinal Walter Kasper hatte damals eine Eklat hervorgerufen, als er in einem Interview (das er dann vergeblich zu dementieren suchte und wofür er sich, nach Rassismus-Vorwürfen, entschuldigte) erklärte, die afrikanischen Synodenväter sollten „uns“ „nicht zu sehr erklären, was wir zu tun haben“ (vgl. kath.net 16.10., 17.10., 20.10.2014).
Seit November 2014 Jahr ist Kardinal Robert Sarah Präfekt der GOTTESdienstkongregation. Kardinal Sarah, aus Guinea stammend, hat sich seither mehrfach sehr deutlich geäußert. Im Februar veröffentlichte er sein Interviewbuch „GOTT oder nichts – Gespräch über den Glauben“, in dem er ankündigte: „Ich versichere feierlich, dass die Kirche Afrikas sich entschieden jeglicher Rebellion gegen die Lehre JESU und das Lehramt widersetzen wird“. Er forderte Europa auf, „das strahlende Antlitz JESU“ wiederzuentdecken und nicht zu vergessen, „dass seine Kultur vollkommen durch das Christentum und den Duft des Evangeliums geprägt ist“. Für eine der folgenreichsten und bedenklichsten Entwicklungen der letzten Jahre hält er die Genderideologie. Ihr müsse sich die Kirche heute widersetzen, denn sie transportiere eine primitive Lüge, da sie die Realität des Menschen als Mann und Frau negiere. Er äußerte, „dass der Kolonialismus des Westens sich heutzutage in Afrika und Asien fortsetzt – noch heftiger und perverser durch die gewaltsame Durchsetzung einer falschen Moral und verlogener Werte.“ - In einem Interview mit der französischen Sektion von Radio Vatikan merkte Sarah an, es zeige sich „auch im Innern der katholischen Kirche eine gewissen Verwirrung zu grundlegenden Fragen der Lehre, der Moral und der Ordnung“. Bei anderer Gelegenheit sagte er, Priester, die wiederverheirateten Geschiedenen die Kommunion spenden, „beleidigen CHRISTUS“. Man solle nicht denken, die bevorstehende Synode werde „eine Revolution“, denn die Lehre gehöre niemandem, sie sei die Lehre CHRISTI, und alle Christen, auch der Papst, müssten CHRISTUS folgen. Ausdrücklich kritisierte er Priester und Bischöfe, die mit ihren Worten „dem Wort CHRISTI widersprechen“. „Wir betrügen die Menschen, wenn wir von Barmherzigkeit reden, ohne zu wissen, was das Wort bedeutet. Der HERR vergibt die Sünden, aber unter der Voraussetzung, dass wir bereuen.“ – „Der Westen passt sich an die eigenen Illusionen an.“ – „Wenn wir unseren Glauben wiederfinden, wenn wir die sichere Lehre finden, bin ich sicher, dass das Volk GOTTES folgen wird, wenn auch mit Schwierigkeiten.“ Nur mit Klarheit könne man wirklich zu Zeugen werden in einer Welt, in der die Gefahr bestünde, sich an die Erwartungen der jeweiligen Zeit anzupassen. „Wenn die Kirche aufhört, das Evangelium zu verkünden, ist sie am Ende. Sie kann es mit den Mitteln von heute tun, aber mit Festigkeit.“ – „Wenn ein Bischof, ein Priester, ein Kardinal nicht sieht, was die Eucharistie ist, nämlich der Leib CHRISTI, und die Eucharistie versteht als eine Mahlzeit, aus der niemand ausgeschlossen werden darf, dann verlieren wir wirklich das Herz des Mysteriums.“ (Vgl. DT 28.2.2015, katholisches.info 23.3.2015, rv 21.5.2015, kath.net 26.5.2015.)
Vom 8. bis 11. Juni versammelten sich in Accra, der Hauptstadt Ghanas, die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen Afrikas mit Kardinal Robert Sarah und weiteren vier Kardinälen (Christian Tumo, Kamerun; John Njue, Kenia; Polycarp Pengo, Tansania; Berhaneyesus Sourphiel, Äthiopien). Ihr Treffen war nicht „geheim“ wie die Zusammenkunft der deutschen, Schweizer und französischen Bischofskonferenz-Vorsitzenden und ihrer Gleichgesinnten, wurde aber doch aus westlicher Arroganz kaum wahrgenommen.
Der westafrikanische Theologe und Anthropologe Edouard Adé übte in einem Referat scharfe Kritik am Gewicht, das die deutsche Kirche beim bisherigen Verlauf der Synode und in der Gesamtdiskussion auf Weltebene hat. Adé beschrieb ein „präzedenzloses Verdampfen des christlichen Glaubens“, das sich in den vergangenen Jahren in Deutschland ereignete und das von unverhältnismäßigen Erwartungen an eine Änderung der kirchlichen Lehre und Praxis begleitet werde. Eine Haltung, die von der kirchlichen Hierarchie Deutschlands unterstützt werde. Diese verfolge, da eine grundlegende Änderung der Lehre nicht erreichbar scheine, die Strategie, durch kontinuierliches Bohren Breschen zu schlagen, die dann schrittweise ausgeweitet werden sollen. Die gleichzeitige Betonung, dass man nichts an der Glaubenslehre ändern wolle, sei Teil dieser „Strategie“, um Gutmeinende in die Irre zu führen, so Adé. „Breschen“ seien z. B. die „Sonderfälle“, von denen Kardinal Kasper gesprochen habe, wohl wissend, so Adé, dass es natürlich nicht bei Einzelfällen bleiben würde. Eine andere List sei es, die Veränderungen als Lösung der „Ausgewogenheit“ zu präsentieren zwischen ungeduldigen Erwartungen jener, die sofort die Anerkennung von Zweitehe und „Homo-Ehe“ fordern, und derer, die die gültige katholische Lehre aller Zeiten verteidigen. Eine weitere „Bresche“ sei es, wie an vielen Orten praktiziert, den wiederverheirateten Geschiedenen einfach die Kommunion zu gewähren, ebenso allen irgendwie zusammenlebenden Paaren.
Die afrikanischen Bischöfe und Kardinäle einigten sich in Accra einmütig auf eine gemeinsame Marschroute. Die Vertreter der Kirche Afrikas sollten, so Kardinal Sarah, „die Ehelehre CHRISTI ohne Furcht bekräftigen und auf der Synode eindeutig und einstimmig mit kindlicher Liebe zur Kirche sprechen“ (vgl. katholisches. info 15.6.2015, DT 23.6.2015).
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Bischöfe Polens treu zur Ehelehre Johannes Pauls II.
Warschau. Die Polnische Bischofskonferenz nahm auf ihrer Frühjahrsvollversammlung im März 2015 Stellung zur Debatte um die Weltbischofssynode zur Familie. Sie lehnte die von Kardinal Kasper vorgeschlagene Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur hl. Kommunion entschieden ab. Einer der geladenen Experten, Prof. Stanislaw Grygiel, Schüler von Karol Woityla, Berater des Päpstlichen Familienrates, bezeichnete die Absicht, einer Person, die sich in einem „zweiten oder dritten Eheersatz“ befinde, nach einer „Zeit von Reue und Buße“ die Absolution zu geben und damit zugleich die Erlaubnis zu erteilen, diesen Ersatz trotz bestehenden sakramentalen Ehebandes mit einer anderen Person fortzuführen, als eine „Segnung der Sünde“. Erzbischof Marek Jedraszewski von Lodz äußerte, die Haltung der polnischen Bischöfe sei eindeutig; sie basiere darauf, „dass wir uns treu an die Auslegung dessen halten, was die Familie im Leben der Kirche und der Menschheit stets gewesen ist und auch von Johannes Paul II. vertreten wurde“. Kardinal Stansilaw Dziwisz von Krakau, langjähriger Sekretär von Johannes Paul II., stellte gegenüber der Presse die grundlegende Bedeutung des Apostolischen Schreibens „Famliaris consortio“, eines „sehr großen Dokuments“, heraus.
Ähnlich äußerte sich im Juni der Vorsitzende der Familien-Kommission, Bischof Jan Watroba, dass die polnischen Bischöfe der „Linie von Papst Johannes Paul II ganz treu“ blieben. Das sei das Ergebnis einer vorher durchgeführten Umfrage und zeige die Denkweise der polnischen Kirche, Geistlicher wie Laien, über die Familie: „Wenn es um das allgemeine Thema geht, werden wir ganz bestimmt nicht in Richtung einer Theologie gehen, welche von manchen deutschsprachigen Kreisen vertreten wird.“
Watroba ist neben den Erzbischöfen Gadecki, Jedraszewski und Hoser Delegierter der polnischen Kirche bei der Weltbischofssynode. Der Konferenzvorsitzende, Erzbischof Stanislaw Gadecki, hatte sich in einem Interview auch zur sog. Geistlichen Kommunion geäußert, die im Umfeld der Synode immer wieder als reguläres Alternativangebot für wiederverheiratete Geschiedene ins Spiel gebracht worden war. Hier existiere ein „großes Missverständnis“, so Gadecki. „Die geistliche Kommunion ist nur für Menschen vorgesehen, die sich im Zustand der Gnade befinden, jedoch aufgrund von Priestermangel oder Verfolgung nicht in der Lage sind, auf materielle Weise die Kommunion zu erhalten.“ (Vgl. kath.net 16.3., 19.3., 10.6.2015, DT 14.3., 21.4., 9.5.; 13.6.2015, katholisches.info 20.3.2015, kathpress.at 21.3.2015.)
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Nigerias Bischöfe klagen „kulturellen Imperialismus“ des Westens an
Abijan, Nigeria. Die Nigerianische Bischofskonferenz unter der Leitung von Erzbischof Ignatius Ayau Kaigama verabschiedete anfangs Juli 2015 eine Erklärung „Unser Standpunkt zu Ehe, Familie und menschlicher Gesellschaft“. Darin bekräftigen die Bischöfe Nigerias ohne Zweideutigkeiten die beständige Lehre der katholischen Kirche zu Ehe und Familie und stellen sich damit dankenswerterweise auch den Aufweichungsbestrebungen kirchlicher Hirten und Organisationen des Westens entgegen. „Das jüngste Anwachsen des LGBT-Aktivismus, der Volksentscheid in der Republik Irland und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der USA werden zu einer beachtlichen und schnellen Veränderung der öffentlichen Meinung bezüglich der Natur und der Bedeutung der Ehe und der Familie beitragen. Das hat in vielen Ländern zu mächtigen Weichenstellungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung geführt, die darauf abzielen, die Ehe neu zu definieren, um die ‚Homo-Ehe‘ einzuführen. Wir bekräftigen, dass es sich dabei um eine traurige, ungerechte und tadelnswerte Entwicklung handelt, die großteils auf einem verzerrten Verständnis des Naturrechts, des Willens GOTTES und der menschlichen Natur beruht.“
Die Bischöfe klagen an, dass die Programme der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe Europas und insgesamt des Westens häufig an die Bedingung gekoppelt sind, inakzeptable ideologische Programme übernehmen zu müssen: „Diese Staaten produzieren zahlreiche Medienprodukte, die in unserem Land und Kontinent konsumiert werden, so auch einen Großteil der Schulbücher. Zudem bieten diese Staaten verschiedenen Institutionen und Projekten in unserem Land großzügig humanitäre Hilfe an. Auf diese Weise wollen sie ihre Sichtweise, ihr Denken und ihre Neigungen in das Herz unserer Gesellschaft einprägen, indem sie viele Menschen beeinflussen, besonders die leicht beeindruckbare Jugend.“ Konkret werden z. B. Kanada, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Irland und die USA genannt, die kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Einfluss auf viele afrikanische Länder, auch Nigeria, haben. Sie öffneten „die Tür zur kulturellen Fäulnis homosexueller Subkultur“. Die afrikanischen Politiker werden vor dieser Bedrohung gewarnt. „Wir sind in Sorge, was die ständige und anhaltende Förderung und Globalisierung des homosexuellen Lebensstils und die Anstrengungen betrifft, die Ehe neu zu definieren als Ausdruck einer verzerrten Sichtweise der menschlichen Sexualität.“ Die politische Führung wird aufgerufen, diesen kulturellen Imperialismus, der Gender-Ideologie zur Bedingung für Entwicklungszusammenarbeit macht, nicht nachzugeben. (Vgl. katholisches.info 17.7.2015)
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Australien: Hirtenbrief bei „Antidiskriminierungsbehörde“ angezeigt
Sydney. Die Australische Bischofskonferenz befasste sich Ende Mai 2015 in einem eigenen Hirtenbrief mit der Debatte um die „Homo-Ehe“. Die Bischöfe wenden sich darin ausdrücklich an „alle Australier“, nicht nur an die katholischen Gläubigen. Sie unterstreichen, dass die Ehe „eine personale Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau wie auch eine schützende Institution für ihre Kinder“ ist. „Diese Schutzfunktion ist das Herz der Ehe. Von den antiken Philosophen bis zu modernen Sozialwissenschaftlern wurde in allen Gesellschaften anerkannt, dass Kinder von verheirateten Eltern profitieren. Kinder leiden, wenn diese Schutzfunktion verringert oder aufgelöst wird.“ „In das Band zwischen Mutter und Kind wird durch die Ehe der Mann dauerhaft eingebunden.“ Mutter und Vater brächten jeweils einzigartige Fähigkeiten in die Beziehung zu ihrem Kind ein. Die Ehe sei eine Familieneinheit, „die bereits vor und unabhängig von politischen Institutionen existiert hat“. Der Staat bringe die Ehe nicht hervor, sondern habe die Aufgabe, sie anzuerkennen und zu unterstützen, weil die Kinder geschützt werden müssten. Andere gefühlsgetragene Bindungen, wie z. B. Freundschaft, würden dagegen nicht vom Staat in Regeln gefasst, sondern seien Privatangelegenheit. Liebende gefühlvolle sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen sollten respektiert werden, seien aber keine Ehe. Eine Neudefinition würde die Ehe schwächen, weil sie die einzigartige Bedeutung des Ehemanns und der Ehefrau in ihrer Beziehung zum Kind untergrabe und die Idee fördere, Ehe sei nur ein emotionaler Bund, nicht ein körperlicher Bund, der die Zeugung und den Schutz von Kindern zum Ziel hat. Eine staatliche Neudefinition könne auch eine Ausweitung auf mehrere Personen zur Folge haben. – Eine Gruppe „Australian Marriage Equality“, die sich für die Einführung der „Homo-Ehe“ einsetzt, protestierte gegen die Verbreitung des Hirtenbriefs etwa an Schüler katholischer Schulen, wie in einigen Diözesen geschehen. Das verstoße gegen das Antidiskriminierungsgesetz Tasmaniens. Der Bischof von Hobart, Julian Porteous, wies dies zurück, da ein Dokument, das die herrschende Rechtslage im Land verteidige, kaum diskriminierend sein könne. (Vgl. kath.net 1.6.; 13.7.2015)
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FMG-Sendung an deutschsprachige Bischöfe
Erwähnt sei noch eine Aussendung des FMG Ende Juni 2015 an gut 300 Bischöfe und Kardinäle aus dem deutschsprachigen Raum und aus anderen Ländern, die Deutsch können. In unserem Brief heißt es:
„Die massiven gesellschaftlichen Versuche, Ehe und Familie und die Erziehung der jungen Menschen entgegen der christlichen Überzeugung und der Schöpfungsordnung auszurichten, erfüllen uns mit großer Sorge. Und noch tiefer ist unsere Besorgnis angesichts der Bestrebungen in der Kirche, die Unauflöslichkeit der Ehe in der pastoralen und sakramentalen Praxis faktisch aufzulösen und die Lehre der Kirche von der Sündhaftigkeit und Ungeordnetheit außerehelichen – heterosexuellen wie homosexuellen – Verhaltens in Anpassung an die Verhaltensweisen der „Welt“ von heute umzuwerfen.
Wir haben uns in unserer Zeitschrift „FMG-INFORMATION“ schon mehrfach berichtend und argumentativ damit auseinandergesetzt.
Im Buch Josua wird erzählt, wie beim Einzug des Volkes Israel in das „Gelobte Land“ eine Reihe von Israeliten sich entgegen dem strikten Verbot GOTTES Güter, „Werte“, der anderen, überwundenen Völker aneignen und daher im Kampf umkommen (vgl. Jos 6,18; 7,11ff; ähnlich 2 Makk 12,39).
Gibt es nicht eine gewisse Parallele zu aktuellen Forderungen, „Werte“ aus dem Verhalten der zeitgenössischen Gesellschaft anzuerkennen, ihnen „Wertschätzung“ entgegenzubringen und zugleich die tradierte Lehre der Kirche dem heutigen Denken „anzupassen“? Kann man nicht Josua 7,12 mit der Erfahrung in Verbindung bringen, dass die Lehre der Kirche – nicht nur, aber besonders auch im deutschsprachigen Raum – in der Defensive steht gegenüber den Trends und der von einflussreichen Lobbys vorangetriebenen Diskriminierung und Zersetzung der christlichen Ehe, der Keuschheit und des Lebensrechts?
Wir sehen neben der Gnade GOTTES, um die wir beten, eine Möglichkeit, um die hilfreiche und heilschenkende authentische kirchliche Lehre zu Ehe, Familie, Keuschheit und Erziehung Menschen auch heute vorzustellen, darin, die doch weithin unbekannten Beispiele von Heiligen in Erinnerung zu rufen und Erfahrungen von gläubigen Menschen weiterzugeben, die mit der Gnade GOTTES aus der Verstrickung in gängige Verhaltensweisen herausgefunden und die Lehre der Kirche als segensreich erfahren haben.
Mit unseren bescheidenen Mitteln versuchen wir das schon seit längerem, unter anderem mit einigen Broschüren. Wir möchten Sie, hochwürdigste Herren, gerne mit den beiliegenden Schriften darauf aufmerksam machen.“
Beigelegt haben wir unsere Schriften „Familie und Glaube. Ein Lesebuch zu Ehe und Erziehung“, „Liebe die aufs Ganze geht. Humanae vitae – eine abgelehnte Enzyklika wird neu entdeckt“ und „Hirtenbrief an junge Menschen über die Keuschheit“ der kanadischen Bischöfe.
Von etwa einem Dutzend Bischöfen erhielten wir bislang dankbare und ermutigende Antworten.