(FMG-INFORMATION 96, April 2009)

 

Die Beichte ist die beste Vorbereitung
auf die hl. Kommunion

 

Im Jahr 2002 hatte Papst Johannes Paul II. im Apostolischen Schreiben „‚Misericordia DEI’ über einige Aspekte der Feier des Sakramentes des Buße“ an die von Rom schon wiederholt vertretene Lehre erinnert, dass jeder Gläubige mit der geforderten inne­ren Disposition „das Recht hat, persönlich die Gabe dieses Sakramentes zu empfangen“, dass aber „notwendig (ist), dass der Gläu­bige über das Bewusstsein um die begangenen Sünden, den Schmerz darüber und den Willen, nicht wieder darin zurückzufallen, hinaus seine Sünden bekennt“, dass also nach verbindlicher kirchlicher Lehre „das vollständige Bekenntnis der schweren Sünden kraft GÖTTlicher Einsetzung grundlegender Bestandteil des Sakramentes ist“. Es sei nicht in der „freien Verfügbarkeit der Hirten“, anders zu verfahren, etwa in der Form der „Generalabsolution“ oder „kollektiven Absolution“, die nur für „schwere Notlagen“ erlaubt sei (und dann die Bereitschaft voraussetzt, bei nächstmöglicher Gelegenheit mit Einzelbekenntnis zu beichten). Diese „in einigen Gegenden“ sichtbare unerlaubte Praxis führe „zu schweren Schäden für das geistliche Leben der Gläubigen und die Heiligkeit der Kirche“ (Motuproprio 7.4.2002).

Die Schweizer Bischofskonferenz hob nun in einem Dekret vom 1. Januar 2009 eine 1989 veröffentlichte „Partikularnorm“, die Bußandachten mit kollektiver Lossprechung ermöglicht hatte, auf, um der Anordnung von Johannes Paul II. nachzukommen, wie es in der Einleitung des Dekrets heißt. In der „Einleitung“ wird auch auf ein Hirtenschreiben vom Dezember 2007 verwiesen, in dem die Bischöfe „Impulse zur Erneuerung der Einzelbeichte im Rahmen der Bußpastoral“ gegeben hatten, und es werden die Aussagen des folgenden Dekrets etwa erläutert. Mit diesem Dekret vom 3.9.2008, rekognosziert von der Vatikanischen GOTTESdienstkongregation am 20.10.2008. das mit der Veröffentlichung in Kraft trat, wurde nun festgestellt, dass „das persönliche und vollständige Be­kenntnis und die Absolution den einzigen ordentlichen Weg (bilden), auf dem ein Gläubiger, der sich einer schweren Sünde bewusst ist, mit GOTT und der Kirche versöhnt wird (can. 960). Die Bußfeiern sollen, gemäß den Normen des Rituals, entweder mit einem vollstän­digen Einzelbekenntnis und Einzelabsolution oder mit einer einfachen deprekativen Vergebungsbitte abgeschlossen werden.

Hinsichtlich der Generalabsolution außerhalb von Todesgefahr (can. 961) hält die Schweizer Bischofskonferenz in Form eines nach can. 455 und nach Art. 6 des Motu Proprio Misericordia DEI vom 2. Mai 2002 erlassenen allgemeinen Dekrets in Bezug auf can. 961 § 2 und gestützt auf die vorhergehenden Erwägungen fest, dass in den ihr zugehörigen Diözesen und Gebietsabteien die eine schwere Notlage begründenden Voraussetzungen für die Erteilung der Generalabsolution nicht gegeben sind; die Generalabsolution darf deshalb nur bei drohender Todesgefahr (can. 961, § 1, 1) erteilt werden.“ Alle „in der Seelsorge Stehenden“ werden dann „zur Neuentdeckung der verschiedenen Weisen, wie GOTT uns Menschen Vergebung schenkt, eingeladen“. Ein „Begleitartikel“ des Fribourger Pastoraltheologen Amherdt wurde angefügt.

Dieses Dekret ist auch als Hintergrund für den Hirtenbrief des Bischofs von Chur, Vitus Huonder, zu sehen, aus dem wir einige Pas­sagen zitieren (Quelle: kath.net 3.3.2009). Bischof Huonder bezieht sich zunächst auf die Schrifttexte des 1. Fastensonntags vom Bund GOTTES mit Noach, von unserer Rettung durch die Gnade der Taufe und von der Aufforderung CHRISTI zu Umkehr und Glauben.

 

 

Fastenhirtenwort von Bischof Vitus Huonder, Chur

 

»Gewiss, auch als Getaufte und Gefirmte können wir versagen und in Sünde fallen. Um diese unsere Not wissend, hat der HERR uns das Sakrament der Versöhnung geschenkt. Wie uns der Evangelist Johannes berichtet, gab Er den Jüngern am Osterabend mit den folgenden Worten die Vollmacht, Sünden zu vergeben: ‚Empfangt den HL. GEIST. Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert’.

Ja, das Sakrament der Versöhnung ist ein österliches Sakra­ment, ein Sakrament, das Auferstehung und Lebensfülle be­deutet. Es zeigt sich daher, dass die heilige Beichte eine große Lebenshilfe ist. Ich gestehe zu, dass das in der Vergangenheit nicht immer so verkündigt und verstanden worden ist. Es gilt daher in vielen Fällen, diese befreiende und erlösende GOTTESgabe wieder neu zu entdecken.

Den Priestern und pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bin ich deshalb dankbar, wenn sie die Lehre der Kirche bezüg­lich dieses Sakramentes von neuem und mit neuem Elan dar­legen, damit die Gläubigen seine Bedeutung für ihr Leben im­mer besser erkennen und einen neuen Zugang dazu finden.

Wie jedes Sakrament so schenkt auch das Sakrament der Versöhnung Gnade, also die Gabe des übernatürlichen, des GÖTTlichen Lebens. Besonders wertvoll ist bei diesem Sakrament das persönliche Bekenntnis. Es darf nicht nur als eine Forderung betrachtet werden, um die Lossprechung empfan­gen zu können. Das Aussprechen unserer Verfehlungen ist ein Akt, der uns innerlich frei macht, uns für das vergebende Wir­ken GOTTES öffnet und wesentlich zur geistig-seelischen Heilung beiträgt.

Indem der Beichtende sein Gewissen sorgfältig prüft, die Sün­den bereut, das Bekenntnis vor dem Priester ablegt, die Los­sprechung empfängt und das begangene Unrecht in Ordnung zu bringen gewillt ist, vollzieht sich der Prozess einer geistig-seelischen Wandlung, aus der neues Leben hervorgeht, so dass auch hier das Wort des HERRN gilt: ‚Dein Glaube hat dich gerettet’.

Das persönliche Schuldbekenntnis vor dem Priester und die Lossprechung sind aufeinander bezogen und bilden eine innere Einheit. Eine Generalabsolution ohne vorgängiges Bekenntnis kann daher nur in unmittelbarer Todesgefahr gegeben werden, also in einer Situation, da der zur Beichte willige Gläubige we­gen besonderer Umstände das Bekenntnis nicht ablegen kann.1

Selbst in diesem Fall verlangt die innere Bezogenheit von Bekenntnis und Lossprechung, dass zur Gültigkeit der Absolution das Bekenntnis nachgeholt wird, sobald dies möglich ist. 2

Die bei uns verbreiteten und von der Kirche empfohlenen Bußfeiern haben ihren Wert nach wie vor darin, dass sie den Gläubigen helfen, den eigenen seelischen Zustand zu erkennen, die Sünden zu bereuen und GOTT um Vergebung zu bitten. Doch dürfen sie nicht mit dem Sakrament der Buße verwechselt werden. Die Bußfeier ist eine Besinnung und eine Bitte an GOTT um Verzeihung der Sünden.

Das Sakrament dagegen, immer mit dem Schuldbekenntnis des Beichtenden verbunden, ist kraft der priesterlichen Los­sprechung Zusage der GÖTTlichen Vergebung und der sakramentalen Gnade. Brüder und Schwestern im Herrn, ich möchte Euch ermutigen, von neuem dieses Sakrament der Hoffnung, der Befreiung und der Freude anzunehmen.

Den Priestern bin ich dankbar, wenn sie weiterhin und noch vermehrt den Gläubigen für die Spendung des Sakramentes zur Verfügung stehen. Unerlässlich ist auch die sorgfältige, dem Alter entsprechende Einführung der Kinder ins Sakrament der Versöhnung. Dabei wird die Erstbeichte vor der Erstkom­munion erfolgen und ein wichtiger Schritt hin zum Empfang des HERRN im Allerheiligsten Sakrament sein.

Ja, die Beichte ist die beste Vorbereitung auf die heilige Kommunion. Gerade im Sakrament der Versöhnung bewahr­heitet sich, was im Namen „JESUS“ zum Ausdruck kommt. Bedeutet er doch „Erlöser“. Wirklich, Er, unser HERR, ist unser Retter und Erlöser. Er überlässt uns nicht der Macht des Bösen, sondern begleitet uns unser Leben lang mit diesem Sakrament und erneuert, so oft wir Ihn in der Beichte darum bitten, die Gnadengaben der heiligen Taufe und der heiligen Firmung.

In der Tat, das Sakrament der Versöhnung ist ein Geschenk, durch das wir geistlich gesund bleiben oder diese Gesund­heit wieder erlangen. Es zeigt uns, wie sehr dem HERRN an unserem Heil gelegen ist. Es ist wirklich ein österliches Sakrament, daher auch ein Sakrament, das uns auf die Feier der Auferstehung unseres HERRN vorbereiten und dem Osterfest entgegenführen kann.

Möge uns die Fürbitte der GOTTESmutter, die wir auch als „Zuflucht der Sünder“ und „Helferin der Christen“ anrufen, auf dem Weg der österlichen Bußzeit begleiten und die Gnade eines heiligen Lebens erbitten…«

                    Fußnoten siehe unten!


 

 

Meldungen – Meinungen

 

„Unsere Seele steht auf dem Spiel“

Kansas City/USA. „Das letzte Ziel von allem, was wir tun, ist, in den Himmel zu gelangen und so viele, wie wir können, mit uns mitzunehmen”, legte der Bischof von Kansas City - St. Joseph, Robert Finn – Verfasser des Hirtenbriefs über die Pornografie, den wir als Sonderdruck verbreiten! – den Gläubi­gen in einer Kolumne der Kirchenzeitung seiner Diözese ans Herz. Aufgabe der „streitenden Kirche“ sei es, gegen die Feinde von Gerechtigkeit, Wahrheit, Licht und Leben CHRISTI zu kämpfen – in einer „friedlichen, aber ernsten Weise“. Der Bischof erinnerte an das Wort des hl. Paulus in Eph 6,12, dass wir „nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut, sondern ge­gen die bösen Geister… kämpfen“. „Was in diesem Kampf auf dem Spiel steht, ist unsere unsterbliche Seele, unser Heil. Meine Verantwortung als Bischof liegt im ewigen Geschick derer, die meiner Sorge anvertraut sind“. Alle seine Energien müssten auf deren Wohlergehen gerichtet sein. Bischof Finn sprach auch von der Furchtlosigkeit der Christen gegenüber den „Agenten des Todes“. In Kanada seien Priester vor Gericht gestellt worden, die sich für die Lehre der Kirche eingesetzt hatten – wegen „Hasspredigt“ gegen Homosexualität. Ange­sichts der Tyrannei der Ideologie des „free choice“ [„freie Ent­scheidung“ bzgl. Abtreibung], die täglich zunehme, „sollten wir auf ähnliche Attacken auf die Religionsfreiheit bereit sein.“ Finn unterstrich: „Wir können die Wahrheit unseres Glaubens nicht vorenthalten“, und er werde deshalb nie schweigen über das menschliche Leben (vgl. kath.net 4.11.09).

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„Mariatroster (und Königsteiner) Erklärung“
verantwortungsvoll?

Wien. Die im Herbst 2008 bekanntgewordene Predigt von Kar­dinal Christoph Schönborn am 27. März 2008 bei einer Messfeier von zahlreichen europäischen Bischöfen im Abend­mahlsaal in Jerusalem, in der er das „Nein“ der Bischöfe zu „Humanae vitae“ 1968 beklagte, hat gegen Jahresende doch einige Wellen geschlagen. So titelte eine deutsche Tageszei­tung: „Konservativer Kardinal fordert mehr Strenge von deut­schen Bischöfen“ (Die Welt ca. 20.11.09). Während der Journalist dort vermutete, dass die Jerusalemer Predigt Schönborns „mit Rom abgestimmt war“, hatte

der Wiener Erzbischof ja am Be­ginn seiner Predigt davon gesprochen, es sei „ein Wort des HL. GEISTES, das ich sagen muss“. Die Aussagen Schönborns, nachdem dann zahlreiche Kritik laut wurde – so z. B. durch den emeritierten Wiener Weihbischof H. Krätzl –, klangen dann leider abschwächend: Er wolle „keinesfalls“ den „verehrten Vorvorgänger Kardinal König und die Bischöfe von damals einer Haltung der Untreue gegenüber dem Evangelium zeihen“ (vgl. „Kurier“ 24.12.09). Seine Jerusalemer Predigt sei auf dem Hin­tergrund der Sorge um die Bevölkerungsentwicklung zu sehen; auch der Erfinder der „Antibabypille“, Carl Djerassi, habe kürz­lich im Hinblick auf Österreich von einer „demografischen Ka­tastrophe“ gesprochen (vgl. kath.net/PEW 22.12.09). Der Frage nach einer Rücknahme der Mariatroster Erklärung wich der Kardinal aus: seine Perspektive sei nicht, „was man heute an einer vor vierzig Jahre formulierten Erklärung umschreiben könnte“ (ORF 30.11.08).

Am Klarsten äußerte sich in der durch die Veröffentlichung der Predigt des Kardinals entstandenen öffentlichen Debatte Bi­schof Klaus Küng von St. Pölten: Die Mariatroster Erklärung sei „sicher aus guter Absicht gegeben“ worden, doch die Aus­wirkungen seien negativ gewesen; was Paul VI. vorausgese­hen und befürchtet habe, sei eingetroffen: „Der Bezug der Se­xualität zur Fortpflanzung wird missachtet; ohne Berücksich­tigung der Lebensrhythmen der Frau wird die vordergründige sexuelle Befriedigung gesucht; wechselnde Beziehungen sind häufig geworden, Jugendliche haben zu ihrem Schaden viel früher intime Beziehungen. Das alles hat nicht nur, aber auch mit der Relativierung von Humanae vitae durch die Mariatroster Erklärung zu tun. Die Aussage der Mariatroster Erklärung, dass jene nicht sündigen, die nach ernsthaftem Suchen zu einem vom Lehramt abweichenden Schluss gelangen, wurde von den meisten Gläubigen so verstanden, dass jeder in Bezug auf Verhütung ‚nach eigenem Gewissen’, das heißt letztlich ohne Berücksichtigung des Lehramtes entscheiden kann. Das kommt einer Aufhebung des Richtigen und Wichtigen gleich, das in Humanae vitae gesagt wurde“ (DT 9.12.08).

Der Grazer Bischof Egon Kapellari nannte zwar in einer Predigt „Humanae vitae“ „eine große Prophetie für echte Liebe und für ein Leben in Verantwortung und Würde“, einen „Leitstern“, wenn man bereit sei, das Gewissen daran zu bilden. Doch in einer Zeitung hatte er vorher gesagt, die Bischöfe damals hät­ten mit der Mariatroster Erklärung „sehr verantwortungsvoll gehandelt“, und er kenne zwar „nicht wenige Katholiken, die sich an Humanae vitae orientieren, aber sehr viele andere Paare, die glaubhaft vermitteln, dass die natürliche Empfäng­nisverhütung alleine für sie nicht umsetzbar sei“. In dieser „Spannung“ könne es „keinen Zwang“ geben, sondern nur „friedfertige Argumentation und vorgelebte Beispiele“ (vgl. kath.net 3.12.08).

Das Ergebnis: Dass „Humanae vitae“ eine verbindliche Lehre verkündet hat, die im Gewissen bindet, bleibt weiter­hin im Nebel. Das II. Vatikanum, das zur Zeit ja als Norm für Kirchlichkeit häufig angeführt wird, hatte gesagt: „Es ist den Kindern der Kirche nicht erlaubt, in der Empfängnis­regelung Wege zu beschreiten, die das Lehramt in Ausle­gung des GÖTTlichen Gesetzes verwirft“ (GS, 51). Ist dies „Zwang“, den es nicht geben dürfe?

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Ein „anderes Kirchenbild“ – aber „keine ernsthaften Differenzen“?

Mainz. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung äußerte Kardinal Karl Lehmann, die Niederlage, die ihn am meisten getroffen habe, sei der 1999 vom Papst ver­fügte Ausstieg der Kirche aus der Schwangerenkonfliktbera­tung gewesen. „Mir war klar, dass es gegen unsere Position für den Verbleib im Beratungssystem [mit Ausstellung der Bera­tungsscheine, die die Abtreibung ermöglichten, Anm. FMG] Gegengründe gibt und dass man das in Rom anders sieht und vielleicht auch sehen muss. Ich war aber traurig darüber, dass bestimmte Leute einen einseitigen Einfluss in Rom ausüben und ausnutzen konnten“, so Lehmann. Wen er damit meine, wollte der Kardinal nicht sagen. Aber er hätte den Eindruck gehabt, dass auf seine Argumente weniger gehört wurde, was auch an der Person von Johannes Paul II. gelegen habe, der von seiner polnischen Erfahrung her eine „eindeutige Kirche“ gewollt habe. Kardinal Lehmann kritisierte in dem Interview auch Bischofskollegen, die ein „theologisch überhöhtes Berufs­bild“ hätten. Ratzinger, den er seit vierzig Jahren kenne, habe ein anderes Kirchenbild als er. Doch seien dies „keine ernst­haften Differenzen“. Er verehre ihn als „älteren, ja als genialen Theologen“, doch kritisierte er z. B. im selben Interview das von Kardinal Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation ver­antwortete Dokument „DOMINUS JESUS“ über die Einzigkeit und Heilsuniversalität JESU CHRISTI und der Kirche.

# Kommentar: Zur Klage Lehmanns, dass man andere Argu­mente in Rom als richtiger bewertet habe als seine, muss man sich in Erinnerung rufen, wie lange Johannes Paul II. hier zugewartet und den „Dialog“ mit den deutschen Bischöfen geführt hat. Als der Papst zunächst die verbindliche Aussage gefordert hatte, dass die Beratungsbescheinigung „nicht zur Durchführung straffreier Abtreibungen verwendet werden“ dürfe, hatte der Ständige Rat der DBK unter Führung Bischof Lehmanns dies „akzeptiert“, aber zugleich vom Staat erwartet, die Bescheinigung mit diesem Zusatz anzuerkennen (also für straffreie Abtreibungen verwenden zu lassen im Widerspruch zur darauf stehenden Verneinung), was in der Presse ein ver­heerendes Echo von „Scheinheiligkeit, Trickserei, Heuchelei, innerkirchlichem Schmierentheater“ hervorrief (vgl. FMG-INFORMA­TION 68 S. 17ff). In jenem Zusammenhang hatte der damalige Vorsitzende der DBK ja auch sinngemäß davon gespro­chen, er verstehe es, mit Worten „umzugehen“.

Dies zeigt sich auch hier wieder – und auch bei der Bewertung seiner Stellungnahmen in der hochgekochten Atmosphäre um den Fall Williamson und die Aufhebung der Exkommunikation für die vier von Lefebvre geweihten Bischöfe. Da hat sogar der deutsche Kurienkardinal Cordes öffentlich (wenn auch ohne Namensnennung, aber für jeden erkennbar) den Mainzer Mit­bruder wegen seines Verhaltens kritisiert. Lehmann verteidigte sich danach, er habe den Papst nicht kritisiert, denn zu einer solchen Kritik habe es in diesem Fall keinen Anlass gegeben (vgl. rv 3.3.09). Kardinal Paul Josef Cordes hatte in einem Artikel „Letztlich gelten die Attacken dem Petrusamt“ (DT 17.2.09) geschrieben: „Eine Spur kirchenrechtlicher Information hätte manchem Kommentator wohl gut angestanden. Gewiss hätte auch der in den letzten Tagen am meisten zitierte deutsche katholische Bischof die im Vatikan versäumten Erläuterungen dank seiner erprobten besten Beziehungen zu den Medien nachschieben, die Missverständnisse ausbügeln, die geistliche Dimension des Aktes ansprechen, mit dem Papst den Blick auf den Glauben und auf GOTT lenken können. Doch er nutzte seine Stellungnahmen, um von der ‚Leitung der Kirche etwas mehr politische Sensibilität’ zu fordern. Dass den Papst ein geistlich krankes Glied am Leib CHRISTI seit Jahren schmerzt, gilt im besten Fall als Alterssentimentalität. Seine Verteidigung, dass er als Wahrer kirchlicher Einheit einer Gruppe von Christen auf deren Bitte hin die Versöhnungshand entgegenstrecken wollte, fand nicht statt. Stattdessen verlautbarte der deutsche Bischof lapidar: ‚Der Papst tut mir leid.’“

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Zweifel gesät

La Plata/Argentinien. Erzbischof Hector Aguer kritisierte den Jesuitenkardinal und emeritierten Mailänder Erzbischof Carlo Maria Martini, dass er in seinem Interviewbuch „Jerusalemer Nachtgespräche“ bezüglich Wahrheiten und Praktiken, die die Kirche immer gelehrt habe, Zweifel gesät habe. Konkret nennt der Erzbischof von La Plata den priesterlichen Zölibat, die den Männern vorbehaltene Priesterweihe, die Beurteilung praktizierter Homosexualität und Martinis Distanzierung von der Eheenzyklika „Humanae vitae“ (vgl. FMG-INFORMATION 95, S. 22). Aguer bedauerte es, dass „ein so wichtiger und herausragen­der Kardinal“ sich die Kritik der säkularisierten Kultur und dem Lehramt widersprechender kirchlicher Kreise zu eigen gemacht habe. Die Lehre von „Humanae vitae“ gründe sich „auf eine durchgehende Tradition, die auf die Väter zurückgeht“, betonte der Erzbischof. „Seit Anfang des 19. Jahrhunderts, als moderne Techniken neue Methoden boten, die Fruchtbarkeit des ehelichen Aktes zu verhindern, hat das Lehramt durchge­hend den richtigen Weg gezeigt“, so Aguer. Wenn man dem katholischen Gespür folge, wisse man genau, was man befol­gen müsse: „Wir müssen uns an die beständige Lehre der Kirche halten und an Benedikt XVI.“ (Vgl. kath.net 15.12.08)

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Naturrecht

Salzburg. In einem Kommentar in der Salzburger Kirchenzei­tung „Rupertusblatt“ legte Weihbischof Prof. Andreas Laun die Wichtigkeit des Naturrechtes dar. Mitläufer des NS-Regimes seien seinerzeit vor dem Nürnberger Gericht verurteilt worden, obgleich sie sich darauf berufen hätten, Gesetze be­folgt zu haben. Eine Verurteilung sei nur möglich gewesen, weil es ein „höheres Gesetz“ gebe, das menschliche Gesetze außer Kraft setze. Es stehe über jedem Parlament, über jedem König, über jedem „Recht des Stärkeren“. Es beschütze den Einzel­nen vor der Willkür der Regierenden, unabhängig von der Re­gierungsform. Der Einzelne sei in Sicherheit, wenn alle, insbe­sondere die Mächtigen, dieses höhere Gesetz anerkennten, das nichts mit der Unterscheidung von Staat und Kirche zu tun habe. Menschliche „gültige Gesetze“ hätten Sklaverei, Enteig­nung, Judenverfolgung erlaubt und erlaubten die Tötung Unge­borener oder die Verfolgung von Christen in anderen Ländern. Solchen Gesetzen dürfe man nicht gehorchen, und es sei wichtig, sich für dieses „höhere Gesetz“ – das Naturrecht, das man heute die Menschenrechte nenne –, einzusetzen. Die Verächter des Naturrechts seien wie „Schläfer“, deren ter­roristisches Potential irgendwann aufwache. (Vgl. kath.net 15.12.08)

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Es wurde Unkraut gesät

Linz. Dass „der Sturm des Unwetters“ über dem Weinberg des HERRN in der Kirche in Österreich „nicht wie ein Gewittersturm sei“, sondern die Rebzweige stärke, darum betete der päpst­liche Nuntius in Österreich, Erzbischof Edmond Farhat im Marienwallfahrtsort Mariazell, als er bei seiner Abschiedsmesse am 8. März 2009 die Kirche in Österreich dem Schutz der Mutter GOTTES anvertraute. In dem an Anspielungen reichen Text bat er um Bewahrung des Glaubens, um ein gebildetes Gewissen; darum, dass jene, „die Unkraut säen, begreifen, dass der HERR das Korn einsammeln und das Unkraut verbrennen wird, wenn die Zeit dafür gekommen ist“; dass „jene, die sich auf das 2. Vatikanische Konzil berufen, seine Texte mit Hingabe und Liebe lesen, seine Lehre verstehen und seine Vorschriften in die Praxis umsetzen“; dass die Priester „ihren privilegierten Dienst als Mitarbeiter am Werk CHRISTI nicht inkompetenten Händen überlassen“; dass das Wort der Hirten im letzten Pastoralbrief „nicht falsch interpretiert werde“. „Lass uns immer begreifen, dass es Petrus zusteht, seine Mit­brüder zu stärken, mit Liebe zu befragen und brüderlich anzu­hören", doch wenn Petrus entscheide, drücke dies „die Zu­stimmung seiner Mitbrüder im apostolischen Kollegium aus“.

Was sich ereignete in der medialen Hetzjagd gegen den ernannten Linzer Weihbischof Wagner, ist in der Tat ein Gewittersturm. Auch der Hl. Vater wurde zur Zielscheibe ge­macht: der emeritierte Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner – von Kardinal Schönborn offenbar geschätzt, da er sich immer wieder auf ihn bezieht und ihm auch jüngst ein Vorwort für den Aufruf zur Kirchenbeitrags-Bezahlung überließ – sprach in einem Zeitungsbeitrag von „Nach-rechts-schrumpf-Ghettoisie­rung“, da „der Papst der wunderbaren Predigten in den letzten Monaten eine unheilvolle nach rechts gerichtete kirchenpoliti­sche Entscheidung nach der anderen getroffen“ habe). Ist es „Ghettoisierung“, wenn Wagner in seiner Pfarrei seit zwei Jahrzehnten 40 Gebetskreise aufgebaut, die eucharistische Anbe­tung erfolgreich eingeführt, die Jugend angesprochen, eine große Zahl von Laien zur ehrenamtlichen Mitarbeit ge­wonnen hat usw.?

Unbegreiflich bleibt, dass der Linzer Bischof und die übrigen österreichischen Bischöfe dem Druck der Medien und einem illegitimen Beschluss von Linzer Dechanten (von denen einer sich öffentlich rühmte, seit Jahren den Zölibat zu brechen, acht weitere Pfarrer sollen dies ebenfalls zugegeben haben) nachgaben und sich von ihrem ernannten Mitbruder distanzierten und so auch Rom desavouierten. Einzig Weihbischof Laun sprang Wagner zur Seite. Er zeigte auf, dass die skandalisier­ten und ohnehin nicht genau angeführten Aussagen Wagners (über Heilungsmöglichkeit von Homosexualität, über die Prob­lematik von „Harry Potter“ und über die Nachdenklichkeit, die jener zerstörerische Hurrikan über dem amerikanischen New Orleans angesichts der fünf Abtreibungskliniken, zahllosen Bordelle und einer geplanten Homo-Parade dort wachrufe) keine tragfähige Begründung für die Ablehnung Wagners sind: „Kein Verstoß gegen ein Dogma der Kirche, wirklich nicht, aber viele der Ankläger leugnen eine ganze Reihe katholischer Leh­ren!“.

Absolut unverständlich, wenn Bischof Kapellari von Graz die „Antworten Wagners für die Öffentlichkeit traumatisierend“ nennt. Muss nun aus der Hl. Schrift und aus dem Mund CHRISTI auch alles verschwiegen oder gestrichen werden, was „für die Öffentlichkeit traumatisierend“ sein könnte? Ist nicht vielmehr das Ganze eine überaus schmerzliche Wunde für der Kirche verbundene Gläubige? (Vgl. kath.net 3.2.; 18.2.; 8.3.; 9.3.; 12.3.09; DT 17.2.; 21.2.; 10.3.09)

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Gewissensfreiheit bewahren

Washington, D.C. Der Vorsitzende der US-Bischofskonfe­renz, Kardinal Francis George, Erzbischof von Chicago, hat die Katholiken des Landes zum Protest gegen die Abschaffung einer Richtlinie des Gesundheitsministeriums zum Schutz des Gewissens aufgerufen. Diese Richtlinie, die die persönliche Gewissensfreiheit von Mitarbeitern im Gesundheitswesen, wie Ärzten und Krankenpflegern, schützt, soll abgeschafft werden. Laut diesem Vorhaben dürften sich z. B. Ärzte nicht mehr aus Gewissensgründen weigern, Abtreibungen durchzuführen. Diese Pläne Präsident Obamas „wären der erste Schritt, der unser Land von der Demokratie hin zum Despotismus führt“, warnte der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Der gesetzliche Schutz der Gewissensfreiheit und der Religionsfreiheit, die Freiheit für konfessionelle Gesundheitseinrichtungen ein­schließt, sei daher notwendig. Nur so könnten kirchliche Ein­richtungen „sich selbst treu bleiben“. Bemerkenswert: Die Ver­öffentlichung dieser scharfen Kritik geschah am Tag vor einem halbstündigen offiziellen Gespräch von Kardinal George und Präsident Obama im Weißen Haus, bei dem (so eine Presse­meldung des Weißen Hauses) „eine große Bandbreite an The­men“ diskutiert worden sei. (Vgl. rv 17.3.09, Zenit 19.3.09).

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„Werdet keine Christen!“

Bern. Der Apostolische Vikar für Arabien, Bischof Paul Hinder, rät Muslimen, die zum Christentum konvertieren wol­len, dringend davon ab, weil es in dieser Region zu gefährlich ist. Konvertiten könnten ihren christlichen Glauben nicht aus­üben, weil Familie und Öffentlichkeit dies nicht dulden. Wer trotzdem übertrete, dem bleibe nur die Auswanderung. Dies sagte der Bischof Schweizer Herkunft in einem Interview des Schweizer Wochenmagazins „Weltwoche“ (vgl. DT 16.12.09). – Dies zeigt einmal mehr, dass der Islam keineswegs so friedlich ist, wie viele ihn darstellen. Und menschlich ist der Rat des Bischofs verständlich. Aber findet sich ein solcher Rat ir­gendwo in den Briefen des hl. Paulus? Sagt nicht der HERR selber voraus: „Haben sie mich verfolgt, werden sie auch euch verfolgen.“ (Joh 15,20)?

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„Donum Vitae“

Würzburg. „Fast einstimmig“ (nur!?) habe der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz am 19.1.2009 einen Beschluss gefasst, der zur Klärung des Verhältnisses zwischen den Bischöfen, dem „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ und der Organisation „Donum Vitae“ führen solle. Fast vier Jahre vorher hatte der Präfekt der Glaubenskongregation, der jetzige Papst, den damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, gemahnt, rasch und endgültig das Verhalten gegenüber „Donum Vitae“ zu klären. Vor allen Dingen müsse deutlicher unterstrichen werden, „dass die Beratungsstellen von Donum Vitae nicht von den Bischöfen anerkannt sind und keine kirchlichen Einrichtungen darstellen, dass sie keine katholische Beratung anbieten, sondern gegen die Weisung des Hl. Vaters und der Bischöfe verstoßen, dass sie von Vertretern der Kirche und von kirchlichen Institutionen weder ideell noch finanziell unterstützt werden dürfen“. Zwar war anderthalb Jahre nach diesem Schreiben eine Erklärung der DBK ergangen, doch faktisch hatte sich kaum etwas geän­dert. Deshalb forderte der Nachfolger Ratzingers, Kardinal William Levada, am 12. 2. 2007 in einem Schreiben an den damaligen Vorsitzenden der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Wetter, „entschieden darauf hinzuwirken, dass die Gläubigen, vor allem die Vertreter kirchlicher Organisationen und Räte, nicht nur auf eine leitende Mitarbeit bei Donum Vitae, sondern auf jegliche Form der Unterstützung verzichten“. Fer­ner solle in diesem Sinn „auch die Überzeugungsarbeit bei den katholischen Politikern“ fortgesetzt werden. Die neue Landesvorsitzende von „Donum Vitae“ in Bayern, die CSU-Bundestagsabgeordnete Maria Eichhorn, deutete ihre kürzliche Wahl ins „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ als Bestätigung ihres Engagements für „Donum Vitae“. Und „Donum Vitae“, das in den Medien immer als „katholische Beratungsorganisation“ vorgestellt wird, attackiert auch immer wieder die Kirche: Die Weisung des Vatikans, „Donum Vitae“ nicht zu unterstützen, komme einem „Verbot der Nächsten­liebe“ gleich (vgl. DT 22.1.09). – Wie ernst aber ist es „Donum Vitae“ wirklich mit der Rettung von „Leben“, wenn sie eben den Beratungsschein ausstellen, der Voraussetzung für die erlaubte medizinische Abtreibung ist, und wenn sie in Schulklassen und bei anderen Veranstaltungen die Verhütungsmittel propagieren – von denen viele erwiesenermaßen frühabtreibend wirken“.

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Kondome 1: „nicht tabuisieren“?

Hamburg. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke äußerte sich in der Wochenzeitung „Die Zeit“, er lehne es ab, Kondome zu tabuisieren. „Wer Aids hat und sexu­ell aktiv ist, wer wechselnde Partnerschaften sucht, muss an­dere und sich selber schützen.“ Jaschke warnte aber vor einer „Überschätzung“ der Kondome; allein ihre Verteilung könne das Aids-Problem nicht lösen. Nach seiner Darstellung sei es die Position der katholischen Kirche, einen ganzheitlichen Ansatz zur Aufklärung, Vorbeugung und Hilfe für Kranke zu verfolgen. Er lobte die sog. A-B-C-Methode, die angeblich in Uganda „von Staat und Kirche“ propagiert werde (A für Absti­nenz, B für Treu-Sein und C für Kondome) (vgl. kna/rv 18.3.09). – Weihbischof Jaschke machte schon mehrfach durch abwei­chende Meinungen von sich reden. 1998 sagte er gegenüber der Presse anlässlich des auf der Bischofskonferenz in Fulda vorgelegten Papiers „Jugend, Kirche und Sexualität“ (er hatte die verfassende Arbeitsgruppe geleitet), „dass zur Sexualität auch die Verantwortung im Blick auf die Empfängnis“ gehöre. Hinsichtlich der Aids-Problematik könnten Kondome ‘in be­stimmten Situationen eine wichtige Hilfe sein’.“ Die Kirche ver­trete zwar die Haltung, dass „natürliche Verhütung“ (!) „der künstlichen vorzuziehen sei“, doch wenn Menschen „dieses Ideal nicht erreichen, müssen sie nach ihren Möglichkeiten handeln. Die Kirche wird eine solche Entscheidung nicht ver­dammen“ (vgl. FMG-INFORMATION 69, S. 36f).

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Kondome 2: Erziehung zu Werten nötig

Dakar/Senegal. Der Erzbischof von Dakar, Kardinal Théo­dore-Adrien Sarr, unterstrich in einem Gespräch mit Radio Vatikan, um den Kampf gegen Aids in Afrika zu gewinnen, sei die Erziehung zu Werten nötig. Er berichtete, auf Ansuchen des früheren Ministerpräsidenten von Senegal, Abdou Diouf, engagierten sich seit 1995 christliche und muslimische Ge­meinschaften gemeinsam im Kampf gegen Aids. „Wir sagten, wir könnten für Enthaltsamkeit und Treue predigen, und wir taten es beide, Christen ebenso wie Muslime. Wenn nun heute die Aids-Rate in Senegal noch immer niedrig ist, so denke ich, dass das den religiösen Gemeinschaften zu verdanken ist, die Moral und moralisches Benehmen unterstrichen haben.“ Der Kardinal bedauerte, dass einige Medien den Papstbesuch in Kamerun und Angola ausschließlich auf die Frage nach Abtrei­bung und Kondomen reduziert hätten, anstatt über die Begeg­nungen des Papstes mit den Afrikanern zu berichten (vgl. zenit.org 28.3.09).

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Kondome 3: mit Kondomen überflutet und die höchste Neuinfektionsrate

Durban/Südafrika. Kardinal Wilfrid Napier übte bei einer Pressekonferenz in Wien Kritik an der Haltung vieler politischer Verantwortlicher in Südafrika, die im Gebrauch von Kondomen die ausschließliche Lösung des Aids-Problems sähen. Er sagte, wer ein Problem behandeln wolle, müsse an die Ursache gehen. „Die Ursache ist vor allem sexuelle Promiskuität. Deshalb weist die Kirche auf die Notwendigkeit einer Verhal­tensänderung hin.“ Während die ugandische Regierung diese Politik verfolge und Erfolg habe mit dem deutlichen Rückgang der Rate der Neuinfizierten, würden sie „in Südafrika mit Kondomen überflutet und haben trotzdem die höchste Neuinfektionsrate“ (vgl. rv/kap 28.3.09) – Wir möchten hinsichtlich Südafrika verweisen auf die Auszüge aus einem Interview mit Bischof Hugh  Slattery, die in der FMG-INFORMATION 93, S. 21 veröffentlicht sind: „Kondome sind keine Lösung“.

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Kondome 4: auch in Indien

Bombay. In der Debatte um die Äußerung von Papst Benedikt XVI. zur Aidsbekämpfung stellte sich der indische Kardinal Oswald Garcias, Erzbischof von Bombay, hinter den Papst. Nach Regierungsangaben ist Indien das Land mit der zweit­höchsten Zahl an HIV-Infizierten weltweit. Kardinal Garcias betonte, dass die Kirche im Subkontinent mehr als 64 Be­handlungszentren unterhält. Nach den indischen Erfahrungen habe der Papst Recht: „Was er gesagt hat, ist alles wahr, auch für Indien“. Der Papst sei „ein Prophet unserer Zeit“ (vgl. rv 28.3.09).

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Kondome 5: mehr riskante sexuelle Aktivität

Freiburg i. Br. In einem Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ äußerte Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, man müsse fragen, ob nicht nur ein Alibi geschaffen werde, wenn man Kondome propagiert. „Nehmen Sie das Beispiel Uganda: Dort hatte in den vergan­genen Jahren eine Kampagne der Regierung unter der Mitar­beit der katholischen Kirche eheliche Treue propagiert, worauf­hin die HIV-Infektionsrate um zwei Drittel gesunken ist. Im Jahr 2004 traten dann westliche Entwicklungshelfer auf, die eine Kondom-Kampagne starteten, was zur Folge hatte, dass die Verbreitung von Aids wieder zunahm. Der Grund dafür ist ein­fach: Je leichter Kondome erhältlich sind, umso höher ist die Infektionsrate, weil bei der Verwendung von Kondomen mehr Risiken in der sexuellen Aktivität eingegangen wer­den“ (vgl. „Tagesspiegel“ 30.3.2009, zitiert nach www. kath-info.de).


 

 

 

Sehnsucht nach Einheit? – Gedanken zur Situation nach der Aufhebung
der Exkommunikation für die vier Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X.

 

Hamburg. Die Deutsche Bischofskonferenz, die anfangs März erstmals in Hamburg tagte, veröffentlichte eine „Erklärung zum gegenwärtigen Weg der katholischen Kirche“ (gemeint ist damit die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X. durch den Hl. Vater innerhalb der „Gebetswoche für die Einheit der Christen“).

Darin heißt es u. a.: „Die Priesterbruderschaft St. Pius X. befindet sich… nicht in Gemeinschaft mit der katholischen Kirche, weil sie sich außerhalb der katholischen Tradition gestellt und die Einheit mit dem Papst aufgekündigt hat. Es liegt an der Priesterbruder­schaft, das Schisma zu überwinden und durch einen Prozess der Wiedereingliederung die Einheit mit dem Papst und der Lehre der Kirche herzustellen. Der Hl. Vater… hat ihr dazu durch die Aufhebung der Exkommunikation der Bischöfe als einer Geste des Ent­gegenkommens die Hand gereicht. Es obliegt dem Apostolischen Stuhl zu klären, ob die Priesterbruderschaft bereit ist, die Glau­bensüberzeugung der ganzen Kirche und besonders die Lehre der Päpste und Konzilien eindeutig zu bejahen und anzunehmen. Die Dokumente des 2. Vat. Konzils gehören unaufgebbar zur katholischen Tradition…“ und „Ob es eine volle Gemeinschaft der Priester­bruderschaft St. Pius X. mit der katholischen Kirche geben wird, ist noch nicht geklärt. Vieles scheint bis jetzt dagegen zu sprechen. Aber nicht diese Frage kann uns vorwiegend bewegen…“

 


 

Es ist in den letzten Wochen seit der Aufhebung der Exkom­munikation der vier Bischöfe – die weiterhin kein rechtmäßiges Amt in der Kirche haben – viel gesagt und geschrieben worden. Extrem belastet wurde die Geste des Hl. Vaters natürlich durch die unerträglichen Aussagen Williamsons zum Verbrechen des Holocaust, die er offenbar schon zwei Monate vorher machte, die aber zu jenem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit gebracht wur­den, wo sie der Kirche, dem Papst, am meisten Schaden zufü­gen konnten. Zu all dem, auch zu Verdächtigung, Miss­trauen, ja regelrechter Hetze gegenüber dem Hl. Vaters, gab es bereits eine Reihe von guten, gläubigen Kommentaren, zu denen wir hier nicht einen neuen ausführlichen Kommentar hinzufügen wollen.

Nur einen Punkt möchten wir herausgreifen: Es macht trau­rig, dass in den verschiedenen Worten einzelner unserer Bi­schöfe, aber auch in der vorstehend teilweise zitierten Erklä­rung der Bischofskonferenz nicht der Geist der hoffenden Sorge und der Versöhnung zu spüren ist, wie er dann aus dem persönlichen Brief des Hl. Vaters vom 10. März sehr deut­lich wird (vgl. in dieser FMG-INFORMATION S.12f ).

Der Hl. Vater – gerade er hatte ja als Kardinal seinerzeit vor den unerlaubten Bischofsweihen durch Erzbischof Lefebvre persönlich vieles versucht, die Pius-Bruderschaft vom Abdriften zurückzuhalten, und hätte ob der Verweigerung in letzter Mi­nute allen Grund, sich beleidigt und skeptisch zurückzuhalten – handelt aus spürbarer Sorge vor einer wirklichen und dau­erhaften Abspaltung von mehreren Hundert Priestern, Se­minaristen usw. und der ihnen mehr oder minder stark anhängenden Gläubigen, denen er – bei manchen Ein­seitigkeiten und Verkrampfungen und Misstönen, von denen er offen spricht – die Liebe zu CHRISTUS zugesteht und den Willen, CHRISTUS zu verkünden. „Sollen wir sie wirklich von der Kirche wegtreiben lassen?“

Der Hl. Vater spricht von der Einladung zur Versöhnung „mit einer sich abspaltenden kirchlichen Gruppe“. Die Bischofserklä­rung hingegen dekretiert, dass diese Gruppe „nicht in Gemein­schaft mit der katholischen Kirche“ und bereits im „Schisma“ sei. Ist es sehr weit hergeholt, wenn man fast eine Erleichte­rung durchzuspüren meint, dass „vieles bis jetzt gegen eine volle Gemeinschaft zu sprechen scheint“? Bischof Algermis­sen etwa hatte eine jüngste Äußerung Williamsons, die wie das Herbeiwünschen eines 3. Weltkrieges klingt, der ganzen Pius-Bruderschaft angelastet und sie mit dem Verdacht, eine „sektiererische Gruppierung“ zu sein, belegt, und der Pressesprecher des Bistums Rottenburg-Stuttgart kann bei dieser „Traditionalistensekte“ „keinen gemeinsamen Boden mit dem Glauben der Kirche erkennen“ (vgl. DT 21.3.2009). Bischof Trelle von Hildesheim hat anscheinend ganz offen gesagt: „Ich sehe keine Möglichkeit einer Annäherung, weil ich sie so nicht will.“ Theologisch stünde die erzkonservative Pius-Bruderschaft der katholischen Kirche zwar näher als die Protestanten. Doch „gefühlt bin ich jedem Lutheraner näher als den Pius-Brüdern“ (vgl. Braunschw. Ztg. 20.2.09, zitiert nach IK-Nachrichten 4/2009). Sind also Gefühle wichtiger als der Glaube?

Der Hl. Vater stellt klar, dass nach der Aufhebung der dis­zipli­nären Hindernisse (der Exkommunikation der vier Perso­nen) nun die doktrinellen Fragen zu klären sind, „vor allem die An­nahme des II. Vatikanischen Konzils und des nachkonzilia­ren Lehramts der Päpste betreffend“. Die Priesterbruderschaft St. Pius hatte ihren Weg aus Sorge um den Glauben begon­nen. Dass Erzbischof Lefebvre seinerzeit nicht der Führung GOT­TES, dem er doch dienen wollte, mehr vertraute als der eige­nen Sorge, wie es nach seinem Tod weitergehe, und dass er gegen den Willen des Papstes Bischöfe weihte und damit seine Gemeinschaft auf einen Weg wies, der von der Kirche wegführen muss, hat seither doch jeden kirchlich denkenden Katholiken mit Schmerz erfüllt. Dennoch hat man den Eindruck, dass die Piusbruderschaft in Treue zum überlieferten katholi­schen Glauben leben und verkünden will.

Während anderseits Wirklichkeit ist, dass kirchlich denkende Gläubige nicht selten unter liturgischen und die Glaubenswahr­heit betreffenden Eigenmächtigkeiten und Irrwegen von Pries­tern und lautstarken Laien gelitten haben und leiden, denen der überlieferte Glaube der Kirche nichts bedeutet. Der Hl. Vater nennt das im Hinblick auf das vielbeschworene Konzil selber ganz deutlich beim Namen: „Manchen von denen, die sich als große Verteidiger des Konzils hervortun, muss auch in Erinne­rung gerufen werden, dass das II. Vaticanum die ganze Lehr­geschichte der Kirche in sich trägt. Wer ihm gehorsam sein will, muss den Glauben der Jahrhunderte annehmen und darf nicht die Wurzeln abschneiden, von denen der Baum lebt.“

(Zum 2. Vatikanum gehören unter anderem das einmütige Ja zum priesterlichen Zölibat [Dekrete Presbyterium Ordinis, 16; Optatam totius, 10], die Annahme der kirchlichen Ehelehre [Gaudium et Spes, 51], der Opfercharakter der hl. Messe [Liturgiekonstitution 2, 7, 10, 12, 47, 48, 49, 55], das „Beibehalten“ der lateinischen Liturgiesprache [Liturgiekonst. 36], das Verbot, eigenmächtig an der Liturgie etwas zu ändern [Liturgiekonst. 22], die Verwerfung der Abtreibung als „verabscheuungswürdiges Verbrechen“, [Gaudium et Spes, 51] usw.).

Wie gesagt, die Treue zur beständigen Lehre der Kirche scheint bei der Piusbruderschaft gegeben. Allerdings macht sie offensichtlich denselben Fehler wie die Progressisten, nämlich das 2. Vatikanum als Bruch mit der Tradition zu deuten. Schon vor vierzig Jahren erschien ein Buch, in dem an Aussagen des Konzils nachgewiesen wurde, dass es „keinen anderen Glau­ben“ verkündete. Kirchliche Aussagen müssen immer im Zusammenhang der ganzen Glaubensüberlieferung gelesen werden, vor allem auch, wenn einzelne Stellen unklar oder mehrdeutig klingen. Auch der jetzige Hl. Vater hat in seiner An­sprache am 22.12.2005 vor dem Kardinalskollegium sehr her­vorgehoben, dass die Interpretation der Aussagen des 2. Vati­kanums in einer „Hermeneutik der Diskontinuität und des Bru­ches“ nicht zulässig ist.

Es ist nicht verwunderlich, dass ein solcher Weg mit exkom­munizierten Bischöfen und mit der Deutung des Konzils als „Bruch“ Verengungen, Einseitigkeiten und Radikalisierungen bei manchen mit sich brachte. Um diese zu lösen, hat der Hl. Vater ja nun die Hand zur Versöhnung ausgestreckt und ver­weist darauf, dass er schon die Erfahrung gemacht hat, „wie sich durch die Heimkehr von vorher von Rom sich abtrennen­den Gemeinschaften dort das innere Klima verändert hat...“

Aber dass dies gelingt und nicht neue Verhärtungen ent­stehen, braucht es doch auch von Seiten derer, die sonst die Ökumene (mit Konfessionen, die in Glaubens- und Mo­raldingen der Kirche viel ferner stehen) als „unumkehrbar“ bezeichnen und „eine mutige Fortsetzung des ökumeni­schen Gesprächs“ fordern, Versöhnungsbereitschaft und ein spürbares Die-Hand-ausstrecken-Wollen.

Notwendig ist aber auch die wirkliche Bereitschaft der Priesterbruderschaft, sich in die Kirche einzuordnen, was z. B. durch das Aufschieben von Akten wie Priesterweihen, bis sie im Einvernehmen geschehen können. Und es braucht sicherlich viel Gebet von uns allen!


 

 

 

Gibt es für den obersten Lebensrechtler der Kirche Ausnahmen für Abtreibung?

 

Recife, Brasilien. Anfangs März kam die Pressemeldung, dass der Erzbischof von Recife, Jose Cardoso Sobrinho, die Abtrei­bung an einem neunjährigen, von ihrem Stiefvater missbrauchten Mädchen in einem persönlichen Gespräch mit der Mutter der Neunjährigen vergeblich verhindern wollte. Er betonte, dass der Missbrauch des Mädchens, der zur Schwangerschaft mit Zwillingen führte, „vollkommen ungerecht“ gewesen sei, doch habe die Kirche die Abtreibung immer verurteilt und werde dies auch weiterhin tun. Die Ärzte hatten erklärt, dass das Leben des Mädchens gefährdet sei (vgl. rv 5.3.09). Der Erzbischof erklärte, nachdem die Abtrei­bung vollzogen wurde, öffentlich, dass sie ein schwerer Verstoß gegen das Gesetz GOTTES sei und dass die beteiligten Ärzte und die Mutter des Mädchens sich entsprechend dem Kirchenrecht automatisch die Exkommunikation zugezogen hätten. Als dies die Kritik des brasilianischen Staatspräsidenten, aber auch weltweite Aufregung in der Presse hervorrief, verwies der Erzbischof darauf, dass Vergebung immer möglich sei, sie setze Reue und Umkehr voraus (vgl. rv 8.3.09; die Nachricht von Radio Vatikan, deutsch, war missverständlich überschrieben: „Erzbischof… schwächt Äußerungen… ab“! – ist der Verweis auf die Umkehr eine „Abschwächung“?).

 

Ein Sprecher des Päpstlichen Rates für die Familie nahm Stellung und erklärte, alle an der Abtreibung Beteiligten hätten sich automatisch, ohne dass dies ausgesprochen werden müsse, aus der Sakramentengemeinschaft ausgeschlossen – nicht das Mädchen (vgl. rv 7.3.09). Es hätte weltweite Proteste gegeben, weil die Exkommunikation nicht richtig verstanden worden sei. [Dass die drohende Exkommunikation einerseits ein hohes Gut schützen und die Menschen auf das schwere Unrecht ihres geplanten Tuns aufmerksam machen soll, ander­seits nach der Tat zur Umkehr drängen soll, wird aber von jenen, die die Abtreibung fördern, immer ignoriert werden, weil sie der Kirche „Härte“ vorwerfen wollen.]

Einige Tage später gab es eine Stellungnahme aus der Brasi­lianischen Bischofskonferenz, die jedenfalls in der verkürz­ten KNA-Meldung seltsam klingt: Nach dem Kirchenrecht seien jene, die sich aktiv an der Abtreibung beteiligen, automatisch exkommuniziert, doch wen dies hier treffe, hänge „vom Gewis­sen der Beteiligten ab“. Ärzte und Mutter hätten das Leben der Schwangeren retten wollen. Der Vergewaltiger sei jedenfalls aus der Kirche ausgeschlossen, da er eine Todsünde began­gen habe. Das Gesetz GOTTES zähle mehr als das Kirchen­recht (vgl. rv 14.3.09). Hier wird verwechselt, dass eine Todsünde zwar den Kommunionempfang verbietet, aber dass nicht jede Todsünde einen Ausschluss aus der Kirche nach sich zieht (und da muss man nicht das Kirchenrecht in Gegensatz zum Gebot GOTTES bringen).

Nun sah sich offenbar der oberste Lebensschützer der Kirche, Erzbischof Rino Fisichella, Präsident der „Päpstlichen Aka­demie für das Leben“ und Rektor der Päpstlichen Lateranuni­versität, im „Osservatore Romano“ (vgl. OR dt. 20.3.09) gefordert, der Entrüstung gegen die Kirche entgegenzu­treten, indem er den Erzbischof von Recife attackierte. Er lenkte den Blick auf das Mädchen, das mehrfach vom jungen Stiefvater vergewal­tigt worden sei, dadurch im Innern tief ver­wundet, das Zwillinge erwartet habe und kein leichtes Leben mehr habe. Der Erz­bischof von Recife aber habe mit der eiligen Exkommunikation die Aufregung provoziert. Vielmehr aber hätte das Mädchen „umarmt und gestreichelt werden müssen“, um „ihr unschuldi­ges Leben zu schützen und sie auf ein Niveau der Menschlich­keit zurückzubringen“. So sei es nicht gewesen, und das lasse die Lehre der Kirche „herzlos, unverständlich und erbarmungs­los erscheinen“. Es sei wahr, dass das Mäd­chen neues Leben in sich trug, unschuldig wie sie, das getötet worden sei. Doch dies reiche nicht, „um ein Urteil zu fällen, das so schwer wiegt wie ein Henkerbeil“. [Ohne die ganzen Umstände zu kennen – aber kennt sie Fisichella? –, stellt sich doch die Frage, ob der brasilianische Erzbischof wirklich so verachtend über das Mäd­chen das „Henkerbeil“ gefällt hatte!]

Doch Fisichella fährt fort, das schwangere Mädchen sei in ernsthafter Lebensgefahr gewesen, und man müsse sich in den Konflikt eines Arztes hineindenken, der zu entscheiden habe, ein Leben zu retten „im Bewusstsein, dadurch ein zweites ernsthaft zu gefährden“. Es sei nötig, den Einzelfall zu ana­lysieren, „ohne Verallgemeinerungen“.

Dann rezitiert Erzbischof Fisichella, dass die katholische Moral ihre Prinzipien habe, von denen sie nicht abweichen könne, so die Heiligkeit und Unantastbarkeit des Lebens und die unver­änderliche Verurteilung der Abtreibung als schlechter Akt, wo die formale Mitwirkung eine schwere Schuld bilde, „die in dem Moment, in dem es dazu kommt, automatisch aus der christ­lichen Gemeinschaft ausschließt“. Doch das hätte man offen­bar nicht „mit derartiger Eile und Publizität“ sagen sollen. [Auch da könnte man zunächst in etwa zustimmen, wenn denn der brasilianische Erzbischof wirklich so unsensibel gewesen sein sollte.]

Viel notwendiger, so Fisichella, wäre gewesen „ein Akt der Barmherzigkeit, der am Prinzip festhält, aber dennoch fähig ist, über den juridischen Bereich hinauszublicken“. Was heißt das nun? Hier können wir Erzbischof Fisichella nicht mehr folgen, wenn er dann fortfährt, sozusagen das Mädchen selber an­sprechend: „Andere sind es, die die Exkommunikation und unsere Vergebung verdienen, nicht diejenigen, die es dir er­laubt haben, zu leben, und die dir dabei helfen werden, die Hoffnung und das Vertrauen wiederzugewinnen. Trotz der Ge­genwart des Bösen und der Schlechtigkeit vieler.“

Wer sind diese, die dem Mädchen „erlaubt haben, zu leben“? Meint Fisichella die Ärzte, die die Abtreibung durchgeführt ha­ben – man liest zwischen den Zeilen angesichts dessen, was Fisichella vorher vom Konflikt des Arztes sagte – damit es selber am Leben bleibe? - Dies klingt so, also halte es der Präsident des Päpstl. Rates für das Leben „im Einzelfall“ für erlaubt, eine Abtreibung durchzuführen, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist! Zu diesem Fall weiter unten einige Sätze! Und was ist mit dem Trauma, dass sie eine Abtreibung des Lebens im eigenen Schoß über sich ergehen lassen musste?

Wer aber sind die, welche „die Exkommunikation UND Verge­bung verdienen“ (zugleich? oder nach der Umkehr?)?

Der Artikel von Erzbischof Fisichella ist angesichts der Medien­aufregung ein Versuch, den Vorwurf der „Härte“ von der Kirche abzuwehren, indem er seinen brasilianischen Mitbruder zum Provokateur erklärt, doch „klare Worte“ sind es nicht, wie Guido Horst in der „Tagespost“ meint, im Gegenteil (DT 17.3.09).

Diese Einschätzung wird bestätigt, wenn man weitere Meldungen aus Brasilien zur Kenntnis nimmt. Mit Berufung auf CNA zitiert kath.net (24.3.09) da einen brasilianischen Lebens­rechtler, der berichtet, das Leben des Mädchens sei nie in Gefahr gewesen. 30.000 Brasilianerinnen unter 14 Jahren seien jährlich schwanger, und es habe unter diesen nie einen Todesfall gegeben, da die vorgeburtliche und geburtliche medi­zinische Versorgung gut sei. Die empörten Berichte hätten vielmehr die Öffentlichkeit davon ablenken wollen, dass der Vater der jungen Mutter (nicht ihr Stiefvater, der Vergewaltiger und Vater der abgetriebenen Zwillinge) gezielt daran gehin­dert wurde, seiner Tochter beizustehen und die Abtreibung zu verhindern. Als bekannt wurde, dass er ihre Kinder retten wollte, habe eine Abtreibungsorganisation die Mutter über­zeugt, das im fünften Monat schwangere Mädchen in eine private Klinik zu bringen, wo der Vater von seiner Tochter fern­gehalten und die Abtreibung durchgeführt wurde.

Hintergrund sei, dass in Brasilien zwar Abtreibungen generell verboten, im Fall von Vergewaltigung oder bei Gefahr für die Mutter aber straffrei sind, und dass aber Abtreibungsbefürwor­ter den Fall gezielt benutzten, um für eine Legalisierung der Abtreibung zu werben. Auch der Präsident unterstützt die Ab­treibungsbefürworter.

Nach einem zweiten Bericht wehren sich leitende Priester der Erzdiözese Olinda-Recife gegen die Darstellung, es habe an kirchlicher Sensibilität im Umgang mit dem neunjährigen ver­gewaltigten Mädchen gefehlt. Generalvikar, Regens des Priesterseminars und andere Verantwortungsträger der Diö­zese hätten in einem Brief die Vorwürfe des Kurienerz­bischofs Fisichella zurückgewiesen: „Wir alle – angefangen vom Pfarrer von Alagoinha“ (der Pfarrei des Mädchens, die zur Diözese Pesqueira gehört; Recife war betroffen als Diözese des Abtreibungsortes) – haben die Neunjährige und ihre Fami­lie „mit aller Liebe und allem Feingefühl behandelt“; ein Priester der Pfarrei habe die Familie sofort zuhause besucht und unter­stützt. Ihr erster Gedanke habe selbstverständlich nicht der Exkommunikation gegolten: „Wir haben mit allen uns zur Verfü­gung stehenden Mitteln versucht, die Abtreibung zu vermeiden und so alle drei Leben zu retten.“ Der Fall sei in der Pfarrei Alagoinha schon am 25. Februar bekannt gewesen, während Erzbischof Cardosos Sobrinho seine Aussage über die auto­matisch eingetretene Exkommunikation von Mutter und Ärzten (nicht des Mädchens) erst nach der Abtreibung am 3. März gemacht habe. Die Priester erklärten weiter: „Wir sind über­zeugt, dass die Offenlegung dieser therapeutischen Strafe, der Exkommunikation, viel Gutes für viele Katholiken bewirken wird und sie dazu bringt, diese schwere Sünde zu meiden“ (vgl. kath.net 25.3.09).

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Nun noch Anmerkungen zur Frage, ob Abtreibung erlaubt sei, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist.

Tatsache ist, dass – wie die Kirche immer gelehrt hat – Papst Johannes Paul II. in der „Magna Charta des Lebensrechtes“, in der Enzyklika „Evangelium vitae“ in faktisch unfehlbarer Weise lehrt: „Mit der Autorität, die CHRISTUS Petrus und sei­nen Nachfolgern übertragen hat, erkläre ich… in Gemeinschaft mit den Bischöfen…, dass die direkte, das heißt als Ziel oder Mittel gewollte Abtreibung immer ein schweres sittliches Vergehen darstellt, nämlich die vorsätzliche Tötung eines unschuldigen Menschen… Kein Umstand, kein Zweck, kein Gesetz wird jemals eine Handlung für die Welt statthaft ma­chen können, die in sich unerlaubt ist, weil sie dem Gesetz GOTTES widerspricht, das jedem Menschen ins Herz ge­schrieben, mit Hilfe der Vernunft selbst erkennbar und von der Kirche verkündet worden ist“ (Nr. 62).

„Kein Umstand, kein Zweck“ erlaubt etwas zu tun, was in sich unerlaubt ist. Wenn das gefährdete Leben der Mutter ein die Abtreibung erlaubender Umstand wäre, warum nicht weitere „Umstände“ und „Zwecke“, wie die staatlichen Indikationen sie zulassen? Auch und gerade der Präsident der „Päpstlichen Akademie für das Leben“ wird dies doch nicht „im Einzelfall“ anders sehen?! (Allerdings, im Hinblick auf die Organtrans­plantation gehört Fisichella leider zu Befürwortern der sog. Hirntod-Definition und akzeptiert also, dass Sterbenden die Organe entnommen werden!) Wenn er im Fall der brasiliani­schen kindlichen Mutter die Voraussetzungen für die im Fol­genden besprochene Extremsituation gegeben sah, hätte er dies präzis darstellen sollen, um nicht den Eindruck zu erwe­cken, in so einem „Einzelfall“ wie bei dem vom Stiefvater ver­gewaltigten neunjährigen Mädchens sei es deren Mutter und den Ärzten moralisch erlaubt, die Abtreibung durchzuführen.

Dieses Thema erregte offenbar – nach der Kondom-Phase – auch die Aufmerksamkeit mancher westlicher Medien beim Papstbesuch in Afrika. Der Hl. Vater hatte da in einer Anspra­che vor angolanischen Politikern kurz auch das Thema Abtrei­bung erwähnt und wörtlich gesagt: „Wie bitter ist die Ironie derjenigen, die Abtreibungen zum Mittel der Pflege der ‚mütter­lichen’ Gesundheit* erheben wollen. Wie befremdlich die These, wonach die Unterdrückung des Lebens eine Frage von reproduktiver Gesundheit sei“. [* Die Anführungszeichen im päpstlichen Text müssten u. E. bei „Gesundheit“ stehen.]

Der Vatikansprecher P. Federico Lombardi hatte danach erklärt, diese Aussage habe sich auf das sog. Maputo-Proto­koll, eine Ergänzung der Charta der Afrikanischen Union, bezo­gen. Darin werden Regierungen aufgefordert, Frauen „das Recht auf Abtreibung“ zu garantieren, wenn die Schwanger­schaft durch Vergewaltigung oder Inzest zustande kam oder das Leben der Frau oder des Fötus bedroht sei. Lombardi: „Die katholische Kirche akzeptiert eine Abtreibung, wenn der Tod des Fötus nicht das Ziel ist, aber eine Folge einer medizi­nischen Behandlung der Mutter, um das Leben der Mutter zu retten.“

Gemeint ist hier das Richtige, doch die Formulierung ist nach unserer Auffassung falsch und irreführend. Es geht ja gerade darum, dass das ungeborene Kind nicht absichtlich „abgetrie­ben“, ausgetrieben, getötet wird, sondern dass die christliche Moral es im Extremfall zulässt, eine medizinische Maßnahme zur Heilung oder Lebenserhaltung der Mutter durchzuführen, die das Ungeborene gefährdet oder seinen Abgang zur Folge hat, wenn eben nicht die Abtreibung absichtlich Ziel der Maß­nahme bzw. Mittel zur Rettung der Mutter ist. Dabei muss alles Mögliche getan worden sein, um das Leben beider zu retten, und man darf die Gefahr für die Mutter eben nicht durch die absichtliche Tötung des Ungeborenen beseitigen wollen. Dies ist nicht ein bloßes Zurechtbiegen mit Worten, sondern es geht um die objektive Zielrichtung und Absicht. Denn der Zweck heiligt eben niemals die Mittel. Zu beachten ist aber auch, dass nach Aussagen von Medizinern Fälle, wo sozusagen „Leben gegen Leben“ steht, heute praktisch zur Seltenheit geworden sind.

Übrigens darf man bei dieser Thematik auch an die hl. Gianna Beretta Molla erinnern, die bei der Schwangerschaft mit dem 4. Kind an Gebärmutterhalskrebs erkrankte (und als [Kinder-] Ärztin die Schwere der Erkrankung genau kannte). Sie flehte den Arzt an, bei der Krebsoperation das Leben, das sie trug, zu retten, durchlebte nach der Operation sieben Monate bis zur gesunden Geburt des Kindes, starb dann aber eine Woche nach der Entbindung, am 28.4.1962. 2004 wurde sie heilig­gesprochen.

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Nachtrag: Dieser Artikel war schon abgefasst, als Regina Einig in der „Tagespost“ (31.3.09) unter dem Titel „Kampagne, Kreuzweg und Kritik“ die Angelegenheit aufgriff. Ergänzend zu den oben verarbeiteten Informationen wird hier gesagt, dass weder das – kirchenrechtlich noch nicht strafmündige – neun­jährige Kind, noch seine Mutter sich die Exkommunikation zu­gezogen hätten. In der ebenfalls abgedruckten Erklärung der Erzdiözese Olinda-Recife wird ausgesagt, dass der Pfar­rer sich sogleich, als ihn die Nachricht von der Schwanger­schaft des Kindes erreichte, zur Familie aufgemacht habe, „wo er mit dem Mädchen zusammentraf, um ihm beizustehen und es in seiner schwierigen Lage zu begleiten“. Dasselbe sei in den folgenden Tagen geschehen. So sei „sehr deutlich und un­missverständlich“ dass man mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht habe, drei Leben zu retten. Der Pfarrer habe den Vertretern des Jugendamts beigestanden im Bezug auf das Wohl des Mädchens und seiner ungeborenen Kinder. Nachdem das Mädchen in ein Krankenhaus nach Recife ge­bracht worden war, hätte der Pfarrer sich täglich in das 230 km entfernte Recife aufgemacht, um „sowohl das Mädchen als auch seine Mutter die Gegenwart JESU spüren zu lassen“. – Die unterzeichnenden Priester (Generalvikar von Olinda und Recife, Kanzler der Diözese, Seminarrektor, Anwalt der Diö­zese und der Pfarrer von Alagoinha) stellten dann gegenüber der Aussage Erzbischof Fisichellas, es sei „eine schwierige Entscheidung… für das sittliche Gesetz selbst“ fest, dass eine Tötung zum Zweck der Rettung eines anderen Lebens nie gestattet sei. Der Fall sei auch nicht erst in die Zeitungen ge­kommen, als der Erzbischof von Recife die Exkommunizierung aussprach, sondern der Fall sei bereits am 25.2. in die Öffent­lichkeit gelangt und verbreitet worden, während der Erzbischof am 3. März auf Fragen von Journalisten auf das Kirchenrecht hinwies und die Abtreibung am 4.3. vor­genommen wurde.

Schließlich wird der Artikel von Erzbischof Fisichella in Rom (L’Osservatore Romano) als „direkter Affront gegen die vehe­mente Verteidigung des Lebens der drei Geschöpfe durch Erzbischof José Cardoso Sobrinho“ bezeichnet. Der Autor habe „sich das Recht genommen, über etwas zu sprechen, von dem er keine Kenntnis hatte, ohne sich die Mühe zu machen, vorher auf brüderliche Weise und nach den Weisungen des Evangeli­ums mit dem Erzbischof [von Recife] zu sprechen“. Er habe stattdessen der „sehr oft antiklerikalen Presse“ Glauben ge­schenkt und bei den Katholiken Brasiliens große Verwirrung gestiftet.

Die DT verweist auch auf einen Bericht auf der Homepage der französischen Diözese Frejus-Toulon hin, in dem es unter anderem heißt, Pfarrer Rodrigues von Alagoinha, habe mit der Mutter sprechen können, die zunächst gegen die Abtreibung gewesen sei. Auch habe das Mädchen nicht in Lebensgefahr geschwebt. Bei seinem zweiten Besuch im Krankenhaus habe er von einer Sozialarbeiterin erfahren, dass eine Abtreibung beschlossen worden sei; auch der Vater der Schwangeren sei umgestimmt worden. Daraufhin hätten sich der Bischof von Pesqueira und der Erzbischof von Recife eingeschaltet, Ärzte, Juristen und Psychologen konsultiert und versucht, die Abtrei­bung zu verhindern. Der Erzbischof habe erfahren, dass eine feministische Gruppe namens Curumin die des Lesens und Schreibens unkundige Mutter der Neunjährigen überredet habe, diese in eine Privatklinik bringen zu lassen.

Der französische Bischof Rey von Frejus-Toulon, der sich zu jenem Zeitpunkt in Brasilien aufhielt und über den Fall bestän­dig informiert wurde, bezeugt auf der Homepage der Diözese, „wie viel Zuwendung und Barmherzigkeit die christliche Ge­meinde dem brasilianischen Kind geschenkt hat“, ähnlich zitiert die DT weitere Stimmen.

Bestätigt wird in dem DT-Bericht auch, dass der Fall von den Befürwortern einer Abtreibungsliberalisierung in Brasilien instru­mentalisiert wurde. Die Kampagne gegen den Bischof sollte auch von gravierenden Verstößen gegen die Informati­onspflicht ablenken. Vor allem fehlten medizinische Beweise für die an­gebliche Lebensgefahr der Neunjährigen. Schließlich wird die Bewertung von Sandro Magister, Vatikanberichter­statter der italienischen Zeitschrift L’Espresso, zitiert: Fisichella sei es wichtiger gewesen, Meinungsverschiedenheiten mit der öffentlichen Meinung und dem brasilianischen Präsidenten Lula zu beschwichtigen, als die Kirche in Brasilien und ihre Kam­pagne für das Leben zu verteidigen. „Mit dieser Vorgehens­weise hat er den Konflikt in die kirchliche Hierarchie hineinge­tragen. Zudem hat er eine Kontroverse heraufbeschworen, indem er zu verstehen gab, Abtreibung sei in Fällen wie dem der brasilianischen Neunjährigen erlaubt.“

Wir fragen: Kann ein solcher Mann noch weiter die Päpstliche Akademie „für das Leben“ leiten?


1 Vgl. die Verlautbarung der Schweizerischen Bischofskonferenz vom 1. Januar 2009 “Revision der Partikularnormen der Schweizer Bischofskonferenz zum neuen Kirchenrecht (Serie VI). Dekret zu can. 961 CIC”. Vgl. ebenso meinen Brief an die Priester vom Dezember 2007: “Letztmals hat sich Papst Johannes Paul II. im Motu proprio ‘Misericordia DEI’ vom 7. April 2002 zur Frage geäußert. Der Heilige Vater macht in seinem Schreiben darauf aufmerksam, dass das Urteil, ob eine Generalabsolution gerechtfertigt ist, nicht dem Beichtvater, sondern dem Diözesanbischof zukommt. Als Diözesanbischof erachte ich die Voraussetzungen, die im CIC, Can. 961, § 1 und 2 erwähnt werden, als nicht gegeben, da zur Beichte willige Personen in unseren Verhältnissen innerhalb nützlicher Frist einen Beichtvater finden können. Deshalb bitte ich alle Priester, sich als treue Verwalter des Bußsakramentes zu erweisen und die Bußgottesdienste entsprechend zu gestalten."

2 Dies wäre denn auch bei der Praxis der vergangenen Jahre notwendig gewesen, was dadurch zum Ausdruck kam, dass von den kirchlichen Weisungen her immer betont wurde, nach dem Empfang einer Generalabsolution seien die schweren Sünden zu beichten. Ich bin mir bewusst, dass dies in vielen Fällen nicht geschah. Zugleich ist jedoch davon auszugehen, dass die Gläubigen in gutem Glauben gehandelt haben, so dass wir das Vergangene vertrauensvoll in die Hände des barmherzigen GOTTES legen dürfen.

 

 

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