FMG-INFORMATION 105, April 2012

 

 1. Glaube und Kirche

 

Er trägt die Last mit

„Im heutigen (Evangelien-) Abschnitt tadelt JESUS die Schrift­gelehrten und Pharisäer, die in der Gemeinde die Rolle von Lehrern einnahmen, da ihr Gebaren offen im Widerspruch zur Lehre stand, die sie den anderen mit Strenge vortrugen. JESUS hebt hervor: ‚Sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen’ (Mt 23,3); mehr noch: ‚Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen selber aber keinen Finger rühren’ (Mt 23,4). Die gute Lehre muss angenommen werden, doch sie läuft Gefahr, durch eine inkonsequente Lebensführung verleugnet zu werden. Daher sagt JESUS: ‚Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun’ (Mt 23,3). Die Haltung JESU ist das genaue Gegenteil: Er verwirklicht als erster das Gebot der Liebe, das Er alle lehrt, und kann sagen, dass es gerade deshalb eine leichte und milde Last ist, weil Er uns hilft, sie gemeinsam mit Ihm zu tragen (vgl. Mt 11,29-30).“

Aus der Angelusansprache, 30.10.2011

Suchende Menschen

Das Nein zu GOTT hat Grausamkeiten und eine Maßlosig­keit der Gewalt hervorgebracht, die erst möglich wurde, weil der Mensch keinen Maßstab und keinen Richter mehr über sich kennt, sondern nur noch sich selbst zum Maßstab nimmt… Die Abwesenheit GOTTES führt zum Verfall des Menschen und der Menschlichkeit… Neben den beiden Realitäten von Religion und Antireligion gibt es in der wachsenden Welt des Agnostizismus noch eine andere Grundorientierung: Menschen, denen zwar das Geschenk des Glauben­könnens nicht gegeben ist, die aber Ausschau halten nach der Wahrheit, die auf der Suche nach GOTT sind. Solche Menschen behaupten nicht einfach: ‚Es gibt keinen GOTT.’ Sie leiden unter Seiner Abwesenheit und sind inwendig, indem sie das Wahre und das Gute suchen, auf dem Weg zu Ihm hin… Sie stellen Fragen an die eine und an die andere Seite. Sie nehmen den kämpferischen Atheisten ihre falsche Gewiss­heit, mit der sie vorgeben zu wissen, dass kein GOTT ist, uns rufen sie auf, statt Kämpfer Suchende zu werden, die die Hoffnung nicht aufgeben, dass es die Wahrheit gibt und dass wir auf sie hin leben können und müssen…“

Ansprache beim Weltfriedenstreffen in Assisi, 27.10.2011

Christen sind aufgerufen, schädlichen herrschenden Tendenzen zu widersagen

„Tatsächlich atmen die Christen den Geist ihrer Zeit und stehen unter dem Druck der Sitten der Gesellschaft, in der sie leben: Durch die Taufgnade sind sie jedoch aufgerufen, schäd­lichen herrschenden Tendenzen zu widersagen und gegen den Strom zu schwimmen, vom Geist der Seligpreisungen geleitet. In dieser Hinsicht möchte ich drei Klippen an­sprechen, an denen der Wille vieler Einwohner von Angola und São Tomé, die CHRISTUS nachfolgen wollen, Schiffbruch erleidet. Die erste ist das sogenannte ‚amigamento’ (Kon­kubinat), das zum Plan GOTTES über die Fortpflanzung und die menschliche Familie im Widerspruch steht. Die geringe Zahl katholischer Ehen in euren Gemeinden weist darauf hin, dass eine Hypothek auf der Familie lastet, deren unersetzlichen Wert für die Stabilität des Sozialgefüges wir kennen. Im Bewusstsein um dieses Problem hat eure Bischofskonferenz Ehe und Familie als pastorale Prioritäten des laufenden Trienniums gewählt. GOTT segne die Initiativen, die diesem Anliegen dienen, mit reichen Früchten! Helft den Ehepaaren, die notwendige menschliche und geistliche Reife zu erlangen, um ihrer Sendung als christliche Eheleute und Eltern nach­zukommen, und erinnert sie daran, dass die eheliche Liebe einzigartig und unaufhörlich sein muss wie der Bund zwi­schen CHRISTUS und Seiner Kirche. Dieser wertvolle Schatz muss um jeden Preis bewahrt werden.

Eine zweite Klippe in eurer Evangelisierungstätigkeit ist das Herz der Getauften, das immer noch zwischen dem Christen­tum und den traditionellen afrikanischen Religionen gespalten ist. Von den Problemen des Lebens heimgesucht, zögern sie nicht, sich Praktiken zuzuwenden, die mit der Nachfolge CHRISTI unvereinbar sind (vgl. KKK 2117). Eine abscheuliche Folge davon ist die Ausgrenzung oder sogar die Tötung von Kindern und alten Menschen, wozu sie durch falsche Wei­sungen der Zauberei verurteilt sind. Eingedenk der Tatsache, dass das menschliche Leben in all seinen Phasen und Situati­onen unantastbar ist, erhebt, liebe Bischöfe, auch weiterhin eure Stimme für die Opfer…

Abschließend möchte ich die Überreste des ethnischen Tribalismus ansprechen, die spürbar sind in der Haltung von Gemeinschaften, die dazu neigen, sich abzugrenzen und keine Personen anzunehmen, die aus anderen Teilen der Nation stammen… In der Kirche als neuer Familie aller, die an CHRISTUS glauben (vgl. Mk 3,31-35), gibt es keinen Platz für jegliche Art von Spaltung… Um den Altar versammeln sich Männer und Frauen unterschiedlicher Stämme, Sprachen und Nationen, die am Leib und am Blut des eucharistischen JESUS teilhaben und so zu wirklich blutsverwandten Brüdern und Schwestern werden (vgl. Röm 8,29). Dieses Band der Brüder­lichkeit ist stärker als das unserer irdischen Familien und als das eurer Stämme…“

Ad-limina-Besuch der Bischofskonferenzen von Angola und São Tomé, 29.10.2011

Das GÖTTliche Gesetz ist Quell des Lebens

„Das GÖTTliche Gesetz, Gegenstand der leidenschaftlichen Liebe des Psalmisten und eines jeden Gläubigen, ist Quell des Lebens. Der Wunsch, es zu verstehen, es zu befolgen, das ganze Sein darauf auszurichten, ist das Merkmal des ge­rechten und dem HERRN treuen Mannes, der über es ‚nachsinnt bei Tag und Nacht’, wie es in Psalm 1 heißt… Als Mittel­punkt der Existenz verlangt GOTTES Gesetz das Hören des Herzens, ein Hören nicht aus knechtischem, sondern aus kindlichem, vertrauensvollem, bewusstem Gehorsam heraus. Das Hören des Wortes ist eine persönliche Begegnung mit dem HERRN des Lebens, eine Begegnung, die in konkreten Entscheidungen Ausdruck finden und zu Weg und Nachfolge werden muss. Als Er gefragt wurde, was man tun muss, um das ewige Leben zu gewinnen, weist JESUS den Weg der Befolgung des Gesetzes, sagt aber gleichzeitig, wie man es zur Vollendung bringt: ‚Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach’ (Mk 10,21 und Par.). Die Erfüllung des Gesetzes ist es, JESUS nachzufolgen, auf dem Weg JESU zu gehen, in Begleitung JESU…“            

 Generalaudienz, 9.11.2011

Diener des Evangeliums

„… Es gibt einige Bedingungen für einen wachsenden Einklang mit CHRISTUS im Leben des Priesters. Ich möchte drei davon hervorheben; sie gehen aus der Lesung hervor, die wir gehört haben [1 Petr 5]: Das Bestreben, mit JESUS an der Verbreitung des Reiches GOTTES zusammenzuarbeiten, die Unentgeltlichkeit der Hirtentätigkeit und die Haltung des Dienens…

Der Diener des Evangeliums ist… jener, der sich von CHRISTUS ergreifen lässt, der bei Ihm ‚bleibt’, der in Ein­klang, in enge Freundschaft mit Ihm tritt, damit alles erfüllt wird, ‚wie GOTT es will’ (1 Petr 5,2), wie es Seinem liebenden Willen entspricht, mit großer innerer Freiheit und mit tiefer Freude im Herzen.

An zweiter Stelle ist er berufen, Verwalter der Geheimnisse GOTTES zu sein, ‚nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Neigung’, sagt der hl. Petrus in der Lesung dieser Vesper (ebd.). Man darf nie vergessen, dass der Zugang zum Priester­tum durch das Sakrament, die Weihe, geschieht. Das bedeutet, sich dem Wirken GOTTES gegenüber zu öffnen und täglich die Entscheidung zu treffen, sich selbst für Ihn und für die Brüder hinzugeben, gemäß dem Wort des Evangeliums: ‚Um­sonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben’ (Mt 10,8). Die Berufung des HERRN in den Dienst ist keine Frucht besonderer Verdienste, sondern sie ist ein Geschenk, das man annehmen und dem man entsprechen muss, indem man sich nicht einem eigenen Plan widmet, sondern dem Plan GOTTES, in großherziger und uneigennütziger Weise, da­mit Er nach Seinem Willen über uns verfügen kann, auch wenn dieser vielleicht nicht unseren Wünschen nach Selbstverwirklichung entspricht

In dieser Logik bedeutet Priester zu sein, Diener zu sein, auch durch die Vorbildlichkeit des Lebens. ‚Seid Vorbilder für die Herde’, lautet die Aufforderung des Apostels Petrus (1 Petr 5,3). Die Priester sind Verwalter der Heilsmittel, der Sakra­mente, insbesondere der Eucharistie und der Buße. Sie verfügen nicht nach eigenem Ermessen darüber, sondern sind ihre demütigen Diener zum Wohl des GOTTESvolkes. Es ist also ein Leben, das zutiefst von diesem Dienst geprägt ist: vom aufmerksamen Sorgetragen für die Herde, von der treuen Feier der Liturgie und von der eifrigen Fürsorge für alle Brüder, besonders für die armen und notleidenden…“

Predigt bei der Vesper zum Beginn des Studienjahres der Päpstlichen Universitäten von Rom, 4.11.2011

Freiwilliger uneigennütziger Dienst

„Für Christen ist die Freiwilligentätigkeit nicht einfach nur ein Ausdruck guten Willens. Sie gründet auf einer persönlichen Erfahrung CHRISTI. Er war der erste, der der Menschheit diente, Er gab freiwillig Sein Leben hin zum Wohl aller. Dieses Geschenk gründete nicht auf unseren Verdiensten. Daraus lernen wir, dass GOTT selbst sich uns hinschenkt. Mehr noch: ‚DEUS caritas est’ – GOTT ist die Liebe, um ein Wort aus dem 1. Brief des Johannes zu zitieren (4,8), das ich als Titel meiner ersten Enzyklika verwendet habe. Die Erfahrung der großherzigen Liebe GOTTES fordert uns heraus und macht uns frei, dieselbe Haltung gegenüber unseren Brüdern und Schwestern anzunehmen: ‚Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben’ (Mt 10,8). Das erfahren wir besonders in der Eucharistie, wenn der SOHN GOTTES im Brechen des Brotes die vertikale Dimension Seines GÖTTlichen Geschenks mit der horizontalen Dimension unseres Dienstes an unseren Brüdern und Schwestern vereinigt. Die Gnade CHRISTI hilft uns, in uns selbst ein menschliches Verlangen nach Solidarität und eine grundlegende Berufung zur Liebe zu entdecken. Sei­ne Gnade vervollkommnet, stärkt und erhebt diese Beru­fung und befähigt uns, anderen ohne Entgelt, Ausgleich oder irgendeinen Lohn zu dienen. Hier sehen wir etwas von der Größe unserer menschlichen Berufung: anderen zu dienen mit derselben Freiheit und Großherzigkeit, die GOTT selbst kennzeichnet. Wir werden auch zu sichtbaren Werkzeugen Seiner Liebe in einer Welt, die sich noch immer zutiefst nach dieser Liebe sehnt, inmitten der Armut, Einsamkeit, Aus­grenzung und Nichtbeachtung, die wir überall um uns herum sehen.

Natürlich kann die katholische Freiwilligentätigkeit nicht auf all diese Nöte antworten, aber das entmutigt uns nicht. Wir dürfen uns auch nicht von Ideologien verführen lassen, die die Welt nach rein menschlichen Gesichtspunkten verändern wol­len. Das Wenige, das es uns zur Linderung menschlicher Not zu tun gelingt, kann als guter Same betrachtet werden, der wachsen und viel Frucht tragen wird; es ist ein Zeichen der Gegenwart und der Liebe CHRISTI, die wie der Baum im Evan­gelium wächst, um allen, die es brauchen, Zuflucht, Schutz und Kraft zu geben… In der Selbsthingabe gelangen wir dahin, das Leben in all seiner Fülle zu leben.“

An den Kongress des Pp. Rates „Cor Unum“, 11.11.2011

 „Die Zerstörung auch nur eines menschlichen Lebens…“

„Wissenschaftliche Forschung stellt eine einmalige Gelegenheit dar, das Wunder des Universums, die Vielfalt der Natur und die besondere Schönheit des Lebens, einschließlich des mensch­lichen Lebens, zu erforschen. Aber da der Mensch mit einer unsterblichen Seele ausgestattet und nach GOTTES Bild und Ähnlichkeit erschaffen ist, gibt es Dimensionen des mensch­lichen Lebens, die jenseits der Grenzen dessen liegen, was die Naturwissenschaften mit ihrer Kompetenz bestimmen können. Wenn diese Grenzen überschritten werden, besteht die ernste Gefahr, dass die einzigartige Würde und Unan­tastbarkeit des menschlichen Lebens rein utilitaristischen Überlegungen untergeordnet wird

Die Kirche (ermutigt) … all diejenigen, die derartige Forschungsprojekte durchführen…, immer unter dem Vorbehalt, dass sie mit der angemessenen Rücksicht auf das ganzheitliche Wohl des Menschen und das Gemeinwohl der Ge­sellschaft durchgeführt werden. Dieser Vorbehalt ist sehr wichtig. Die pragmatische Mentalität, die in der Welt von heute so oft die Entscheidungsfindung beeinflusst, ist nur allzu schnell bereit, alle verfügbaren Mittel gutzuheißen, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, trotz zahlreicher Bewei­se für die verheerenden Folgen eines solchen Denkens. Wenn das angestrebte Ziel so sehr wünschenswert ist wie die Entdeckung eines Heilmittels für degenerative Krankheiten, dann lassen sich Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger dazu verführen, ethische Einwände beiseite zu schieben und diejenige Forschung voranzutreiben, die Aussicht auf einen Durchbruch bietet. Wer die Forschung an embryonalen Stammzellen befürwortet in der Hoffnung, solch ein Ergebnis zu erreichen, begeht den schweren Fehler, das unveräußerliche Lebensrecht aller Menschen vom Augenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod zu verneinen. Die Zerstörung auch nur eines menschlichen Lebens kann nie gerechtfertigt werden durch den Nutzen, den dies mög­licherweise einem anderen Menschen bringen kann… Daraus folgt, dass der Dialog zwischen Wissenschaft und Ethik von größter Wichtigkeit ist, um sicherzustellen, dass medizi­nische Fortschritte nie auf Kosten von Menschen gemacht werden, was inakzeptabel ist. Die Kirche leistet ihren Beitrag zu diesem Dialog, indem sie hilft, die Gewissen zu bilden in Übereinstimmung mit der rechten Vernunft und im Licht der offenbarten Wahrheit. Indem sie dies tut, will sie den wissenschaftlichen Fortschritt nicht verhindern, sondern ihn im Gegenteil in eine Richtung lenken, die zum Wohl der Mensch­heit wirklich fruchtbar ist….“

Audienz für die Teilnehmer an einer Internat. Konferenz über „Adulte Stammzellen…“, 12.11.2011

Beitrag der Laiengläubigen

„Die Herausforderung einer der Transzendenz verschlossenen Mentalität verpflichtete auch die Christen selbst entschiedener zur Zentralität GOTTES zurückzukehren. Zuweilen hat man sich eingesetzt, damit die Präsenz der Christen im Sozialen, in der Politik oder in der Wirtschaft größeren Einfluss hat, und vielleicht hat man sich nicht genauso stark um die Festigkeit ihres Glaubens gekümmert, als wenn dieser ein für allemal sicher wäre. In Wirklichkeit bewohnen die Christen keinen weit entfernten Planeten, wo sie gegenüber den ‚Krank­heiten’ der Welt ‚immun’ wären, sondern sie teilen die Unruhe, die Desorientierung und die Schwierigkeiten ihrer Zeit. Deshalb ist es nicht weniger wichtig, die GOTTESfrage auch innerhalb der kirchlichen Strukturen wieder zu stellen. Wie oft ist GOTT auch bei denen, die sich als Christen bezeichnen, nicht der zentrale Bezugspunkt für ihr Denken und Handeln und die grundlegenden Lebensentscheidungen. Die erste Antwort auf die große Herausforderung unserer Zeit liegt also in der tiefen Bekehrung unseres Herzens, damit die Taufe, die uns zum Licht der Welt und Salz der Erde gemacht hat, uns wirklich verwandeln kann. Liebe Freunde, die Sendung der Kirche braucht den Beitrag all ihrer Mitglieder, jedes einzelnen, insbesondere der Laiengläubigen. In den Lebensbereichen, in die euch der HERR berufen hat, sollt ihr mutige Zeugen des GOTTES JESU CHRISTI sein, indem ihr eure Taufe lebt…“

Audienz für die 25. Vollversammlung des Päpstl. Rates  für die Laien, 25.11.2011

Der Gebet ist wertvoller als die Gabe

„‚JESUS aber erhob Seine Augen und sprach: VATER, ich danke Dir, dass Du mich erhört hast.’ Es ist eine Danksagung, eine Eucharistie. Der Satz zeigt, dass JESUS keinen Augen­blick lang nachgelassen hat, für das Leben des Lazarus zu beten. Dieses unablässige Gebet hat das Band mit dem Freund sogar noch gestärkt und gleichzeitig die Entscheidung JESU bestätigt, in Gemeinschaft mit dem Willen des VATERS zu bleiben, mit Seinem Liebesplan, in dem die Krankheit und der Tod des Lazarus als ein Ort betrachtet werden, an dem die Herrlichkeit GOTTES offenbar wird. Wenn wir diese Erzählung lesen, ist jeder von uns aufgerufen zu verstehen, dass wir beim Gebet zum HERRN nicht die unmittelbare Erfüllung dessen erwarten dürfen, worum wir bitten, sondern uns vielmehr dem Willen des VATERS anvertrauen und jedes Ereignis im Hinblick auf Seine Herrlichkeit, auf Seinen Liebesplan verstehen müssen, der in unseren Augen oft geheimnisvoll ist. Daher müssen in unserem Gebet immer Bitte, Lob und Danksagung in eins gehen, auch wenn GOTT nicht auf unsere konkreten Erwartungen zu antworten scheint. Die Hingabe an die Liebe GOTTES, die uns vorausgeht und uns immer begleitet, ist eine der Grundhaltungen in unserem Gespräch mit Ihm... Das scheint mir sehr wichtig, bevor die Gabe gewährt wird, dem zuzustimmen, der gibt; der Geber ist wertvoller als die Gabe. Über all das hinaus, was GOTT uns gibt, wenn wir Ihn bitten, ist die größte Gabe, die Er uns geben kann, Seine Freundschaft, Seine Gegenwart, Seine Liebe. Er ist der kostbarste Schatz, um den wir bitten und den wir stets bewahren müssen."

         Generalaudienz, 14.12.2011

Krise des Glaubens

„Was ist Reform der Kirche?… Aber das Machen allein löst die Aufgabe nicht. Der Kern der Krise der Kirche in Europa ist – wie ich in Freiburg dargestellt habe – die Krise des Glau­bens. Wenn wir auf sie keine Antwort finden, wenn Glaube nicht neu lebendig wird, tiefe Überzeugung und reale Kraft von der Begegnung mit JESUS CHRISTUS her, dann bleiben alle anderen Reformen wirkungslos. In diesem Punkt war die Begegnung mit der freudigen Leidenschaft des Glaubens in Afrika eine große Ermutigung. Nichts von der bei uns so verbreiteten Müdigkeit des Glaubens… Diesem opferbereiten und gerade so fröhlichen Glauben zu begegnen, ist eine große Medizin gegen die Müdigkeit des Christseins, wie wir es in Europa erleben. Eine Medizin gegen die Müdigkeit des Glau­bens war auch die großartige Erfahrung des Weltjugend­tages zu Madrid…“

Weihnachtsempfang für die Römische Kurie, 22.12.2011

Die sakramentale Lossprechung ist Ausdruck der Güte GOTTES

Auf die Frage eines Gefangenen, man habe ihn gelehrt, dass GOTT in den Menschen hineinsieht, so frage er sich, warum die Lossprechung der Sünden an den Priester delegiert wurde“, antwortete der Papst u. a.:

„Wenn Sie auf die Knie fallen und mit wahrer Liebe GOTT bitten, dass Er Ihnen vergebe, so vergibt Er. Es ist seit jeher Lehre der Kirche, dass einer, wenn er mit wirklicher Reue, das heißt nicht nur, um Strafen und Schwierigkeiten zu entgehen, sondern aus Liebe zum Guten, aus Liebe zu GOTT um Vergebung bittet, von GOTT Vergebung erhält. Das ist der erste Teil. Wenn ich wirklich erkenne, dass ich Böses getan habe, und wenn in mir die Liebe zum Guten, der Wille zum Guten, die Reue darüber, dass ich diese Liebe nicht erwidert habe, und GOTT, der der Gute ist, um Vergebung bitte, so schenkt Er sie. Doch da gibt es noch ein zweites Element: Die Sünde ist nämlich nicht nur eine ‚persönliche’, individuelle Angelegenheit zwischen mir und GOTT. Die Sünde hat immer auch eine soziale, horizontale Dimension. Durch meine persönliche Sünde habe ich, auch wenn es vielleicht keiner weiß, auch der Gemeinschaft der Kirche Schaden zugefügt, habe die Gemeinschaft der Kirche beschmutzt, habe die Menschheit beschmutzt. Und deshalb erfordert diese soziale, horizontale Dimension der Sünde, die sich nicht nur gegen GOTT richtet, sondern auch die Gemeinschaft betrifft, das Sakrament der Versöhnung; das Sakrament ist das großartige Geschenk, in dem ich mich in der Beichte von dieser begangenen Sünde befreien und tatsächlich die Vergebung auch im Sinne einer vollen Wiederzulassung in der Gemeinschaft der lebendigen Kirche, des Leibes CHRISTI, erlangen kann. Und in diesem Sinn ist die not­wendige Absolution durch den Priester, also das Sakrament, nicht etwas von außen Auferlegtes, das sozusagen die Güte GOTTES einschränkt, sondern im Gegenteil: Sie ist Aus­druck der Güte GOTTES, weil sie mir zeigt, dass ich auch konkret, also in der Gemeinschaft der Kirche, die Vergebung empfangen habe und wieder neu anfangen kann… Die Absolution durch den Priester… ist notwendig, um mich wirklich von dieser Fessel des Bösen loszulösen und mich wieder vollständig in den Willen GOTTES, in die Sichtweise GOTTES, in Seine Kirche einzugliedern und mir so die auch gleichsam leibliche, die sakramentale Gewissheit zu geben: GOTT vergibt mir, Er nimmt mich in die Gemeinschaft Seiner Kinder auf…“

Pastoralbesuch bei Häftlingen im römischen Gefängnis Rebibbia, 18.12.2011

Die prophetische Dimension des Bischofsamtes

„Trotz der Versuche, die Stimme der Kirche in der Öffentlichkeit zum Schweigen zu bringen, suchen viele Menschen guten Willens auch weiterhin bei ihr nach Weisheit, Einsicht und guter Führung, um dieser weitreichenden Krise zu begegnen. Der gegenwärtige Augenblick kann daher im positiven Sinne als eine Aufforderung betrachtet werden, die prophetische Dimen­sion eures Bischofsamtes auszuüben, indem ihr demütig, aber nachdrücklich eure Stimme zur Verteidigung der sittlichen Wahrheit erhebt und ein Wort der Hoffnung schenkt, das in der Lage ist, das Herz und den Verstand zu öffnen für die Wahrheit, die uns befreit.

Gleichzeitig dürfen die ernsthaften Herausforderungen, denen die Kirche in Amerika unter eurer Führung in naher Zukunft be­gegnen muss, nicht unterschätzt werden. Die Hindernisse für den christlichen Glauben und die Glaubenspraxis, die durch eine säkularisierte Kultur hervorgerufen werden, wir­ken sich auch auf das Leben der Gläubigen aus und führen zuweilen zu jenem ‚schleichenden Prozess’ der Abwendung von der Kirche. Die Gläubigen, die mitten in dieser Kultur leben, sind täglich von den Einwänden, den schwierigen Fra­gen und dem Zynismus einer Gesellschaft umgeben, die ihre Wurzeln verloren zu haben scheinen, von einer Welt, in der die Liebe GOTTES in vielen Herzen erkaltet ist. So stellt sich die Evangelisierung nicht nur als eine Aufgabe, die ‚ad extra’ [nach außen hin] unternommen werden muss; wir selbst sind die ersten, die der Neuevangelisierung bedürfen. Wie bei allen geistlichen Krisen, ganz gleich, ob sie Einzelpersonen oder Gemein­schaften betreffen, wissen wir, dass die Antwort letztendlich nur aus einer Suche, einer ständigen kritischen Selbstein­schätzung und Umkehr im Licht der Wahrheit CHRISTI hervorgehen kann…“

Ansprache beim Ad-limina-Besuch der 1. Gruppe der US-Bischöfe, 26.11.2011

Bischofsweihe

„Auch der Bischof muss von dem Mut der Demut erfüllt sein, die nicht fragt, was die herrschende Meinung über ihn sagt, sondern seinen Maßstab von der Wahrheit GOTTES her­nimmt und für sie einsteht – ‚opportune – importune’ [gelegen oder ungelegen]. Er muss vorangehen und den Weg zeigen können…“              Predigt an Erscheinung des HERRN bei der

Bischofsweihe in St. Peter, 6.1.2012

Morallehre als Botschaft der Befreiung vorlegen – entgegen Bedrohungen

„Heute ist dieser Konsens beträchtlich ausgehöhlt angesichts mächtiger neuer kultureller Strömungen, die nicht nur in direktem Gegensatz zu den zentralen Morallehren der jüdisch-christlichen Tradition stehen, sondern auch gegen­über dem Christentum selbst immer feindseliger eingestellt sind. Die Kirche in den Vereinigten Staaten ist ihrerseits auf­gerufen, ein Evangelium zu verkünden, das, gelegen oder un­gelegen, die unveränderlichen moralischen Wahrheiten nicht nur verkündet, sondern sie eben als den Schlüssel zu menschlichem Glück und sozialem Gedeihen vorlegt (vgl. Gaudium et spes, 10). Angesichts dessen, dass einige aktuelle kulturelle Strömungen Elemente enthalten, die die Verkündi­gung dieser Wahrheiten dadurch beschneiden würden, dass sie sie auf die Grenzen einer rein wissenschaftlichen Ratio­nalität einschränken oder im Namen einer politischen Macht oder Mehrheitsregelung unterdrücken, stellen sie nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für die Menschlichkeit selbst und für die tiefste Wahrheit über unser Dasein und für unsere endgültige Berufung, unsere Beziehung zu GOTT, eine Bedrohung dar…

Die Verflechtung eines auf dem Naturgesetz beruhenden mora­lischen Denkens durch die Kirche gründet auf ihrer Über­zeugung, dass dieses Gesetz keine Bedrohung für unsere Freiheit ist, sondern eher eine ‚Sprache’, die uns dazu befähigt, uns selbst und die Wahrheit unseres Daseins zu verstehen und so eine gerechtere und humanere Welt zu gestalten. Sie legt daher ihre Morallehre nicht als eine Botschaft des Zwan­ges, sondern der Befreiung und als Grundlage für den Auf­bau einer sicheren Zukunft vor.

Daher ist das Zeugnis der Kirche seiner Natur nach öffentlich: Sie bemüht sich darum, durch die Vorlage vernünftiger Argumente im öffentlichen Raum zu überzeugen…

Im Licht dieser Überlegungen ist es geboten, dass es der ge­samten katholischen Gemeinschaft in den Vereinigten Staaten gelingt, die ernsten Bedrohungen für das öffentliche mora­lische Zeugnis der Kirche zu begreifen, die ein radikaler Säkularismus darstellt, der sich zunehmend in den politischen und kulturellen Bereichen Ausdruck verschafft. Der Ernst dieser Bedrohungen muss auf jeder Ebene des kirchlichen Lebens richtig eingeschätzt werden. Von besonderer Bedeutung sind gewisse Versuche, die unternommen werden, um jene Freiheit, die in Amerika am höchsten geschätzt wird, nämlich die Religi­onsfreiheit, einzuschränken. Viele von euch haben darauf hingewiesen, dass gemeinsam abgestimmte Anstrengungen unternommen worden sind, um das Recht auf Einspruch aus Gewissensgründen seitens einzelner Katholiken und katho­lischer Einrichtungen bezüglich der Mitwirkung an in sich verwerflichen Praktiken zu verneinen. Andere haben mir von der besorgniserregenden Tendenz berichtet, die Religions­freiheit auf eine bloße Kultfreiheit zu verkürzen, ohne jede Garantie für die Achtung der Gewissensfreiheit. Hier sehen wir einmal mehr den dringenden Bedarf an einem engagierten, überzeugenden und gut ausgebildeten katholischen Laien­stand, der mit einem ausgeprägten kritischen Geist gegenüber der herrschenden Kultur und mit dem Mut ausgestattet ist, einem verkürzenden Säkularismus entgegenzuwirken, der der Kirche das Recht auf Beteiligung an der öffentlichen Debatte über Fragen, welche über die Zukunft der amerikanischen Ge­sellschaft entscheiden, absprechen will…

In diesem Zusammenhang möchte ich anerkennend eure Bemühungen erwähnten, Kontakte zu Katholiken, die im öffentlichen Leben engagiert sind, zu unterhalten und ihnen zu helfen, ihre persönliche Verantwortung zu begreifen, öffentlich von ihrem Glauben Zeugnis zu geben. Das gilt besonders im Hinblick auf die großen moralischen Fragen unserer Zeit: Achtung für das GOTTESgeschenk des Lebens, Schutz der Menschenwürde und Förderung verbürgter Men­schenrechte…“

Ad-limina-Besuch der Bischöfe der USA, 19.1.2012

Eine tiefe Glaubenskrise

„Wie wir wissen, ist in weiten Teilen der Erde der Glaube in Gefahr zu verlöschen wie eine Flamme, die nicht mehr gespeist wird. Wir stehen vor einer tiefen Glaubenskrise und einem Verlust des religiösen Sinnes, die für die Kirche in der heutigen Zeit die größte Herausforderung darstellen. Die Erneuerung des Glaubens muss daher im tätigen Einsatz der Kirche in unseren Tagen Vorrang haben. Ich wünsche mir, dass das Jahr des Glaubens durch die enge Zusammenarbeit aller Glieder des GOTTESvolkes dazu beitragen wird, GOTT wieder in dieser Welt gegenwärtig zu machen, und den Menschen den Zugang zum Glauben, zum Vertrauen auf jenen GOTT zu eröffnen, der uns im gekreuzigten und auferstandenen JESUS CHRISTUS Seine Liebe bis zur Vollendung erwiesen hat (vgl. Joh 13,1). Die Frage der Einheit der Christen hängt eng mit dieser Aufgabe zusammen…

Ohne den Glauben würde die gesamte ökumenische Bewegung auf eine Art ‚Gesellschaftsvertrag’ verkürzt werden, dem man aus einem gemeinsamen Interesse zustimmt, eine Art ‚Praxeologie’, um eine bessere Welt zu schaffen… Das Hauptproblem, das sich durch alle ökumenischen Gespräche hindurchzieht und sie kennzeichnet, ist daher die Frage nach der Struktur der Offenbarung – die Beziehung zwischen der Hl. Schrift, der lebendigen Tradition in der hl. Kirche und dem Dienst der Nachfolger der Apostel als Zeugen des wahren Glaubens…

Eine letzte Frage… ist die Problematik der Moral, die für den ökumenischen Weg eine neue Herausforderung darstellt. Wir können in ökumenischen Gesprächen nicht von den großen moralischen Fragen absehen, die sich im Hinblick auf das menschliche Leben, die Familie, die Sexualität, die Bioethik, die Freiheit, die Gerechtigkeit und den Frieden stellen. Es wird sehr wichtig sein, über diese Themen mit gemeinsamer Stimme zu sprechen, indem man aus dem Fundament der Hl. Schrift  und in der lebendigen Tradition der Kirche schöpft. Diese Tradition hilft uns, die Sprache des Schöpfers in Seiner Schöpfung zu entschlüsseln. Indem wir die fundamentalen Werte der großen Tradition der Kirche verteidigen, verteidigen wir den Menschen, verteidigen wir die Schöpfung…“

Audienz für die Kongregation für die Glaubenslehre, 27.1.2012

Die „brüderliche Zurechtweisung“ im Hinblick auf das ewige Heil

„In diesem Jahr möchte ich einige Überlegungen zu bedenken geben, die ihren Ausgang von einem kurzen Bibelwort aus dem Brief an die Hebräer nehmen: ‚Lasst uns aufeinander achten und uns zur Liebe und zu guten Taten anspornen’ (10,24)… Ich möchte auf Vers 24 näher eingehen; er vermittelt uns in wenigen Worten eine wertvolle und stets aktuelle Lehre in Hin­blick auf drei Aspekte des christlichen Lebens: die Aufmerk­samkeit gegenüber dem anderen, die Gegenseitigkeit und die persönliche Heiligkeit.

Das erste Element ist die Aufforderung ‚achtzugeben’. fordert also dazu auf, den Blick auf den anderen zu richten, in erster Linie auf JESUS, und aufeinander zu achten, sich nicht unbeteiligt, gleichgültig gegenüber dem Schicksal unserer Brüder und Schwestern zu zeigen. Statt dessen überwiegt häufig die entgegengesetzte Haltung: Gleichgültigkeit und Interesselosigkeit, die ihren Ursprung im Egoismus haben, der sich den Anschein der Achtung der ‚Privatsphäre’ gibt. Auch heute ertönt nachdrücklich die Stimme des Herrn, der jeden von uns dazu aufruft, sich seines Nächsten anzunehmen. Auch heute fordert GOTT von uns, ‚Hüter’ unserer Brüder und Schwestern zu sein (vgl. Gen 4,9)… Die Tatsache, dass wir als Menschen und vielfach auch im Glauben Brüder und Schwestern sind, muss dazu führen, dass wir im Mitmenschen ein wahres Alter ego erkennen, das vom HERRN unendlich geliebt wird…

Das Achtgeben auf den anderen bedeutet, für ihn oder sie in jeder Hinsicht das Gute zu wünschen: leiblich, moralisch und geistlich. Der zeitgenössischen Kultur scheint der Sinn für Gut und Böse abhanden gekommen zu sein. Dabei muss mit Nachdruck daran erinnert werden, dass das  Gute existiert und obsiegt, da GOTT ‚gut ist und Gutes wirkt’ (vgl. Ps 119,68)…

Was aber verhindert diesen menschlichen und liebenden Blick auf die Brüder und Schwestern? Häufig sind es materieller Reichtum und Übersättigung, aber auch der Vorrang, der persönlichen Interessen und Sorgen gegenüber allem anderen gegeben wird. Niemals dürfen wir unfähig sein, ‚Mitleid zu empfinden’ mit den Leidenden; niemals darf unser Herz von unseren Angelegenheiten und Problemen so in Anspruch genommen sein, dass es taub wird für den Schrei des Armen… Auf die Brüder und Schwestern zu ‚achten’ beinhaltet auch die Sorge um ihr geistliches Wohl. Und hier möchte ich an einen Aspekt des christlichen Lebens erinnern, von dem ich meine, dass er in Vergessenheit geraten ist: die brüderliche Zurechtweisung im Hinblick auf das ewige Heil. Heutzutage ist man generell sehr empfänglich für das Thema der Fürsorge und der Wohltätigkeit zugunsten des leiblichen und materiellen Wohls der Mitmenschen; die geistliche Verantwortung gegenüber den Brüdern und Schwestern findet hingegen kaum Erwähnung. Anders war dies in der frühen Kirche und ist es in den wirklich im Glauben gereiften Gemeinden, wo man sich nicht nur der leiblichen Gesundheit der Brüder und Schwestern annimmt, sondern mit Blick auf ihre letzte Bestimmung auch des Wohls ihrer Seele. In der Hl. Schrift lesen wir: ‚Rüge den Weisen, dann liebt er dich. Unterrichte den Weisen, damit er noch weiser wird; belehre den Ge­rechten, damit er dazulernt’ (Spr 9,8f). CHRISTUS selbst befiehlt, einen Bruder, der sündigt, zurechtzuweisen (vgl. Mt 8,15)… In der kirchlichen Tradition zählt ‚die Sünder zu­rechtweisen’ zu den geistlichen Werken der Barmherzig­keit. Es ist wichtig, sich wieder auf diese Dimension der christlichen Nächstenliebe zu besinnen. Vor dem Bösen darf man nicht schweigen. Ich denke hier an die Haltung jener Christen, die sich aus menschlichem Respekt oder einfach aus Bequemlichkeit lieber der vorherrschenden Mentalität anpassen, als ihre Brüder und Schwestern vor jenen Denk- und Handlungsweisen zu warnen, die der Wahrheit wider­sprechen und nicht dem Weg des Guten folgen. Die christliche Zurechtweisung hat ihren Beweggrund jedoch nie­mals in einem Geist der Verurteilung oder der gegenseiti­gen Beschuldigung; sie geschieht stets aus Liebe und Barm­herzigkeit und entspringt einer aufrichtigen Sorge um das Wohl der Brüder und Schwestern. Der Apostel Paulus sagt: ‚Wenn einer sich zu einer Verfehlung hinreißen lässt, meine Brüder, so sollt ihr, die ihr vom GEIST erfüllt seid, ihn im Geist der Sanftmut wieder auf den rechten Weg bringen. Doch gib acht, dass du nicht selbst in Versuchung gerätst’ (Gal 6,1). In unserer vom Individualismus durchdrungenen Welt ist es notwendig, die Bedeutung der brüderlichen Zurechtwei­sung wiederzuentdecken, um gemeinsam den Weg zur Heiligkeit zu beschreiten. Selbst ‚der Gerechte fällt siebenmal’ (Spr 24,16), heißt es in der Hl. Schrift, und wir alle sind schwach und unvollkommen (vgl. 1 Joh 1,8). Es ist also ein großer Dienst, anderen zu helfen und sich helfen zu lassen, zu aufrichtiger Selbsterkenntnis zu gelangen, um das eigene Leben zu bessern und rechtschaffener den Weg des Herrn zu verfolgen. Es bedarf immer eines liebenden und berichtigenden Blickes, der erkennt und anerkennt, der unterscheidet und ver­gibt (vgl. Lk 22,61), wie es GOTT mit jedem von uns getan hat und tut…“        Aus der Botschaft zur Fastenzeit vom 3.11.2012

Fels Petri – Kathedra Petri

„Durch die Aufgabe, die JESUS ihm überträgt, wird Petrus das, was er aufgrund von ‚Fleisch und Blut’ nicht ist. Der Exeget Joachim Jeremias hat gezeigt, dass im Hintergrund die Symbolsprache des ‚heiligen Felsen’ steht. Diesbezüglich kann uns ein rabbinischer Text hilfreich sein, in dem es heißt: ‚Der HERR sprach: Wie kann ich die Welt erschaffen, da diese Gottlosen erstehen und mich ärgern werden? Als aber GOTT auf Abraham schaute, der erstehen sollte, sprach er: Siehe, ich habe einen Felsen gefunden, auf den ich die Welt bauen und gründen kann. Deshalb nannte er Abraham einen Felsen.’ Der Prophet Jesaja beruft sich darauf, als er das Volk erinnert: ‚Blickt auf den Felsen, aus dem ihr gehauen seid… auf Abraham, euren Vater’ (51,1-2). Abraham, der Vater der Glaubenden, wird mit seinem Glauben als der Fels gesehen, der die Schöpfung stützt. Simon, der als erster JESUS als den CHRISTUS bekannt hat und der erste Zeuge der Auferstehung war, wird nun mit seinem erneuerten Glauben der Fels, der sich den zerstörerischen Kräften des Bösen widersetzt...

Diese Episode aus dem Evangelium… findet eine weitere und noch anschaulichere Erklärung in einem sehr bekannten künstlerischen Element, das den Petersdom ziert: im Kathedra-Altar. Wenn man durch das grandiose Mittelschiff geht und nach Überwindung des Querschiffs zur Apsis gelangt, sieht man sich vor einem riesigen Thron aus Bronze, der zu schweben scheint, in Wirklichkeit aber von den vier Statuen großer Kirchenväter des Ostens und des Westens gehalten wird. Über dem Thron, umgeben von einem Triumph in der Luft schwebender Engel, leuchtet im Ovalfenster die Herrlichkeit des HL. GEISTES. Was sagt uns nun dieses bild­hauerische Gefüge, das wir dem Genie des Bernini verdanken? Es stellt eine Sicht des Wesens der Kirche und – in ihr – des petrinischen Lehramtes dar. Das Apsis-Fenster öffnet die Kirche nach außen, zur gesamten Schöpfung hin, während das Bild der Taube des HL. GEISTES GOTT als Quelle des Lebens zeigt. Doch da ist auch noch ein anderer Aspekt hervor­zuheben: Die Kirche selbst ist nämlich wie ein Fenster, der Ort, an dem GOTT sich naht, unserer Welt entgegenkommt. Die Kirche existiert nicht für sich selbst, sie ist nicht das endgültige Ziel, sondern muss über sich hinausweisen, nach oben, über uns hinaus. Die Kirche ist wirklich sie selbst in dem Maß, in dem sie den Anderen – den ‚Anderen’ schlechthin – durchscheinen lässt, von dem her sie kommt und zu dem sie führt… Die große Kathedra aus Bronze birgt einen hölzernen Thron aus dem 9. Jahrhundert, der lange Zeit für den Stuhl des hl. Petrus gehalten wurde und aufgrund seines hohen symbolischen Wertes gerade über diesem Altar angebracht wurde. Er drückt nämlich die ständige Gegenwart des Apostels im Lehramt seiner Nachfolger aus. Der Stuhl des hl. Petrus ist  - so könnten wir sagen – der Thron der Wahrheit, der seinen Ursprung aus dem Auftrag CHRISTI nach dem Bekenntnis bei Cäsarea Philippi bezieht. Der Lehrstuhl ruft uns immer wieder die Worte des HERRN an Petrus im Abend­mahlsaal in Erinnerung: ‚Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder’ (Lk 22,32).

Noch eine weitere Erinnerung ruft die Kathedra Petri hervor: das berühmte Wort des hl. Ignatius von Antiochien, der in seinem Brief an die Römer die Kirche von Rom als die bezeichnet, ‚welche den Vorsitz in der Liebe hat’ (Inscr.: PG 5,801). In der Tat ist der Vorsitz im Glauben untrennbar an den Vorsitz in der Liebe gebunden. Ein Glaube ohne Liebe wäre kein echter christlicher Glaube mehr…

Die große Kathedra wird gestützt von den Kirchenvätern. Die beiden Lehrer des Ostens – der hl. Johannes Chrysostomus und der hl. Athanasius – stellen gemeinsam mit den lateini­schen – dem hl. Ambrosius und dem hl. Augustinus – die Gesamtheit der Überlieferung und somit den Reichtum des Ausdrucks des wahren Glaubens in der heiligen und einen Kirche dar. Dieses Element des Altars sagt uns, dass die Liebe sich auf den Glauben gründet. Sie zerbröckelt, wenn der Mensch nicht mehr auf GOTT vertraut und Ihm nicht gehorcht. Alles in der Kirche ist auf den Glauben gegründet: die Sakramente, die Liturgie, die Evangelisierung, die Liebe…, auch das Recht, auch die Autorität in der Kirche… Die Kirchen­väter haben in der Gemeinschaft der Kirche die Funktion von Bürgen für die Treue zur Hl. Schrift. Sie sichern eine zuver­lässige, solide Exegese, die fähig ist, mit der Kathedra Petri ein festes, einheitliches Gefüge zu bilden…“

Predigt in der hl. Messe mit den neuen Kardinälen, 19.2.2012

Von der Demut

„Der Abschnitt aus dem Brief des hl. Paulus an die Epheser, den wir gehört haben (4,1-16), ist einer der großen kirchlichen Texte des Neuen Testaments… 

‚Seid demütig’ (Eph 4,2). Darauf möchte ich kurz eingehen, denn dies ist eine Tugend, die im vorchristlichen Tugend­katalog nicht erscheint; es ist eine neue Tugend, die Tugend der Nachfolge CHRISTI… Das Gegenteil der Demut ist der Hochmut, als Wurzel aller Sünden. Der Hochmut – der Überheblichkeit ist, vor allem Macht will, Schein, vor den anderen auffallen, jemand oder etwas sein – hat nicht die Absicht, GOTT zu gefallen, sondern sich selbst zu gefallen, von den anderen angenommen und - sagen wir – von den anderen verehrt zu werden. Das ‚Ich’ im Mittelpunkt der Welt: Es handelt sich um mein hochmütiges Ich, das alles weiß. Christ zu sein bedeutet, diese erste Versuchung zu überwinden, die auch der Kern der Erbsünde ist: wie GOTT zu sein, aber ohne GOTT; Christ zu sein bedeutet, wahrhaftig, aufrichtig, realistisch zu sein. Die Demut ist vor allem Wahr­heit, in der Wahrheit leben,… zu lernen, dass gerade meine Kleinheit die Größe ist, denn so bin ich wichtig für das große Gefüge der Geschichte GOTTES mit der Menschheit. Gerade indem ich erkenne, dass ich ein Gedanke GOTTES, des Aufbaus Seiner Welt bin und dass ich gerade so, in meiner Kleinheit – und nur so – unersetzlich bin, nur in dieser Weise bin ich groß. Das ist der Beginn des Christseins: die Wahrheit zu leben. Und nur wenn ich die Wahrheit, den Realismus meiner Berufung für die anderen, mit den anderen, im Leib CHRISTI lebe, dann lebe ich gut. Gegen die Wahrheit zu leben bedeutet immer, schlecht zu leben…

Nur wenn ich mich im großen GÖTTlichen Gefüge selbst annehme, kann ich auch die anderen annehmen, die mit mir die große Symphonie der Kirche und der Schöpfung bilden. Ich denke, dass die kleinen Demütigungen, die wir Tag für Tag erleben müssen, heilsam sind, weil sie jedem helfen, die eigene Wahrheit zu erkennen und so frei zu sein von jener Eitelkeit, die der Wahrheit entgegensteht… Wenn ich demütig bin, habe ich die Freiheit, auch im Gegensatz zu stehen zu einer vorherrschenden Meinung, zu den Gedanken anderer, denn die Demut gibt mir die Fähigkeit, die Freiheit der Wahrheit…“         

      „Lectio divina“ bei der Begegnung mit dem Klerus der Diözese Rom, 23.2.2011

 

2. Soziale Themen

 

Die moralische Stimme des Hl. Stuhls

„Der Hl. Stuhl ist keine Wirtschafts- oder Militärmacht. Doch… hat seine moralische Stimme überall auf der Welt beachtlichen Einfluss. Zu den Gründen dafür gehört die Tatsache, dass der moralische Standpunkt des Hl. Stuhls nicht von den politischen oder wirtschaftlichen Interessen eines Nationalstaates oder von den Bestrebungen einer politischen Partei, Wählerstimmen zu gewinnen, abhängig ist. Sein Beitrag zur internationalen Diplomatie besteht weitgehend darin, die ethischen Prinzipien zu artikulieren, die die soziale und politische Ordnung stützen sollen, und die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit des Handelns zu lenken, um Verletzun­gen dieser Prinzipien entgegenzuwirken. Er tut das natürlich unter dem Gesichtspunkt des christlichen Glaubens, aber wie ich in meiner kürzlich gehaltenen Ansprache an den Deutschen Bundestag ausführte, hat das Christentum immer auf Natur und Vernunft als die wahren Rechtsquellen verwiesen, auf denen ein Staat aufgebaut werden sollte…“

Audienz für den neuen Botschafter der Niederlande, 21.10.11

Entschiedenen Einsatz der Kirche in Deutschland gegen Pornografie gefordert

„(Es) sieht die Kirche über den Raum ihres Glaubens hinaus eine Pflicht, im Ganzen unserer Gesellschaft für die Wahr­heiten und Werte einzutreten, bei denen die Menschen­würde als solche auf dem Spiel steht. So kommt uns – um einen besonders wichtigen Punkt anzusprechen – keinerlei Urteil darüber zu, ob ein Individuum ‚schon Mensch’ oder ‚noch Mensch’ ist, und ebensowenig steht uns zu, den Menschen zu manipulieren und sozusagen machen zu wollen. Eine Gesell­schaft ist nur dann wahrhaft menschlich, wenn sie die Würde jeder Person von der Zeugung bis zum natürlichen Tod respektiert und uneingeschränkt schützt. Wenn sie sich aber entschließen würde, ihre schutzbedürftigsten Mitglieder auszusortieren, Menschen vom Menschsein auszuschließen, verhielte sie sich zutiefst inhuman und auch unwahrhaftig angesichts der für jeden Menschen guten Willens einsichtigen Gleichheit der Würde aller Menschen in allen Lebensstadien. Wenn der Hl. Stuhl in Grundfragen der Menschenwürde, wie sie sich heute in vielen Bereichen der pränatalen Existenz des Menschen stellen, in den Bereich der Gesetzgebung hinein­spricht, so tut er es nicht, um den Glauben indirekt anderen aufzuzwingen, sondern um Werte zu verteidigen, die als Wahrheiten des Menschseins grundsätzlich für alle ein­sichtig sind, auch wenn Interessen verschiedener Art diese Einsichtigkeit vielfach zu verdunkeln suchen.

An dieser Stelle möchte ich noch einen anderen bedenklichen Aspekt ansprechen, der, wie es scheint, durch materialistische und hedonistische Tendenzen vor allem in den Ländern der sogenannten westlichen Welt um sich greift, nämlich die geschlechtliche Diskriminierung von Frauen. Jeder Mensch, ob Mann oder Frau, ist dazu bestimmt, für den anderen da zu sein. Eine Beziehung, welche nicht beachtet, dass Mann und Frau die gleiche Würde besitzen, bedeutet ein schweres Vergehen gegen die Menschlichkeit. Hier ist es an der Zeit, Prostitution wie auch die weite Verbreitung von Material erotischen oder pornografischen Inhalts, gerade auch über das Internet, energisch einzuschränken. Der Hl. Stuhl wird darauf achten, dass der notwendige Einsatz gegenüber diesen Missständen seitens der katholischen Kirche in Deutschland vielfach entschiedener und deutlicher erfolgt…“

Ansprache an den neuen deutschen Botschafter beim Hl. Stuhl, 7.11.2012

Nicht Feindseligkeit und Unpopularität fürchten

(70.) Unter den Maßnahmen zum Schutz des menschlichen Lebens auf dem afrikanischen Kontinent haben die Synodenmitglieder die Anstrengungen der internationalen Ein­richtungen zugunsten mancher Aspekte der Entwicklung in Betracht gezogen. Mit Sorge haben sie jedoch einen Mangel an ethischer Klarheit bei den internationalen Treffen festgestellt, ja sogar eine verwirrende Ausdrucksweise, die Werte vermittelt, die mit der katholischen Moral unvereinbar sind… Die Position der Kirche duldet keinerlei Zweideutigkeit hinsichtlich der Abtreibung. Das Kind im Mutterschoß ist ein zu schützendes Menschenleben. Die Abtreibung, die darin besteht, ein unschuldiges ungeborenes Leben zu beseitigen, ist dem Willen GOTTES entgegengesetzt, denn der Wert und die Würde des menschlichen Lebens müssen von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod geschützt werden… (71.) Die Kirche weiß, dass die Zahl derer, die eine dies­bezügliche gesunde Lehre verwerfen – Einzelpersonen, Ver­einigungen, Spezialbüros oder Staaten – hoch ist. Wir dürfen nicht Feindseligkeit und Unpopularität fürchten, wenn wir jeden Kompromiss und jede Zweideutigkeit ablehnen, die uns der Denkweise dieser Welt angleichen würde (vgl. Röm 12,2). Wir sollen in der Welt, aber nicht von der Welt sein (vgl. Joh 15,19; 17,16), mit der Kraft, die uns von CHRISTUS kommt, der durch Seinen Tod und Seine Auferstehung die Welt besiegt hat (vgl. Joh 16,33)’.

(72.) Auf dem menschlichen Leben in Afrika lasten gravierende Bedrohungen… Insbesondere die Aids-Frage verlangt gewiss eine medizinische und pharmazeutische Antwort. Diese ist jedoch ungenügend, denn das Problem liegt tiefer. Es ist vor allem ein ethisches. Die dafür notwendige Verhaltensänderung – zum Beispiel sexuelle Enthaltsamkeit, Ablehnung sexueller Freizügigkeit, Treue in der Ehe – wirft letztlich die Frage nach der ganzheitlichen Entwicklung auf, die einen umfassenden Ansatz und eine erschöpfende Antwort der Kirche erfordert… Um nämlich wirksam zu sein, muss sich die Aids-Vorsorge auf eine Sexualerziehung stützen, die ihrerseits auf einer im Naturrecht verankerten und durch das Wort GOTTES und die Lehre der Kirche erleuchteten Anthropologie basiert

(74.) Im Laufe ihrer Geschichte hat die katholische Kirche der Erziehung eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Immer hat sie den Eltern ihrer Verantwortung als erste Erzieher des Lebens und des Glaubens ihrer Kinder bewusst gemacht und sie ermutigt und ihnen geholfen, diese wahrzunehmen…“

Nachsynodales Apostol. Schreiben „AFRICAE MUNUS… über die Kirche in Afrika…“ vom 19.11.2011

 

 

3. Ehe, Familie und Erziehung

 

GOTTESfinsternis und Verfall der Sexualethik hängen zusammen

„Die Neuevangelisierung hängt großenteils von der Hauskirche ab (vgl. Familiaris consortio, 65). In unserer Zeit, wie auch schon in vergangenen Zeiten, scheinen die GOTTES­finsternis, die Verbreitung von Ideologien, die der Familie entgegenstehen, und der Verfall der Sexualethik mitein­ander verbunden zu sein. Und wie die GOTTESfinsternis und die Krise der Familie zueinander in Beziehung stehen, so ist die Neuevangelisierung nicht von der christlichen Familie zu trennen. Denn die Familie ist der ‚Weg’ der Kirche, weil sie der ‚menschliche Raum’ der Begegnung mit CHRISTUS ist… Die Annahme und die Weitergabe der GÖTTlichen Liebe kommen in der gegenseitigen Hingabe der Ehegatten zum Aus­druck, in der großherzigen und verantwortungsvollen Fort­pflanzung, im Sorgetragen für die Kinder und in ihrer Erziehung…“

Audienz für den Päpstl. Rat für die Familie, 1.12.2011

Erziehung zu Gerechtigkeit und Frieden

„Die Erziehung ist das faszinierendste und schwierigste Abenteuer des Lebens. Erziehen – lateinisch ‚educere’ – bedeutet, einen Menschen über sich selbst hinauszuführen, um ihn in die Wirklichkeit einzuführen, in eine Fülle, die ihn wachsen lässt. Dieser Prozess wird gespeist durch die Begegnung zweier Freiheiten, der des Erwachsenen und der des Jugendlichen. Er verlangt die Verantwortung des Schülers, der offen sein muss, sich zur Erkenntnis der Wirklichkeit führen zu lassen, und die des Erziehers, der bereit sein muss, sich selbst zu verschenken. Daher sind vor allem authentische Zeugen notwendig und nicht bloße Austeiler von Regeln und Informationen; Zeugen, die weiter zu blicken vermögen als die anderen, weil ihr Leben weitere Räume umfasst. Zeuge ist derjenige, der den Weg, den er vorschlägt, zuerst einmal vorlebt

Wir leben in einer Welt, in der die Familie und auch das Leben selbst ständig bedroht und nicht selten zerbrochen bzw. aufgesplittert ist. Arbeitsbedingungen, die oft kaum mit der familiären Verantwortung in Übereinstimmung gebracht werden können… erschweren schließlich die Möglichkeit, den Kindern eine der kostbarsten Güter zu sichern: die Anwesenheit der Eltern…

Ich möchte mich auch an die Verantwortlichen der Einrich­tungen wenden, die Erziehungsaufgaben haben… Sie sollen den Familien die Sicherheit geben, dass ihren Kindern ein Bildungsweg geboten wird, der nicht in Gegensatz zu ihrem Gewissen und ihren religiösen Prinzipien steht…“

Botschaft zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2012 (8.12.12)

Erziehen

Die Eltern sind die ersten Erzieher zum Glauben ihrer Kinder von jüngstem Alter an; daher ist es notwendig, die Familien in ihrem Erziehungsauftrag durch geeignete Initiativen zu unterstützen. Zugleich ist es wünschenswert, dass der Weg zur Taufe, der ersten Etappe des Bildungswegs der christlichen Initiation, außer der Förderung der bewussten und würdigen Vorbereitung auf die Feier des Sakraments auch den Jahren, die unmittelbar auf die Taufe folgen, entsprechende Auf­merksamkeit schenkt durch dafür vorgesehene Wege, die den Lebensumständen, denen die Familien zu begegnen haben, Rechnung tragen…“

Predigt bei der Vesper zum Jahresende, 31.12.2011

Das Gebet ist die erste Bedingung, um erziehen zu können

„Aufgabe der Eltern, unterstützt von den Taufpaten, ist es, den Sohn oder die Tochter zu erziehen. Erziehen ist sehr anspruchsvoll und zuweilen beschwerlich für unsere menschlichen Fähigkeiten, die immer begrenzt sind. Aber das Erziehen wird zu einer wundervollen Aufgabe, wenn man sie in Zusammenarbeit mit GOTT vollbringt, der der erste und wahre Erzieher jedes Menschen ist

Der wahre Erzieher bindet die Menschen nicht an sich selbst, er ist nicht besitzergreifend. Er möchte, dass der Sohn oder Schüler lernt, die Wahrheit zu erkennen und eine persönliche Beziehung zu ihr aufzubauen… Sein Ziel ist, dass der zu Erziehende die Stimme der Wahrheit zu seinem eigenen Herzen sprechen hört und ihr auf einem persönlichen Weg folgt

Es ist sehr wichtig für euch Eltern, aber auch für die Taufpaten, fest an die Gegenwart und das Wirken des HL. GEISTES zu glauben, Ihn durch das Gebet und die Sakramente anzurufen und in euch aufzunehmen. Denn Er ist es, der den Verstand des Erziehers erhellt und sein Herz entflammt, damit er die Kenntnis und die Liebe JESU zu vermitteln weiß. Das Gebet ist die erste Bedingung, um erziehen zu können, denn im Gebet machen wir uns bereit, GOTT die Initiative zu über­lassen, Ihm die Kinder anzuvertrauen, der sie schon vor uns und besser als wir kennt und genau weiß, was ihr wahres Wohl ist…“

Predigt bei der Taufe in der Sixtinischen Kapelle, 8.1.2012

Politik soll Erziehung in Übereinstimmung mit der Familie fördern

„Die Erziehung ist ein Schlüsselthema für alle Generationen, denn von ihr hängt sowohl die gesunde Entwicklung jeder Person ab als auch die Zukunft der ganzen Gesellschaft. Deshalb stellt sie in einer schwierigen und heiklen Zeit eine Aufgabe von höchster Wichtigkeit dar. Außer einem klaren Ziel wie dem, die Jugendlichen zu einer vollen Kenntnis der Realität und damit der Wahrheit zu führen, braucht die Erziehung auch Räume. Unter diesen steht die auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründete Familie an erster Stelle. Es handelt sich dabei nicht um eine bloße gesell­schaftliche Konvention, sondern um die Grundzelle der ganzen Gesellschaft. Folglich bedroht eine Politik, welche die Familie gefährdet, die Würde des Menschen und die Zu­kunft der Menschheit selbst. Der familiäre Rahmen ist grund­legend auf dem Erziehungsweg und für die Entwicklung der Individuen und der Staaten; demnach ist eine Politik notwendig, die den Wert der Familie betont und den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Dialog unterstützt…

Generell bin ich, vor allem mit Blick auf die westliche Welt, davon überzeugt, dass Gesetzesmaßnahmen, welche die Abtreibung aus persönlichen Motiven der Nützlichkeit oder aus zweifelhaften medizinischen Gründen nicht nur erlauben, sondern zuweilen sogar fördern, der Erziehung der Jugendlichen und damit der Zukunft der Menschheit entgegen­stehen.

Wenn wir unsere Überlegungen fortsetzen, sehen wir, dass eine ebenso wesentliche Rolle für die Entwicklung der Person den Erziehungs- und Bildungseinrichtungen zukommt. Sie sind die ersten Instanzen, die mit der Familie zusammenarbeiten, und haben Mühe, ihre Aufgabe zu erfüllen, wenn hinsichtlich der Ziele eine Übereinstimmung mit der Wirklichkeit der Familie fehlt… (Es) ist sehr gut verständlich, dass eine wirk­same Erziehungsarbeit ebenso die Achtung der Religionsfreiheit erfordert. Diese kennzeichnet eine individuelle wie auch eine gemeinschaftliche und institutionelle Dimension. Es handelt sich um das erste Menschenrecht, weil sie Ausdruck der grundlegendsten Wirklichkeit des Menschen ist. Allzu häufig wird dieses Recht aus verschiedenen Gründen weiterhin eingeschränkt oder verhöhnt…“

Neujahrsempfang des Diplomatischen Korps, 9.1.2012

 

 

4. Kinder und Jugend

 

JESUS ist ein Schatz

„Liebe Kinder!… Nach diesem schönen Moment der Anbetung begrüße ich euch mit großer Freude… GOTT, unser VATER, hat uns um Seinen SOHN und unseren Bruder JESUS CHRISTUS versammelt, der in der während der Messe konsekrierten Hostie gegenwärtig ist. Das ist ein großes Geheimnis, vor dem man anbetet und glaubt. JESUS, der uns so sehr liebt, ist wirklich gegenwärtig in den Tabernakeln aller Kirchen der Welt… Ich lade euch ein, Ihn oft zu besuchen, um Ihm eure Liebe kundzutun.

Einige unter euch sind schon zur ersten hl. Kommunion gegangen, andere bereiten sich darauf vor. Der Tag meiner Erstkommunion war einer der schönsten Tage meines Lebens. Für euch auch, nicht wahr? Und warum ist das so? Nicht nur wegen der schönen Kleider oder der Geschenke oder auch des Festessens! Das ist so vor allem, weil wir an jenem Tag zum ersten Mal JESUS in der Eucharistie empfangen. Wenn ich kommuniziere, nimmt JESUS Wohnung in mir. Ich muss Ihn liebevoll aufnehmen und Ihm aufmerksam zuhören. Tief in meinem Herzen kann ich Ihm zum Beispiel sagen: „JESUS, ich weiß, dass Du mich liebst. Schenke mir Deine Liebe, damit ich Dich liebe und damit ich die anderen mit Deiner Liebe liebe. Ich vertraue Dir meine Freuden, meine Leiden und meine Zukunft an.’ Zögert nicht, liebe Kinder, den anderen von JESUS zu erzählen. Er ist ein Schatz, und man muss fähig sein, Ihn mit den anderen großzügig zu teilen. In der Geschichte der Kirche hat die Liebe JESU viele Christen und sogar Kinder wie euch mit Mut und Kraft erfüllt! So ist der hl. Kizito, ein ugandischer Junge, getötet worden, weil er der Taufe gemäß leben wollte, die er empfangen hatte. Kizito betete. Er hatte begriffen, dass GOTT nicht nur wichtig, sondern dass Er alles ist.

Was ist das Gebet? Es ist ein an GOTT, unseren VATER, gerichteter Ruf der Liebe, in dem Willen, JESUS, unseren Bruder, nachzuahmen. JESUS zog sich an einen einsamen Ort zurück, um zu beten. Wie JESUS kann auch ich jeden Tag einen Ort der Stille finden, wo ich mich vor einem Kreuz oder einem heiligen Bild sammle, um mit JESUS zu sprechen und Ihm zuzuhören. Ich kann auch das Evangelium benutzen. Ich betrachte dann in meinem Herzen einen Abschnitt, der mich anspricht und mich dann während des Tages leitet.

So für eine Weile bei JESUS zu bleiben, erlaubt Ihm, mich mit Seiner Liebe, mit Seinem Licht und mit Seinem Leben zu erfüllen! Diese Liebe, die ich im Gebet erhalte, soll ich dann meinerseits weiterschenken an meine Eltern, meine Freunde, an alle, mit denen ich zusammenlebe, sogar an die, welche mich nicht lieben, und auch an die, welche ich nicht besonders mag. Liebe Kinder, JESUS liebt euch! Bittet auch eure Eltern, mit euch zu beten! Manchmal muss man sie ein wenig drängen. Zögert nicht, das zu tun. GOTT ist so wichtig! …“          

Begegnung mit Kindern in Benin, Afrika, 19.11.2011

Botschaft (nicht nur) für Afrika

„(61.) …Die Aufmerksamkeit für die Welt der Jugendlichen verlangt den Mut einer klaren Verkündigung; wir müssen den Jugendlichen helfen, Vertrauen in die Hl. Schrift zu gewinnen und zur Vertrautheit mit ihr zu gelangen, damit diese gleichsam ein Kompass ist, der den Weg weist, dem man folgen muss…

(63.) Liebe Jugendliche, alle möglichen Einflüsse – Ideologien, Sekten, Geld, Drogen, leichter Sex, Gewalt… - können euch in Versuchung führen. Seid wachsam: Diejenigen, die euch solches vorschlagen, wollen eure Zukunft zerstören! Lasst euch trotz der Schwierigkeiten nicht entmutigen… (64.) Habt keine Angst vor CHRISTUS! Er nimmt nichts, und Er gibt alles. Wer sich Ihm gibt, der erhält alles hundertfach zurück…

(65.) Genauso wie die Jugendlichen sind die Kinder ein Geschenk GOTTES an die Menschheit. Sie müssen also von ihren Familien, von der Kirche, der Gesellschaft und den Regierungen mit besonderer Fürsorge bedacht werden, denn sie sind im Leben eine Quelle der Erneuerung und der Hoffnung. GOTT ist ihnen besonders nahe, und ihr Leben ist in Seinen Augen kostbar, selbst wenn die Umstände ungünstig oder unmöglich erscheinen (vgl. Gen 17,17-18; 18,12; Mt 18,10).

(66.) In der Tat, was das Recht auf Leben betrifft, ist jedes unschuldige Menschenwesen allen anderen absolut gleich… (68.) CHRISTUS JESUS hat immer Seine Vorliebe für die Kleinsten gezeigt (vgl. Mk 10,13-16). Da Evangelium selbst ist zutiefst von der Wahrheit über das Kind durchdrungen. Was heißt denn: ‚Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen’ (Mt 18,3)? Stellt JESUS nicht das Kind als Vorbild auch für die Erwachsenen hin? Im Kind gibt es etwas, das einem, der in das Himmelreich kommen will, nie fehlen darf. Der Himmel ist allen zugesagt, die einfältig sind wie die Kinder, allen, die wie sie von vertrauensvoller Hingabe erfüllt, rein und reich an Güte sind…“

Nachsynodales Apostol. Schreiben „AFRICAE MUNUS… über die Kirche in Afrika…“ vom 19.11.2011

 

 

5. Maria und Heilige

 

Die Jungfräulichkeit Mariens

„Am heutigen vierten… Adventssonntag legt uns die Liturgie… den Bericht von der Verkündigung des Engels an Maria vor. Bei der Betrachtung des wundervollen Bildes der seligen Jungfrau in dem Augenblick, in dem sie die GÖTTliche Botschaft empfängt und ihre Antwort gibt, werden wir innerlich vom Licht der Wahrheit erleuchtet, das stets von neuem aus diesem Geheimnis hervorgeht. Insbesondere möchte ich kurz auf die Bedeutung der Jungfräulichkeit Mariens eingehen, das heißt auf die Tatsache, dass sie JESUS empfangen hat und dabei Jungfrau geblieben ist. Im Hintergrund des Geschehens von Nazareth steht die Prophezeiung Jesajas. ‚Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären, und sie wird ihm den Namen Immanuel (GOTT mit uns) geben’. (Jes 7,14). Diese alte Verheißung hat sich in der Menschwerdung des SOHNES GOTTES überreich erfüllt. Denn die Jungfrau Maria hat nicht nur empfangen, sondern dies geschah durch das Wirken des HL. GEISTES, das heißt durch das Wirken GOTTES selbst. Der Mensch, dessen Leben in ihrem Schoß seinen Anfang nimmt, nimmt das Fleisch von Maria an, doch sein Dasein kommt völlig von GOTT her. Er ist ganz Mensch, aus Erde gemacht – um das biblische Bild zu benutzen –, doch er kommt aus der Höhe, vom Himmel. Die Tatsache, dass Maria empfängt und dabei Jungfrau bleibt, ist also von wesentlicher Bedeutung für die Erkenntnis JESU und für unseren Glauben, da sie bezeugt, dass GOTT die Initiative ergriffen hat, und vor allem offenbart sie, wer der Empfangene ist… Das ‚Ja’ Mariens schließt Mutterschaft und Jungfräulichkeit ein und erfordert, dass alles in ihr zur Herrlichkeit GOTTES gereiche und der Sohn, der aus ihr geboren werden wird, ganz Geschenk der Gnade sein könne…“

Angelus-Ansprache, 18.12.2011

Gelebtes Evangelium

Die Heiligen sind das gelebte Evangelium. An ihnen sehen wir, dass die Botschaft CHRISTI nicht ein unerreichbares Ideal ist, sondern konkret gelebt, in das ganz persönliche Leben eines jeden hinein umgesetzt werden kann. Lassen wir uns also von den Heiligen, die in den verschiedensten Umständen mit den verschiedensten Charakteren gelebt haben, anstecken, von ihrer Treue und von ihrer Liebe zu CHRISTUS und von ihrem Erfindungsreichtum, das Evangelium auch heute sozusagen greifbar zu machen. Und wir bitten sie um ihre Fürsprache, dass wir GOTTES Liebe zu den Menschen sichtbar werden lassen und so wirklich ‚Licht der Welt’ sein mögen.“ 

                  Angelus-Ansprache 1.11.2011

Die neue Heilige

„Während wir… den Weltmissionssonntag feiern…, preisen wir den HERRN für drei neue Heilige: den Bischof Guido Maria Conforti, den Priester Luigi Guanella und die Ordensfrau Bonifacia Rodríguez de Castro

Der hl. Guido wurde berufen, diesen apostolischen Eifer im Dienst als Bischof zu leben, zunächst in Ravenna und dann in Parma: Er widmete sich mit ganzer Kraft dem Heil der Seelen, die ihm anvertraut waren, vor allem denjenigen, die sich vom Weg des HERRN entfernt hatten. Sein Leben war von vielen und auch schweren Prüfungen gekennzeichnet. Er verstand es, jede Situation mit Ergebenheit zu bejahen und sie als Hinweis auf den Weg anzunehmen, der ihm von der GÖTTlichen Vorsehung vorgezeichnet worden war. Er verstand es, in allen Umständen – auch in demütigenden Niederlagen – den Plan GOTTES zu erkennen, der ihn zum Aufbau Seines Reiches führte, vor allem durch die Selbstverleugnung und durch die tägliche Annahme Seines Willens, mit einer immer vertrauensvolleren Hingabe. Er erfuhr und bezeugte selbst zuerst das, was er seine Missionare lehrte, nämlich dass die Vollkommenheit im Tun des Willens GOTTES nach dem Vorbild des gekreuzigten CHRISTUS besteht…

Das menschliche und geistliche Zeugnis des hl. Luigi Guanella ist ein besonderes Gnadengeschenk für die ganze Kirche. Während seines irdischen Lebens lebte er mutig und entschieden das Evangelium der Liebe, das ‚wichtigste Gebot’, an das das Wort GOTTES uns auch heute erinnert hat. Dank der tiefen und beständigen Vereinigung mit CHRISTUS, in der Betrachtung Seiner Liebe, wurde Don Guanella, geführt von der GÖTTlichen Vorsehung, zum Gefährten und Meister, zum Trost und zur Ermutigung der Ärmsten und Schwächsten… Dieser neue Heilige möge für alle und besonders für die Mitglieder der von ihm gegründeten Kongregationen ein Vorbild der tiefen und fruchtbaren Synthese von Kontemplation und Aktion sein, so wie er sie selbst vorgelebt und praktiziert hat…

Die hl. Bonifacia… (verstand es) von Anfang an, ihre Nachfolge JESU CHRISTI mit der täglichen Arbeit zu verbinden. Die Arbeit, der sie von Kindesbeinen an nachging, war für sie nicht nur ein Mittel, um niemandem zur Last zu fallen, sondern sie gab ihr auch die nötige Freiheit zur Verwirklichung ihrer Berufung und bot ihr zugleich die Möglichkeit, andere Frauen für ihr Werk zu gewinnen und auszubilden. Sie konnten in ihrer Werkstatt GOTT begegnen und Seinen liebevollen Ruf hören, wobei sie über ihren eigenen Lebensentwurf nachdenken und sich auf seine konkrete Umsetzung vorbereiten konnten. So entstand in evangeliumsgemäßer Demut und Einfachheit die Kongregation der Dienerinnen des hl. Joseph, die gemäß dem Vorbild der Familie von Nazareth eine Schule des christlichen Lebens darstellt…“

Predigt bei der Heiligsprechung am Petersplatz, 23.10.2011

Die Heiligen – die „nahen Lichter“ der Orientierung

„(114.) Ich ermutige die Hirten der Ortskirchen, unter den afrikanischen Dienern des Evangeliums den afrikanischen Dienern des Evangeliums jene auszumachen, die nach den Normen der Kirche heiliggesprochen werden könnten, nicht nur, um die Zahl der afrikanischen Heiligen zu vergrößern, sondern um neue Fürsprecher im Himmel zu erhalten, damit sie die Kirche auf ihrer irdischen Pilgerschaft begleiten und bei GOTT Fürsprache für den afrikanischen Kontinent einlegen…

(158.) …Die Heiligen (sind) die wahren Sterne unseres Lebens, sie, die ‚recht zu leben wussten. Sie sind Lichter der Hoffnung. Gewiss, JESUS CHRISTUS ist das Licht selber, die Sonne, die über allen Dunkelheiten der Geschichte aufgegangen ist. Aber wir brauchen – um zu Ihm zu finden, auch die nahen Lichter – die Menschen, die Licht von Seinem Licht schenken und so Orientierung bieten auf unserer Fahrt’ (Benedikt XVI., Enzyklika Spe salvi, 1025).“

Nachsynodales Apostol. Schreiben „AFRICAE MUNUS… über die Kirche in Afrika…“ vom 19.11.2011

Über die hl. Agnes

„Anlässlich des Gedenktages der hl. Agnes, der Schutzpatronin des Kollegs, möchte ich euch einige Reflexionen anbieten, die mir durch ihre Gestalt eingegeben wurden. Die hl. Agnes ist eines jener berühmten jungen Mädchen von Rom, die die reine Schönheit des Glaubens an CHRISTUS und der Freundschaft mit Ihm dargelegt haben. Ihr zweifacher Titel ‚Jungfrau und Märtyrerin’ verweist auf die Gesamtheit der Dimensionen der Heiligkeit… Für die hl. Agnes bedeutete ‚Martyrium’ den großherzigen und freiwilligen Einsatz ihres gesamten jungen Lebens ohne Vorbehalte, damit das Evangelium verkündet werde als Schönheit und Wahrheit, die das Leben erleuchten. Im Martyrium, das Agnes im Stadion des Domitian mutig auf sich genommen hat, erstrahlt für immer die Schönheit, un­verzagt CHRISTUS anzugehören und auf Ihn zu vertrauen. Noch heute gemahnt das Bildnis der Heiligen vom Gesims der Kirche ‚Sant’ Agnese in Agone’ herab einen jeden, der über die Piazza Navona geht, dass unsere Stadt auch auf der Freundschaft vieler ihrer Söhne und Töchter zu CHRISTUS und ihr Zeugnis für Sein Evangelium gründet. Ihre großherzige Hingabe an Ihn und an das Wohl der Brüder ist ein Grundbaustein der geistlichen Beschaffenheit von Rom.

Im Martyrium besiegelt Agnes auch das andere entscheidende Element ihres Lebens, die Jungfräulichkeit für CHRISTUS und für die Kirche. Denn die völlige Hingabe im Martyrium wird durch die bewusste, freie und reife Entscheidung für die Jungfräulichkeit vorbereitet, als Zeugin des Willens, vollkommen CHRISTUS anzugehören. Wenn das Martyrium ein letzter heroischer Akt ist, so ist die Jungfräulichkeit Frucht einer langen Freundschaft mit CHRISTUS, die im beständigen Hören auf Sein Wort, im Gebetsdialog, in der eucharistischen Begeg­nung herangereift ist. Bereits in jungen Jahren hatte Agnes gelernt, dass Jünger CHRISTI zu sein bedeutet, Ihn mit dem Einsatz des ganzen Lebens zu lieben…“

Ansprache an eines der römischen Priesterseminare („Almo Collegio Capranica“), 20.1.2012

 

 

6. Leiden und Sterben

 

Sicht des Leidens

„Liebe Freunde, der Dienst der Begleitung, der Nähe und der Fürsorge gegenüber den kranken und einsamen Brüdern, die oft nicht nur von physischen, sondern auch von geist­lichen und moralischen Wunden geprüft sind, versetzt euch ganz besonders in die Lage, das Heilshandeln GOTTES zu bezeugen, Seine Liebe zum Menschen und zur Welt, die auch die schmerzhaftesten und schrecklichsten Situationen einbezieht. Das Antlitz des Erlösers, der am Kreuz stirbt, des SOHNES; der eines Wesens ist mit dem VATER und der als Mensch für uns leidet (vgl. Joh. Paul II., Salvifici dolores, 17), lehrt uns, das Leben zu bewahren und zu fördern, in welchem Stadium und in welchem Zustand es sich auch immer befindet, und die Würde und den Wert jedes einzelnen Menschen anzuerkennen, der als Abbild GOTTES, Ihm ähnlich, erschaffen wurde (vgl. Gen 1,26-27) und zum ewigen Leben berufen ist. Diese Sicht des Schmerzes und des Leidens, das vom Tod und von der Auferstehung CHRISTI erleuchtet wird, wurde uns durch den langsamen Leidensweg bezeugt, der die letzten Lebensjahre des sel. Johannes Paul II. geprägt hat und auf den sich die Worte des hl. Paulus anwenden lassen: ‚Für den Leib CHRISTI, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden CHRISTI noch fehlt’ (Kol 1,24). Der feste und sichere Glaube hat seine physische Schwäche, die er aus Liebe zu GOTT, zur Kirche und zur Welt gelebt hat, zur konkreten Teilhabe am Weg CHRISTI gemacht, bis hin zum Kalvarienberg.“

An den Päpstl. Rat für die Krankenpastoral, 26.11.2011

GOTT ist dem Leidenden nahe

„Die im Lukasevangelium berichtete Begegnung JESU mit den zehn Aussätzigen (vgl. Lk 17,11-19)… sind eine Hilfe, sich bewusst zu machen, wie wichtig der Glaube für jene ist, die von Leid und Krankheit bedrückt die Nähe des HERRN suchen. In der Begegnung mit Ihm können sie erleben: Wer glaubt, ist nie allein! Denn in Seinem SOHN überlässt uns GOTT nicht unseren Ängsten und Leiden, sondern Er ist uns nahe, Er hilft uns, sie zu tragen, und Er möchte unser Herz in der Tiefe heilen (vgl. Mk 2,1-12)… Wer in Leid und Krankheit den HERRN anruft, kann sich sicher sein, dass Seine Liebe ihn niemals im Stich lässt und dass auch die Liebe der Kirche, die Sein Heilswirken in der Zeit fortsetzt, niemals schwindet…“

Aus der Botschaft zum XX. Welttag der Kranken am 11. Februar 2012 (vom 20.11.2011)

Glaube an die Liebe GOTTES besiegt das Böse

„Eines Tages sagte JESUS: ‚Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken’ (Mk 2,17). Bei jener Gelegenheit bezog Er sich auf die Sünder, die zu rufen und zu retten Er gekommen ist. Wahr jedoch bleibt, dass die Krankheit ein typisch menschlicher Zustand ist, in dem wir die starke Erfahrung machen, dass wir uns nicht selbst genügen, sondern die anderen brauchen. In diesem Sinn könnten wir mit einem Paradox sagen, dass die Krankheit ein heilbrin­gender Augenblick sein kann, in dem es möglich ist, die Aufmerksamkeit der anderen zu erfahren und den anderen Aufmerksamkeit zu schenken! Dennoch ist sie immer auch eine Prüfung, die auch lange und schwer werden kann. Wenn die Heilung nicht eintritt und die Leiden andauern, können wir wie erdrückt, isoliert sein, und so wird unser Leben mutlos und entmenschlicht. Wie sollen wir auf diesen Angriff des Bösen reagieren? Gewiss mit angemessenen Behandlungen – die Medizin hat in den vergangenen Jahrzehnten Riesenfortschritte gemacht, wofür wir dankbar sind –, doch das Wort GOTTES lehrt uns, dass da eine entscheidende Grundhaltung ist, mit der wir der Krankheit begegnen müssen, und diese ist die Haltung des Glaubens an GOTT, an Seine Güte. JESUS wiederholt dies immer gegenüber den Menschen, die Er heilt: Dein Glaube hat dir geholfen (vgl. Mk 5,34-36). Sogar angesichts des Todes kann der Glaube das möglich machen, was menschlich unmöglich ist. Doch der Glaube woran? An die Liebe GOTTES. Das ist die wahre Antwort, die das Böse an der Wurzel besiegt. Wie JESUS dem Satan mit der Kraft der Liebe entgegengetreten ist, die vom VATER kam, so können auch wir der Prüfung der Krankheit entgegentreten und sie besiegen, indem wir unser Herz stets in die Liebe GOTTES eintauchen. Wir alle kennen Menschen, die schreckliche Leiden ertragen konnten, da GOTT ihnen eine tiefe Ruhe schenkte. Ich denke an das jüngste Beispiel der sel. Chiara Badano, die in der Blüte ihrer Jugend von einer ausweglosen Krankheit hinweggerissen wurde: alle, die sie besuchten, empfingen von ihr Licht und Zuversicht! Gleichwohl bedürfen wir in der Krankheit alle der menschlichen Wärme: um einen kranken Menschen zu trösten, zählt die ruhige und aufrechte Nähe mehr denn Worte…“

                     Angelus-Ansprache, 5.2.2011

 

 

Pastorale Hinweise zum Jahr des Glaubens

(11.10.12-24.11.13)

 

Aus der „Note“ der Kongregation für die Glaubenslehre

 

„Von Beginn seines Pontifikats an hat sich Papst Benedikt XVI. entschieden für das rechte Verständnis des II. Vatikanischen Konzils eingesetzt. Er wies die so genannte ‚Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruchs’ als irrig zurück und förderte die von ihm so bezeichnete ‚Hermeneutik der Reform’, der Erneuerung des einen Subjekts Kirche, die der HERR uns geschenkt hat, unter Wahrung der Kontinuität…

Im Jahr des Glaubens sollen die Gläubigen zu Pilgerfahrten zum Stuhl Petri ermuntert werden… Im Lauf dieses Jahres sollen die Gläubigen dazu eingeladen werden, sich mit besonderer Hingabe an Maria, das Urbild der Kirche, zu wenden, denn sie ‚vereinigt die größten Glaubensgeheimnisse in sich und strahlt sie wider’… Zu diesem Zweck eignen sich besondere Pilgerfahrten, GOTTESdienste und Begegnungen an den größeren Heiligtümern… Für alle Glaubenden bietet das Jahr des Glaubens eine gute Gelegenheit, die Kenntnis der wichtigsten Dokumente des II. Vatikanischen Konzils und das Studium des Katechismus der katholischen Kirche zu ver­tiefen… Dieses Jahr bietet eine gute Gelegenheit, die Homilien, Katechesen, Ansprachen und anderen Äußerungen des Hl. Vaters mit noch größerer Bereitschaft aufzunehmen… Die Heiligen und Seligen sind die authentischen Zeugen des Glaubens. Daher ist es angemessen, wenn die Bischofskonferenzen sich dafür einsetzen, die Heiligen ihres Landes bekannter zu machen, auch mit Hilfe der modernen sozialen Kommunikationsmittel… Es ist nützlich…, leicht verständliche apologetische Hilfsmittel vorzubereiten (vgl. 1 Petr 3,15). So kann jeder Gläubige besser auf die Fragen antworten, die in den verschiedenen kulturellen Lebensbereichen gestellt werden, sei es im Bezug auf die Herausforderung durch Sekten, sei es im Zusammenhang mit der Problematik des Säkularismus und des Relativismus… Falls einige Katechismen oder katechetische Hilfsmittel nicht in vollem Einklang mit dem Katechismus stehen oder Lücken aufweisen, soll mit der Arbeit an neuen Texten begonnen werden… Die Bischöfe werden eingeladen, besonders in der Fastenzeit BußGOTTESdienste zu organisieren, um GOTT um Ver­gebung zu bitten, auch und besonders für die Sünden gegen den Glauben. Das Jahr des Glaubens ist darüber hinaus eine günstige Zeit, mit festerem Glauben und größerer Häufigkeit das Sakrament der Buße zu empfangen…“

(vom 6.1.2012)

 

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