FMG-INFORMATION 103, August 2011

 

 

1. Glaube und Kirche

 

Wertschätzung der Lehre der Kirche

„Die tiefe persönliche Frömmigkeit eures Volkes muss durch ein tiefes Verständnis und eine entsprechende Wertschät­zung für die Lehren der Kirche in Fragen des Glaubens und der Moral genährt und unterstützt werden. Diese Elemente braucht nämlich das menschliche Herz, damit es um so besser und gültiger GOTT Antwort zu geben vermag. Versäumt nicht, wenn ihr die Katechese in euren Diözesen weiter stärkt, auch die Nähe zu den Familien, mit besonderer Aufmerksamkeit für die Eltern in ihrer Rolle als Ersterzieher ihrer Kinder im Glauben, einzubeziehen…“

Ad-limina-Besuch der Philippinischen Bischöfe, 3.3.2011

Die Erziehung durch das Bußsakrament

„…Auf welche Weise erzieht das Bußsakrament? In welcher Weise hat sein Vollzug – zuallererst für die Beichtväter – einen erzieherischen Wert? Wir können von der Erkenntnis aus­gehen, dass das Priesteramt einen einzigartigen und privile­gierten Beobachtungspunkt darstellt, von dem aus man täglich die Großartigkeit der GÖTTlichen Barmherzigkeit betrach­ten kann… In Wirklichkeit bedeutet Beichte abnehmen,… das Handeln des barmherzigen GOTTES in der Geschichte zu be­trachten, die heilbringenden Wirkungen des Kreuzes und der Auferstehung CHRISTI zu jeder Zeit und für jeden Menschen spürbar zu greifen. Nicht selten steht der Priester wirklich vor existentiellen und spirituellen Dramen, die in menschlichen Worten keine Antwort finden, die aber von der verzeihenden und verwandelnden GÖTTlichen Liebe aufgefangen und ange­nommen werden: ‚Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee’ (Jes 1,18). Den Abgrund des menschlichen Herzens, auch seine dunklen Seiten kennenzulernen und gewissermaßen aufzusuchen, stellt einerseits die Menschlichkeit und den Glauben des Pries­ters selbst auf die Probe, während es anderseits in ihm die Gewissheit nährt, dass das letzte Wort über das Böse des Menschen und der Geschichte von GOTT, von Seiner Barmherzigkeit kommt, die alles neu zu machen vermag (vgl. Offb 21,5). Wieviel kann der Priester von vorbildlichen Pönitenten aus deren spirituellem Leben, durch die Ernst­haftigkeit, mit der sie die Gewissenserforschung vorneh­men, durch die Transparenz im Erkennen ihrer Sünden und durch ihren Gehorsam gegenüber der Lehre der Kirche und den Hinweisen des Beichtvaters lernen! Durch die Spendung des Bußsakraments können wir tiefe Unterweisungen in Demut und Glauben erhalten! Sie ist für jeden Priester ein starker Ruf, sich seiner eigenen Identität bewusst zu werden. Niemals können wir allein kraft unserer Menschlichkeit die Beichten der Brüder und Schwestern hören! Sie kommen deshalb zu uns, weil wir Priester dem ewigen Hohenpriester CHRISTUS gleich­gestaltet und dazu befähigt sind, in Seinem Namen und in Seiner Person zu handeln und GOTT, der vergibt, erneuert und verwandelt, wirklich gegenwärtig zu machen…

Welchen pädagogischen Wert hat das Bußsakrament für die Pönitenten? Wir müssen voraussetzen, dass das vor al­lem von der Wirkung der Gnade und von den objektiven Wir­kungen des Sakraments in der Seele des Gläubigen abhängt. Sicherlich ist die sakramentale Wiederversöhnung einer der Augenblicke, in denen die persönliche Freiheit und das Selbst­bewusstsein dazu aufgerufen sind, sich besonders offenkundig zum Ausdruck zu bringen. Vielleicht auch deshalb, weil in einer Zeit des Relativismus und des daraus folgenden geschwächten Selbstbewusstseins die sakramentale Praxis geschwächt wur­de. Die Gewissenserforschung hat einen wichtigen pädagogi­schen Wert: Sie erzieht dazu, mit Ehrlichkeit auf das eigene Leben zu schauen, es mit der Wahrheit des Evangeliums zu konfrontieren und es nicht nur nach menschlichen, son­dern mittels der GÖTTlichen Offenbarung veränderten Maßstäben zu bewerten. Die Auseinandersetzung mit den Ge­boten, den Seligpreisungen und vor allem mit dem Gebot der Liebe ist die erste große ‚Schule der Buße’… Sodann erzieht das vollständige Sündenbekenntnis den Pönitenten zur De­mut, zur Anerkennung der eigenen Schwachheit und zu­gleich zum Bewusstsein von der Notwendigkeit der Verge­bung GOTTES und zum Vertrauen, dass die GÖTTliche Gna­de das Leben zu verwandeln vermag. Ebenso ist das Anhören der Ermahnungen und Ratschläge des Beichtvaters wichtig für das Urteil über die Handlungen des Pönitenten, für seinen geistlichen Weg und seine innere Heilung. Vergessen wir nicht, wie viele Bekehrungen und wie viele wirklich heiligmäßige Existenzen in einem Beichtstuhl ihren Anfang genommen haben!…“

Audienz für Kurs-Teilnehmer der Ap. Pönitentiarie, 25.3.2011

Die Wirklichkeit der leer bleibenden Plätze

„‚Mit Sehnsucht habe ich danach verlangt, dieses Paschamahl mit euch zu feiern, ehe ich leide’ (Lk 22,15): Mit diesen Worten hat JESUS die Feier seines letzten Mahls und der Einsetzung der hl. Eucharistie eröffnet… JESUS sehnt sich nach uns, Er wartet auf uns. Haben wir eigentlich Sehnsucht nach Ihm? Drängt es uns, Ihm zu begegnen? Verlangen wir nach Seiner Nähe, nach dem Einswerden mit Ihm, das Er uns in der hl. Eucharistie schenkt? Oder sind wir gleichgültig, zerstreut, mit anderem angefüllt? Aus den Mahlgleichnissen JESU wissen wir, dass Er die Wirklichkeit der leer bleibenden Plätze kennt, die Absage, das Desinteresse an Ihm und Seiner Nähe. Die leeren Plätze beim Hochzeitsmahl des HERRN mit oder ohne Entschuldigung – das ist für uns längst kein Gleichnis mehr, sondern gegenwärtige Wirklichkeit gerade in den Län­dern, denen Er Seine besondere Nähe gezeigt hatte. JESUS wusste auch um Gäste, die zwar kommen, aber nicht hochzeitlich bekleidet sein würden – ohne Freude an Seiner Nähe, nur einer Gewohnheit folgend und mit ihrem Leben ganz anders ausgerichtet…

Der hl. Lukas hat uns ein konkretes Element der Bitte JESU um die Einheit aufbewahrt: ‚Simon, Simon, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder’ (Lk 22,31f). Wir erleben heute wieder schmerzlich, dass dem Satan gestat­tet ist, die Jünger sichtbar vor aller Welt zu sieben. Und wir wissen, dass JESUS für den Glauben des Petrus und seiner Nachfolger betet… Alle Menschen, Maria ausgenommen, bedürfen immer wieder der Bekehrung

Wir alle müssen immer wieder lernen, GOTT und JESUS CHRISTUS so anzunehmen, wie Er ist, und nicht so, wie wir Ihn haben wollen. Auch wir wollen nicht recht annehmen, dass Er sich an die Armseligkeit der Kirche und ihrer Diener gebunden hat. Auch wir wollen nicht annehmen, dass Er machtlos ist in dieser Welt. Auch wir verstecken uns hinter Ausreden, wenn die Zugehörigkeit zu Ihm uns zu kostspielig und zu gefährlich wird. Wir alle brauchen Bekehrung, die JESUS in Seinem GOTTsein und Menschsein annimmt. Die Demut des Jüngers, der dem Willen des Meisters folgt…“

Predigt am Gründonnerstag in der Lateranbasilika, 21.4.2011

„Das Kreuz spricht zu uns von der äußersten Liebe GOTTES und lädt uns ein, heute unseren Glauben an die Macht dieser Liebe zu erneuern, zu glauben, dass GOTT in jeder Situation unseres Lebens, der Geschichte und der Welt imstande ist, den Tod, die Sünde, das Böse zu besiegen und uns ein neues, auferstandenes Leben zu schenken…“

Worte nach dem Kreuzweg beim Kolosseum, 22.4.2011

Sabbat und Sonntag

„Der alttestamentliche Schöpfungsbericht, den wir gehört haben, zeigt diese Ordnung der Wirklichkeiten eindeutig an. Er führt uns aber noch einen Schritt weiter. Er hat den Vorgang der Schöpfung im Bild einer Woche gestaltet, die auf den Sabbat zuläuft, in ihm ihre Erfüllung findet. Der Sabbat war für Israel der Tag, an dem alle an der Ruhe GOTTES teil­nehmen durften, an dem Mensch und Tier, Herr und Sklave, Große und Kleine in der Freiheit GOTTES geeint waren. So war der Sabbat Ausdruck des Bundes zwischen GOTT und Mensch und der Schöpfung. Das Miteinander von GOTT und Mensch aber erscheint so nicht als etwas Nachträgliches, das in einer schon fertig geschaffenen Welt noch eingerichtet wurde. Der Bund, das Miteinander von GOTT und Mensch, ist in der Schöpfung von Grund auf angelegt. Ja, der Bund ist der innere Grund der Schöpfung. Wie die Schöpfung die äußere Bedingung des Bundes ist. GOTT hat die Welt gemacht, damit eine Stelle sei, an der Er Seine Liebe mitteilen kann und von der aus die Antwort der Liebe zu Ihm zurückkehrt. Vor GOTT ist das Herz des Menschen, das Ihm antwortet, größer und wichtiger als der ganze gewaltige, materielle Kosmos, der uns freilich etwas von der Größe GOTTES ahnen lässt. An Ostern und von der österlichen Erfahrung der Christen her müssen wir aber nun noch einen weiteren Schritt tun. Der Sabbat ist der siebte Tag der Woche… An die Stelle des Sabbats… tritt der erste Tag… Die Wochenstruktur ist nun umgekehrt. Sie läuft nicht mehr auf den siebten Tag zu, um dort an GOTTES Ruhe teilzunehmen. Sie beginnt mit dem ersten Tag als Tag der Begegnung mit dem Auferstan­denen… Dieser revolutionäre Vorgang, der sich gleich zu Be­ginn des Werdens der Kirche zugetragen hat, ist nur zu erklären aus der Tatsache, dass an diesem Tag Unerhörtes geschehen war… Der erste Tag ist nach dem Genesis-Bericht der Tag, an dem die Schöpfung beginnt. Nun war er auf eine neue Weise zum Schöpfungstag, zum Tag der neuen Schöp­fung geworden…“

Predigt in der Osternacht in St. Peter, 23.4.2011

Die Schläfrigkeit der Jünger

„… JESUS sagt zu den Seinen: Bleibt hier und wacht; und dieser Aufruf zur Wachsamkeit gilt für diese Stunde der Angst, der Bedrohung, in der der Verräter kommen wird, und ebenso gilt er für die ganze Kirchengeschichte. Es ist eine immer­währende Botschaft für alle Zeiten, denn die Schläfrigkeit der Jünger war nicht nur ein Problem jener Stunde, son­dern sie ist das Problem der ganzen Geschichte. Die Frage ist, worin diese Schläfrigkeit besteht, worin die Wachsamkeit bestehen soll, zu der der HERR uns auffordert. Ich würde sagen, dass die Schläfrigkeit der Jünger in der Geschichte ein gewisses mangelndes Gespür der Seele für die Macht des Bösen ist, ein mangelndes Gespür für alles Böse in der Welt. Wir wollen uns von diesen Dingen nicht zu sehr stören lassen, wir wollen sie vergessen: Wir meinen, es sei nicht so schlimm, und vergessen es. Und es ist nicht nur mangelndes Gespür für das Böse, während wir eigentlich wachen soll­ten, um Gutes zu tun, für die Macht des Guten zu kämpfen. Es ist mangelndes Gespür für GOTT. Das ist unsere wahre Schläfrigkeit: das mangelnde Gespür für die Gegenwart GOT­TES, die uns auch das Gespür für das Böse nimmt. Wir spüren GOTT nicht – Er würde uns stören –, und so spüren wir natürlich auch nicht die Macht des Bösen und bleiben auf dem Weg unserer Bequemlichkeit. Die nächtliche Anbetung am Gründonnerstag, das Wachen mit dem HERRN sollte wirklich der Augenblick sein, der uns zum Nachdenken bringt über die Schläfrigkeit der Jünger, der Verteidiger JESU, der Apostel – über unsere eigene Schläfrigkeit, die wir die ganze Macht des Bösen nicht sehen, nicht sehen wollen, und die wir nicht hineingenommen werden wollen in Sein Leiden für das Gute, für die Gegenwart GOTTES in der Welt, für die Lie­be zum Nächsten und zu GOTT…

Wir haben versucht, die innere Haltung zu verstehen, mit der JESUS die Stunde der äußersten Prüfung gelebt hat, um zu begreifen, woran sein Handeln orientiert war. Der Maßstab, an dem jede Entscheidung JESU in Seinem Leben ausgerich­tet war, war der feste Wille, den VATER zu lieben, eins zu sein mit dem VATER, Ihm treu zu sein. Diese Entscheidung, Seine Liebe zu erwidern, hat Ihn angespornt, bei jeder einzel­nen Gelegenheit den Plan des VATERS anzunehmen und sich den Ihm anvertrauten Liebesplan, in Ihm alles zu vereinen, um alles zu Ihm zurückzuführen, zu eigen zu machen. Indem wir die heiligen drei Tage erneut durchleben, wollen wir uns bereit machen, auch in unserem Leben den Willen GOTTES anzu­nehmen, im Bewusstsein, dass im Willen GOTTES, auch wenn er hart erscheinen mag, im Gegensatz zu unseren Absichten unser wahres Wohl liegt, der Weg des Lebens.“

Generalaudienz, über das österliche Triduum, 20.4.2011

Den Glauben weitergeben

„Der Glaube darf nicht vorausgesetzt, sondern er muss vorgelegt werden. Der Glaube bewahrt sich nicht von selbst in der Welt, er wird nicht automatisch im Herzen des Menschen weitergegeben, sondern er muss immer verkün­det werden. Und die Verkündigung des Glaubens ihrerseits muss, um wirksam zu sein, aus einem Herzen kommen, das glaubt, hofft, liebt, ein Herz, das CHRISTUS anbetet und an die Kraft des HL. GEÍSTES glaubt! So war es von Beginn an…

Die Evangelisierung lässt uns erkennen, dass GOTT nahe ist: GOTT wird uns gezeigt… Müssen nicht auch wir heute die Schönheit und Vernunftgemäßheit des Glaubens aufzeigen und dem Menschen unserer Zeit mutig, überzeugt und freudig das Licht GOTTES bringen? Es gibt viele Menschen, die dem HERRN noch nicht begegnet sind: ihnen gilt eine besondere pastorale Sorge… Dies erfordert von uns, dass wir uns vertrauensvoll dafür einsetzen, getragen von der Gewissheit, dass die Gnade GOTTES immer, auch heute, im Herzen des Menschen wirkt

Wer ist der Bote dieser frohen Botschaft? Sicherlich jeder Getaufte. Vor allem sind es die Eltern, die die Aufgabe haben, um die Taufe für ihre Kinder zu bitten. Wie groß ist dieses Geschenk, das die Liturgie ‚Pforte unseres Heils, Beginn des Lebens in CHRISTUS, Quelle der neuen Menschheit’ (Präfation der Taufe) nennt! Alle Väter und Mütter sind gerufen, bei der Weitergabe des unschätzbaren Geschenks des Lebens mit GOTT zusammenzuwirken, sie sind aber auch gerufen, die Kenntnis desjenigen zu vermitteln, der das Leben ist; und das Leben wird nicht wirklich weitergegeben, wenn man nicht auch das Fundament und die ewige Quelle des Lebens kennt. Liebe Eltern, die Kirche möchte euch wie eine fürsorgliche Mutter bei dieser grundlegenden Aufgabe unterstützen. Von klein auf brauchen die Kinder GOTT, weil der Mensch von Beginn an GOTT braucht, und sie haben die Fähigkeit, Seine Größe wahrzunehmen; sie wissen den Wert des Gebetes – des Sprechens mit diesem GOTT – und der Riten ebenso zu schätzen, wie sie den Unterschied zwi­schen Gut und Böse intuitiv erfassen können. Wisst es also, sie im Glauben zu begleiten, in der Kenntnis GOTTES, der Freundschaft mit GOTT, in der Kenntnis der Unterschei­dung zwischen Gut und Böse. Begleitet sie im Glauben schon vom zartesten Alter an… Von jeher hat die christliche Gemeinde die Erziehung der Kinder und Jugendlichen be­gleitet, indem sie ihnen nicht nur geholfen hat, mit dem Ver­stand die Glaubenswahrheiten zu verstehen, sondern auch Er­fahrungen des Gebets, der Nächstenliebe und der Ge­schwisterlichkeit zu machen. Das Wort des Glaubens läuft Gefahr, stumm zu bleiben, wenn es keine Gemeinschaft findet, die es in die Praxis umsetzt und es so lebendig und anziehend werden lässt – als Erfahrung der Wirklichkeit des wahren Le­bens. Auch heute noch sind die Oratorien, Sommerlager, die großen und kleinen Erfahrungen des Dienstes eine wertvolle Hilfe für die Heranwachsenden, die den Weg der christlichen Initiation gehen, damit in ihnen ein konsequenter Einsatz des Lebens heranreift…“

Ansprache bei der Eröffnung der Pastoraltagung der Diözese Rom im Lateran, 13..6.2011

 

 

2. Soziale Themen

 

Religionsfreiheit und moralische Pflicht, die Wahrheit zu suchen

„Wie ich bei verschiedenen Anlässen ausgeführt habe, hat die westliche Kultur tiefe Wurzeln; es ist jene Kultur, die der Religionsfreiheit Leben und Raum gegeben hat und die wei­ter die verfassungsmäßig garantierte Religions- und Kultur­freiheit nährt, deren sich heute viele Völker erfreuen. Ange­sichts ihrer weithin systematischen Verweigerung durch die atheistischen Regime des 20. Jh. wurden diese Freiheiten von der internationalen Gemeinschaft in der Allgemeinen Men­schenrechtserklärung der Vereinten Nationen anerkannt. Heu­te sind diese menschlichen Grundrechte neuerlich von Hal­tungen und Ideologien bedroht, die die freie Religionsaus­übung zu behindern versuchen. Infolgedessen muss die Her­ausforderung zur Verteidigung und Förderung des Rechts auf Religions- und Kultfreiheit in unseren Tagen erneut angespro­chen werden…

Die Sehnsucht nach Wahrheit und Sinn und eine Offenheit für das Transzendente sind tief in unsere menschliche Natur eingeschrieben; wir werden von unserer Natur dazu veranlasst, Fragen nach der höchsten Bedeutung unserer Existenz nach­zugehen. Vor vielen Jahrhunderten prägte Tertullian den Begriff ‚libertas religionis’ (vgl. Apologeticum, 24,6), Religi­onsfreiheit. Er betonte, dass GOTT in Freiheit verehrt wer­den müsse und dass es im Wesen der Religion liege, keinen Zwang auszuüben, ‚nec religionis est cogere religione’ (Ad scapulam, 2,2). Da sich der Mensch der Fähigkeit zu einer freien persönlichen Entscheidung in der Wahrheit erfreut, und da GOTT vom Menschen eine freie Antwort auf Seinen Anruf erwartet, sollte das Recht auf Religionsfreiheit als ein Recht ge­sehen werden, das der grundlegenden Würde jeder mensch­lichen Person angeboren ist und der angeborenen Offenheit des menschlichen Herzens für GOTT entspricht… Die Konzils­väter [des 2. Vaticanums] erklärten, dass alle Menschen ‚ihrer Würde gemäß gedrängt und zugleich durch eine mora­lische Pflicht gehalten werden, die Wahrheit zu suchen, vor allem jene Wahrheit, welche die Religion betrifft’ (Dignitatis humanae, 2). Die Wahrheit macht uns frei (vgl. Joh 8,32), und das ist dieselbe Wahrheit, die gesucht und frei angenommen werden muss…

Der Hl. Stuhl fordert weiterhin die Anerkennung des mensch­lichen Grundrechtes auf Religionsfreiheit von Seiten aller Staaten ein…“

Botschaft an M. A. Glendon, Präsidentin der Pp. Akademie für Sozialwissenschaften, 29.4.2011

Lebensrecht und Familie

„Die Kirche achtet die rechtmäßige Autonomie, die die staatliche Gewalt genießen muss, und arbeitet im Dienst des Menschen mit ihr zusammen, zur Verteidigung seiner Grundrechte, jener ethischen Instanzen, die in sein Wesen eingeschrieben sind. Daher setzt sich die Kirche dafür ein, dass die staatlichen Gesetzgebungen das menschliche Leben stets fördern und schützen, von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende. Darüber hinaus verlangt sie die gebührende Anerkennung und tatkräftige Unterstützung der Familie. Wir wissen nämlich sehr gut, dass die Institution der Familie im gegenwärtigen Kontext in Frage gestellt wird, gleich­sam in dem Versuch, ihren unverzichtbaren Wert abzuer­kennen. Die Folgen tragen die schwächeren sozialen Schich­ten, besonders die jungen Generationen, die verwundbarer und daher leichter der Desorientierung, der Selbstausgrenzung und der Knechtschaft der Abhängigkeiten ausgesetzt sind… (Es) ist wichtig zu erkennen, dass die Familie, so wie GOTT sie begründet hat, das wichtigste Subjekt zur Förderung eines harmonischen Wachstums ist, das freie und verantwortungs­bewusste Personen heranreifen lässt, die durch tiefe und unvergängliche Werte geprägt sind…“

Ansprache an Regierungsmitglieder von San Marino, 19.6.2011

 

 

3. Ehe, Familie und Erziehung

 

Familien, seid mutig!

„Es ist allgemein bekannt, dass die christliche Familie ein be­sonderes Zeichen der Gegenwart und der Liebe CHRISTI ist und dass sie dazu berufen ist, einen spezifischen und uner­setzlichen Beitrag zur Evangelisierung zu leisten…

Liebe Eltern, bemüht euch immer darum, eure Kinder beten zu lehren, und betet mit ihnen; führt sie zu den Sakramenten hin, besonders zur Eucharistie…; führt sie in das Leben der Kirche ein; habt keine Angst, in der Geborgenheit der Familie die Hl. Schrift zu lesen und so das Familienleben mit dem Licht des Glaubens zu erhellen und GOTT als VATER zu loben. Seid gleichsam ein kleiner Abendmahlsaal, wie jener von Maria und den Jüngern, in dem Einheit, Gemeinschaft und Gebet leben­dig praktiziert werden! …

Leider müssen wir feststellen, dass sich – speziell in Europa – eine Säkularisierung ausbreitet, die zu einer Ausgrenzung GOTTES aus dem Leben und zu einer zunehmenden Auflö­sung der Familie führt. Eine Freiheit ohne Verpflichtung ge­genüber der Wahrheit wird absolut gesetzt; als Ideal pflegt man den individuellen Wohlstand durch den Konsum mate­rieller Güter sowie durch flüchtige Erlebnisse, wobei die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen und die tiefsten menschlichen Werte vernachlässigt werden. Die Liebe wird auf eine gefühlsselige Gemütsbewegung reduziert und auf die Befriedigung instinktiver Triebe, ohne dass man sich darum bemüht, dauerhafte Bindungen gegenseitiger Zusam­mengehörigkeit aufzubauen, und ohne ein Offensein für das Leben. Wir sind berufen, dieser Mentalität entgegenzuwirken!

Neben dem Wort der Kirche sind das Zeugnis und der Einsatz der christlichen Familien von großer Wichtigkeit: euer konkretes Zeugnis, besonders um die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, von der Zeugung bis zu seinem natürlichen Ende zu betonen, den einzigartigen und uner­setzlichen Wert der auf die Ehe gegründeten Familie und die Notwendigkeit gesetzlicher Maßnahmen zur Unterstützung der Familien in ihrer Aufgabe, Kinder zu zeugen und zu erziehen.

Liebe Familien, seid mutig! Gebt nicht jener säkularisierten Mentalität nach, die das Zusammenleben als Vorbereitung oder sogar als Ersatz für die Ehe propagiert! Zeigt mit eurem Lebenszeugnis, dass es möglich ist, wie CHRISTUS ohne Vorbehalte zu lieben, dass man keine Angst haben muss, einem anderen Menschen gegenüber eine Verpflichtung einzu­gehen! Liebe Familien, freut euch über die Elternschaft! Das Offensein gegenüber dem Leben ist ein Zeichen für das Offensein gegenüber der Zukunft, für Vertrauen in die Zukunft, so wie die Achtung der natürlichen Moral den Menschen befreit, anstatt ihn zu beeinträchtigen! Das Wohl der Familie ist auch das Wohl der Kirche…“

Predigt bei der hl. Messe in Zagreb, 5.6.2011

Treue der Eheleute ein bedeutsames Zeugnis

„Im heutigen Europa tragen die Nationen mit solider christlicher Tradition eine besondere Verantwortung zur Verteidigung und Förderung des Wertes der auf der Ehe gründenden Familie, die sowohl im erzieherischen als auch im gesell­schaftlichen Bereich in jedem Fall entscheidend bleibt…

In unseren Tagen, in denen leider festzustellen ist, dass Tren­nungen und Scheidungen zunehmen, ist die Treue der Ehe­leute selbst ein bedeutsames Zeugnis für die Liebe CHRISTI geworden, die es gestattet, die Ehe als das zu leben, was sie ist: die Verbindung von einem Mann und einer Frau, die mit der Gnade CHRISTI das ganze Leben lang einander lieben und beistehen, in Freude und Leid, in guten wie in schlechten Tagen. Die erste Erziehung zum Glauben besteht im Zeug­nis dieser Treue zum Ehebund: Daraus lernen die Kinder ohne Worte, dass GOTT treue, geduldige, respektvolle und großherzige Liebe ist. Der Glaube an den GOTT, der Liebe ist, wird vor allem durch das Zeugnis der Treue zur ehelichen Liebe weitergegeben, die ganz natürlich zur Liebe zu den Kindern wird, der Frucht dieser Verbindung. Aber diese Treue ist nicht möglich ohne die Gnade GOTTES, ohne die Unterstützung des Glaubens und des HL. GEISTES. Daher legt die Jungfrau Maria unablässig Fürsprache ein bei ihrem Sohn, auf dass Er – wie bei der Hochzeit in Kana – den Eheleuten stets aufs Neue die Gabe des ‚guten Weins’ gewähren möge, also Seiner Gnade, die es erlaubt, in den verschiedenen Altersstufen und Situationen des Daseins als ‚ein Fleisch’ zu leben…“

Generalaudienz, 8.6.2011

 

 

4. Jugend

 

Das Zeugnis der Heiligen – besonders des sel. Ivan Merz

„JESUS, der HERR, ist nicht ein Meister, der Seine Jünger täuscht: Er sagt deutlich, dass der Weg mit Ihm Einsatz und persönliches Opfer erfordert, aber es lohnt sich! Liebe junge Freunde, lasst euch nicht verwirren durch verlockende Versprechungen, die euch mühelose Erfolge vorgaukeln, durch Lebensstile, die das äußere Erscheinen auf Kosten der Innerlichkeit bevorzugen. Gebt nicht der Versuchung nach, uneingeschränktes Vertrauen auf das Haben, auf die materiellen Dinge zu setzen und dabei darauf zu verzichten, nach der Wahrheit auszuschauen, die darüber hinausgeht wie ein hoher Stern am Himmel, zu dem CHRISTUS euch führen will. Lasst euch zu den Höhen GOTTES geleiten!

In der Zeit eurer Jugend unterstützt euch das Zeugnis vieler Jünger des HERRN, die ihre Zeit gelebt haben, indem sie die Neuheit des Evangeliums im Herzen trugen. Denkt an Franziskus und Klara von Assisi, an Rosa von Viterbo, an Theresa vom Kinde JESU, an Domenico Savio – wie viele junge Heilige in der großen Gefolgschaft der Kirche! Aber hier in Kroatien denke ich zusammen mit euch an den seligen Ivan Merz. Ein brillanter junger Mann, vollgültig ins gesellschaftliche Leben eingebunden, der nach dem Tod der jungen Greta, seiner ersten Liebe, die akademische Laufbahn einschlägt. Während der Jahre des Ersten Weltkriegs steht er vor Zer­störung und Tod, doch all das formt und bildet ihn und lässt ihn Momente der Krise und des geistlichen Ringens überwinden. Ivan wird so stark im Glauben, dass er sich dem Studium der Liturgie widmet und ein intensives Apostolat unter den Jugend­lichen beginnt. Er entdeckt die Schönheit des katholischen Glaubens und begreift, dass die Berufung seines Lebens ist, die Freundschaft mit CHRISTUS zu leben und andere dazu anzuleiten. Wie überreich an erstaunlichen und bewegenden Zeichen der Liebe und der Güte ist sein Weg! Am 10. Mai 1928 stirbt er nach einigen Monaten der Krankheit im Alter von nur 32 Jahren und opfert sein Leben für die Kirche und für die Jugend auf. Dieses junge, aus Liebe hingegebene Leben trägt den Wohlgeruch CHRISTI und ist ein Aufruf an alle, sich nicht zu fürchten, sich selbst dem HERRN anzuvertrauen, wie wir es in besonderer Weise in der Jungfrau Maria, der Mutter der Kirche sehen, die hier unter dem Titel ‚Majka Božja od Kamenutih vrata’ (‚MutterGOTTES vom Steinernen Tor’) verehrt und geliebt wird. Ihr möchte ich heute Abend einen jeden von euch anvertrauen, damit sie euch mit ihrem Schutz begleite und euch vor allem helfe, dem HERRN zu begegnen und in Ihm den vollen Sinn eures Lebens zu finden…“

Gebetsvigil mit den Jugendlichen in Zagreb, 4.6.2011

Wie soll ich leben

„Auch im Zeitalter des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts – der uns viel gegeben hat – bleibt der Mensch ein Wesen, das mehr verlangt, mehr als Bequemlichkeit und Wohlstand. Er bleibt ein Wesen, das für die ganze Wahrheit seines Daseins offen ist, das nicht bei den materiellen Dingen stehenbleiben kann, sondern sich auf einen viel weiteren Horizont hin öffnet… Es besteht immer die Gefahr, in der Welt der Dinge, des Unmittelbaren, des Relativen, des Nützlichen verschlossen zu bleiben und so das Gespür für unsere geistliche Dimension zu verlieren

Habt keine Angst, schwierigen Situationen, Augenblicken der Krise, den Prüfungen des Lebens gegenüberzutreten, denn der HERR begleitet euch, Er ist mit euch! Ich ermutige euch, in der Freundschaft mit Ihm zu wachsen durch die häufige Lektüre des Evangeliums und der ganzen Hl. Schrift, die treue Teilnahme an der Eucharistie als persönliche Begegnung mit CHRISTUS, den Einsatz in der kirchlichen Gemeinschaft, den Weg mit einem guten geistlichen Be­gleiter. Vom HL. GEIST verwandelt könnt ihr die wahre Frei­heit erfahren. Sie ist dann wahr, wenn sie auf das Gute ausgerichtet ist. Auf diese Weise wird euer Leben, getrieben von der ständigen Suche nach dem Antlitz des HERRN und vom aufrichtigen Willen, euch selbst hinzuschenken, für viele eurer Altersgenossen ein Zeichen sein, ein beredter Aufruf, dafür zu sorgen, dass der Wunsch nach Erfüllung, der in uns allen vorhanden ist, in der Begegnung mit JESUS, dem HERRN, endlich verwirklicht wird. Lasst das Geheimnis CHRISTI eure ganze Person erleuchten! Dann könnt ihr in die verschiedenen Lebensbereiche jene Neuheit hineintragen, die Beziehungen, Institutionen, Strukturen ändern kann, um eine gerechtere und solidarischere Welt aufzubauen, die vom Stre­ben nach dem Gemeinwohl beseelt ist. Gebt individualistischen und egoistischen Logiken nicht nach! Das Zeugnis vieler junger Menschen, die das Ziel der Heiligkeit erlangt haben, möge euch stärken. Denkt an die hl. Theresia vom Kinde JESU, den hl. Domenico Savio, die hl. Maria Goretti, den sel. Pier Giorgio Frassati, den sel. Alberto Marvelli – der aus dieser Gegend kommt! – und an viele andere, die uns unbekannt sind, die aber ihre Zeit im Licht und in der Kraft des Evangeliums gelebt und die Antwort darauf gefunden haben, wie ich leben soll und was ich tun muss, um zu leben. Zum Abschluss dieser Begegnung möchte ich einen jeden von euch der Jungfrau Maria, Mutter der Kirche, anver­trauen…“

Begegnung mit den Jugendlichen der Diözese San Marino, 19.6.2011

 

 

5. Heilige

 

Der hl. Laurentius von Brindisi

„In der Stadt (wurde) 1559 ein bedeutender Kirchenlehrer geboren: der hl. Laurentius von Brindisi. Diesen Namen nahm Giulio Cesare Rossi an, als er in den Kapuzinerorden eintrat… Dank der Beherrschung so vieler Sprachen konnte Laurentius ein intensives Apostolat bei verschiedenen Kategorien von Personen durchführen. Er war ein erfolgreicher Prediger und war nicht nur mit der Bibel, sondern auch mit der rabbinischen Literatur so sehr vertraut, dass selbst die Rabbiner darüber staunten, ihn bewunderten und ihm Anerkennung und Respekt entgegenbrachten. Als Theologe mit einer fundierten Kennt­nis der Hl. Schrift und der Kirchenväter war er in der Lage, die katholische Lehre in mustergültiger Weise auch den Christen zu erläutern, die – vor allem in Deutschland – der Reformation anhingen. Mit seinen klaren und ruhigen Ausfüh­rungen zeigte er die biblische und patristische Grundlage aller Glaubensartikel auf, die Martin Luther in Frage gestellt hatte – unter anderem des Primats des hl. Petrus und seiner Nachfolger, des GÖTTlichen Ursprungs des Bischofsamts, der Rechtfertigung als innerer Verwandlung des Menschen, der Notwendigkeit der guten Werke für das Heil. Der Erfolg, den Laurentius genoss, hilft uns zu verstehen, dass die Ausein­andersetzung mit der Hl. Schrift, in der Überlieferung der Kirche ausgelegt, auch heute, wo der ökumenische Dialog mit viel Hoffnung vorangetragen wird, ein unverzichtbares Element von grundlegender Bedeutung ist, wie ich im Apostolischen Schreiben Verbum Domini in Erinnerung gerufen habe (vgl. Nr. 46). Auch die einfachen Gläubigen, die keine große Bildung besaßen, zogen Nutzen aus Laurentius’ überzeugendem Wort…

Inmitten der vielen Arbeiten pflegte Laurentius ein geistliches Leben von außergewöhnlichem Eifer, indem er dem Gebet und besonders der Feier der hl. Messe viel Zeit widmete. Diese zog er oft über Stunden hin, tief bewegt in das Gedenken des Leidens, des Todes und der Auferstehung des HERRN hineingenommen…

Er wurde 1891 heiliggesprochen und verdiente sich durch seine kraftvolle und intensive Tätigkeit, sein umfassendes und ausgewogenes Wissen den Titel ‚Doctor apostolicus’, apos­tolischer Kirchenlehrer. Diese Anerkennung wurde Laurentius von Brindisi auch deshalb zuteil, weil er Autor zahlreicher exegetischer und theologischer Werke sowie von Schriften war, die für die Predigt bestimmt waren… Als hochkarätiger Mario­loge und Autor einer Sammlung von Predigten über die GOT­TESmutter mit dem Titel ‚Mariale’ hebt er die einzigartige Rolle der Jungfrau Maria hervor, deren Unbefleckte Empf­ängnis und deren Mitwirken am durch CHRISTUS gewirkten Heil er klar bestätigt…

Zum Abschluss… möchte ich hervorheben, dass seine ganze Tätigkeit von einer großen Liebe zur Hl. Schrift beseelt war, die er großenteils auswendig kannte, sowie von der Überzeu­gung, dass das Hören und das Annehmen des Wortes GOTTES uns von innen her verwandelt und diese Ver­wandlung uns zur Heiligkeit führt. Er sagt: ‚Das Wort GOTTES ist Licht für den Verstand und Feuer für den Geist, so dass der Mensch GOTT erkennen und lieben kann. Dem inneren Menschen, der vom Geist GOTTES lebt, ist es Brot und Wasser: Brot, das süßer ist als Honig, und Wasser, das besser ist als Wein… Es ist ein Hammerschlag gegen ein Herz, das hartnäckig in den Untugenden verharrt. Es ist ein Schwert gegen das Fleisch, die Welt und den Teufel, das jede Sünde vernichtet’…“        

Generalaudienz am 23.3.2011

Der hl. Alfons Maria von Liguori

„Heute möchte ich euch die Gestalt eines hl. Kirchenlehrers vorstellen, dem wir viel zu verdanken haben, da er ein bedeu­tender Moraltheologe und ein Lehrmeister des geistlichen Lebens für alle war, vor allem für die einfachen Menschen… Alfons Maria von Liguori wurde 1696 als Sohn einer reichen neapolitanischen Adelsfamilie geboren. Mit hervorragenden intellektuellen Fähigkeiten ausgestattet, schloss er bereits mit 16 Jahren das Studium des zivilen und kanonischen Rechts ab. Er war der erfolgreichste Rechtsanwalt am Gerichtshof in Neapel. Acht Jahre lang gewann er alle Prozesse, bei denen er die Verteidigung innehatte. In seiner Seele, die nach GOTT dürstete und nach Vollkommenheit verlangte, gab der HERR ihm jedoch zu verstehen, dass seine Berufung eine andere war. Empört über die Korruption und die Ungerechtigkeit, die bei Gericht herrschten, gab er 1723 seinen Beruf auf – und mit ihm Reichtum und Erfolg – und entschloss sich, … Priester zu werden… Er erwarb eine umfassende theologische Bildung… Alfons begann eine Tätigkeit der Evangelisierung und der Katechese bei den unteren Schichten der neapolitanischen Gesellschaft, für die er sehr gerne predigte und die er in den Grundwahrheiten des Glaubens unterwies. Nicht wenige der armen und einfachen Menschen, an die er sich wandte, waren oft Lastern verfallen und begingen kriminelle Handlungen. Geduldig lehrte er sie zu beten und ermutigte sie, ihre Lebens­weise zu bessern. Alfons erzielte hervorragende Ergebnisse: In den armseligsten Vierteln der Stadt entstanden immer mehr Gruppen von Personen, die sich abends in Privatwohnungen und Werkstätten versammelten, um zu beten und das Wort GOTTES zu betrachten, unter der Führung einiger Katecheten, die von Alfons und anderen Priestern ausgebildet worden waren, die diese Gruppen von Gläubigen regelmäßig besuch­ten…

1732 gründete er die Kongregation des Hlst. Erlösers… 1762 wurde er zum Bischof… ernannt. Als der Papst 1778 von seinem Tod erfuhr, der nach vielen Leiden eingetreten war, rief er aus: ‚Er ist ein Heiliger!’… Alfons wurde 1839 heilig­gesprochen und 1871 zum Kirchenlehrer erklärt. Dieser Titel kommt ihm aus mehreren Gründen zu. Vor allem weil er eine reiche moraltheologische Lehre erarbeitet hat, die der katholischen Lehre angemessenen Ausdruck verleiht. Von Papst Pius XII. wurde er deshalb sogar zum ‚Patron der Beichtväter und der Moraltheologen’ ernannt… Den Seelen­hirten und den Beichtvätern legte der hl. Alfons ans Herz, der katholischen Morallehre treu zu sein und gleichzeitig eine liebevolle, verstehende, gütige Haltung einzunehmen, damit sich die Büßer auf ihrem Weg des Glaubens und des christ­lichen Lebens begleitet, gestützt und ermutigt fühlen können…“

Generalaudienz am 30.3.2011

Den Glauben leben

„Ihr seid zu eurer Generalversammlung – unter dem Thema Den Glauben leben, das Leben lieben. Der Einsatz der Katho­lischen Aktion für Erziehung und Bildung – zusammen­gekommen, um eure Liebe zu CHRISTUS und zur Kirche zu bekräftigen…

Eure Anwesenheit in den Pfarreien, Familien und sozialen Bereichen ist engmaschig: eine Präsenz, die ihr im Alltag und im Streben nach Heiligkeit lebt. Eure Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden wollen lebhaft und glücklich, hochherzig und mutig sein wie der sel. Pier Giorgio Frassati. Habt den Elan der Hingabe an den Aufbau der Stadt aller und den Mut zum Dienst in den Einrichtungen, wie Vittorio Bachelet [1926-1980, Präsident der Kath. Aktion Italiens], wie der sel. Alberto Marvelli [1918-1946, Rimini, Seligspr. 2004] und wie Giuseppe Toniolo [1845-1918, Soziologe], der demnächst seliggespro­chen werden wird! In eurem Projekt zur menschlichen und christlichen Bildung wollt ihr treue Freunde CHRISTI sein, wie die seligen Pierina Morosini und Antonia Mesina, wie die verehrungswürdige Armida Barelli [1882-1952]. Ihr wollt eure Gemeinden wieder mit Kindern beleben, die uns durch die Reinheit ihres Herzens faszinieren, wie Antonietta Meo, und die fähig sind, auch die Eltern zu JESUS hinzufüh­ren…“

Botschaft an die Generalversammlung der Kath. Aktion Italiens, 6.5.2011

Seliger Alois Andritzki

„Wenn morgen in Dresden Alois Andritzki seliggesprochen wird, lenkt die Kirche unseren Blick auf einen jungen Priester, in dem das Wirken des HL. GEISTES kraftvoll aufleuchtet. Er hat sich dem Druck der nationalsozialistischen Machthaber nicht gebeugt, sondern war selbst in den Qualen des Konzentrationslagers Dachau für seine Mitgefangenen wie auch für seine Verwandten Quelle des Glaubens und der Freude. Belebt und erfüllt vom unwandelbaren Trost des HL. GEISTES schrieb er aus dem KZ: ‚Freut euch mit mir!’ Diese tiefe und wahre Freude, die nur der HL. GEIST schenkt, wün­sche ich euch allen!“

Worte auf Deutsch nach dem Regina Caeli am Pfingstsonntag, 12.5.2011

Ein Seliger der Zigeuner

„…Ihr seid ein geliebter Teil des pilgernden GOTTESvolkes… Ihr bereichert die kirchliche Gemeinschaft mit gläubigen Laien, Priestern, Diakonen, Ordensfrauen und Ordensmännern aus dem Volk der Zigeuner. Euer Volk hat der Kirche den sel. Ceferino Giménez Malla geschenkt; wir begehen derzeit den 150. Jahrestag seiner Geburt und den 75. Jahrestag seines Martyriums [Spanien 2.8.1936]. Die Freundschaft mit dem HERRN hat diesen Märtyrer zu einem wahren Zeugen des Glaubens und der Liebe gemacht. Mit derselben Intensität, mit der er GOTT verehrte und Seine Gegenwart in jeder Person und in jedem Ereignis entdeckte, liebte der sel. Ceferino die Kirche und ihre Hirten. Als Franziskanertertiar blieb er seiner Identität als Zigeuner, seiner ethnischen Zugehörigkeit und ihrer Geschichte treu. Nach der Tradition der Kalé verheiratet, beschloss er gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Verbindung in der Kirche durch das Sakrament der Ehe Gültigkeit zu verlei­hen Seine tiefe Religiosität fand Ausdruck in der täglichen Teilnahme an der hl. Messe und im Rosenkranzgebet. Der Rosenkranz, den er stets in der Tasche trug, wurde zur Ur­sache für seine Verhaftung und machte den sel. Ceferino zu einem wahren ‚Märtyrer des Rosenkranzes’, denn er ließ ihn sich nicht einmal angesichts des Todes aus der Hand nehmen. Heute lädt der sel. Ceferino euch ein, seinem Vorbild zu folgen, und weist euch den Weg: die Hingabe an das Gebet, insbeson­dere an den Rosenkranz, die Liebe zur Eucharistie und zu den anderen Sakramenten, die Beachtung der Gebote, die Ehrlich­keit, die Liebe und die Großherzigkeit gegenüber dem Nächsten, besonders gegenüber den Armen…“

Audienz für Sinti- und Roma-Gruppen, 11.6.2011

 

 

6. Leiden und Sterben

 

Warum Leiden?

Auf die Frage eines siebenjährigen japanischen Mädchens an den Papst zum Erdbeben: „Auch ich stelle mir dieselbe Frage: Warum ist das so? Warum müsst ihr so sehr leiden, während andere ein ruhiges Leben führen? Wir haben keine Antworten darauf, aber wir wissen, dass JESUS wir ihr unschuldig gelitten hat, dass der wahre GOTT, der sich in JESUS offenbart, euch beisteht. Das finde ich sehr wichtig, auch wenn wir keine Antworten haben, wenn die Traurigkeit bleibt: GOTT steht euch bei, und ihr könnt sicher sein, dass dies euch helfen wird. Und eines Tages werden wir auch verstehen können, warum es so war. In diesem Augenblick scheint mir wichtig zu sein, dass ihr wisst: ‚GOTT liebt mich’, auch wenn Er mich scheinbar nicht kennt…“

Auf die Frage einer Mutter, deren Sohn seit Ostern 2009 im Wachkoma liegt, ob seine Seele noch bei ihm sei: „Gewiss ist die Seele noch im Leib anwesend. Man könnte die Situation vielleicht mit einer Gitarre vergleichen, deren Saiten gerissen sind, so dass man auf ihnen nicht spielen kann. Der Leib ist ebenso ein zerbrechliches, verletzbares Instrument – die Seele kann sozusagen nicht darauf spielen, ist aber weiter­hin anwesend. Ich bin auch sicher, dass die verlorene Seele tief im Innern eure Liebe spürt, auch wenn sie die Einzelheiten, die Worte und so weiter nicht versteht. Sie spürt jedoch die Gegenwart der Liebe. Darum, liebe Eltern, liebe Mama, ist eure stundenlange tägliche Anwesenheit bei ihm ein wahrer Akt der Liebe von großem Wert, denn diese Anwesen­heit dringt tief in diese verborgene Seele ein. Euer Handeln ist daher auch ein Zeugnis des Glaubens an GOTT, des Glaubens an den Menschen, des Glaubens, sagen wir des Einsatzes für das Leben, der Achtung vor dem menschlichen Leben, auch unter den traurigsten Umständen. Ich ermutige euch daher weiterzumachen, im Wissen, dass ihr der Menschheit einen großen Dienst erweist durch dieses Zeichen des Vertrauens, durch dieses Zeichen der Achtung vor dem Leben, durch diese Liebe zu einem gebrochenen Leib, einer leidenden Seele.“

Antworten des Hl. Vaters in einer italienischen Fernsehsendung, 22.4.2011

 

 

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