FMG-INFORMATION 97, Juli 2009

 

1. Glaube und Kirche

 

 

Evangelisierung ist Wesensmerkmal des Bischofs

„In diesem dem hl. Paulus geweihten Jahr ist es besonders angebracht, uns der dringenden Notwendigkeit zu erinnern, das Evangelium allen zu verkünden. Dieser Auftrag, den die Kirche von CHRISTUS erhalten hat, bleibt eine Priorität, weil unzählige Menschen noch immer auf die Botschaft der Hoff­nung und Liebe warten, die es ihnen erlauben wird, ‚befreit zu werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder GOTTES’ (Röm 8,21)… Das 2. Vatikanische Konzil hat nachdrücklich daran erinnert, dass ‚die missionarische Tätigkeit zuinnerst aus dem Wesen der Kirche hervorquillt’ (Ad gentes, 6). Um das Volk GOTTES bei dieser Aufgabe zu leiten und anzuspornen, müssen die Hirten zuallererst selbst Verkünder des Glau­bens sein, um neue Jünger zu CHRISTUS zu führen. Die Verkündigung des Evangeliums ist das Wesensmerkmal des Bischofs, der auch wie der hl. Paulus ausrufen kann: ‚Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!’ (1 Kor 9,16). Um ihren Glau­ben zu stärken und zu läutern, brauchen die Gläubigen das Wort ihres Bischofs, der der Katechet im eigentlichen Sinn ist…“

Begegnung mit den Bischöfen von Kamerun, Yaoundé, 18.3.09

Die Pflicht, CHRISTUS zu bringen

„Durch unsere Gleichförmigkeit mit CHRISTUS durch das Wir­ken und die Gnade des GEISTES GOTTES wird die Heraus­bildung des Leibes CHRISTI entlang der Geschichte Schritt für Schritt vervollständigt. In diesem Augenblick möchte ich in Gedanken 500 Jahre zurückgehen, in das Jahr 1506 und die darauffolgenden Jahre, als in diesem Territorium, das damals von den Portugiesen besucht wurde, das erste christliche Reich südlich der Sahara entstand, dank des Glaubens und der Entschlossenheit von König Afonso I. Mbemba-a-Nzinga, der vom erwähnten Jahr 1506 bis zu seinem Tod im Jahre 1543 regierte; das Reich war vom 17. bis zum 19. Jahrhundert offizi­ell katholisch und hatte einen Botschafter in Rom. Ihr seht also, dass zwei sehr verschiedene Ethnien – die der Bantu und die der Lusitaner – in der christlichen Religion eine Basis für die Verständigung finden konnten, dass sie sich um eine dauerhafte Verständigung bemühten und darum, dass Un­stimmigkeiten – die es gab und die schwerwiegend waren – die beiden Reiche nicht entzweiten! Durch die Taufe sind nämlich alle Gläubigen ‚einer’ in CHRISTUS.

Heute ist es an euch, Brüder und Schwestern, auf den Spuren dieser heroischen und heiligen Boten GOTTES den auferstan­denen CHRISTUS zu euren Mitbürgern zu bringen. Viele von ihnen leben in Furcht vor Geistern, vor unheilvollen Mäch­ten, von denen sie sich bedroht glauben; in ihrer Orientie­rungslosigkeit verstoßen sie Straßenkinder und sogar alte Menschen, weil sie angeblich Hexen oder Hexenmeister sind. Wer kann zu ihnen gehen, um ihnen zu verkünden, dass CHRISTUS den Tod und all jene finsteren Mächte überwunden hat (vgl. Eph 1,19-23; 6,10-12)? Einige sagen dagegen: ‚Warum lassen wir sie nicht in Frieden? Sie haben ihre Wahrheit, wir haben unsere. Lasst uns in Frieden miteinander leben, und lassen wir einen jeden so sein wie er ist, damit er die eigene Identität so gut wie möglich verwirklichen kann’. Aber wenn wir überzeugt sind und die Erfahrung gemacht haben, dass das Leben ohne CHRISTUS unvoll­ständig ist, dass eine Wirklichkeit – und zwar die grundle­gende Wirklichkeit – fehlt, dann müssen wir auch davon überzeugt sein, dass wir niemandem Unrecht tun, wenn wir ihm CHRISTUS bringen und ihm die Möglichkeit anbieten, auf diese Weise auch seine wahre Identität zu finden, die Freude, das Leben gefunden zu haben. Ja, wir müssen es sogar tun; es ist unsere Pflicht, allen diese Möglichkeit anzubieten, das ewige Leben zu erlangen.“

Predigt bei der hl. Messe mit Bischöfen, Priestern, Katecheten etc. von Angola in Luanda, 21.3.2009

Jahr des Priesters

„Die missionarische Dimension des Priesters entspringt seiner sakramentalen Gleichgestaltung mit CHRISTUS, dem Haupt: Daraus folgt eine tiefempfundene und vollkommene Treue zur ‚apostolica vivendi forma’ [apostolische Lebensform], wie sie in der kirchlichen Überlieferung genannt wird. Sie besteht in der Teilhabe an einem ‚neuen Leben’ im geistlichen Sinne, an jenem ‚neuen Lebensstil’, den JESUS, der HERR, eingeführt hat und den die Apostel sich zu eigen gemacht haben. Durch die Handauflegung des Bischofs und das Weihegebet der Kirche werden die Kandidaten zu neuen Menschen, zu ‚Priestern’. In diesem Licht wird deutlich, dass die ‚tria munera’ in erster Linie ein Geschenk sind und erst in zweiter Linie ein Amt. Sie sind zunächst Teilhaben an einem Leben und daher eine ‚potestas’. Sicher, die lange kirchliche Tradition hat die Wirkkraft des Sakraments zu Recht von der konkreten Lebenssituation des einzelnen Priesters losgelöst; dadurch werden die rechtmäßigen Erwartungen der Gläubigen adäquat geschützt. Aber diese richtige lehrmäßige Klarstellung mindert nicht das notwendige, ja unverzichtbare Streben nach moralischer Vollkommenheit, das in jedem wirklich priesterlichen Herzen wohnen muss. Um dieses Streben der Priester nach geistlicher Vollkommenheit, von dem die Wirksamkeit ihres Dienstes entscheidend abhängt, zu unterstützten, habe ich entschieden, ein besonderes ‚Jahr des Priesters’ auszurufen, das vom kommenden 19. Juni bis zum 19. Juni 2010 dauern wird. In dieses Jahr fällt nämlich der 150. Todestag des hl. Pfarrers von Ars, Johannes Maria Vianney, eines wahren Vorbilds des Hirten im Dienst der Herde CHRISTI…

Die Sendung des Priesters findet… ‚in der Kirche’ statt. Eine solche kirchliche, gemeinschaftliche, hierarchische und doktri­nelle Dimension ist absolut unverzichtbar für jede wahre Sen­dung, und sie allein gewährleistet ihre geistliche Wirkkraft. Die vier erwähnten Aspekte müssen stets als eng miteinander verbunden betrachtet werden: Die Sendung ist ‚kirchlich’, weil niemand sich selbst verkündigt oder in die Welt trägt, sondern im eigenen Menschsein und durch das eigene Menschsein muss jeder Priester sich bewusst sein, dass er einen anderen, GOTT selbst, in die Welt trägt. GOTT ist der einzige Reichtum, den die Menschen letztendlich in einem Priester finden wollen. Die Sendung ist ‚gemeinschaftlich’, weil sie in einer Einheit und Gemeinschaft stattfindet, die nur am Rande auch wichtige Aspekte sozialer Sichtbarkeit besitzt. Diese entspringen andererseits wesentlich der Vertrautheit mit GOTT. Der Priester ist berufen, darin Experte zu sein, damit er die ihm anvertrauten Seelen mit Demut und Vertrauen zur selben Begegnung mit dem HERRN führen kann. Die ‚hierarchische’ und die ‚doktrinelle’ Dimension schließlich legen nahe, die Bedeutung der kirchlichen Disziplin (das Wort ist eng verbunden mit dem Wort ‚discipulus’ – Jünger) und der an­fänglichen Ausbildung und ständigen Weiterbildung in der Lehre, und nicht nur in der Theologie, hervorzuheben… (Es) ist wichtig, bei den Priestern, besonders bei den jungen Gene­rationen, eine korrekte Rezeption der Texte des 2. Ökumeni­schen Vatikanischen Konzils zu fördern, die im Licht der ge­samten Lehre der Kirche interpretiert werden müssen. Als dringend notwendig erweist sich auch die Wiedererlangung eines Bewusstseins, das die Priester anspornt, präsent, iden­tifizierbar und erkennbar zu sein – sowohl im Glaubens­urteil als auch in den persönlichen Tugenden als auch in der Kleidung – im kulturellen und karitativen Bereich, die seit jeher das Herzstück der Sendung der Kirche darstellen…

Im Geheimnis der Fleischwerdung des WORTES, in der Tatsa­che also, dass GOTT ein Mensch wie wir geworden ist, liegt sowohl der Inhalt als auch die Methode der christlichen Ver­kündigung… Die Zentralität CHRISTI bringt die richtige Wer­tung des Amtspriestertums mit sich, ohne das es keine Eucharistie und erst recht keine Sendung, ja selbst die Kirche nicht gäbe. In diesem Sinne ist es notwendig, darüber zu wachen, dass die ‚neuen Strukturen’ oder pastoralen Ein­richtungen nicht für eine Zeit gedacht sind, in der man ohne das Weiheamt ‚auskommen’ muss, wobei von einem falschen Verständnis der rechten Förderung der Laien ausgegangen wird. In diesem Fall würde man nämlich die Voraussetzungen schaffen für eine noch größere Verwässerung des Amts­priestertums, und die angeblichen „Lösungen“ würden sich in dramatischer Weise decken mit den eigentlichen Ursachen der gegenwärtigen Problematiken, die mit dem Amt verbunden sind…“

Ansprache an die Kongregation für den Klerus, 16.3.2009

CHRISTUS helfen, den Sieg mit Seinen eigenen Waffen zu behaupten

„Die Verkündigung der Auferstehung des HERRN trägt Licht in die dunklen Zonen der Welt, in der wir leben. Ich beziehe mich insbesondere auf den Materialismus und den Nihilismus, auf jene Weltanschauung, die nicht über das experimentell Feststellbare hinauszublicken vermag und sich trostlos in ein Gefühl des Nichts zurückzieht, das der definitive End­punkt der menschlichen Existenz wäre. In der Tat: Wenn CHRISTUS nicht auferstanden wäre, würde die ‚Leere’ unwei­gerlich die Oberhand gewinnen. Wenn wir CHRISTUS und die Auferstehung ausblenden, gibt es für den Menschen kein Ent­rinnen, und jede Hoffnung bleibt eine Illusion. Doch gerade heute bricht die Botschaft von der Auferstehung des HERRN mit Macht hervor und stellt die Antwort auf die immer wieder­kehrende Frage der Skeptiker dar…

So wahr es ist, dass der Tod keine Macht mehr über den Men­schen und die Welt hat, bestehen doch noch viele, zu viele Zeichen seiner alten Herrschaft fort. Wenn CHRISTUS auch durch sein Pascha die Wurzel des Übels ausgerottet hat, so braucht er doch Männer und Frauen, die Ihm zu jeder Zeit und an jedem Ort helfen, Seinen Sieg mit Seinen eigenen Waffen zu behaupten: mit den Waffen der Gerechtigkeit und der Wahrheit, mit den Waffen der Barmherzigkeit, der Verge­bung und der Liebe… Niemand sollte sich aus diesem fried­lichen Kampf, der mit dem Pascha CHRISTI begonnen hat, zurückziehen…“   

                            Osterbotschaft vom 12.4.2009

„Heilige sie in der Wahrheit“

„Wenn JESUS sagt: ‚Ich heilige mich’, so macht Er sich damit zum Priester und zum Opfer zugleich… Dies ist ein priesterlicher Akt, in dem JESUS – der mit dem SOHN GOTTES geeinte Mensch JESUS – sich für uns dem VATER übergibt… Ich heilige mich – ich opfere mich: Dieses abgrün­dige Wort, das uns zutiefst in das Herz JESU CHRISTI hin­einschauen lässt, sollten wir immer wieder bedenken. Darin liegt das ganze Geheimnis unserer Erlösung. Und der Ursprung des Priestertums der Kirche… liegt darin. Jetzt erst können wir die Bitte ganz verstehen, die der HERR für die Jün­ger – für uns – vor den VATER hingestellt hat. ‚Heilige sie in der Wahrheit’: Dies ist die Einsetzung der Apostel ins Pries­tertum JESU CHRISTI, die Einsetzung Seines neuen Priester­tums für die Gemeinschaft der Glaubenden aller Zeiten. ‚Hei­lige sie in der Wahrheit’: Das ist das eigentliche Weihegebet für die Apostel. Der HERR bittet darum, dass GOTT sie selbst an sich zieht, in Seine Heiligkeit hinein… Die Jünger werden also in GOTT hineingezogen, indem sie in das Wort GOTTES ein­getaucht werden. Das Wort GOTTES ist gleichsam das Bad, das sie reinigt, die schöpferische Macht, die sie umformt in GOTTES Sein hinein. Und wie ist es da mit uns? Sind wir wirklich durchtränkt vom Wort GOTTES? Ist es wirklich die Nahrung, von der wir leben, mehr als vom Brot und von den Dingen dieser Welt? Kennen wir es wirklich? Lieben wir es? Gehen wir innerlich damit um, so dass es wirklich unser Leben prägt, unser Denken formt? Oder formt sich unser Denken nicht doch immer wieder aus alledem, was man sagt, was man tut? Sind nicht doch oft genug die herrschenden Meinun­gen der Maßstab, an dem wir uns messen? Bleiben wir nicht doch in der Oberflächlichkeit all dessen, was sich dem Men­schen von heute eben so aufdrängt? Lassen wir uns vom Wort GOTTES wirklich reinigen? Nietzsche hat Demut und Gehorsam als Knechtstugenden verhöhnt, mit denen man den Menschen niedergehalten habe. An deren Stelle hat er den Stolz und die absolute Freiheit des Menschen gesetzt. Nun, es gibt Zerrbilder falscher Demut und falscher Unterwürfigkeit, die wir nicht nachahmen wollen. Aber es gibt auch den zerstöreri­schen Hochmut und die Selbstherrlichkeit, die jede Gemeinschaft zersetzen und in der Gewalt enden. Lernen wir von CHRISTUS die rechte Demut, die der Wahrheit unseres Seins entspricht, und jenen Gehorsam, der sich der Wahrheit, dem Willen GOTTES beugt…

In die Wahrheit eingetaucht zu werden und so in die Heiligkeit GOTTES – das bedeutet auch, dass wir den Ernst der Wahr­heit annehmen. Dass wir uns im Großen und Kleinen der Lüge entgegenstellen, die auf so vielfältige Weise in der Welt anwesend ist. Dass wir die Mühsal der Wahrheit anneh­men, damit ihre tiefere Freude in uns gegenwärtig ist. Wenn wir vom Geheiligtwerden in der Wahrheit sprechen, dann verges­sen wir auch nicht, dass in JESUS CHRISTUS Wahrheit und Liebe eins sind. Eingetauchtwerden in Ihn ist Eingetauchtwerden in Seine Güte, in die wahre Liebe.

Die wahre Liebe ist nicht billig, sie kann auch streng sein. Sie leistet dem Bösen Widerstand, um dem Menschen das wirklich Gute zu bringen. Wenn wir mit CHRISTUS eins wer­den, dann lernen wir, Ihn gerade in den Leidenden, in den Armen, in den Kleinen dieser Welt zu erkennen; dann werden wir Dienende, die Seine Brüder und Schwestern erkennen und in ihnen Ihm selbst begegnen…“

Predigt bei der Missa chrismatis am Gründonnerstag  im Petersdom, 9.4.2009

Die Augen sollen nicht das Eitle, Nichtige und Böse einlassen

„Aus der Einleitung zum hohepriesterlichen Gebet JESU (vgl. Joh 17,1) entnimmt der Kanon die Worte: ‚Er erhob Seine Au­gen zum Himmel, zu Dir, Seinem VATER, dem allmächtigen GOTT.’ Der HERR lehrt uns, unsere Augen und vor allem unser Herz zu erheben. Aufzuschauen aus den Dingen dieser Welt und uns betend auf GOTT hin auszurichten und aufzu­richten. In einem Hymnus des Stundengebets bitten wir den HERRN, dass Er unsere Augen behüte, damit sie nicht ‚vanitates’ schöpfen und in uns einlassen – das Eitle, das Nichtige, den bloßen Schein. Wir bitten darum, dass nicht durch die Augen das Böse in uns eintritt und unser Sein von innen her verfälscht und beschmutzt. Wir wollen aber vor allem darum bitten, dass wir Augen haben für alles Wahre, Helle, Gute; dass wir sehend werden für die Gegenwart GOTTES in der Welt. Dass wir mit Augen der Liebe, mit JESU Augen in die Welt schauen und so die Brüder und Schwestern erkennen, die unser bedürfen, die auf unser Wort und unsere Tat warten…“

Predigt bei der Hl. Messe „in Coena Domini“ am Gründonnerstag in der Lateranbasilika, 9.4.2009

Hl. Schrift in der Kirche

„Nach einem Ausspruch des Origines… ‚ist die Hl. Schrift zu­erst im Herzen der Kirche, dann erst auf materielle Werkzeuge geschrieben worden’. Denn die Kirche trägt in ihrer Überlie­ferung das lebendige Gedächtnis des Wortes GOTTES, und der HL. GEIST schenkt ihr dessen Auslegung im geistlichen Sinn… Um die Kohärenz des Glaubens der Kirche zu berücksichtigen, muss der katholische Exeget darauf achten, das Wort GOTTES in diesen Texten im Inneren des Glau­bens der Kirche wahrzunehmen. Fehlt dieser unabdingbare Bezugspunkt, bliebe die exegetische Forschung unvollständig, weil sie ihren Hauptzweck aus den Augen verliert, ja Gefahr läuft, auf eine rein literarische Lesart reduziert zu werden, in welcher der wahre Verfasser – GOTT – gar nicht mehr auf­scheint. Zudem darf die Auslegung der Hl. Schrift nicht nur eine individuelle wissenschaftliche Anstrengung sein, sondern muss ständig mit der lebenden Überlieferung der Kirche konfrontiert, in sie eingeschrieben und von ihr als authentisch bestätigt werden. Diese Norm ist entscheidend, um die richtige wechselseitige Beziehung zwischen der Exe­gese und dem Lehramt der Kirche zu präzisieren. Der katholi­sche Exeget fühlt sich nicht nur als Glied der Gemeinschaft der Wissenschaftler, sondern auch und vor allem als Glied der Gemeinschaft der Gläubigen aller Zeiten. In Wirklichkeit sind diese Texte nicht den einzelnen Forschern oder der Gemein­schaft der Wissenschaftler anvertraut worden, ‚um deren Neu­gier zu befriedigen oder um Arbeits- und Forschungsmaterial zu bieten’ (Divino afflante Spiritu, 35). Die von GOTT inspirier­ten Texte sind an erster Stelle der Gemeinschaft der Gläu­bigen, der Kirche CHRISTI, anvertraut worden, um das Glaubensleben zu nähren und das Leben in der Liebe zu leiten… Der Kirche treu sein heißt…, sich in den Strom der großen Tradition der Kirche zu stellen… ‚Alles, was die Art der Schrifterklärung betrifft, untersteht letztlich dem Urteil der Kir­che, deren GOTTgegebener Auftrag und Dienst es ist, das Wort GOTTES zu bewahren und auszulegen’ (DEI Verbum, 12)…“

Audienz für die Vollversammlung der Päpstlichen Bibelkommission, 23.4.2009

Seid Zeugen der Wahrheit!

„Was soll man über den heimtückischen Geist des Egoismus sagen, der die Individuen in sich selbst verschließt, die Familien spaltet, die großen Ideale der Großherzigkeit und der Aufopferung zersetzt und auf diese Weise unvermeidlich zum Hedonismus, zum Ausweichen auf falsche Utopien durch den Gebrauch von Drogen, zur sexuellen Verantwortungs­losigkeit, zur Schwächung der ehelichen Bande, zur Zer­störung der Familien und zur Beseitigung unschuldigen menschlichen Lebens durch die Abtreibung führt?

Das Wort GOTTES jedoch ist ein Wort der grenzenlosen Hoff­nung… GOTT gibt nie auf! Er fährt fort, uns einzuladen, die Augen hin zu einer Zukunft der Hoffnung zu erheben und Er verspricht uns die Kraft, sie Wirklichkeit werden zu lassen… GOTT hat uns in CHRISTUS JESUS dazu geschaffen, ein rechtes Leben zu leben, ein Leben, in dem wir die guten Werke nach Seinem Willen tun (vgl. Eph 2,10). Er hat uns Seine Ge­bote geschenkt, nicht als Bürde, sondern als Quelle der Frei­heit: der Freiheit, Männer und Frauen voller Weisheit zu wer­den, Meister der Gerechtigkeit und des Friedens, Menschen, die anderen vertrauen und deren wahres Wohl suchen. GOTT hat uns geschaffen, um im Licht zu leben und Licht für die Welt um uns zu sein! … Strahlt das Licht des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe in euren Familien und Gemeinden aus! Seid Zeugen der hl. Wahrheit, die Männer und Frauen frei macht! Ihr wisst aufgrund einer bitteren Erfahrung, dass gegenüber dem plötzlichen zerstörerischen Toben des Bösen die Arbeit des Wiederaufbaus quälend langsam und hart ist. Sie erfordert Zeit, Mühe und Ausdauer: sie muss in unseren Herzen beginnen, in den kleinen alltäglichen Opfern, die not­wendig sind, um dem Gesetz GOTTES treu zu bleiben, in den kleinen Gesten, durch die wir zeigen, dass wir unsere Nächsten lieben…“

Predigt in Luanda, Angola, 22.3.2009

Die Gleichheit der Würde von Mann und Frau

„Ich fordere alle auf, sich wirklich die Benachteiligung zu Be­wusstsein zu führen, der viele Frauen unterworfen waren – und es noch immer sind –, und darüber nachzudenken, in welchem Maß das Verhalten und die Einstellungen der Männer, denen es manchmal an Einfühlungsvermögen oder Verantwortungs­bewusstsein mangelt, der Grund dafür sein könnte. GOTT hat einen anderen Plan… Die Hl. Schrift sagt, dass GOTT, der Schöpfer, als Er Sein Werk betrachtete, sah, dass etwas fehlte: Alles war sehr gut, wenn nur der Mensch, der Mann, nicht allein gewesen wäre! Wie konnte der Mann allein Abbild des einen und dreifaltigen GOTTES sein, des GOTTES, der Ge­meinschaft ist? ‚Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht’ (Gen 2,18). Aufs Neue machte GOTT sich ans Werk, um die Hilfe zu schaffen, die fehlte, und Er stattete sie in bevorzugter Weise mit Gaben im Hinblick auf die Ordnung der Liebe aus, die Er in der Schöpfung nicht ausreichend vertreten sah. Wie ihr wisst, Brüder und Schwestern, gehört diese Ordnung der Liebe zum inneren Leben GOTTES, zum Leben des DREIFALTIGEN GOTTES, da der HL. GEIST die personhafte Verkörperung der Liebe ist. So schrieb der unvergessliche Papst Johannes Paul II.: ‚Auf der Grundlage des ewigen Planes GOTTES ist die Frau diejenige, in der die Ordnung der Liebe in der ge­schaffenen Welt der Personen das Erdreich für ihr erstes Wurzelfassen findet’ (Ap. Schreiben Mulieris dignitatem, 29). Und wirklich, beim Anblick des Liebreizes, der von der Frau ausgeht aufgrund der inneren Gnade und Anmut, die GOTT ihr gegeben hat, erhellt sich das Herz des Mannes, und er erkennt sich selbst in ihr: ‚Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch’ (Gen 2,23). Die Frau ist ein an­deres ‚Ich’ im gemeinsamen Menschsein. Die Gleichheit der Würde von Mann und Frau muss anerkannt, bekräftigt und verteidigt werden: Beide sind Personen, im Unterschied zu den anderen Lebewesen der Welt, die sie umgibt.

Beide sind berufen, in tiefer Gemeinschaft zu leben, in gegen­seitiger Anerkennung und Selbsthingabe. Sie müssen zusam­men für das Gemeinwohl arbeiten mit ihren männlichen und weiblichen Eigenschaften, die einander ergänzen. Wer verspürt heute nicht die Notwendigkeit, dem, ‚was das Herz sagt’, mehr Raum zu geben? In der heutigen Welt, die von der Technik beherrscht wird, verspürt man die Notwendigkeit dieser ergänzenden Eigenschaften der Frau, damit der Mensch in ihr leben kann, ohne völlig entmenschlicht zu werden… Fast immer sind es die Frauen, die die menschliche Würde aufrechterhalten, die Familie verteidigen und die kulturellen und religiösen Werte bewahren…

Heute, liebe Angolaner, sollte niemand mehr daran zweifeln, dass die Frauen, auf der Grundlage der Gleichheit der Würde von Mann und Frau, ‚das volle Recht haben, sich aktiv in sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens einzuschalten, und ihr Recht ist dort, wo es sich als notwendig erweist, auch durch gesetzliche Mittel zu bestätigen und zu schützen. Eine solche Anerkennung der öffentlichen Rolle der Frauen darf jedoch nicht ihre unersetzliche Rolle innerhalb der Familie schmälern: Hier ist ihr Beitrag zum Wohl und zum sozialen Fortschritt, obwohl kaum beachtet, von wirklich unschätzbarem Wert’ (Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 1995, Nr. 9). Auf persönlicher Ebene erhält die Frau ein Bewusstsein von ihrer eigenen Würde nicht so sehr durch die Behauptung von Rechten auf juridischem Gebiet, sondern vielmehr als direkte Folge der materiellen und geistlichen Zuwendung, die sie in­nerhalb der Familie erfahren hat. Die Anwesenheit der Mutter innerhalb der Familie ist sehr wichtig für die Stabilität und das Wachstum dieser Grundzelle der Gesellschaft, die auf jede nur erdenkliche Weise anerkannt, geschätzt und unter­stützt werden muss. Aus demselben Grund muss die Gesell­schaft auch die Ehemänner und Väter zur Verantwortung ge­genüber ihrer Familie rufen.

Liebe Familien, ihr habt sicher schon gemerkt, dass kein Ehe­paar allein und nur aus eigenen Kräften den Kindern auf angemessene Weise die Liebe und den Sinn des Lebens vermitteln kann. Um zu jemandem sagen zu können: ‚Dein Leben ist gut, obwohl ich deine Zukunft nicht kenne’, bedarf es einer höheren Autorität und Glaubwürdigkeit als jene, die die Eltern allein bieten können. Die Christen wissen, dass diese größere Aufgabe jener weiteren Familie anvertraut ist, die GOTT durch Seinen SOHN JESUS CHRISTUS und das Ge­schenk des HL. GEISTES in der Geschichte der Menschheit geschaffen hat: der Kirche. Wir sehen hier jene ewige und unerschütterliche Liebe am Werk, die unser aller Leben einen bleibenden Sinn verleiht, auch wenn wir die Zukunft nicht ken­nen. Aus diesem Grund geschieht der Aufbau jeder christlichen Familie innerhalb jener größeren Familie, der Kirche, die sie unterstützt und in ihrer Mitte aufnimmt und damit sicherstellt, dass jetzt und in Zukunft das ‚Ja’ des Schöpfers auf ihr ruht…“

Begegnung mit Vertretern kath. Bewegungen zur Förderung der Frau, Luanda, Angola, 22.3.2009

Die Heiligkeit anbieten

„Da das Wort GOTTES immer reiche Frucht bringt (vgl. Jes 55,10-11; Mt 13,23) und nur das Wort GOTTES das Herz des Menschen in der Tiefe verwandeln kann, ermutige ich euch, liebe Brüder, allen Gläubigen den Zugang zur Hl. Schrift zu erleichtern…, damit sie das Wort GOTTES in den Mittel­punkt ihres Lebens stellen, CHRISTUS als Erlöser anneh­men und sein Licht jeden Bereich des menschlichen Le­bens erleuchte… Da das Wort GOTTES nicht getrennt von der Kirche oder an ihrem Rand erfasst werden kann, ist es notwendig, den Geist der Gemeinschaft und der Treue gegen­über dem Lehramt vor allem bei denen zu fördern, deren Sendungsauftrag es ist, die Botschaft des Evangeliums un­verkürzt weiterzugeben. Derjenige, der das Evangelium ver­kündet, muss daher ein treuer Sohn der Kirche und darüber hinaus voller Liebe gegenüber den Menschen sein, um ihnen die große Hoffnung anzubieten, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15). Man muss immer sehr klar vor Augen haben, dass die erste Form der Evangelisierung das Zeugnis des eigenen Lebens ist (vgl. Lumen gentium, 35). Die Heiligkeit des Lebens ist ein kostbares Geschenk, das ihr euren Gemeinden auf ihrem Weg zu einer wahren Erneuerung der Kirche anbieten könnt. Die Heiligkeit ist heute mehr denn je eine Anforde­rung von immerwährender Aktualität, zumal der Mensch unserer Zeit das dringende Bedürfnis nach dem klaren und anziehenden Zeugnis eines kohärenten und beispielhaften Lebens spürt.“

Ad-limina-Besuch von argentinischen Bischöfen, 2.4.2009

Gehorsam als Frucht des HL. GEISTES

„In der Lesung aus der Apostelgeschichte haben wir aus dem Mund des hl. Petrus gehört: ‚Man muss GOTT mehr gehorchen als den Menschen’ (5,29). Das stimmt voll mit dem überein, was uns das Johannesevangelium sagt: ‚Wer an den SOHN glaubt, hat das ewige Leben; wer aber dem SOHN nicht ge­horcht, wird das Leben nicht sehen’ (3,36). Das Wort GOTTES spricht zu uns also von einem Gehorsam, der weder bloße Unterwerfung noch lediglich die Erfüllung von Vorschriften ist, sondern aus einer innigen Gemeinschaft mit GOTT erwächst und in einem inneren Blick besteht, der das, was ‚von oben kommt’ und ‚über allem steht’, zu erkennen vermag. Es ist die Frucht des HL. GEISTES, den GOTT ‚unbegrenzt’ gewährt. Liebe Freunde, unsere Zeitgenossen, müssen dringend diesen Gehorsam entdecken, der nicht theoretisch, sondern lebendig ist; der eine Option für einige konkrete, auf den Gehorsam gegenüber dem Willen GOTTES gegründete Verhaltensweisen ist, die uns völlig frei sein lassen. Die christ­lichen Familien, die mit ihrem einfachen und fröhlichen Leben Tag für Tag die im Licht des Glaubens gelebten Freuden, Hoff­nungen und Sorgen teilen, sind Schulen des Gehorsams und ein Raum echter Freiheit. Das wissen diejenigen sehr gut, die ihre Ehe jahrelang nach den Plänen GOTTES gelebt haben, wie manche der hier Anwesenden, und dabei die Güte des HERRN erfahren haben, der uns hilft und ermutigt…“

An Mitglieder des Organisationskomitees des Welttreffens der Familien in Mexiko, 23.4.2009

Im geistigen Kampf

Der erste Psalm (103)… bietet uns herrliche Bilder von GOTT als dem freigiebigen Schöpfer, der aktiv in Seiner Schöpfung gegenwärtig ist, das Leben mit überströmender  Güte und in weiser Ordnung erhält und stets bereit ist, das Angesicht der Erde zu erneuern. Die Lesung aus dem Epheserbrief… zeichnet dagegen ein anderes Bild. Sie macht uns nicht in bedrohlicher, sondern in realistischer Weise auf die Notwendigkeit aufmerksam, wachsam zu bleiben, uns der Mächte des Bösen bewusst zu sein, die es darauf anlegen, Fins­ternis in unserer Welt zu verbreiten (vgl. Eph 6,10-20)… Wenn wir über unsere gewöhnliche menschliche Erfahrung nachdenken, sehen wir den geistlichen Kampf und erkennen die tägliche Notwendigkeit, uns in das Licht CHRISTI hineinzu­begeben, das Leben zu wählen, die Wahrheit zu suchen…

Welche Eltern oder welcher Mensch guten Willens könnte nicht besorgt sein wegen der negativen, in unserer globalisierten Welt so sehr um sich greifenden Einflüsse, einschließlich der destruktiven Elemente in der Unterhaltungsindustrie, welche die Unschuld und die Sensibilität der schwachen und jungen Menschen so gewissenlos ausnutzt? Doch wenn ihr eure Augen fest auf CHRISTUS richtet, auf das Licht, das alles Übel vertreibt, die verlorene Unschuld zurückgibt und irdischen Stolz erniedrigt, werdet ihr eine großartige Vision der Hoffnung aufrechterhalten für alle, denen ihr begegnet und denen ihr dient…“

Ansprache in der Vesper in der griech.-melkitischen Kathedrale von Amman, 9.5.2009

Eingreifen GOTTES in die Geschichte

„Das Wunder der Menschwerdung fordert uns immer neu her­aus, unser Verstehen zu öffnen für die unbegrenzten Mög­lichkeiten von GOTTES verwandelnder Kraft und Seiner Liebe zu uns sowie für Seinen Wunsch, mit uns vereint zu sein… Wenn wir über dieses freudenreiche Mysterium nach­denken, gibt es uns Hoffnung, die sichere Hoffnung, dass GOTT fortfährt, in unsere Geschichte einzugreifen, mit schöpferischer Kraft zu handeln, um Ziele zu erreichen, die nach menschlichem Ermessen unmöglich erscheinen. Es fordert uns heraus, uns dem verwandelnden Wirken des SCHÖPFERGEISTES zu öffnen, der uns erneuert, uns eins werden lässt mit Ihm und uns mit Seinem Leben erfüllt. Er lädt uns mit ausgesuchter Feinfühligkeit ein, Seiner Einwohnung in uns zuzustimmen, das Wort GOTTES in unserem Herzen auf­zunehmen, und macht uns fähig, Ihm in Liebe zu antworten und einander in Liebe zu begegnen…“

Vesper mit Priestern, Ordensleuten usw. in der Verkündigungskirche in Nazareth, 14.5.2009

„In“ der Welt, aber nicht „von“ der Welt

„…Und andererseits stellen wir bitter fest: ‚Die Welt erkennt uns nicht, weil sie Ihn nicht erkannt hat’ (1 Joh 3,1). Das ist wahr, und wir Priester machen diese Erfahrung: die ‚Welt’ – im johanneischen Sinn des Wortes – versteht den Christen nicht, sie versteht die Diener des Evangeliums nicht. Ein wenig des­halb, weil sie GOTT wirklich nicht kennt, und ein wenig, weil sie Ihn nicht kennen will. Die Welt will GOTT nicht kennen, um durch Seinen Willen nicht gestört zu werden, und daher will sie Seine Diener nicht hören, da sie dadurch in eine Krise geraten könnte. Hier ist auf eine Tatsache zu achten: dass diese ‚Welt’, im Sinn des Evangeliums verstan­den, auch die Kirche bedrängt, ihre Glieder und selbst ihre geweihten Diener ansteckt. Mit diesem Wort ‚Welt’ meint und beschreibt der hl. Johannes eine Mentalität, eine Denk- und Lebensart, die auch die Kirche verunreinigen kann und sie tatsächlich verunreinigt, und somit erfordert sie stete Wachsamkeit und Reinigung… Wir sind ‚in’ der Welt, und wir laufen Gefahr, ‚von der’ Welt zu sein, ‚Welt’ im obengenannten Sinn verstanden. Und in der Tat sind wir es bisweilen. Daher hat JESUS am Schluss nicht für die Welt – wiederum in diesem Sinn -, sondern für Seine Jünger gebetet, damit der VATER sie vor dem Bösen bewahre und auf dass sie frei von der Welt und anders als diese seien, obwohl sie in der Welt leben (vgl. Joh 17,9.15)…“

Priesterweihe in der Petersbasilika, 3.5.2009

Geistige Umweltverschmutzung vergiftet die jungen Generationen

„Das, was die Luft für das biologische Leben ist, ist der HL. GEIST für das geistliche Leben; und wie es eine Luftver­schmutzung gibt, so gibt es eine Verschmutzung des Her­zens und des Geistes, die dem geistlichen Leben die Le­benskraft nimmt und es vergiftet. Genauso wie man sich nicht an die Gifte in der Luft gewöhnen darf – und aus diesem Grund stellt das ökologische Engagement heute eine Priorität dar –, müsste man handeln bei dem, was den Geist verdirbt. Es hat hingegen den Anschein, dass man sich problemlos an die vielen den Sinn und das Herz verschmutzenden Pro­dukte gewöhnt, die in unserer Gesellschaft in Umlauf sind – zum Beispiel Bilder, die die Lust, die Gewalt oder die Ge­ringschätzung von Mann und Frau zum Spektakel machen. Auch das ist Freiheit, so wird gesagt, ohne dabei zu erkennen, dass all dies vor allem die neuen Generationen verschmutzt und vergiftet und damit endet, deren Freiheit einzuschrän­ken. Die Metapher vom heftigen Sturm an Pfingsten lässt daran denken, wie wertvoll es hingegen ist, reine Luft zu atmen, sowohl mit der Lunge die physische Luft als auch mit dem Herzen die geistliche Luft, die heilende Luft des Geistes, der die Liebe ist! ...“

Predigt an Pfingsten im Petersdom, 31. Mai 2009

Im Gegensatz zum Buchstaben und zum Geist des Konzils

„Wie ich in der Ansprache an die Römische Kurie vom 22. Dezember 2005 gesagt habe, wollte eine Interpretationsrich­tung unter Berufung auf einen angeblichen ‚Konzilsgeist’ eine Diskontinuität, ja sogar einen Gegensatz zwischen der Kirche vor und der Kirche nach dem Konzil einführen. Da­bei wurden manchmal die Grenzen überschritten, die objektiv zwischen dem hierarchischen Dienstamt und der Verantwor­tung der Laien in der Kirche bestehen. Besonders der Begriff ‚Volk GOTTES’ wurde von einigen rein soziologisch ausgelegt, in fast ausschließlich horizontaler Form und unter Ausschluss des vertikalen Bezugs zu GOTT. Diese Auffassung steht in offenem Gegensatz zum Buchstaben und zum Geist des Konzils, das keinen Bruch, keine andere Kirche wollte, sondern eine wahre und tiefe Erneuerung, in der Kontinui­tät des einen Subjekts Kirche, das mit der Zeit wächst und sich entfaltet, dabei aber stets dasselbe eine Subjekt des pil­gernden Volkes GOTTES bleibt. Zweitens muss eingeräumt werden, dass die Wiedererweckung geistlicher und pastoraler Kräfte im Laufe dieser Jahre nicht immer den erwünschten Zuwachs und die erwünschte Entwicklung hervorgebracht hat… (und) man manchmal fast an einen toten Punkt gelangte, in der auch Widerstand herrschte und ein Widerspruch zwischen der Konzilslehre und verschiedenen Ideen, die im Namen des Konzils formuliert wurden, in Wirklichkeit aber zu seinem Geist und seinem Buchstaben im Gegen­satz stehen…“

Eröffnung der Pastoraltagung der Diözese Rom in der Lateranbasilika, 26.5.2009

Sühnopfer des Neuen Bundes

„‚Das ist mein Blut.’ Deutlich ist hier der Bezug auf die Opfersprache Israels. JESUS bezeichnet sich selbst als das wahre und endgültige Opfer, durch das die Sühne für die Sünden verwirklicht wird, die in den Riten des Alten Testa­ments nie ganz vollbracht worden war… Tatsächlich erwies sich Israel mit der Herstellung des Goldenen Kalbes vom ers­ten Moment an als unfähig, sich treu an dieses Versprechen und so den geschlossenen Bund zu halten, den es in der Folge vielmehr sehr oft brach, indem es seinem Herzen aus Stein das Gesetz anglich, das Israel den Weg des Lebens hätte lehren sollen. Der HERR jedoch blieb Seiner Verheißung treu und sorgte dafür, dass die Propheten die innere Dimension des Bundes in Erinnerung riefen, und kündigte einen neuen Bund an, den er auf die Herzen derer schreiben würde, die Ihm treu sind (vgl. Jer 31,33), um sie so kraft der Gabe des Geistes zu verwandeln (vgl. Ez 36,25-27). Und während des Letzten Abendmahles geschah es, dass Er mit den Jüngern und der Menschheit diesen neuen Bund schloss und Ihn nicht mit Tieropfern beglaubigte, wie dies in der Vergan­genheit geschehen war, sondern mit Seinem Blut, das zum ‚Blut des neuen Bundes’ geworden ist. Er gründete ihn auf Seinem eigenen Gehorsam, der, wie ich sagte, stärker ist als all unsere Sünden…

Der hl. Jean-Marie Vianney sagte gerne zu seinen Pfarrkindern: ‚Kommt zur Kommunion… Es ist wahr, dass ihr nicht würdig seid, aber ihr braucht sie’… Im Bewusstsein, dass wir wegen unserer Sünden unwürdig sind, wir aber zugleich die Nahrung der Liebe brauchen, die der HERR uns im eucharistischen Sakrament schenkt, erneuern wir am heutigen Abend unseren Glauben an die wirkliche Gegenwart CHRISTI in der Eucharistie. Dieser Glaube darf nicht als selbstver­ständlich angesehen werden! Heute stehen wir vor der Gefahr einer sich auch in der Kirche schleichend ausbreitenden Säkularisierung, die sich in einen formalen und leeren eucharistischen Kult umsetzen kann, in Feiern, denen es jener Teilnahme des Herzens ermangelt, die in Verehrung und Achtung für die Liturgie zum Ausdruck kommt. Immer stark ist die Versuchung, das Gebet zu oberflächlichen und flüchtigen Momenten zu machen und sich von den Beschäftigungen und irdischen Sorgen überwältigen zu lassen…“

Predigt an Fronleichnam, 11.6.2009

 

 

 

 

2. Soziale Themen

 

 

Angelpunkt der Moral: Ausrichtung auf GOTT und Unterwerfung unter Ihn

„Es sei mir darüber hinaus gestattet anzumerken, dass die Episoden der Gewalt, die von allen missbilligt werden, tiefere Missstände zum Ausdruck bringen; ich würde sagen, sie sind Zeichen einer wirklichen spirituellen Armut, die auf dem Herzen des Menschen unserer Zeit lastet. Der Ausschluss GOTTES und Seines Gesetzes, als Voraussetzung für die Verwirklichung menschlichen Glücks, hat dieses Ziel ganz und gar nicht erreicht; im Gegenteil, er beraubt den Menschen der geistlichen Gewissheiten und der Hoffnung, die notwendig sind, um den täglichen Schwierigkeiten und Her­ausforderungen zu begegnen. Wenn zum Beispiel bei einem Rad die Mittelachse fehlt, kommt seine Antriebsfunktion abhanden. Ebenso erfüllt die Moral ihren letztendlichen Zweck nicht, wenn ihr Angelpunkt nicht die Ausrichtung auf GOTT und die Unterwerfung unter Ihn, die Quellen und den Richter alles Guten, ist. Angesichts des besorgniserregenden Rückgangs der menschlichen und geistlichen Ideale, die Rom für die ganze Welt zum ‚Modell’ der Zivilisation gemacht haben, ist die Kirche durch die Pfarrgemeinden und andere kirchliche Wirklichkeiten um eine intensive Bildungs- und Erziehungs­arbeit bemüht, die darauf ausgerichtet ist, besonders die neuen Generationen jene ewigen Werte neu entdecken zu lassen. In der postmodernen Zeit muss Rom sich wieder seiner tiefsten Seele bemächtigen, seiner zivilen und christlichen Wurzeln, wenn es sich zum Förderer eines neuen Humanismus machen will, der die Frage nach dem Menschen, dem in seiner ganzen Wirklichkeit erkannten Menschen, in den Mittelpunkt stellt. Der von GOTT losgelöste Mensch wäre seiner transzendenten Berufung beraubt. Das Christentum ist Bote einer licht­vollen Botschaft über die Wahrheit des Menschen, und die Kirche, die Verwalterin dieser Botschaft, ist sich ihrer Verant­wortung gegenüber der Kultur der Gegenwart bewusst…“

Ansprache beim Besuch auf dem römischen Kapitol, 9.3.2009

Die Suche nach der Wahrheit

„In der Tat unterdrückt der Glaube an GOTT nicht die Suche nach der Wahrheit; im Gegenteil, er ermutigt sie. Der hl. Paulus ermahnt die ersten Christen, ihr Herz zu öffnen für alles, ‚was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist’ (Phil 4,8). Selbstverständlich kann die Religion, wie Wissenschaft und Technologie, wie Philosophie und alle Ausdrucksweisen unserer Suche nach der Wahrheit, verzerrt werden. Religion wird entstellt, wenn sie in den Dienst der Ignoranz oder des Vorurteils, der Geringschätzung, der Gewalt oder des Missbrauchs gedrängt wird. Hier sehen wir nicht nur eine Entstellung der Religion, sondern auch eine Korrumpierung der menschlichen Freiheit, eine Verengung und Blindheit des Den­kens. Natürlich ist ein solches Ergebnis nicht unvermeidbar. In der Tat, wenn wir Erziehung fördern, bekunden wir unser Ver­trauen in die Gabe der Freiheit. Das menschliche Herz kann verhärtet werden durch sein begrenztes Umfeld, seine Interes­sen und seine Leidenschaften. Aber jeder Mensch ist ebenso zu Weisheit und Rechtschaffenheit aufgerufen, zur grund­legenden und überaus bedeutsamen Wahl des Guten vor dem Bösen, der Wahrheit vor der Unaufrichtigkeit, und jeder kann bei dieser Aufgabe unterstützt werden. Die Be­rufung zur moralischen Redlichkeit wird durch die ernsthaft religiöse Person wahrgenommen, da man dem GOTT der Wahrheit und der Liebe und der Schöpfung nicht anders die­nen kann. Ein reifer Glaube an GOTT trägt stark dazu bei, die Aneignung und die rechte Anwendung des Wissens zu leiten… Der Gebrauch wissenschaftlicher Kenntnisse benötigt das Orientierungslicht der ethischen Weisheit…“

Grundsteinlegung für die Universität des Lateinischen Patriarchats in Madaba, Jordanien, 9.5.2009

Menschenrechte in einer Teilhabe an GOTT verwurzelt

„Mitte des vergangenen Jahrhunderts, nachdem zwei schreck­liche Weltkriege und die unbeschreiblichen Verbrechen totalitä­rer Ideologien unsägliches Leid verursacht hatten, übernahm die internationale Gemeinschaft ein neues, auf Menschen­rechten basierendes Völkerrechtssystem… Genau genom­men sind diese Menschenrechte keine Glaubenswahrhei­ten, wenngleich sie in der Botschaft CHRISTI, der ‚dem Menschen den Menschen selbst voll kund macht’ (GS 22), durchscheinen, ja in ihr vollkommen zutage treten. Weitere Bestätigung erhalten sie durch den Glauben. Dennoch kann man nicht leugnen, dass Männer und Frauen, die in der materiellen Welt als geistige Wesen leben und handeln, die durchdringende Präsenz eines ‚Logos’ feststellen können, der sie befähigt, nicht nur zwischen wahr und falsch zu unterscheiden, sondern auch zwischen Gut und Böse, besser und schlechter, gerecht und ungerecht. Diese Un­terscheidungsfähigkeit – dieses radikale Handeln – befähigt jede Person, die Bedeutung des ‚Naturrechts’ zu erfassen, das nichts anderes ist als eine Teilhabe am ewigen Gesetz: ‚unde… lex naturalis nihil aliud est quam participatio legis aeternae in rationali creatura’ (hl. Thomas von Aquin, ST I-II,91,2). Das Naturrecht ist ein für jeden erkennbarer universa­ler Bezugspunkt, auf dessen Grundlage alle Menschen einan­der verstehen und lieben können. Die Menschenrechte sind daher letztendlich in einer Teilhabe an GOTT verwurzelt, der einen jeden Menschen mit Intelligenz und Freiheit ausge­stattet geschaffen hat. Wird diese solide ethische und politi­sche Grundlage ignoriert, bleiben die Menschenrechte brüchig, da sie ihrer festen Grundlage beraubt sind.

Der Einsatz der Kirche für die Förderung der Menschen­rechte stützt sich folglich auf von der Vernunft geleitete Überlegungen, damit diese Rechte allen Menschen guten Willens unterbreitet werden können, unabhängig von de­ren Religionszugehörigkeit. Dennoch muss die menschliche Vernunft… immer wieder durch den Glauben geläutert wer­den, weil sie einerseits stets von einer gewissen von un­geordneten Leidenschaften und Sünde verursachten ethi­schen Blindheit bedroht ist; und weil sich andererseits jede Generation, jeder Mensch, die Menschenrechte immer wieder neu aneignen muss. Die menschliche Freiheit, die sich über frei getroffene Entscheidungen realisiert, ist nämlich stets brü­chig, weshalb die menschliche Person auch die bedingungs­lose Hoffnung und Liebe braucht, die wir nur bei GOTT finden und die zur Teilhabe an der Gerechtigkeit und Großzügigkeit GOTTES den anderen gegenüber führt…“

Audienz für die 15. Vollversammlung der Päpstl. Akademie  der Sozialwissenschaften, 4.5.2009

 

 

 

 

3. Ehe, Familie und Erziehung, Lebensrecht

 

 

Die Geburt eines Kindes: ein Segen GOTTES

„Als erste Priorität soll wieder ein Gefühl dafür geweckt werden, dass das Leben als ein Geschenk GOTTES angenommen werden muss. Nach der Hl. Schrift und den weisesten Überlie­ferungen eures Kontinents ist die Geburt eines Kindes immer ein Geschenk, ein Segen GOTTES. Heute ist es höchste Zeit, dies noch nachdrücklicher zu betonen: Jedes menschliche Wesen, so winzig und schwach es auch sein mag, ist ‚nach dem Bild und Gleichnis GOTTES’ geschaffen (Gen 1,27). Je­der Mensch soll leben! Der Tod darf nicht über das Leben siegen! Der Tod soll nie das letzte Wort haben! …“

Hl. Messe im Stadion Yaoundé, Kamerun, 19.3.2009

Jedes Leben ist Geschenk GOTTES

„Liebe Wissenschaftler und Ärzte, eure Aufgabe ist es, alle legitimen Mittel anzuwenden, um den Schmerz zu lindern; in erster Linie müsst ihr das menschliche Leben schützen und es verteidigen, von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende. Für jeden Menschen ist die Achtung des Lebens ein Recht und gleichzeitig eine Pflicht, denn jedes Leben ist ein Geschenk GOTTES.“

Ansprache an Kranke in Yaoundé, Kamerun, 19.3.2009

Die Familie stützen

„Eine dieser menschlichen Realitäten, die heute vielen Schwie­rigkeiten und Bedrohungen ausgesetzt sind, ist die Familie, die es besonders nötig hat, evangelisiert und konkret unterstützt zu werden, da zu der inneren Zerbrechlichkeit und Instabilität vieler Ehen die in Gesellschaft und Kultur verbreitete Ten­denz hinzukommt, den einzigartigen Charakter und den eigentlichen Auftrag der auf die Ehe gegründeten Familie in Abrede zu stellen. Lasst in eurer Hirtensorge gegenüber jedem Menschen nicht darin nach, zur Verteidigung der Heiligkeit des menschlichen Lebens und des Wertes der Institution der Ehe und für die Förderung der Rolle der Familie in Kirche und Gesellschaft eure Stimme zu erheben, indem ihr wirt­schaftliche und gesetzliche Maßnahmen fordert, die die Eltern in ihrer Entscheidung für Kinder und bei deren Erziehung unterstützen.“

Begegnung mit den Bischöfen von Angola und Sao Tomé  in Luanda, 20.3.2009

Die Berufung der Familie

„Im Jahr der Familie, das gegenwärtig [im Hl. Land] gefeiert wird, hat die Kirche im Hl. Land über die Familie als Geheim­nis lebenspendender Liebe nachgedacht. Sie gehört zu GOTTES Plan und hat eine ihr eigene Berufung und Sendung: die GÖTTliche Liebe auszustrahlen, die die Quelle und letzte Erfüllung jeder anderen Liebe in unserem Leben ist. Möge jede christliche Familie in der Treue zu ihrer hohen Berufung wach­sen, um eine wahre Schule des Gebets zu sein, wo die Kin­der eine aufrichtige Liebe zu GOTT lernen können, wo sie in der Selbstdisziplin und im Sorgetragen für die Nöte an­derer heranreifen und wo sie, geprägt durch die Weisheit, die aus dem Glauben kommt, zum Aufbau einer immer gerechteren und brüderlicheren Gesellschaft beitragen. Die starken christlichen Familien dieser Region sind ein großes Vermächtnis, das frühere Generationen weitergegeben ha­ben…

Als Botinnen der Liebe, Lehrmeisterinnen der Barmherzigkeit und Erbauerinnen des Friedens bringen (die Frauen) Wärme und Menschlichkeit in eine Welt, die den Wert einer Person nur allzu oft nach den kalten Maßstäben des Nutzens und des Profits bemisst. Dadurch, dass sie die Achtung der Frau öf­fentlich bezeugt und die jedem Menschen innewohnende Würde verteidigt, kann die Kirche im Hl. Land einen wichtigen Beitrag leisten zur Förderung einer Kultur wahrer Menschlich­keit und zum Aufbau einer Zivilisation der Liebe…“

Hl. Messe im Stadium von Amman, 10.5.2009

Die Hl. Familie

„Wir sind hier in der Heimatstadt JESU, Mariens und Josefs zusammengekommen, um das Jahr der Familie ausklingen zu lassen, das die Kirche im Hl. Land heuer gefeiert hat… Wie schon Papst Paul VI. hier gesagt hat, müssen wir alle nach Nazareth zurückkehren, um immer neu die Stille und die Liebe der Hl. Familie zu betrachten, die das Vorbild allen christlichen Familienlebens ist. Hier kommen wir noch mehr dazu, am Beispiel Mariens, Josefs und JESU die Heiligkeit der Familie zu würdigen, die im Plan GOTTES auf der im heiligen Bund der Ehe geschlossenen Beziehung zwischen Mann und Frau basiert, die sich ein Leben lang die Treue halten und das von GOTT geschenkte neue Leben annehmen. Wie notwendig ist es doch, dass sich die Männer und Frauen unserer Zeit wieder diese grundlegende Wahrheit zu eigen machen, die das Fundament der Gesellschaft bildet; wie wichtig ist doch das Zeugnis von Ehepaaren für die Bildung gesunder Gewissen und den Aufbau einer Kultur der Liebe!

In der 1. Lesung… aus dem Buch Jesus Sirach (3,3-7.14-17) wird uns die Familie durch das Wort GOTTES als erste Schule der Weisheit gezeigt; eine Schule, die ihre Mitglieder in der Übung jener Tugenden unterrichtet, die zu wahrem Glück und dauerhafter Erfüllung führen. Im Plan GOTTES für die Familie trägt die Liebe zwischen dem Ehemann und der Ehefrau Frucht in neuem Leben; eine Liebe, die Tag für Tag in dem liebevollen Bemühen der Eltern zum Ausdruck kommt, ihren Kindern eine umfassende menschliche und spirituelle Bildung zu geben. In der Familie wird jede Person, das kleinste Kind ebenso wie das älteste Familienmitglied, um seiner selbst willen geschätzt, und nicht als Mittel betrachtet, das irgendeinem anderen Zweck dient. Hier können wir bereits die ersten Anzeichen der wesentlichen Rolle erkennen, die der Familie als Grundstein einer wohlgeordneten und aufnahmebe­reiten Gesellschaft zukommt. Und wir lernen nun auch – inner­halb eines weiteren Rahmens der Gesellschaft – die Pflicht des Staates schätzen, die Familien in ihrer erzieherischen Sendung zu unterstützen, die Institution Familie und deren Rechte zu schützen, und zu gewährleisten, dass alle Familien unter wür­digen Bedingungen leben und gedeihen können…

Nazareth gemahnt uns an unsere Pflicht, die besondere Rolle der Frau und die ihr von GOTT gegebene Würde anzuer­kennen und zu respektieren, ebenso wie ihre besonderen Charismen und Talente. Ganz gleich, ob sie nun als Mütter in Familien leben, als wichtiger Part im Arbeitsleben und in den gesellschaftlichen Einrichtungen oder in einer besonderen Berufung unserem HERRN durch die evangelischen Räte der Keuschheit, Armut und des Gehorsams folgen: die Frauen spielen stets eine unersetzliche Rolle dabei, jene ‚Humanöko­logie’ (vgl. Centesimus annus, 39) zu schaffen, deren unsere Welt und dieses Land so dringend bedürfen: ein Umfeld, in dem Kinder lernen, zu lieben und für andere Sorge zu tragen, zu allen ehrlich und respektvoll zu sein, sich in der Tugend der Barmherzigkeit und Vergebung zu üben. Wir denken hier auch an den hl. Josef, den gerechten Mann, den GOTT zum Haupt Seines Hauses machen wollte. Das starke, väterliche Vorbild Josefs hat JESUS die Tugenden einer mannhaften Frömmig­keit, der Treue zum Wort, der Integrität und der harten Arbeit gelehrt. Der Zimmermann von Nazareth hat Ihm gezeigt, dass eine in den Dienst der Liebe gestellte Autorität unendlich fruchtbringender ist als eine Macht, die zu beherrschen sucht. Wie sehr bedarf unsere Welt doch des Vorbilds, der Führung und der stillen Stärke von Männern wie Josef!

… Das 2. Vatikanische Konzil lehrt uns, dass die Kinder bei der Heiligung ihrer Eltern eine besondere Rolle spielen (vgl. GS 48). Ich bitte euch [die hier versammelten jungen Men­schen] eindringlich, darüber nachzudenken und euch vom Vorbild JESU leiten zu lassen, also euren Eltern nicht nur Re­spekt zu zollen, sondern ihnen auch zu helfen, jene Liebe in ihrer ganzen Fülle zu erkennen, die unserem Leben erst seinen tiefsten Sinn gibt…“

Predigt bei der hl. Messe in Nazareth, 14.5.2009

 

 

 

 

4. Jugend

 

Wagt endgültige Entscheidungen!

„Liebe junge Freunde, die ihr gleichsam von der Kraft des ewi­gen Geistes erfüllte Samenkörner seid, entfaltet euch durch die Wärme der Eucharistie, in der das Vermächtnis des HERRN umgesetzt wird: Er schenkt sich uns hin, und wir antworten darauf, indem wir uns den anderen hinschenken aus Liebe zu Ihm. Das ist der Weg des Lebens; aber ihr könnt Ihn nur dann gehen, wenn ihr im ständigen Dialog mit dem HERRN und im wahren Dialog untereinander steht. Die vorherrschende gesellschaftliche Kultur hilft euch weder, das Wort JESU zu leben, noch unterstützt sie die Selbsthingabe, zu der Er euch einlädt nach dem Plan des VATERS… Habt daher keine Angst, endgültige Entscheidungen zu treffen. Es fehlt euch nicht an Großherzigkeit – das weiß ich! Aber ihr habt Angst vor dem Risiko, euch für das ganze Leben zu binden, in der Ehe oder in einem Leben besonderer Weihe: ‚Die Welt ist immer in Bewegung, und das Leben ist voller Möglichkeiten. Kann ich in diesem Augenblick über mein ganzes Leben verfügen, ohne zu wissen, welche Überraschungen es für mich bereithält? Setze ich durch eine endgültige Entscheidung nicht meine Freiheit aufs Spiel und fessele mich mit eigenen Händen?’ Diese Be­denken kommen euch, und durch die gegenwärtige indivi­dualistische und hedonistische Kultur werden sie noch unterstützt. Aber wenn ein junger Mensch sich nicht ent­scheidet, läuft er Gefahr, auf ewig ein Kind zu bleiben! Ich sage euch: Habt Mut! Wagt endgültige Entscheidungen, denn in Wahrheit stehen sie der Freiheit nicht entgegen, sondern sie lenken sie vielmehr in die richtige Bahn. Sie machen es möglich, voranzugehen und etwas Großes im Le­ben zu erreichen. Das Leben hat zweifellos nur dann einen Wert, wenn ihr den Mut zum Abenteuer habt, wenn ihr darauf vertraut, dass der HERR euch niemals verlassen wird. Jugend von Angola, setze in dir den HL. GEIST frei, die Kraft aus der Höhe! Indem du auf JESUS vertraust, wage sozusagen diesen Sprung in die Endgültigkeit…“

Begegnung mit den Jugendlichen im Stadion von Luanda, Angola, 21.3.2009

Wer sein Leben schenkt – täglich in den kleinen Gebärden, die zum großen Entscheid gehören – ,der findet es

„Das Wort vom gestorbenen Weizenkorn [Joh 12,24] gehört noch zur Antwort JESU an die Griechen [Joh 12,21], es ist Seine Antwort. Dann aber formuliert Er noch einmal das Grundgesetz menschlicher Existenz: ‚Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering­schätzt, wird es bewahren bis ins ewige Leben hinein’ (Joh 12,25). Das heißt: Wer sein Leben für sich haben möchte, nur sich selber leben, alles an sich ziehen und ausschöp­fen, was es gibt – gerade der verliert das Leben. Es wird öde und leer. Nur im Loslassen seiner selbst, nur in der Freigabe des Ich für das Du, nur im Ja zum größeren Le­ben GOTTES wird auch unser Leben weit und groß. So ist dieses Grundprinzip, das der HERR aufstellt, letztlich einfach identisch mit dem Prinzip Liebe. Denn Liebe heißt sich los­lassen, sich geben, nicht sich selber wollen, sondern frei wer­den von sich: nicht auf sich selber zurückschauen – was aus mir wird –, sondern vorwärts schauen, auf den anderen – auf GOTT hin und auf die Menschen, die Er mir schickt. Und die­ses Prinzip Liebe, das den Weg des Menschen definiert, ist wiederum identisch mit dem Mysterium des Kreuzes, mit dem Geheimnis von Tod und Auferstehung, dem wir in CHRISTUS begegnen.

Liebe Freunde – es ist wohl verhältnismäßig leicht, dies als große Grundvision des Lebens zu bejahen. Aber es geht in der Wirklichkeit gerade darum, dass wir nicht ein Prinzip anerken­nen, sondern dass wir seine Wahrheit, die Wahrheit von Kreuz und Auferstehung leben. Dazu wiederum reicht nicht ein einmaliger großer Entscheid. Es ist freilich wichtig, wesent­lich, einmal den großen Grundentscheid zu wagen, das große Ja zu wagen, das der HERR in einem Augenblick unseres Lebens von uns erfragt. Aber das große Ja des entscheiden­den Augenblicks in unserem Leben – das Ja zu der Wahrheit, die der HERR vor uns hinstellt – muss dann auch täglich neu eingeholt werden in den Situationen des Alltags, in denen wir immer wieder neu uns loslassen, uns freigeben müssen, wo wir eigentlich an uns festhalten möchten. Zum rechten Leben gehört das Opfer, gehört Verzicht. Wer ein Leben ohne diese immer neue Freigabe unserer selbst verspricht, der betrügt den Menschen. Geglücktes Leben ohne Opfer gibt es nicht. Wenn ich auf mein eigenes Leben zurückschaue, dann muss ich sagen, dass gerade die Augenblicke, in denen ich ja gesagt habe zu einem Verzicht, die großen und wichtigen Augenblicke meines Lebens waren.

Schließlich hat der hl. Johannes in seine Komposition der Palmsonntagsworte des HERRN auch eine abgewandelte Form von JESU Ölberggebet aufgenommen… Auch JESUS als Mensch fühlt sich gedrängt zu bitten, dass Ihm das Furchtbare der Passion erspart bleibe. Auch wir dürfen so bitten. Auch wir dürfen wie Ijob klagen vor dem HERRN, Ihm all unsere Fragen vorbringen, die angesichts des Unrechts in der Welt und der Nöte unseres eigenen Ich in uns aufsteigen. Wir dürfen uns Ihm gegenüber nicht in fromme Phrasen, nicht in eine Schein­welt flüchten. Beten heißt immer auch: Ringen mit GOTT, und wie Jakob dürfen wir zu Ihm sagen: ‚Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn’ (Gen 32,27). Aber dann kommt die zweite Bitte JESU: ‚Verherrliche Deinen Namen’ (Joh 12,28). Bei den Synoptikern lautet die Bitte: ‚Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe’ (Lk 22,42). Am Ende ist die Herrlichkeit GOTTES, Sein Herrsein, Sein Wille ist immer wichtiger und wahrer als mein Denken und Wollen. Und darum geht es in unserem Beten und in unserem Leben: Diese rechte Ordnung der Wirklichkeit zu erlernen, sie von innen her anzunehmen; GOTT zu trauen, dass Er das Rechte tut. Dass Sein Wille die Wahrheit ist und die Liebe. Dass mein eigenes Leben gut wird, wenn ich in diese Ordnung einwilligen lerne. JESU Leben und Sterben und Auferstehen ist uns die Gewähr dafür, dass wir GOTT wirklich trauen dürfen. So verwirklicht sich Sein Reich…“

Predigt am Palmsonntag auf dem Petersplatz, 5.4.2009

 

 

 

5. Heilige

 

 

Rom: Spuren der Schönheit GOTTES

„Die Stadt Rom ist schön durch ihre Überreste aus der Antike, durch ihre kulturellen Einrichtungen und durch die Bauten, die von ihrer Geschichte erzählen, durch die Kirchen und die un­zähligen Meisterwerke der Kunst. Aber vor allem ist die Stadt Rom schön durch die Großherzigkeit und die Heiligkeit vieler ihrer Kinder, die beredte Spuren ihrer Leidenschaft für die Schönheit GOTTES hinterlassen haben, die Schön­heit der Liebe, die nie verblüht oder altert. Zeugen dieser Schönheit waren an den Anfängen des Christentums die Apostel Petrus und Paulus und die Schar der Märtyrer; ihre Zeugen waren auch viele Männer und Frauen, gebürtige Römer oder Wahlrömer, die sich über die Jahrhunderte dem Dienst an der Jugend, an den Kranken, den Armen und allen Notleidenden gewidmet haben. Ich beschränke mich darauf, einige von ihnen zu nennen: den hl. Diakon Laurentius, die hl. Francesca Romana, deren Festtag wir heute begehen, den hl. Philipp Neri, den hl. Gaspare del Bufalo, den hl. Johannes Baptist de Rossi, den hl. Vinzenz Pallotti, die sel. Anna Maria Taigi, die seligen Eheleute Luigi und Maria Beltrame Quattrocchi. Ihr Vorbild zeigt, dass ein Mensch, der CHRISTUS begegnet, sich nicht in sich selbst verschließt, sondern sich öffnet für die Nöte der anderen und in jedem Bereich der Gesellschaft das Gemeinwohl dem Eigennutz voranstellt. Solche Männer und Frauen brauchen wir wirklich auch in unserer Zeit…“

Grußwort an die Bevölkerung beim Besuch auf dem römischen Kapitol, 9.3.2009

Hl. Francesca Romana

„Mit großer Freude komme ich nach dem Besuch auf dem nahegelegenen Kapitol zu euch in dieses historische Kloster der hl. Francesca Romana, während noch das 400-Jahr-Jubi­läum ihrer Heiligsprechung am 29. Mai 1608 gefeiert wird. Genau auf den heutigen Tag fällt in Erinnerung an das Datum ihrer Geburt zum Himmel das Fest dieser großen Heiligen…

… an die hl. Francesca Romana gedacht, an ihre vollkommene Hingabe an GOTT und den Nächsten, aus der die Erfahrung des gemeinschaftlichen Lebens hier in Tor de’ Specchi ent­standen ist… Der wahre Antrieb für all das, was hier im Lauf der Zeit vollbracht wurde, war das Herz von Francesca, in das der HL. GEIST Seine geistlichen Gaben eingegossen hatte und zugleich nach außen so viel Guten bewirkte… Ein Lebensmodell, das nicht auf dem Papier entstanden ist, sondern in der konkreten Erfahrung einer jungen Römerin: man könnte sagen, geschrieben von GOTT selbst im einzigartigen Leben von Francesca, in ihrer Kindheit, Jugendzeit, als junge Braut und Mutter, als reife Frau, die von JESUS CHRISTUS ergriffen worden ist, wie der hl. Paulus sagen würde. Nicht ohne Grund sind die Wände dieser Gebäude mit Szenen aus ihrem Leben geschmückt, so zeigen sie, dass das wahre Haus, das GOTT bauen will, das Leben der Heiligen ist.

Auch in unseren Tagen braucht Rom Frauen – und natürlich auch Männer, aber ich möchte hier die weibliche Dimension betonen – Frauen, die ganz GOTT und ganz dem Nächsten gehören; Frauen, die zu innerer Sammlung und zu großherzigem und diskretem Dienst fähig sind, Frauen, die den Hirten zu gehorchen, sie aber auch zu unterstützen und anzuregen vermögen mit ihren Ratschlägen, die im Dialog mit CHRISTUS gereift sind sowie in der direkten Erfahrung auf dem Gebiet der Nächstenliebe, dem Beistand für Kranke, Ausgegrenzte und Minderjährige in schwierigen Situationen. Es ist die Gabe einer Mutterschaft, die nach dem Vorbild Ma­riens ganz eins ist mit der Oblation. Denken wir an das Ge­heimnis der Heimsuchung: Nachdem sie in ihrem Herzen und in ihrem Leib das WORT GOTTES empfangen hatte, machte sich Maria sofort auf den Weg, um ihrer betagten Verwandten Elisabeth zu helfen. Das Herz Mariens ist die Klausur, in der das GÖTTliche Wort in der Stille spricht, und zugleich ist es der Brandherd einer Liebe, die zu mutigen Gesten an­treibt wie auch zu einem beharrlichen und verborgenen Teilen...“

Ansprache beim Besuch des Klosters S. Francesca Romana a Tor de’ Specchi in Rom, 9.3.2009

Die Vaterschaft des hl. Josef

„…die charakteristischen Züge des hl. Josef durch die Worte der Hl. Schrift zu betrachten… Vor dem Volk und Seinen Jün­gern erklärt JESUS: ‚Nur einer ist euer Vater’ (Mt 23,9). In der Tat, die alleinige Vaterschaft ist jene GOTTVATERS, des einzi­gen Schöpfers ‚der sichtbaren und der unsichtbaren Welt’. Es wurde jedoch dem nach dem Ebenbild GOTTES geschaffenen Menschen gegeben, an der einen Vaterschaft GOTTES An­teil zu haben (vgl. Eph 3,15). Der hl. Josef offenbart dies in überraschender Weise, er, der Vater ist ohne eine Vaterschaft in fleischlichem Sinne. Er ist nicht der biologische Vater JESU, dessen alleiniger Vater GOTT ist, und dennoch übt Er eine volle und ganzheitliche Vaterschaft auf. Vater sein bedeutet vor allem, Diener des Lebens und des Wachstums zu sein. Der hl. Josef hat in diesem Sinne eine große Hingabe an den Tag gelegt. Um CHRISTI willen hat er die Verfolgung, das Exil und die sich daraus ergebende Armut auf sich genommen. Er musste sich an einem Ort niederlassen, der nicht sein Heimat­dorf war. Sein einziger Lohn bestand darin, mit CHRISTUS zu sein. Die Bereitschaft, all dies zu tun, erklären die Worte des hl. Paulus: ‚Dient CHRISTUS, dem HERRN!’ (Kol 3,24). Es geht darum, kein mittelmäßiger Diener, sondern ein ‚treuer und kluger’ Diener zu sein. Die Nebeneinanderstellung dieser beiden Adjektive geschieht nicht zufällig: sie legt nahe, dass die Vernunft ohne Treue und die Treue ohne Weisheit unzurei­chende Eigenschaften sind. Eine Eigenschaft allein, ohne die andere, würde uns nicht befähigen, die Verantwortung ganz anzunehmen, die GOTT uns anvertraut.

Liebe Brüder im priesterlichen Dienst, ihr seid dazu berufen, diese Vaterschaft in den alltäglichen Aufgaben eures Amtes zu leben…

Als Maria bei der Verkündigung den Besuch des Engels emp­fängt, ist sie bereits die Josef versprochene Braut. Da sich der HERR persönlich an Maria wendet, vereint er also bereits zuin­nerst Josef mit dem Geheimnis der Menschwerdung. Josef willigte ein, teilzuhaben an den großen Ereignissen, die GOTT im Schoß seiner Braut begonnen hatte. Er nahm Maria zu sich. Er hat das Geheimnis angenommen, das in ihr war, sowie das Geheimnis, das sie selbst war. Er hat sie in jener großen Achtung geliebt, die das Siegel der echten Liebe ist. Der hl. Josef lehrt uns, dass es möglich ist, zu lieben, ohne zu besitzen…“

Predigt bei der Vesper in Yaoundé, Kamerun, 18.3.2009

Das Vorbild des hl. Josef

„Ihr Eheleute, blickt auf die Liebe Josefs zu Maria und zu JESUS. Ihr, die ihr euch auf die Ehe vorbereitet, achtet euren künftigen Ehemann bzw. Ehefrau, wie es Josef getan hat. Ihr, die ihr euch im Zölibat GOTT geweiht habt, denkt an die Lehre der Kirche, unserer Mutter: ‚Die Jungfräulichkeit und die Ehelosigkeit für das Reich GOTTES stehen in keinerlei Wider­spruch zum hohen Wert der Ehe, sondern setzen ihn voraus und bekräftigen ihn. Ehe und Jungfräulichkeit sind die beiden Weisen, das eine Geheimnis des Bundes GOTTES mit Seinem Volk darzustellen und zu leben’ (Joh. Paul II., Redemptoris custos, 20).

Ich möchte noch eine besondere Ermahnung an die Familien­väter richten, da ja der hl. Josef ihr Vorbild ist. Er kann sie das Geheimnis ihrer eigenen Vaterschaft lehren, er, der für den Menschensohn Fürsorge getragen hat. Ebenso empfängt jeder Vater von GOTT seine Kinder, die nach Seinem Abbild und Gleichnis geschaffen sind. Der hl. Josef war Mariens Gemahl. Auch jeder Familienvater sieht sich in das Geheimnis der Frau durch seine eigene Ehefrau eingeweiht. Liebe Familienväter, achtet und liebt eure Frau wie der hl. Josef und führt eure Kinder durch Liebe und eure aufmerksame Gegenwart zu GOTT, wo sie sein müssen (vgl. Lk 2,49).“

Hl. Messe im Station in Yaoundé, Kamerun, 19.3.2009

„… Die Heiligen sind uns dafür ein gutes Vorbild, da sie ihr Leben ganz GOTT, unserem VATER, anvertraut haben. Die hl. Teresa von Avila, die ihr Kloster unter den Schutz des hl. Josef gestellt hatte, wurde genau an dessen Festtag von einem Leiden geheilt. Sie sagte, dass sie niemals umsonst gebetet hat, und legte allen ans Herz, die vorgaben, nicht beten zu können: ‚Ich verstehe nicht, wie man an die Königin der Engel denken kann und an all das, was sie erleiden musste, als das GÖTT­liche Kind noch klein war, ohne dem hl. Josef für die so vollkommene Hingabe zu danken, mit der er sowohl Ihm als auch ihr zu Hilfe kam. Wer niemanden hat, der ihn beten lehrt, möge diesen wunderbaren Heiligen zum Lehrmeister wäh­len. Er braucht nicht zu fürchten, unter seiner Führung vom Weg abzukommen’ (Leben, 6). Er war ein Fürsprecher für die leibliche Gesundheit, und so sah die Heilige im hl. Josef einen Fürsprecher für die Gesundheit der Seele, einen Lehrmeister des Gebets. Wählen auch wir ihn als Lehrmeister des Gebets! …“

Ansprache an Kranke in Yaoundé, Kamerun, 19.3.2009

Heilige Afrikas

„Während dieser Epoche [19.+20. Jh.] war Afrika auch mit zahlreichen Heiligen gesegnet. Ich beschränke mich darauf, die Märtyrer von Uganda, die großen Missionare Anne-Marie Ja­vouhey [Sel. 1950] und Daniele Comboni (Hl. 2003], sowie Schwester Anuarite Nengapeta [Sel. 1985] und den Kate­chisten Isidor Bakanja [Sel. 1994] zu nennen, nicht zu vergessen die demütige Joséphine Bakhita [Hl. 2000].“

Treffen mit Mitgliedern der Bischofssynode, Yaoundé, 19.3.09

Fünf neue Heilige

„Das Licht vom Angesicht des auferstandenen CHRISTUS leuchtet heute in besonderer Weise über uns durch die vom Evangelium geprägten Züge der fünf Seligen, die während dieser Feier in das Buch der Heiligen eingeschrieben werden. Arcangelo Tadini, Bernardo Tolomei, Nuno de Santa Maria Álvares Pereira, Geltrude Comensoli und Caterina Volpicelli… Viele Stunden verbrachte der hl. Arcangelo Tadini vor der Eucharistie, er hatte in seinem pastoralen Dienst stets die menschliche Person in ihrer Ganzheit vor Augen und half so seinen Pfarreimitgliedern, menschlich und geistlich zu wach­sen. Dieser heilige Priester, dieser heilige Pfarrer gehörte ganz GOTT, er war bereit, sich in jedem Umstand vom HL. GEIST führen zu lassen und zugleich auch die Dringlichkeiten des Augenblicks zu erfassen und Abhilfe zu finden… Auch im hl. Bernardo Tolomei, dem Gründer einer einzigartigen monasti­schen benediktinischen Bewegung, tritt die Liebe zum Gebet und zur Arbeit mit den Händen besonders hervor. Sein Dasein war ein eucharistisches, ganz der Kontemplation geweihtes Leben, die sich in einen demütigen Dienst am Nächsten um­setzte… Anlässlich der großen Pest des Jahres 1348 verließ er die Einsamkeit von Monte Oliveto, um sich in das Kloster des hl. Benedikt in Porta Tufi bei Siena zu begeben und seinen von der Krankheit betroffenen Mönchen beizustehen, und er selbst starb an der Krankheit als echter Märtyrer der Nächstenliebe… Die 70 Jahre (des Lebens des hl. Nuno de Santa Maria), eines Helden und Heiligen Portugals, liegen in der 2. Hälfte des 14. und dem Anfang des 15. Jahrhunderts… Bezeichnend waren sein intensives Gebetsleben und absolutes Vertrauen in GOTTES Beistand. Obwohl er ein hervorragender Soldat und großer Anführer war, gestattete er nie, dass diese persönlichen Begabungen gegenüber dem höchsten Wirken den Vorrang hatten, das von GOTT stammt. Der hl. Nuno bemühte sich, dem Handeln GOTTES in seinem Leben keine Hindernisse entgegenzusetzen und ahmte so die GOTTESmutter nach, die er sehr verehrte und der er öffentlich seine Siege zuschrieb… Eine besondere Anziehungskraft des in der Eucharistie gegen­wärtigen JESUS verspürte von Kindheit an die hl. Geltrude Comensoli. Die Anbetung des eucharistischen CHRISTUS wurde zum Hauptziel ihres Lebens, wir könnten fast sagen: zum gewöhnlichen Zustand ihres Daseins. Im Angesicht der Eucharistie nämlich verstand Geltrude ihre Berufung und Sen­dung in der Kirche: die Berufung, sich vorbehaltlos dem apos­tolischen und missionarischen Wirken zu widmen, vor allem zugunsten der Jugend… Eine Zeugin der GÖTTlichen Liebe war auch die hl. Caterina Volpicelli, die sich bemühte, ‘CHRISTUS zu gehören, um all jene zu CHRISTUS zu bringen’, denen sie im Neapel des ausgehenden 19. Jh. begegnete… Auch ihr Geheimnis war die Eucharistie. Ihren ersten Mitarbei­terinnen legte sie ans Herz, ein intensives geistliches Leben im Gebet und vor allem im lebensnotwendigen Kontakt mit dem eucharistischen JESUS zu pflegen… Um wahre Erzieherinnen im Glauben zu sein, die es anstreben, den jungen Generatio­nen die Werte der christlichen Kultur zu übermitteln, ist es unerlässlich, wie sie gerne wiederholte, GOTT aus den Gefängnissen zu befreien, in die Ihn die Menschen verbannt ha­ben. Allein im Herzen CHRISTI nämlich kann die Menschheit ihre ‚feste Wohnstatt’ finden…“

Predigt bei der Heiligsprechungsfeier am Petersplatz, 26.4.09

Hl. Franziskus

„Beim Aufbau der Kirche ergänzen Charisma und Institution einander immer… Bischof Guido von Assisi und später Papst Innozenz III. erkannten, dass das Vorhaben des Franziskus und seiner Gefährten wirklich dem Evangelium entsprach, und verstanden es, seine Bemühungen auch im Hinblick auf das Wohl der Universalkirche zu unterstützen. An dieser Stelle denkt man unwillkürlich, dass Franziskus ja auch die Mög­lichkeit gehabt hätte, nicht zum Papst zu gehen. Viele reli­giöse Gruppen und Bewegungen entstanden in jener Zeit, und einige von ihnen stellten sich in Gegensatz zur Kirche als In­stitution oder versuchten zumindest nicht, von ihr anerkannt zu werden. Sicher hätte eine polemische Haltung gegenüber der Hierarchie Franziskus nicht wenige Anhänger gebracht. Er jedoch dachte sofort daran, seinen Weg und den seiner Ge­fährten in die Hände des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, zu legen. Diese Tatsache offenbart seinen wahren kirchlichen Geist. Das kleine ‚Wir’, das er mit seinen ersten Brüdern begonnen hatte, stellte er von Anfang an in das große ‚Wir’ der einen und universalen Kirche. Und der Papst erkannte das und würdigte es. Auch der Papst seinerseits hätte nämlich die Möglichkeit gehabt, die Lebensregel des Franziskus nicht zu approbieren. Ja, es ist sogar sehr gut vorstellbar, dass der eine oder andere seiner Mitarbeiter ihm dazu riet, vielleicht gerade in der Furcht, dass diese Gruppe von Brüdern ähnlich war wie andere, häretische Gruppierungen der Zeit, die das Armutsideal verkündigten. Der Papst jedoch, der durch den Bischof von Assisi und den Kardinal Giovanni di San Paolo gut informiert war, erkannte das Werk des HL. GEISTES und nahm die gerade entstehende Gemeinschaft der ‚Minder­brüder’ an, segnete sie und ermutigte sie…“

Audienz für die Franziskanische Familie  anlässlich des „Mattenkapitels“, 18.4.2009

 

 

 

6. LEIDEN UND STERBEN

 

 

Jeder Leidende ist ein Simon von Zyrene

„Wenn man dem Leiden, der Krankheit und dem Tod gegen­übersteht, ist man versucht, vor Schmerz zu schreien, wie Ijob es tat, dessen Name ‚der Leidende’ bedeutet (vgl. Gregor der Große, Moralia in Job, 1,1,15). Auch JESUS schrie kurz vor Seinem Tod laut auf (vgl. Mk 15,37; Hebr 5,7). Wenn unser Zustand sich verschlechtert, wächst unsere Angst; mancher ist versucht, daran zu zweifeln, dass GOTT in seinem Leben ge­genwärtig ist. Ijob jedoch war sich der Gegenwart GOTTES bewusst; sein Schrei war kein Aufbegehren, sondern aus der Tiefe seines Elends heraus ließ er sein Vertrauen wachsen (vgl. Ijob 19; 42,2-6). Seine Freunde versuchten, wie jeder von uns, wenn er dem Leiden eines geliebten Menschen gegenübersteht, ihn zu trösten, aber sie gebrauchten hohle und leere Worte.

Angesichts solcher Qualen fühlen wir uns machtlos und können nicht die richtigen Worte finden. Bei einem Bruder oder einer Schwester, die in das Geheimnis des Kreuzes hineingenommen sind, erreichen respektvolles und mitfühlendes Schweigen, betende Präsenz, eine liebevolle und tröstende Geste, ein freundlicher Blick, ein Lächeln oft mehr als viele Worte. Diese Erfahrung machte eine kleine Gruppe von Männern und Frauen, zu denen auch die Jungfrau Maria und der Apostel Johannes gehörten: Sie folgten JESUS in Seinem tiefsten Schmerz in der Zeit Seines Leidens und Seines Todes am Kreuz. Unter ihnen war, wie uns das Evangelium berichtet, ein Afrikaner, Simon von Zyrene. Ihm wurde aufgetragen, JESUS zu helfen, Sein Kreuz auf dem Weg nach Golgotha zu tragen. Dieser Mann kam, wenn auch nicht aus eigener Entscheidung, dem Schmerzensmann zu Hilfe, als dieser von allen Seinen Jüngern verlassen und blinder Gewalt ausgeliefert worden war. Aus der Geschichte wissen wir also, dass ein Afrikaner, ein Sohn eures Kontinents, selbst leiden musste, um am unendlichen Leiden dessen teilzuhaben, der alle Menschen erlöst hat, einschließlich derer, die Ihn hinrichteten. Simon von Zyrene konnte nicht wissen, dass es sein Erlöser war, der dort vor ihm stand. Sie ‚zwangen’ ihn, Ihm zu helfen (vgl. Mk 15,21). Er wurde genötigt, gezwungen, es zu tun. Es ist schwer zu akzeptieren, das Kreuz eines anderen zu tragen. Erst nach der Auferstehung konnte er verstehen, was er getan hatte. Brüder und Schwestern, so ist es auch für einen jeden von uns: In der Tiefe unseres Schmerzes, unseres eigenen Aufbegehrens, schenkt CHRISTUS uns Seine liebevolle Gegenwart, auch wenn es für uns schwer ist zu verstehen, dass Er an unserer Seite ist. Erst der endgültige Sieg des HERRN wird uns die letztendliche Bedeutung unserer Prüfungen offenbaren.

Kann man nicht sagen, dass jeder Afrikaner gewissermaßen zur Familie des Simon von Zyrene gehört? Jeder Afrikaner, der leidet, jeder Mensch, der leidet, hilft CHRISTUS, Sein Kreuz zu tragen und geht mit Ihm den Weg nach Golgotha hinauf, um eines Tages mit Ihm aufzuerstehen. Wenn wir die Niedertracht sehen, der JESUS unterworfen war, wenn wir Sein Antlitz am Kreuz betrachten, wenn wir Sein schreckliches Leiden erken­nen, lässt uns der Glaube das strahlende Antlitz des auferstandenen HERRN erahnen, der uns sagt, dass Leiden und Krank­heit in unserem menschlichen Leben nicht das letzte Wort haben werden…“

Ansprache an Kranke in Yaoundé, Kamerun, 19.3.2009

 

 

 

 

 

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