Seligsprechung - Maria Goretti

Ansprache von Papst Pius XII. am 27.4. 1947

Anders als heute üblich wurde die Seligsprechungszeremonie am 27. April 1947 nicht in gleicher Weise wie heute vom Papst persönlich vorgenommen. Am Nachmittag des Tages aber kam Pius XII. dann selber in den Petersdom, um die neue Selige - deren Reliquienschrein dorthin gebracht worden war - zu verehren. Nach dieser Feier begegnete er dort der Familie der Seligen und unterhielt sich mit der Mutter, Assunta Goretti, die in ihrem Rollstuhl saß - seit einem Sturz 1944 konnte sie sich nur noch mühsam auf Krücken fortbewegen. Am folgenden Tag hielt Pius XII. anlässlich einer Audienz eine bedeutende Ansprache über die von ihm sehr geschätzte jugendliche Märtyrin, die wir ungekürzt dokumentieren (zitiert nach der Übersetzung von Dr. P. Othmar Bauer OSB in L. Novarese, Was Mutter Goretti erzählt, 2. Aufl. Luzern 1951). Die Zwischenüberschriften und die Hervorhebungen im Text stammen von uns.

 

 

[Foto: © Freundeskreis Maria Goretti e. V.]

 

Das Fest des christlichen Volkes

"Mit lebhafter Ergriffenheit haben Wir gestern Unser Gebet und Unsere Bitten zur neuen Seligen und durch sie zu GOTT empor geschickt, und mit einer tiefinnern, väterlichen Freude begrüßen Wir nun euch, geliebte Söhne und Töchter, an dieser Stätte. Ihr fühlt euch mit Maria Goretti durch Bande des Blutes verbunden, durch den gemeinsamen Geburtsort, die gleichen Berufs- und Lebensbedingungen, vor allem aber durch denselben Glauben. Wirklich, der gestrige Tag war euer Tag, euer Fest, das Fest des christlichen Volkes.

Es war der Tag der Jungmädchen, die einen heiligen Stolz darob empfinden, dass eine ihres Alters so hoch erhoben wurde. Das Beispiel Marias spornt sie zu Frömmigkeit und Starkmut an!

Es ist der Tag der GOTTESfürchtigen und hochherzigen Seelen, aller jener, für die der katholische Glaube eine Wirklichkeit, ein kostbarer Schatz (vgl. Mt 13,44), das höchste Gut, ja ihr ein und alles ist. Eine herrliche Blüte dieses lebendigen Glaubens ist die selige Maria Goretti.

Es war der Tag der sanften und friedliebenden Seelen, jener Seelen, die sich ruhig und standhaft mit ihrer harten Arbeit das Brot verdienen, die voll GOTTvertrauen und Ergebung jahre-, jahrzehntelang das Kreuz der irdischen Wanderschaft tragen, bis der HERR an der Schwelle der Ewigkeit es von ihren Schultern nimmt. Die große Öffentlichkeit denkt wenig an diese Menschen und spricht noch viel weniger von ihnen. Und doch retten s i e das Volk und das Vaterland durch die Stürme der Zeit. Zu ihnen müssen der rechtschaffene und arbeitsame Vater und die fromme Mutter von Maria Goretti gezählt werden. Der Mutter, die sich hier unter uns befindet, gilt in besonderer Weise Unser Glückwunsch und Unsere herzliche Teilnahme ob der unvergleichlichen Gunst, die ihr zuteil ward, noch zu Lebzeiten ihre eigene Tochter zur Ehre der Altäre erhoben zu sehen.

Der gestrige Tag war auch ein Tag der christlichen Familie. Maria Goretti, die schon im jugendlichen Alter von kaum 12 Jahren diese Erde verlassen musste, ist am häuslichen Herde reich und reif geworden; am häuslichen Herde, wo gebetet wird, wo die Kinder in der Furcht GOTTES zum Gehorsam gegenüber den Eltern erzogen, zur Wahrheitsliebe, zur Schamhaftigkeit und Reinheit angeleitet werden, wo man sich von klein auf daran gewöhnt, mit wenigem zufrieden und früh schon in Haus und Hof behilflich zu sein, wo gesunde Natürlichkeit und religiöse Atmosphäre, die die Kinder umgeben, so stark zusammenwirken, dass diese in der Gnade CHRISTI heranwachsen und mit CHRISTUS ganz eins werden. Ja, wie kostbar ist diese alte und einfache Erziehungsmethode, die durch nichts ersetzt werden kann! Wenn man von ihr lässt, dann schwinden Wohlfahrt und Glück der Familie! Du, Selige, leg' Fürbitte ein bei GOTT, damit diese Güter, denen du selber so viel verdankst, unserer Jugend und unserem Volk erhalten bleiben!

Vorbild der Tugend der Starkmut

Maria Gorettis Gestalt und Geschichte haben sofort eine andere Geschichte und Gestalt in Erinnerung gerufen: Agnes. Das Antlitz der römischen Märtyrin und das Antlitz des Mädchens von Corinaldo erstrahlen im gleichen Glanz; die Herzen beider verbreiten denselben Duft! Aber ist vielleicht nicht zu befürchten, dass die Anmut und zarte Unschuld dieser zwei Mädchen ihre charakteristische Tugend etwas in den Schatten stellen, weil sie wohl das künstlerische und literarische Empfinden anregen, dabei aber zu oberflächlich und zu natürlich beurteilt werden? Und doch ist ihre charakteristische Tugend der Starkmut, der Starkmut der Jungfrau, der Starkmut der Märtyrin, der durch ihre Jugendlichkeit nur in ein um so helleres und strahlenderes Licht gerückt wird! Der Starkmut, der zugleich Schutzwehr und Frucht der Jungfräulichkeit ist!

Wie groß ist der Irrtum jener, die für die Jungfräulichkeit nur ein mitleidiges Lächeln übrig haben, weil sie sie als Ausdruck der Unwissenheit und der Naivität kleiner, empfindungsloser Geister betrachten, die weder Glut und Leidenschaft, noch Erfahrung des Lebens besitzen! Wie will denn der, der sich kampflos ergeben hat, eine Vorstellung davon haben, wie viel Starkmut erforderlich ist, um während langer Jahre, ja ein ganzes Leben lang, ohne einen Augenblick schwach zu werden, den geheimen Anreiz und Aufruhr der Sinne und des Herzens zu beherrschen, die seit der Erbsünde in der menschlichen Natur von Jugend auf gären? Wie kann ein solcher eine Vorstellung davon haben, wie viel Starkmut erforderlich ist, um auch nicht ein einziges Mal nachzugeben, sondern tapfer zu widerstehen, mag die Neugier etwas zu sehen, zu hören, zu kosten oder zu erleben, auch tausendmal sich einstellen, jene Neugier, die die Lippen dem berauschenden Becher nähert und den tödlichen Duft einatmen lässt, der von der Blume des Bösen ausströmt? Wie kann ein solcher eine Vorstellung davon haben, wie viel Starkmut es braucht, um sich inmitten der Schamlosigkeiten dieser Welt festen Geistes durchzuschlagen und über alle Versuchungen, alle Drohungen, alle verführerischen und höhnischen Blicke erhaben zu sein?

Nein: weder Agnes im Wirbel der heidnischen Gesellschaft, noch Aloisius Gonzaga an den Fürstenhöfen der Renaissance mit ihrer galanten Ausgelassenheit, noch Maria Goretti in der lastenden Nähe leidenschaftlicher, schamloser Menschen waren unwissend oder gefühllos, wohl aber waren sie stark, stark durch jenen übernatürlichen Starkmut, der in allen Christen bei der Taufe grundgelegt wird und der dank einer sorgfältigen und steten Erziehung, bei liebevoller Zusammenarbeit von Eltern und Kindern, reiche Frucht zeitigt an allem Guten und jeglicher Tugend.

So war es mit Maria Goretti. In der einfachen Umgebung, in der sie aufwuchs, war ihre Erziehung ebenso einfach wie ausgesucht sorgfältig, und die Art und Weise, wie Maria ihr entsprach, war nicht weniger vorbildlich. Welch bezeichnendes Zeugnis legte die Mutter davon ab, als sie versicherte, das Mädchen habe ihr nie den geringsten freiwilligen Kummer verursacht! Und wer liest nicht sogar die Aussagen des Mörders mit Ergriffenheit, der bezeugt, er habe an ihr nie irgendein Vergehen gegen das Gesetz GOTTES beobachtet.

Tapferkeit und Klugheit

Unsere Selige war wirklich tapfer. Und sie verstand und begriff, worum es ging. Und gerade deshalb zog sie den Tod vor. Sie war noch nicht zwölf Jahre alt, als sie als Märtyrin fiel. Aber was für einen Scharfblick, was für eine Klugheit und Energie bewies dieses Mädchen! Der drohenden Gefahr bewusst, sann es Tag und Nacht darauf, seine Unversehrtheit zu schützen, tat alles, um nie allein zu bleiben, und in ständigem Gebet empfahl es der allerseligsten Jungfrau die Lilie seiner Reinheit. Nein, wahrhaftig nein, Maria war nicht eine kleine, schwächliche Seele. Maria war eine Heldin, die unter dem Dolch ihres Mörders nicht an den Schmerz denkt, sondern an die Hässlichkeit der Sünde, die sie entschieden zurückweist.

Sie sind, GOTT sei Dank, noch zahlreich - zahlreicher, als man vielleicht annimmt, weil sie ihren Ernst und ihre Tugend nicht, wie andere ihren Leichtsinn und ihre Unordnung, zur Schau tragen -, jene Jungmädchen nämlich, die, von christlichen Eltern erzogen, unbefangen und frohmütig, aber züchtig in Stadt und Land ihren Weg gehen und dort sich einfinden, wohin die häuslichen Pflichten, Beruf, Schule, Caritas sie rufen; die sich in ihrer lächelnden Anmut die Liebe der Mitmenschen gewinnen, aber gleichzeitig Achtung wecken für ihre unbeugsame Würde.

Es sind ihrer ohne Zweifel viele (die feierliche Zeremonie von gestern bot Uns ein herrliches Bild!), und es wären ihrer noch mehr, wenn auf Seiten der Eltern mehr Umsicht und liebevolle Güte und auf Seiten der Kinder mehr Vertrauen und Gelehrigkeit vorhanden wären.

Wir wollen nicht von den Niederlagen sprechen, die so viele unglückliche Mädchen in den Abgrund stürzen. Nicht von so manchem Drama, das mit einem hoffnungslosen Tod endigt; von so manchem Zusammenbruch, der menschlich nicht wieder gutzumachen ist. Wie viele Verirrungen, Kompromisse und Kapitulationen gibt es doch! Es ist der Schwindel des Augenblicks, den der Leichtsinn vielleicht in der ersten Zeit vergessen lässt, aber dessen demütigende Erinnerung später wieder aufsteigt wie Giftblasen an die Oberfläche eines Tümpels, mit nagenden Gewissensbissen, deren bitterer Schmerz auch nach der Reue und Verzeihung sich hienieden niemals ganz verliert.

Liebe zu CHRISTUS

Bewundert angesichts dieser bedauernswerten Schwächen und armseligen Versager die Kraft der reinen Herzen! Es ist eine verborgene, geheimnisvolle Kraft, eine Kraft, die die Grenzen der menschlichen Natur und nicht selten der gewöhnlichen christlichen Tugend überschreitet. Es ist die Kraft der Liebe zum GÖTTlichen Bräutigam der Seele, die jeden zurückweist, der es wagt, ihre Treue zu versuchen und die Reinheit ihrer Gefühle anzutasten.

So erscheint uns Maria in ihrem Leben und nicht weniger in ihrem Martyrium! Aber dürfen wir denn wirklich ihre Tugend mit der einer Agnes, einer Cäcilia, einer Gertrud, einer Katharina von Siena, einer Theresia vom Kinde JESU und so vieler anderer vergleichen, von denen manche in heldenhafter Entsagung für CHRISTUS und die Kirche Hervorragendes leisteten und so in gesegneter Jungfräulichkeit ihren Brautring, der sie für ihr ganzes Leben mit dem himmlischen Bräutigam verbunden hatte, bis ins hohe Alter trugen? Maria aber war noch ein Mädchen, und wir dürfen keineswegs mit Sicherheit zu behaupten wagen, sie hätte sich CHRISTUS durch das Gelübde der Jungfräulichkeit geweiht. Nichts gibt uns die Gewissheit, dass sie nicht mit den Jahren den Weg so vieler anderer Jungmädchen gegangen wäre, die in der Blüte ihrer Unschuld an den Altar treten, um GOTT in einer heiligen Ehe neue Verehrer, der menschlichen Familie neue auserwählte Glieder, der Kirche treue Kinder und dem Himmel zukünftige Heilige zu schenken. Aber CHRISTUS wusste wohl, dass Er Maria auserwählte und sich vorbehalten hatte; und Maria hatte sich ihrerseits, ohne an die Zukunft zu denken, in ihrem Herzen ganz dem HEILAND geschenkt. Sie wollte nur eines: um nichts auf der Welt GOTTES Gebot verletzen und CHRISTUS die Treue halten um jeden Preis, selbst den des eigenen Lebens.

Vorbild, Beschützerin und Fürbitterin

Hat Maria etwa gehandelt wie ein naives, unschuldiges Wesen, das instinktiv vor der bloßen Drohung der Sünde erschrickt "wie beim Anblick einer Schlange" (Ekkl. 21,1)? Etwa wie der Hermelin, der sich - nach einer alten Legende - lieber töten lässt, als dass er mit seinem Fuß den Kot des Weges streifte? War sie etwa nur getragen vom natürlichen Schamgefühl? Nein. Wenn auch noch jung, so lässt sie doch schon die Innigkeit und Kraft ihrer Liebe zum GÖTTlichen Erlöser durchblicken. Noch kann sie nicht lesen; Armut und Abgelegenheit hindern sie, eine Schule zu besuchen. Aber ihre Liebe kennt weder Schwierigkeiten, noch fürchtet sie weite Entfernung. Ja, nur um so mutiger macht sie sich daran, alle Hausarbeiten zu erledigen, und eilt dann ins Dorf, um die christlichen Wahrheiten zu erlernen. Und um JESUS in der heiligsten Eucharistie zu empfangen, schreckt sie nicht davor zurück, einen langen Weg zurückzulegen, mitten im heißesten Sommer, mit leerem Magen, unter der brennenden Sonne, auf staubiger Straße. "Ich kann die Stunde kaum erwarten, bis ich morgen die heilige Kommunion empfangen darf", sagte sie eines Tages. Und der Tag kam und mit ihm die heilige Kommunion! Was für ein Tag und was für eine Kommunion! Am Nachmittag des gleichen Tages, an dem sie diese Worte gesprochen hatte, vergoss sie ihr Blut, um dem Bräutigam ihrer jungfräulichen Seele unverbrüchlich treu zu bleiben!

Gestern wurde das Opfer des ruchlosen Verbrechens vom 6. Juli 1902 zur Ehre der Altäre erhoben. Wie könnten wir daran zweifeln, dass die wunderbare GÖTTliche Vorsehung in der neuen Seligen den Jungmädchen, besonders den eifrigen Jungmädchen der Katholischen Aktion, der unschuldigen Schar der Marienkinder und allen jenen, die der Unbefleckten Jungfrau geweiht sind, ein Vorbild, eine himmlische Beschützerin und Fürbitterin schenken wollte? Die neue Selige war ja eine wie sie, als sie für ihre Treue zu GOTTES Gebot den blutigen Tod erlitt; noch nicht zwölfjährig, erwies sie sich schon reif in der christlichen Tugend, stark und bereit, ihr Blut mit dem des LAMMES zu vereinigen.

"Wehe der Welt um der Ärgernisse willen!"

Die knapp fünfzig Jahre, die seit dem ergreifenden Sterben von Maria Goretti verflossen sind, waren übervoll an stürmischen Ereignissen und überstürzten Umwälzungen. Nicht zuletzt zeigten sich in dieser Zeit tiefgehende Veränderungen im Leben des Mädchens und der Frau. Wir haben schon bei andern Gelegenheiten ausführlich dargelegt, wie die Frauenwelt in diesem halben Jahrhundert aus der Zurückgezogenheit des häuslichen Lebens - die für die frühere Zeit kennzeichnend war - in alle Bereich des öffentlichen Lebens hineingerissen wurde, selbst in den Militärdienst. Dieser Vorgang hat sich mit einer, Wir möchten sagen, erbarmungslosen Schnelligkeit vollzogen.

Wenn man aber nicht will, dass derart tiefe und rasche Veränderungen die nachteiligsten Folgen für Religion und Lebensweise der Frau zeitigen, müssen sich in ihr ebenso gründlich und ebenso rasch vor allem jene inneren, übernatürlichen Werte festigen, die in der neuen Seligen erstrahlten: der Glaubensgeist und die Eingezogenheit, und diese nicht als bloß natürliche und gleichsam unbewusste Schüchternheit, sondern als eine mit Bedacht und Sorgfalt gepflegte christliche Tugend. Außerdem haben alle jene, denen das Gemeinwohl der menschlichen Gesellschaft sowie das zeitliche und ewige Wohl der Frau am Herzen liegen, aufs bestimmteste zu verlangen, dass sich die öffentliche Moral zur Beschützerin ihrer Ehre und Würde mache. Aber wie steht es in Wirklichkeit? Sind Wir vielleicht im Irrtum, wenn Wir behaupten, noch keine Zeit habe es wohl so sehr an ihren Pflichten gegenüber der Frau fehlen lassen wie gerade die Unsrige?

Deshalb legt sich der laute Ruf des Erlösers auf Unsere Lippen: "Vae mundo a scandalis!" (Mt 18,7). "Wehe der Welt um der Ärgernisse willen!" Wehe jenen bewussten und vorsätzlichen Verführern in Romanen, Zeitungen, Illustrierten, Theater, Film und ausgeschämter Mode! Wehe jenen leichtsinnigen Burschen, die mit fast unbemerktem Stich ein noch unberührtes Herz tödlich vergiften! Wehe jenen Vätern und Müttern, die, aller Energie und Klugheit bar, den Launen ihrer Söhne und Töchter nachgeben und auf jene elterliche Autorität verzichten, die auf der Stirne des Mannes und der Frau gleichsam als Widerschein der GÖTTlichen Majestät erstrahlt! Wehe aber auch so vielen Namens- und Scheinchristen, die sich mit den Legionen unbescholtener und rechtschaffener Menschen erheben müssten, die bereit wären, mit allen Mitteln das Ärgernis zu bekämpfen! Die Gesetze strafen zwar den Mörder eines Kindes, und es ist ihre Pflicht. Aber diejenigen, die dem Mörder die Waffe in die Hand drückten, die ihn ermutigten, ihn gleichgültig oder vielleicht gar mit einem nachsichtigen Lächeln gewähren ließen - welche Gerechtigkeit, welche menschliche Gesetzgebung wird es endlich versuchen oder fertig bringen, sie zu strafen, wie sie es verdienten? Und doch sind dies die eigentlichen Hauptschuldigen! Auf ihnen als den vorsätzlichen Verführern und geheimen Komplizen lastet furchtbar die GÖTTliche Gerechtigkeit!

Hat denn wirklich keine menschliche Gewalt die Kraft in sich, diese verkehrten Herzen, die wieder andere zugrunde richten, aufzurütteln und zu bekehren, den vielen sorglosen und furchtsamen Christen die Augen zu öffnen und sie aus ihrem Schlummer wachzurufen? Das Blut der Märtyrin und die Tränen des reumütigen Mörders mögen, zu einem einzigen Gebet vereint, dieses Wunder bewirken!

Die Gnade ist stärker als die Sünde

Und Unsere Hoffnung ist nicht eitel! Im Gegenteil, Wir zögern nicht, hier die Worte des Apostels Paulus zu wiederholen: "Wo die Sünde überbordete, da erwies sich die Gnade noch überschwänglicher" (Röm 5,20). Seht euch nur die Kirche recht an! Die Reihen jener, die glauben, beten und sich schwere Entsagungen auferlegen, wachsen und schließen sich enger; auch die Reihen der Jungen, die alles, was GOTT nicht will, entschieden zurückweisen, die für alles, was GOTT will, stets ein heiliges Ja haben, die nicht ruhen, bis sie ihre ganze Umgebung, ihre Berufs- und Arbeitskollegen, die GOTT fern stehen, zu CHRISTUS und zu Seinem Gesetz zurückgeführt haben. Sie alle sind Unser Trost und Unsere Freude.

Erfüllt von dieser Zuversicht, erheben Wir den Blick zum Himmel und betrachten die lichte Heerschar derer, die ihre Gewänder im Blute des LAMMES gewaschen haben, angeführt von der Jungfrau der Jungfrauen, der Zuflucht der Sünder. Wir rufen ihre Fürbitte an. Wir vereinigen Unser demütiges Flehen mit dem ihren, damit der läuternde, stärkende Tau der Gnade überreich die Erde benetze. Als Unterpfand dieser Gnade erteilen Wir euch von Herzen Unsern väterlichen Apostolischen Segen."