Das Porträt

FMG-INFORMATION 99, April 2010

 

Vorneweg möchten wir erinnern, dass die selige Jacinta Marto, die zu den drei Seherkindern von Fatima 1917 gehört, vor 100 Jahren, am 11. März 1910 in Aljustrel bei Fatima, Portugal, geboren wurde. Ihr Herz reagierte auf die Botschaft Mariens besonders mit dem Gebet und Opfer für die Bekehrung der Sünder, aber auch mit der Liebe zum Hl. Vater. Kurz nach dem Tod ihres Bruders Francisco am 3. April 1919 erkrankte auch sie schwer an einer schmerzhaften Brustfellentzündung und wurde im Januar 1920 auf Drängen des Arztes nach Lissabon gebracht. Dort war sie zunächst in einem Waisenhaus untergebracht und kam dann ins Krankenhaus, wo sie am 10. Februar operiert wurde. Am 20. Februar 1920 starb sie. In den letzten Leidenstagen im Waisenhaus und in der Klinik durfte sie mehrfach die GOTTESmutter schauen, wovon sie der Leiterin des Waisenhauses erzählte. Sie notierte diese Aussagen, so folgende: „Die Sünden, welche die meisten Seelen in die Hölle stürzen, sind die Sünden der Unreinheit.“ Und „Die Priester sollen rein sein, ganz rein.“ Im Jahr 2000 wurde sie mit ihrem Bruder Francisco seliggesprochen. (Vgl. das Lebensbild im Band 2 unserer Reihe „GOTTES Kinder“.)

In unserer Rubrik „Das Porträt“ möchten wir drei kurze Lebensbilder heiligmäßiger Kinder aus Italien und Spanien vorstellen: Silvio Cirielli (Quelle: Serena Manoni, Silvio: I suoi venerdì di passione; Bollettino Salesiano, Febbraio 2009, und www. santiebeati.it/dettaglio/94474; hiervon auch das Foto) und Federico Autolitano (Quelle: Serena Manoni, Federico la passione di presepi; Bollettino Salesiano, Febbraio 2008, und www. santiebeati.it/dettaglio/94235) sowie Maria Isabel Acuña Arias (Quelle: Serena Manoni, Maria Isabel fiore per un altro giardino; Bollettino Salesiano, Marzo 2006 und www.santiebeati.it/dettaglio/94248).

 

 

FRÜHVOLLENDET

Silvio Cirielli

 

*3. Januar 1930     + 30. Juni 1941 Bari

 

Silvio war ein kräftiger Junge, der sich gern sportlich betätigte – Schlittschuhlaufen, Schwimmen, Reiten und Radfahren. Er war ein intelligentes, aufgewecktes Kind mit einer schöpferischen Ader. Beim Spielen fungierte er oft als der Ideengeber. Seine sprühende Energie äußerte sich manchmal auch in einer Impulsivität, die sich der Rechthaberei nähern konnte, wenn es darum ging, das beste Ergebnis zu erreichen. Wenn man ihn dann zurechtwies, nahm er den Tadel an ohne jeden Groll gegen den, der ihn zur Ordnung gerufen oder geärgert hatte. Er erwies sich nach außen hart und unbeugsam, hatte aber in Wahrheit ein gutes, mitfühlendes Herz. Als sein junges Leben dann vom Leiden heimgesucht wurde, konnte er dieses bis zum bitteren Ende annehmen, weil auch GOTT selbst das Leiden in Seinem SOHN JESUS CHRISTUS angenommen hatte.

Eigenartigerweise fielen alle wichtigen Momente seines Lebens auf den selben Wochentag, den Freitag. Am Freitag, dem 3. Januar 1930 wurde er geboren. Am Freitag, dem 2. Mai 1940 empfing er das Sakrament der hl. Firmung. Und am Passionsfreitag, dem 4. April 1941 (Freitag vor Palmsonntag) begann sein Leidensweg.

Als Elfjähriger hatte er Zukunftsträume und schmiedete Pläne. Doch mit aller Wucht brach das Leiden in das junge Leben ein. Eine plötzlich auftretende akute Blinddarmentzündung streckte ihn nieder. Silvio ertrug das in heroischer Weise und bereitete Leib, Geist und Seele auf das kommende Leiden vor. Wenn auch sein Körper dem Leiden nicht mehr standhalten konnte, so blieben Seele und Geist doch unbeeinträchtigt. Sein Glaube wurde nicht schwach, seine moralische Stärke geriet nicht einen Augenblick ins Wanken. Ja, der Schmerz ließ ihn schnell reifen und bereit werden, sich GOTT als Opfer anzubieten.

Einige Tage nach jenem Passionsfreitag zwang ein neuer akuter Schmerz die Eltern dazu, den Notarzt zu rufen. Die Diagnose lautete auf Blinddarmdurchbruch und Bauchfellentzündung. 36 Stunden lang schwebte er zwischen Leben und Tod, weil sein kritischer körperlicher Zustand einen chirurgischen Eingriff nicht erlaubte.

Auch im Krankenhaus vergaß er nicht, jeden Abend seine Gebete zu verrichten, zusammen mit seiner Mutter, die stets an seiner Seite war. Einmal fragte sie ihn: „Silvio, wer ist in diesen Augenblicken, in denen du so sehr leidest, bei dir?“ Mit schwacher, aber entschlossener Stimme antwortete er: „GOTT“.

Nachdem er diese endlos langen, schrecklichen Stunden durchgestanden hatte, stellten die Ärzte erstaunt fest, dass sein Pulsschlag in Ordnung war und bereiteten alles für die Durchführung der Operation Notwendige vor. Nach 35 Tagen im Krankenhaus konnte Silvio das „kleine Rennpferd“, wie er sich selber bezeichnete – nach Hause zurückkehren. Doch sein Zustand besserte sich nicht. Am 30. Juni wurde er im Krankenhaus von Bari erneut operiert. Auf den operativen Eingriff folgten ein 23-stündiges Delirium mit quälendem Durst. Es endete mit der Heimkehr zum VATER. Er hatte sein Leiden bewusst angenommen, mit elfeinhalb Jahren. Während seines Todeskampfe sagte er zu seiner Mutter: „Es ist wirklich der HERR, der das gewollt hat, deshalb füge ich mich.“ In seinen letzten Worten, die ihm seine Mutter vorsagte, brachte er seinen inbrünstigen Wunsch, mit GOTT vereint zu werden, zum Ausdruck: „Danke JESUS, ich liebe Dich, ich bin Dein für Zeit und Ewigkeit!“

 

 

 

Federico Autolitano

 

*26. April 1992 Agrigent/Sizilien   -   + 2. Oktober 2004

 

Federico – Friedrich – liebte Weihnachten, und am Christfest 1998 erwartete er mit reiner, schlichter Freude den Moment, da er in einem geheiligten Ritus das JESUSkind in die Krippe legen durfte. Er war noch keine elf Jahre alt, als am Fest der Unschuldigen Kinder, am 28. Dezember, sein Leidensweg begann. Es war ein Weg der Schmerzen, der seinen Lieben unendlich vorkam mit all den Behandlungen wie Radio-Chemotherapie, Blutübertragungen, Krankenhausaufenthalten in der Isolation, sehr schmerzhaften Lumbaleinspritzungen und weiten Reisen nach und von Mailand. Am Ende versagten auch die Sehkraft und das Gleichgewichtsorgan, nicht aber seine Tapferkeit und seine außergewöhnliche moralische Stärke, die ihn aufrecht hielt.

Friedrich weinte und jammerte nicht. Mehr noch: Er tröstete die Kinder, die mit ihm auf der Krankenstation waren, und munterte sie auf, indem er sie zum Beten anleitete. Wenn man ihn nach seinem Befinden fragte, antwortete er immer: „Gut!“ Er machte sich durch kleine Arbeiten im Krankenhaus nützlich, die er dann stolz seinen Lieben zeigte. Er liebte das Malen, Feste und vor allem Krippen, die seine wahre Leidenschaft wurden. Er war auch Messdiener – und zwar ein eifriger, vorbildlicher Ministrant. Als ihm die Krankheit die Sehkraft raubte, wollte er den Altardienst nicht aufgeben; er ließ sich von den Kameraden unterstützen. Er wollte immer bei JESUS sein.

Nach der ersten Phase der Behandlungen schien sich sein Zustand zu bessern. Nach zwei Jahren jedoch meldete sich die Krankheit erbarmungslos zurück. Das war die härteste Zeit seines kurzen Lebens. Die ärztliche Behandlung, die jetzt ohnehin nur noch schmerzlindernd war, hatte keine Wirkung mehr. Er schrieb dazu: „Jedes Mal, wenn ich nach Mailand fahre, graut mir vor der Spritze.“ Während ihn die Krankheit quälte, wunderten sich aber alle über sein Schweigen und über das Lächeln, das er für jeden bereit hatte, der ihn besuchte.

Er empfing die erste heilige Kommunion wenige Monate vor seinem Tod. Er war sehr bewegt und aufgeregt: „Mama, Papa, ich sah JESUS, wie Er mir zulächelte… Er hatte blaue Augen, einen Bart, ein himmlisches Gewand…“. Alle waren hocherstaunt. Von da an erzählte Friedrich oft von seinen Visionen des Himmels. Manchmal fanden ihn seine Angehörigen im Gespräch mit… niemandem. Tatsächlich sprach er mit jemandem, den er sah oder in sich fühlte. Abends betete er meistens den Rosenkranz. Er liebte den HERRN wie wenige: „JESUS, Du bist der Schönste und der Stärkste in meinem Herzen!“ Er starb am 2. Oktober 2004 mit zwölfeinhalb Jahren. Tausende Menschen versammelten sich bei seinem Begräbnis mit großer Rührung. Dieses Wort kennzeichnet ihn: „Ich heiße Federico, bin elf Jahre alt, komme aus Agrigent, bin das einzige Kind. Ich möchte wissen, was Du von mir willst, warum Du immer bei Nacht kommst, warum du mich brauchst? Und warum Du immer in Kontakt bist mit mir, alle Tage?“

 

 

 

Maria Isabel Acuña Arias

 

* 5. März 1941   -   15. August 1954

 

Dieses spanische Mädchen erreichte das Alter von vierzehn Jahren. Ihr Erstkommuniontag – der 8. Dezember 1950 – markiert wie ihr Todestag – das Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel – eine marianische Ausrichtung, der in der Tat die große Liebe von Maria Isabel zur GOTTESmutter entsprach. Das Mädchen hatte ein sonniges Gemüt. Ihre Neigung zur Fröhlichkeit zeigte sich etwa in der Gemeinschaft mit ihren Klassenkameradinnen in den Schulpausen. Doch ging das Hand in Hand mit einer Innerlichkeit, die sich gern dem Schweigen und dem Gebet zuwandte. Die Krankheit, die das Mädchen früh erfasste – ein Hirntumor – vermochte nicht ihren Glauben und ihre zarte Bindung an Maria zu erschüttern oder zu verwirren. Es gelang ihr auf ihrem Leidensweg, ihren Glauben zu einem Rettungsmittel zu machen für die Wiederbekehrung ihres Vaters.

Als Maria Isabel in das Hospital von Seguro (San José) aufgenommen wurde, um sich einer Untersuchung zu unterziehen, gab ihr der Direktor des Don-Bosco-Kollegs den Segen mit Anrufung Mariens, der Hilfe der Christen. Da schienen die sehr schmerzhaften Störungen, über die sie in dieser ersten Phase klagte und die sie so sehr ihrer Kräfte beraubten, zu verschwinden.

In der Tat sagte sie zum Direktor: „Es geht mir viel besser, aber ich bin nicht geheilt; ich werde sterben, weil ich mein Leben unserem HERRN angeboten habe für die Bekehrung meines Vaters.“ Das Gnadenwunder geschah: Ihr Vater kehrte ins „Vaterhaus“ zurück und schenkt so dem Mädchen jene Ausgeglichenheit, die ihr erlaubte, diese Welt und das irdische Leben in einer vollkommenen Ruhe des Geistes zu verlassen.

Und so drückte sie auch gegenüber dem Direktor des Salesianerkollegs ihre neugeschenkte Freude aus: „Ich bin unermesslich glücklich, was will man mehr ersehnen?“ In der Tat, es gab nicht mehr zu ersehenen. Alles war nach ihrer Hoffnung und nach dem Plan GOTTES verlaufen. Kurz danach kehrte die Krankheit in ihrer ganzen Gewalt zurück, ohne Raum für Hoffnung auf Genesung, und die Untersuchungen bestätigten diese tragische Realität von Mal zu Mal. Maria Isabel aber lebte ihre letzten Momente wie ein Fest, das ihre Freude über die hl. Eucharistie und ihre Marienverehrung feierte. So nahm sie den 15. August 1954 an, das Hochfest Mariae Himmelfahrt. Wie kann man dieses Zusammenklingen von Tragödie und Wunder in Worte fassen: das Wirken GOTTES bleibt uns ein Geheimnis, ein Geheimnis der Liebe! Eine Kameradin Maria Isabels, Schülerin des Don-Bosco-Kollegs, sagte darüber: „Du hast das Leiden mit großer Ergebenheit erduldet und dein Beispiel hat unseren Seelen ein neues Licht geschenkt… Ich habe Scheu, mich mit dir zu vergleichen. Du bist so gut, demütig und großherzig, gehorsam und ergeben bis zum Sterben.“ Und weiter: „Marisa war in ihrem kurzen Leben wie ein Veilchen; klein und bescheiden in ihrer Erscheinung, aber groß und wunderschön in ihrer Unschuld und Herzensgüte.“

  

 

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