Das Porträt
FMG-INFORMATION 105, April 2012
Wir sind aufmerksam geworden, dass in der Slowakei auch das Seligsprechungsverfahren für eine junge Reinheitsmärtyrin eingeleitet wurde: für die 16-jährige Anna Kolesárová, die 1944 Opfer eines russischen Soldaten wurde, dessen Vergewaltigungsversuch sie widerstand. Im Internet finden sich übrigens einige Auflistungen von Reinheitsopfern. So zählt die Seite „In defensum castitatis“ (www. flickr.com/photos/34753188@ N05/sets/72157614739104713/) neunundzwanzig Mädchen und Frauen auf, darunter neben der hl. Maria Goretti und den seligen Teresa Bracco, Lindalva Justo De Oliveira, Karolina Kozka, Alexandrina da Costa, Antonia Mesina, Albertina Berckenbrock, Pierina Morosini und Anuarite Nengapeta) weitere Dienerinnen GOTTES aus verschiedenen Ländern, darunter Magda Bódi und Veronica Antal, deren Lebensbild wir hier schon veröffentlicht haben. Ein Verzeichnis auf der Internet-Seite des Maria-Goretti-Heiligtums in ihrem Geburtsort Corinaldo (www. santamariagoretti.it/ComeMarietta.html) führt unter dem Titel „Come Maria Goretti“ („wie Maria Goretti“) 53 Namen auf.
Quellen: http:// anka.hudakcd.sk/ und http:// sk.wikipedia.org/wiki/Anna_Koles%C3%A1rov%C3%A1, ferner: www. tkkbs.sk/view. php?cisloclanku=20120215008, www. ke-arcidieceza.sk/homilia-mons-bernarda-bobera-14-2-2012/ und www. magnificat.sk/?s= maria+goretti&x=22&y=9. Fotos von diesen Quellen und von http://annakolesarova.sk/anna-kolesarova/#dokumenty.
REIN UND TAPFER
Anna Kolesárová
*14. Juli 1928 Vysoká nad Uhom, Slowakei + 22. November 1944 ebd. (Pfarrei Pavlovce nad Uhom, Diözese Košice)
Anna wurde am 14. Juli 1928 in Vysoká nad Uhom (= am Fluss Uh) - in der Ostslowakei, östlich von Košice (deutsch: Kaschau) nahe der ukrainischen Grenze gelegen - geboren: Ihre Eltern – Ján Kolesár, mit dem Spitznamen Hruška („Birne“), und Anna, geb. Kušnírová – ließen sie gleich am folgenden Tag taufen. Ihr Vater war streng, aber gerecht. Mit zehn Jahren verlor Anna die Mutter und musste den Haushalt allein führen und dem älteren Bruder Michal in gewissem Sinn die Mutter ersetzen. Wegen ihren Pflichten hatte sie keine Zeit, ihre Freundinnen zu besuchen. Deshalb kamen diese zur ihr und gingen mit ihr gemeinsam in die Kirche, in die heilige Messe oder zum Gebet der Litanei. Anka lebte sehr einfach. Sie hat auf ihren Ruf und ihre Keuschheit geachtet. Sie ging regelmäßig in die Kirche und zur Andacht, empfing die Sakramente. Jeden Samstag trafen sie sich bei den Nachbarn Podhorínov, wo sie gemeinsam den Rosenkranz gebetet haben. 1938 empfing Anna das Sakrament der hl. Firmung.
22.November 1944
Am Ende des zweiten Weltkrieges während des Frontdurchgangs versteckten sich die Bewohner von Vysoká nad Uhom in den Kellern. Ján Kolesár (Hruška) war auch mit seiner Familie und den Nachbarn im Keller unter der Küche versteckt. Bei der Hausdurchsuchung schaute ein betrunkener russischer Soldat in den Keller. – „Haňka, gib ihm etwas zu essen, er ist sicher hungrig“, sagte der Vater zu seiner sechzehnjährigen Tochter, die schon seit einigen Tagen das schwarze Kleid der Mutter trug, um einen erwachsenen Eindruck zu machen und so ihre Keuschheit zu schützen. Nachdem sie vom Vater angesprochen wurde, ging sie hinauf in die Küche. Kurz darauf bedrängte der Soldat das Mädchen und forderte sie auf, sich ihm hinzugeben. Sie weigerte sich, obwohl er ihr gedroht hat, sie zu erschießen. Sie entriss sich seinen Händen und lief schnell in den Keller zurück. Der Soldat sprang rasch hinterher, richtete das Maschinengewehr auf sie und rief: „Verabschiede dich von deinem Vater!“ Das Mädchen rief: -„Papa, Lebewohl, JESUS, Maria, Josef!“ In diesem Moment machte der Soldat seine Drohung war und feuerte zwei Schüsse auf sie, die sie töteten. Wegen der andauernden Kämpfe im Dorf wurde sie am nächsten Tag spät am Abend heimlich, ohne Priester, beerdigt. Das formelle Begräbnis fand erst am 29. November 1944 statt und wurde vom dortigen Pfarrer Anton Lukáč durchgeführt. Gleich nachher schrieb er in die Pfarrmatrikel der Verstorbenen die Anmerkung: „Hostia sanctae castitatis“ (Opfer der heiligen Keuschheit) und ergänzend zum Taufeintrag: „Occisa a milite ex Russia propter castitatem“ („getötet von einem Soldaten aus Russland der Keuschheit wegen“).
Lieber Tod als die Sünde
Am 22. November 1944 erlosch das junge Leben des Mädchens – der Märtyrerin, die lieber den Tod wählte als ihre Keuschheit zu verlieren. Diese Begebenheit wurde im Jahr 1944 in die Pfarrchronik von Pavlovce nad Uhom vom őrtlichen Pfarrer Anton Lukáč, dem Generalvikar für das Dekanat Uschorod, aufgezeichnet. Wörtlich: „Am Abend vom 22. November kamen die ersten Patrouillen der russischen Armee nach Vysoká. Dort geschah es, dass ein betrunkener russischer Soldat bei der Hausdurchsuchung in einen Keller eintrat. Im Keller waren Menschen versteckt, unter ihnen auch die sechzehnjährige Anna Kolesárová, die Tochter von Ján Kolesár (Hruška) und der verstorbenen Anna Kušnírová. Als sie von dem Russen erblickt wurde, versuchte er sie aus dem Raum zu zerren. Er drohte ihr, sie zu erschießen, falls sie sich ihm nicht freiwillig hingebe. Anna hatte lieber den Tod gewählt, als sich dem Soldaten hinzugeben. Gestärkt wurde sie durch den Leib CHRISTI, denn sie hat kurz vorher die Beichte abgelegt und die heilige Kommunion empfangen. Der Russe hatte seine Drohung wahr gemacht und erschoss das Mädchen mit zwei Schüssen vor den Augen des Vaters.“
Das Ereignis bestätigten schriftlich fünf Augenzeugen.
In den folgenden Jahrzehnten machte die politische Lage in der Slowakei es unmöglich, einen Seligsprechungsprozess für Anna Kolesárová einzuleiten. Trotzdem existieren glaubwürdige Aufzeichnungen (bereits aus dem Jahr 1957) vom verstorbenen Pater Michal Potocký SJ, der aus Vysoká nad Uhom stammte und Zeugen von Annas Leben und Tod befragte.
Das Grab der Reinheitsmärtyrin in Vysoká nad Uhom ist das Ziel von Pilgern aus der ganzen Slowakei, besonders von jungen Menschen. Schon 1999 gab es dort mehrere Jugendtreffen mit einigen Hundert Jugendlichen und Bischöfen. Am 14. Februar 2012 wurde in Košice die diözesane Phase des Seligsprechungsprozesses von Erzbischof Bernard Bober in einer feierlichen hl. Messe im Beisein des Alterzbischof Tkáč, zahlreicher Priester und Gläubigen, besonders auch Jugendlicher, abgeschlossen. Die Prozessakten wurden nach Rom weitergeleitet.
In seiner Predigt in der Kathedrale von Kaschau stellte Erzbischof Bober Anka als „junges Mädchen aus unserer Region“ heraus, das „in ihrem kurzen, kostbaren Leben“ die christliche Glaubenswahrheit bestätigt habe, dass „die wahre Liebe stärker ist als der Tod“. Ankas heroisches Verhalten, zu dem sie sich in einem kurzen Augenblick entschließen musste, sei keine Manifestation der Verzweiflung gewesen, wie man argumentieren könnte, sondern eine trotz ihres jungen Alters bewusste Entscheidung, ihre moralischen Werte, ihre Reinheit, zu schützen. Nicht mit der Sünde – die versklavt – einverstanden zu sein, sondern sie auch in Herz und Sinn zu meiden und in der Abwehr, auch in Herz und Sinn, ihr Bestes zu geben, das sei die lebendige Verbindung von Anka zur heutigen Jugend. Erfüllung der Begierde und selbstsüchtige Liebe seien bei weitem nicht vergleichbar mit der Freude und dem Frieden, den JESUS für das Halten der Gebote schenke. Der Erzbischof erinnerte an die 52. „Wallfahrt der Freude“ zu ihrem Grab, an der er am Samstag vorher mit 850 jungen Menschen teilgenommen habe. Sie beteten am Grab drei Ave-Maria – „eines um die persönliche Berufung, das zweite um die moralische Reinheit, das dritte um die Treue zu GOTT und zum Evangelium“. Für viele sei dies ein tiefes Erlebnis und ein Impuls zur Glaubensvertiefung, auch eine Ermutigung, sich im Kreis vieler zu erleben, denen die sittliche Reinheit nicht gleichgültig sei. Der Erzbischof nannte die Reinheitsmärtyrin die „Perle im Acker“, aus deren Zeugnis nun andere leben könnten. Sie sei ein Geschenk für unsere Zeit und ein Vorbild der reinen Liebe. Der Erzbischof drückte seine Hoffnung aus, dass der begonnene Seligsprechungsprozess einst mit der Seligsprechung abgeschlossen werde.
Allmächtiger GOTT, die Jungfrau Anna Kolesárová hat, um die Keuschheit des Herzens und Leibes zu bewahren, lieber den Tod gewählt. Wir bitten dich, ewiger VATER, erhőre unsere Bitte und verherrliche sie als Märyrin der Keuschheit durch die Erhebung zur Ehre der Altäre. Um ihre Seligsprechung bitten wir dich durch CHRISTUS, unseren HERRN. Amen.
(Das Gebet hat die kirchliche Druckerlaubnis des Erzbischöflichen Ordinariats Košice vom 17.1.1996)
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