(FMG-INFORMATION 116, August 2016)

 

Die große Verwirrung

 

 

Zur Diskussion über

das Apostolische Schreiben "Amoris Latetitia"

 

 

In den vorherigen Ausgaben der „FMG-INFORMATION“ haben wir eine große Menge von Stellungnahmen zu den Fragen um Ehe, Homosexualität, zivile Wiederheirat von Geschiedenen und deren Möglichkeit des Sakramentenempfangs usw. zusammengetragen. Inzwischen ist nach der 2. Bischofssynode zu diesem Thema und mit der Veröffentlichung der Nachsynodalen Apostolischen Schreibens „Amoris Laetitia“ (im Folgenden immer abgekürzt: „AL“) von Papst Franziskus, datiert vom 19. März 2016, die öffentliche Diskussion um diese Themen und um die Auslegung der Aussagen des Hl. Vaters weitergegangen. Es geht um wirklich entscheidende Fragen. Und es ist für den gläubigen Katholiken nicht einfach, wie er die Aussagen des Papstes und deren teilweise sehr gegensätzliche Deutungen von Bischöfen und gelehrten, gläubigen Denkern und dazu die Meldungen und Wertungen der Medien einordnet.

 

Die Ehrfurcht vor dem Nachfolger Petri und die Achtung des obersten kirchlichen Lehramtes lassen einerseits keinesfalls zu, den gültig gewählten Papst anzugreifen. Anderseits ist es aber auch nicht möglich, das rationale Denken auszuschalten, wenn man einen Zwiespalt feststellen muss zwischen den überlieferten Aussagen der Kirche und all dem, was jetzt vertreten wird mit Berufung auf Worte von Papst Franziskus. Es ist sehr schmerzlich, die große Verwirrung wahrzunehmen, die nicht nur durch Pressefehldeutungen oder Ähnliches verursacht ist, sondern die auch aus verwirrenden Äußerungen des Papstes und von Amtsträgern, die er besonders herausstellt und fördert, kommt.

Es ist gewiss, dass die Situation vor allem das Gebet für den Papst und die ganze Kirche verlangt. Doch wir sehen uns auch in der Verantwortung, in dieser verwirrenden Situation wenigstens einigen Stimmen Raum zu geben, die – nach unserer Erkenntnis – mit der überlieferten, verbindlichen Lehre der Kirche übereinstimmen und Hilfe zur Klarheit schenken können, vor allem einer Reihe von Kardinälen und Bischöfen.

Denn wir können nicht sehen, dass es richtig sei, die ganze bisherige Lehre der Kirche etwa zur Unauflöslichkeit der Ehe und zur Pflicht des katholischen Christen, die standesgemäße Keuschheit zu leben, „neu“ im Licht der jetzt gegebenen Aussagen zu lesen und „neu“ zu verstehen. Katholisches Prinzip war doch immer, dass theologische Aussagen mit der überlieferten apostolischen Lehre übereinstimmen müssen bzw. bei Unklarheit und Zweideutigkeit im Sinn dieser Lehre zu deuten sind. Wenn wir es recht sehen, gab es nur ein Ereignis, von dem her das Frühere sozusagen rückwirkend eine neue, klarere Deutung bekam: nämlich die Menschwerdung JESU CHRISTI, die die Hl. Schrift des Alten Testamentes in ein neues Licht stellte, eben sie auf CHRISTUS hin zu lesen. Seit CHRISTUS aber ist Er (und die Lehre Seiner Apostel) der unveränderliche Maßstab für Seine Kirche. Das 2. Vatikanum sagt in der Dogmatischen Konstitution über die GÖTTliche Offenbarung: „Das Lehramt steht also nicht über dem Wort GOTTES, sondern dient ihm, indem es nur lehrt, was überliefert ist, da es ja dieses [Wort GOTTES] nach GÖTTlichem Auftrag und mit dem Beistand des HL. GEISTES ehrfürchtig hört, heilig bewahrt und treu erklärt und all das, was es als von GOTT geoffenbart zu glauben vorlegt, aus diesem einen Erbe des Glaubens schöpft“ (DV 10, zitiert nach KKK 86).

Unsere Darlegungen haben zugegebenermaßen das Manko, dass uns nicht Zeit und Raum zur Verfügung steht, die zum Nachdenken anregenden, hilfreichen und ermutigenden Abschnitte des Apostolischen Schreibens „Amoris laetitia“ in den Blick zu nehmen. Der Originaltext findet sich z. B. in der „Tagespost“ vom 9. April 2016, als Broschüre der DBK „Verlautbarungen des Apostolischen Stuhl“ Nr. 204 oder auf der Internetseite des Vatikans unter http://w2.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20160319_amoris-laetitia.html.

 

 

„Klärungsbedarf zur Vermeidung einer
 

allgemeinen Verwirrung“

 

Aus einer Stellungnahme von Weihbischof Athanasius Schneider

zum nachsynodalen Apostolischen Schreiben „Amoris laetitia“

 

Athanasius Schneider ist Weihbischof im Erzbistum der Allerheiligsten Jungfrau Maria zu Astana in Kasachstan. 1961 in einer schwarzmeerdeutschen Familie geboren, kam er 1973 nach Deutschland und wurde 2006 zum Weihbischof ernannt. - Der Text seiner Stellungnahme wurde inzwischen vielfach veröffentlicht, z. B. www. katholisches.info/2016/04/26/bischof-athanasius-schneider-zu-amoris-laetitia-klaerungsbedarf-zur-vermeidung-einer-allgemeinen-verwirrung/, vgl. auch als Broschüre mit dem vollständigen Text von der Priesterbruderschaft St. Petrus, Wigratzbad)

Wir fassen die Stellungnahme teilweise zusammen bzw. zitieren wörtlich:

 

„Das Paradox der widersprüchlichen Interpretationen von ‚Amoris laetitia‘” (AL)

Bischof Schneider stellt zunächst „einen großen spirituellen und pastoralen Reichtum für das Leben in der Ehe und in der christlichen Familie unserer Epoche“ in dem Schreiben fest, aber auch widersprüchliche Auslegungen: „Es gibt Bischöfe und Priester, die öffentlich und offen erklärten, dass AL eine sehr klare Zulassung für die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene geliefert habe, ohne von diesen ein Leben in Enthaltsamkeit zu verlangen. Unter diesem Aspekt der sakramentalen Praxis, die sich laut deren Meinung nun auf bedeutsame Weise geändert habe, stehe der wirklich revolutionäre Charakter von AL.“ Nach einem entsprechenden Zitat eines führenden Bischofs wird auch P. Antonio Spadaro SJ angeführt, der der Redaktion von AL angehörte, der diese Deutung bestätigt, vor allem aber der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, der das päpstliche Schreiben in Rom offiziell vorstellte und dabei sagte: „Meine große Freude an diesem Dokument ist, dass es konsequent die künstliche, äußerliche, fein säuberliche Trennung von ‚regulär‘ und ‚irregulär‘ überwindet“. Dadurch, so Schneider, werde der Eindruck vermittelt, „dass es keinen klaren Unterschied zwischen einer gültigen und sakramentalen Ehe und einer irregulären Verbindung gebe“. Demgegenüber sagten andere Bischöfe, „dass AL im Licht des immerwährenden Lehramtes der Kirche gelesen werden müsse und dass AL nicht die Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen erlaubt, auch nicht im Ausnahmefall.“ Weihbischof Schneider bestätigt diese grundsätzliche Feststellung: „In der Tat sollte jeder Text des Lehramtes generell in seinem Inhalt mit dem vorherigen Lehramt bruchlos übereinstimmen.“ Doch einige Aussagen von AL könnten „realistischerweise dazu herangezogen werden“, die verschiedentlich geübte Praxis zu rechtfertigen, sog. wiederverheiratete Geschiedene zur hl. Kommunion zuzulassen, „ohne dass sie enthaltsam leben“.

 

 

Denn, so schreibt Weihbischof Schneider: „Einige Aussagen von AL eignen sich objektiv für Missinterpretationen“

„Analysiert man mit intellektueller Redlichkeit einige Aussagen von AL in ihrem Kontext, stellt man eine Schwierigkeit fest, sie gemäß der überlieferten Lehre der Kirche zu interpretieren. Dieser Umstand erklärt sich durch das Fehlen der konkreten und ausdrücklichen Affirmation (Bekräftigung) der beständigen, auf dem Wort GOTTES beruhenden und von Papst Johannes Paul II. bekräftigten Lehre und Praxis der Kirche. Dieser sagt in Familiaris Consortio:

 

„Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Hl. Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen CHRISTUS und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht. Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung.

Die Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet, kann nur denen gewährt werden, welche die Verletzung des Zeichens des Bundes mit CHRISTUS und der Treue zu Ihm bereut und die aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben haben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, dass, wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen – zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder – der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können, sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind“ (Familiaris Consortio, 84).

 

Papst Franziskus hat ‚keine neue, auf alle Fälle anzuwendende generelle gesetzliche Regelung kanonischer Art‘ (AL, 300) festgelegt. Er erklärt allerdings, ‚dass die Konsequenzen oder Wirkungen einer Norm nicht notwendig immer dieselben sein müssen (AL, 300)‘ und in der dazugehörigen Fußnote 336: ‚Auch nicht auf dem Gebiet der Sakramentenordnung, da die Unterscheidung erkennen kann, dass in einer besonderen Situation keine schwere Schuld vorliegt.‘ Mit offensichtlichem Bezug auf die wiederverheirateten Geschiedenen sagt der Papst in AL, Nr. 305: ‚Aufgrund der Bedingtheiten oder mildernder Faktoren ist es möglich, dass man mitten in einer objektiven Situation der Sünde – die nicht subjektiv schuldhaft ist oder es zumindest nicht völlig ist – in der Gnade GOTTES leben kann, dass man lieben kann und dass man auch im Leben der Gnade und der Liebe wachsen kann, wenn man dazu die Hilfe der Kirche bekommt.‘ In der Fußnote 351 erklärt der Papst seine Feststellung mit den Worten: ‚In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein.‘

Im selben achten Kapitel von AL (Nr. 298) spricht der Papst von den ‚Geschiedenen in einer neuen Verbindung, […] mit neuen Kindern, mit erwiesener Treue, großherziger Hingabe, christlichem Engagement, mit dem Bewusstsein der Irregularität der eigenen Situation und großer Schwierigkeit, diese zurückzudrehen, ohne im Gewissen zu spüren, dass man in neue Schuld fällt. Die Kirche weiß um Situationen, in denen ‚die beiden Partner aus ernsthaften Gründen – zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder – der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können‘.‘ In der Fußnote 329 zitiert der Papst das Dokument Gaudium et spes leider auf eine nicht korrekte Weise, weil das Konzil sich in diesem Fall allein auf die gültige christliche Ehe bezieht. Die Anwendung dieser Aussage auf die Geschiedenen kann den Eindruck erwecken, dass die gültige Ehe, wenn nicht in der Theorie, so doch in der Praxis einer Verbindung von Geschiedenen gleichgestellt wird.“

 

 

Ausführlich geht Athanasius Schneider dann ein auf „die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur hl. Kommunion und ihre Folgen“

Er vermisst wörtliche Zitate von Grundsätzen der Morallehre der Kirche, die „vor heterodoxen Interpretationen schützen würden“, so aus Nr. 84 von Familiaris Consortio, aus der Enzyklika Veritatis Splendor (67-68: „Grundoption“, 69-70: „Todsünde und lässliche Sünde“, 75: „Proportionalismus“, „Konsequentialismus“, 91ff: „das Martyrium“ und „die universalen und unveränderlichen sittlichen Normen“). „Allgemeine Anspielungen auf moralische Grundsätze und auf die Lehre der Kirche sind mit Sicherheit unzureichend in einem so umstrittenen Bereich, der von ebenso delikater wie entscheidender Bedeutung ist.“

Einige Bischöfe behaupten, dass aufgrund des 8. Kapitels von AL wiederverheiratete Geschiedene ohne Verlangen völliger Enthaltsamkeit zur Kommunion zugelassen werden könnten. Schneider: „Wenn man eine solche Interpretation von Buchstaben und Geist von AL zulässt, müsste man, mit intellektueller Redlichkeit und aufgrund des Satzes vom ausgeschlossenen Widerspruch, folgende logische Schlussfolgerungen akzeptieren.

Das Sechste Gebot GOTTES, das jeden sexuellen Akt außerhalb der gültigen Ehe verbietet, wäre nicht mehr universal gültig, wenn Ausnahmen zugelassen wären. Im konkreten Fall: Die Geschiedenen könnten den sexuellen Akt vollziehen und werden sogar dazu ermutigt zum Zweck der Bewahrung gegenseitiger ‚Treue‘ (vgl. AL, 298). Daraus würde sich eine ‚Treue‘ ergeben in einem Lebensstil, der direkt dem ausdrücklichen Willen GOTTES widerspricht. Zudem hieße es, der GÖTTlichen Offenbarung zu widersprechen, würde man zu Handlungen ermutigen und solche rechtfertigen, die in sich und immer im Widerspruch zum Willen GOTTES stehen.

Das GÖTTliche Wort CHRISTI: ‚Was aber GOTT verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen‘ (Mt 19,6) wäre damit nicht mehr immer und ausnahmslos für alle Eheleute gültig.

Es wäre in einem besonderen Fall möglich, das Bußsakrament und die hl. Kommunion zu empfangen mit der Absicht, direkt die GÖTTlichen Gebote „Du sollst nicht die Ehe brechen“ (Ex. 20,14), und „Was aber GOTT verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6; Gen 2,24), zu missachten.

Die Einhaltung dieser Gebote und des Wortes GOTTES würde in diesen Fällen nur in der Theorie, aber nicht in der Praxis geschehen und damit würden die wiederverheirateten Geschiedenen verleitet, ‚sich selbst zu betrügen‘ (Jak 1,22). Man könnte also durchaus den völligen Glauben an den GÖTTlichen Charakter des 6. Gebotes und der Unauflöslichkeit der Ehe haben, aber ohne die entsprechenden Werke.

Das GÖTTliche Wort CHRISTI: ‚Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch ihr gegenüber. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet‘ (Mk 10,12) hätte also keine universale Gültigkeit mehr, sondern würde Ausnahmen zulassen.

Die ständige, bewusste und freie Verletzung des 6. Gebotes GOTTES und der Heiligkeit und Unauflöslichkeit der eigenen gültigen Ehe (im Falle von wiederverheirateten Geschiedenen) wäre also nicht mehr eine schwere Sünde oder eine direkte Widersetzung gegen den Willen GOTTES.

Damit könnte es auch Fälle einer schwerwiegenden, ständigen, bewussten und freien Verletzung der anderen Gebote GOTTES (z. B. im Fall eines Lebensstils der Finanzkorruption) geben, bei denen einer bestimmten Person aufgrund mildernder Umstände der Zugang zu den Sakramenten zugesprochen werden könnte, ohne von ihr eine ehrliche Bereitschaft zu verlangen, in Zukunft die sündhaften Handlungen und das Ärgernis zu vermeiden.

Die immerwährende und unfehlbare Lehre der Kirche wäre nicht mehr universal gültig, im Besonderen die von Papst Johannes Paul II. in Familiaris Consortio 84 und von Papst Benedikt XVI. in Sacramentum caritatis Nr. 29 bekräftigte Lehre, laut der die völlige Enthaltsamkeit Bedingung für Geschiedene ist, um die Sakramente empfangen zu können.

Die Befolgung des 6. Gebotes GOTTES und die Anerkennung der Unauflöslichkeit der Ehe wäre damit ein irgendwie nur für eine Elite, nicht aber für alle erreichbares Ideal.

Die kompromisslosen Worte CHRISTI, die alle Menschen ermahnen, die Gebote GOTTES immer und unter allen Umständen zu befolgen, und dafür auch beachtliche Leiden in Kauf zu nehmen, anders ausgedrückt, auch das Kreuz anzunehmen, wären in ihrer Wahrheit nicht mehr gültig: ‚Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt‘ (Mt 5,30).“

Der Weihbischof fasst zusammen, dass die Kommunionzulassung von Paaren in einer „irregulären Verbindung” mit gleichzeitiger Erlaubnis zu den Akten, die gültig verheirateten Ehepartnern vorbehalten sind, die „Anmaßung einer Macht“ wäre, „die keiner menschlichen Autorität zusteht, weil damit der Anspruch erhoben würde, das Wort GOTTES korrigieren zu wollen.“

 

 

Ein nächster Punkt in der Stellungnahme von Bischof Athanasius Schneider bezieht sich auf die Gefahr, dass die Kirche bei der Verbreitung der „Scheidungsplage“ mitwirkt:

Im „Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche“ (Nr. 349), wird als Lehre der Kirche ausgesagt, dass in Treue zur Lehre CHRISTI (Mk 10,11-12) „die Verbindung der zivil wiederverheirateten Geschiedenen nicht als Ehe“ anerkannt werden kann. Die Kirche wende sich den Betroffenen zu und lade sie zu einem Leben aus dem Glauben und zur christlichen Kindererziehung ein, doch ein Kommunionempfang sei nicht möglich, „solange diese Situation fortdauert, die dem Gesetz GOTTES objektiv widerspricht“. Ein Leben in einer ungültigen ehelichen Verbindung, die dem Gebot GOTTES widerspreche – so fährt Schneider nun fort – bedeute, „nicht in der Wahrheit zu leben“. Doch: „Zu erklären, dass das willentliche, freie und gewohnheitsmäßige Praktizieren sexueller Handlungen in einer ungültigen ehelichen Verbindung in einem konkreten Fall nicht mehr eine schwere Sünde sein könnte, ist nicht die Wahrheit, sondern eine schwere Lüge und wird daher nie zu einer wirklichen Freude in Liebe führen. Diesen Personen den Empfang der Heiligen Kommunion zu erlauben, bedeutet Simulation, Heuchelei und Lüge.“ Hier gelte das Schriftwort: „Wer sagt: Ich habe ihn erkannt!, aber seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner und die Wahrheit ist nicht in ihm“ (1 Joh 2,4).

Schneider führt dann KKK 2072 an, wo die unveränderliche Gültigkeit der 10 Gebote in ihrer schwerwiegenden Verpflichtung gelehrt wird: „Niemand kann von ihnen dispensieren“ (KKK, 2072). Nur die Pharisäer und die Gnostiker des 2./3. Jahrhunderts hätten Ausnahmen insbesondere für das Gebot „Du sollst nicht die Ehe brechen“ behauptet.

 

 

Bischof Schneider führt dann Aussagen aus der Enzyklika „Veritatis Splendor“ von Johannes Paul II. an, „die immer gültig bleiben, weil sie eine unfehlbare Lehre in der Form des universalen und ordentlichen Lehramtes sind“:

 

„Die negativen Gebote des Naturgesetzes sind allgemein gültig: sie verpflichten alle und jeden einzelnen allezeit und unter allen Umständen. Es handelt sich in der Tat um Verbote, die eine bestimmte Handlung semper et pro semper verbieten, ohne Ausnahme, […] es gibt Verhaltensweisen, die niemals, in keiner Situation, eine angemessene […] Lösung sein können. […] Die Kirche hat immer gelehrt, dass Verhaltensweisen, die von den im Alten und im Neuen Testament in negativer Form formulierten sittlichen Geboten untersagt werden, nie gewählt werden dürfen. Wie wir gesehen haben, bestätigt JESUS selber die Unumgänglichkeit dieser Verbote: ‚Wenn du das Leben erlangen willst, halte die Gebote! … Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aus­sagen‘ (Mt 19, 17-18)“ (VS, 52).“

 

Schneider ergänzt durch den Katechismus: „Das gute und reine Gewissen wird durch den wahren Glauben erleuchtet, denn die christliche Liebe geht gleichzeitig ‚aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben‘ hervor (1 Tim 1,5) [Vgl. 1 Tim 3,9; 2 Tim 1,3; 1 Petr 3,21; Apg 24,16]“ (KKK, 1794) und fügt deutlich hinzu:

 

Für den Fall, dass eine psychisch gesunde Person moralisch objektiv schwerwiegende Handlungen in vollem Bewusstsein, in freier Entscheidung und mit der Absicht, diese Handlung in der Zukunft zu wiederholen, setzt, ist es unmöglich den Grundsatz der Nicht-Anrechenbarkeit der Schuld aufgrund mildernder Umstände anzuwenden. Die Anwendung des Grundsatzes der Nicht-Anrechenbarkeit auf diese Paare der wiederverheirateten Geschiedenen wäre eine Heuchelei und ein gnostischer Sophismus. Wenn die Kirche diese Personen auch nur in einem einzigen Fall zur hl. Kommunion zulässt, würde sie dem widersprechen, was sie in der Lehre bekennt, indem sie selbst ein öffentliches Zeugnis gegen die Unauflöslichkeit der Ehe geben und damit zur weiteren Verbreitung der ‚Plage der Scheidung‘ (II. Vatikanisches Konzil, Gaudium et spes, 47) beitragen würde. Um einen solchen unerträglichen und Ärgernis erregenden Widerspruch zu vermeiden, hat die Kirche in unfehlbarer Auslegung der GÖTTlichen Wahrheit des Moralgesetzes und der Unauflöslichkeit der Ehe, für zweitausend Jahre unveränderlich und ohne Ausnahme oder besonderes Privileg, die Praxis befolgt, zur hl. Kommunion nur jene Geschiedenen zuzulassen, die in völliger Enthaltsamkeit leben und unter Vermeidung eines Ärgernisses“ (‚remoto scandalo‘).“

 

Unterweisung und Lehre sei die erste, von CHRISTUS der Kirche anvertraute pastorale Aufgabe (vgl. Mt 28,20). Mit der Lehre sei die Befolgung der Gebote GOTTES „intrinsisch“ verbunden, weshalb die Kirche „immer den Widerspruch von Lehre und Leben zurückgewiesen“ und als gnostisch verurteilt hat, ebenso wie „die häretische lutherische Lehre des ‚simul iustus et peccator‘.“

Es sei unmöglich, von „gegensätzlichen theologischen Interpretationen“ zu sprechen, wenn es um die Befolgung der Gebote GOTTES und um die Unauflöslichkeit der Ehe gehe. Keine menschliche Autorität könne gegen das Wort GOTTES „Du sollst nicht die Ehe brechen“ sagen, „in einem besonderen Fall oder für einen guten Zweck“ dürfe man das. Schneider führt dazu „sehr wichtige“ Aussagen von Papst Franziskus hinsichtlich der Einbindung wiederverheirateter Geschiedener in das Leben der Kirche an: dass diese Unterscheidung „niemals von den Erfordernissen der Wahrheit und der Lehre des Evangeliums, die die Kirche vorlegt, absehen“ kann. „Damit dies geschieht, müssen […] die notwendigen Voraussetzungen der Demut, der Diskretion, der Liebe zur Kirche und ihrer Lehre verbürgt sein. […] wird das Risiko vermieden, dass eine bestimmte Unterscheidung daran denken lässt, die Kirche vertrete eine Doppelmoral“ (AL, 300). Doch Bischof Schneider bedauert, dass AL hier nicht „auf die Verpflichtung der wiederverheirateten Geschiedenen, sich zu trennen oder zumindest in völliger Enthaltsamkeit zu leben“, hinweist. Ein Arzt würde beim Risiko des körperlichen Todes niemals doch in seiner Aussage einen Zweifel aufkommen lassen; für das ewige Schicksal der Seele sei dies umso wichtiger.

 

 

 

Der nächste Abschnitt der Stellungnahme von Weihbischof Schneider verweist auf „die freimachende Wahrheit der Buße und des Kreuzesgeheimnisses“. Es bedeute, etwas Falsches vorzutäuschen, wenn man behaupte, wiederverheiratete Geschiedene seien keine öffentlichen Sünder“. „Wenn die wiederverheirateten Geschiedenen sagen, dass ihre willentlichen und absichtlichen Handlungen gegen das Sechste Gebot Gottes keineswegs Sünde oder schwere Sünde seien, betrügen sie sich selbst und die Wahrheit ist nicht in ihnen, wie der hl. Evangelist Johannes sagt“ (vgl. 1 Joh 8-10). Das Eingeständnis der Wahrheit, (öffentliche) Sünder zu sein, nehme den Betreffenden „nichts von ihrer christlichen Hoffnung“, denn nur die Anerkennung der Wirklichkeit und Wahrheit befähige, „den Weg einer fruchtbringenden Buße zu beschreiten“. In der Zeit der Kirchenväter habe es eine lebendige Solidarität der Gläubigen mit den öffentlichen Sündern gegeben, „eine Solidarität gemäß der Wahrheit“; sie habe nichts Diskriminierendes gehabt, sondern die ganze Kirche habe am Bußweg der öffentlichen Sünder durch Fürbittgebet, Tränen, Bußübungen und Werke der Nächstenliebe zu ihren Gunsten teilgenommen. Tertullian wird zitiert: ‚„Der Körper kann sich nicht erfreuen, wenn eines seiner Glieder leidet. Es ist notwendig, dass er als Ganzes betrübt ist und an seiner Heilung arbeitet. Wenn du auf den Knien die Hände zu deinen Brüdern erhebst, ist es CHRISTUS, den du berührst, ist es CHRISTUS, den du anflehst. Ebenso ist es CHRISTUS, der mitleidet, wenn sie Tränen für dich vergießen‘ (De paenitentia, 10, 5-6). Auf dieselbe Weise sagt der hl. Ambrosius von Mailand: ‚Die ganze Kirche hat das Joch des öffentlichen Sünders auf sich geladen und leidet mit ihm durch Tränen, Gebet und Schmerz‘ (De paenitentia, 1, 81)“. Zwar habe sich die Bußdisziplin der Kirche geändert, doch der Geist dieser Disziplin müsse bleiben. Wenn Priester und Bischöfe unter Berufung auf AL die wiederverheirateten Geschiedenen beruhigten, ihr objektiver Zustand entspreche nicht dem der öffentlichen Sünde, ja ihre sexuellen Handlungen seien keine schwere Sünde, dann beraubten sie diese „der Möglichkeit zu einer radikalen Umkehr zum Gehorsam gegenüber dem Willen GOTTES“. Das sei eine billige pastorale Haltung, denn „sie kostet keine Tränen, keine Gebete und keine Werke der Fürsprache und der brüderlichen Buße zugunsten der wiederverheirateten Geschiedenen“. Sie zur hl. Kommunion zuzu­lassen, „ohne von ihnen ein Ende ihrer Handlungen gegen das 6. Gebot GOTTES zu verlangen“, sogar mit der anma­ßenden Behauptung, diese Handlungen seien nicht einmal schwere Sünde, sei ein Meiden des Ärgernisses des Kreuzes, und „eine kurzlebige und betrügerische Seelsorge“. Athanasius Schneider sieht hier das Wort JESU bei Mt 16,23f. zutreffen. Wenn die Seelsorge den Geist der CHRISTUSnachfolge in der Wahrheit des Kreuzes und der Buße wiederbelebe, führe das allein zu beständiger Freude. Flüchtige, betrügerische Freuden müsse man meiden. Dazu zitiert der Bischof den hl. Gregor den Großen: „Wir dürfen uns nicht zu sehr an unser irdisches Exil gewöhnen, die Bequemlichkeiten dieses Lebens dürfen uns nicht unsere wahre Heimat vergessen machen, so dass unser Geist nicht schläfrig wird inmitten der Bequemlichkeiten. Aus diesem Grund fügt GOTT Seinen Gaben Seine Heimsuchungen oder Strafen hinzu, auf dass alles, was uns bezaubert auf dieser Welt, für uns bitter wird und sich in der Seele jenes Feuer entfacht, das uns immer von Neuem zum Wunsch nach den himmlischen Dingen drängt und uns vorankommen lässt. Dieses Feuer verwundet uns auf angenehme Weise, es kreuzigt uns sanft und betrübt uns freudig“ (In Hez, 2,4,3).

 

 

Als Beispiel für diesen in der Kirche fortwirkenden „Geist der authentischen Bußdisziplin“ führt Athanasius Schneider ausführlich die selige Laura del Carmen Vicuña an, „die 1891 in Chile geboren wurde. Schwester Azocar, die Laura gepflegt hat, berichtete: ‚Ich erinnere mich, dass Laura, als ich ihr zum ersten Mal das Ehesakrament erklärte, in Ohnmacht fiel, weil sie durch meine Worte verstanden hatte, dass ihre Mutter sich im Zustand der Tod­sünde befand, solange sie mit ihrem Mann zusammenblieb. Zu jener Zeit gab es in Junin nur ein einzige Familie, die in Übereinstimmung mit dem Willen GOTTES lebte.‘ Von da an vermehrte sie Gebet und Buße für ihre Mutter. Am 2. Juni 1901 empfing sie mit großem Eifer die erste hl. Kommunion. Dazu schrieb sie folgendes: ‚1. Ich will Dich, o mein JESUS, lieben und Dir mein ganzes Leben dienen, deshalb biete ich Dir meine ganze Seele, mein Herz und mein ganzes Sein. 2. Ich möchte lieber sterben, als Dich durch Sünde zu beleidigen, deshalb will ich mich von allem fernhalten, das mich von Dir trennen könnte. 3. Verspreche ich Dir, alles mir Mögliche zu tun, damit Du besser erkannt und mehr geliebt wirst und um die Beleidigung wiedergutzumachen, die Dir jeden Tag die Menschen zufügen, die Dich nicht lieben, besonders jene, die Dir von denen zugefügt werden, die mir nahe sind. O mein GOTT, schenke mir ein Leben der Liebe, der Abtötung und des Opfers!‘ Ihre große Freude ist jedoch verdunkelt, weil sie sah, dass die bei der Feier anwesende Mutter nicht zur Kommunion ging. 1902 bot Laura ihr Leben für die Mutter, die mit einem Mann in einer irregulären Beziehung in Argentinien lebte. Laura betete noch mehr und unterzog sich Entbehrungen, um die Bekehrung der Mutter zu erlangen. Wenige Stunden bevor sie starb, rief sie die Mutter zu sich. Dem Sterben nahe rief sie aus: ‚Mama, ich werde sterben. Ich habe JESUS darum gebeten. Ihm habe ich mein Leben für die Gnade Deiner Rückkehr angeboten. Mama, werde ich die Gnade haben, Deine Umkehr zu sehen, bevor ich sterbe?‘ Erschüttert versprach die Mutter: ‚Morgen früh werde ich in die Kirche gehen, um zu beichten.‘ Laura suchte darauf den Blick des Priester und sagt ihm: ‚Pater, meine Mutter verspricht in diesem Moment, jenen Mann zu verlassen. Seien Sie Zeuge dieses Versprechens!‘ Dann fügte sie hinzu: ‚Nun sterbe ich zufrieden!‘ Mit diesen Worten hauchte sie im Alter von 13 Jahren am 22. Januar 1904 in Junín de los Andes (Argentinien) in den Armen ihrer Mutter ihr Leben aus, die ihren Glauben wiederfand und der irregulären Beziehung, in der sie lebte, ein Ende setzte.

Das bewundernswerte Beispiel des Lebens des seligen Mädchens Laura ist ein Beweis dafür, wie ernst ein wirk­licher Katholik das Sechste Gebot GOTTES und die Heiligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe nimmt. Unser HERR JESUS CHRISTUS ermahnt uns, auch nur den Schein einer Zustimmung zu irregulären Verbindungen oder dem Ehebruch zu vermeiden. Dieses GÖTTliche Gebot hat die Kirche immer ohne Zweideutigkeit in der Lehre und der Praxis treu bewahrt und weitergegeben. Man gibt sein Leben nicht für eine mögliche doktrinelle oder pastorale Interpretation hin, aber für die unveränderliche und universal gültige GÖTTliche Wahrheit. Diese Wahrheit wurde bewiesen durch die Lebenshingabe zahlreicher Heiliger, vom hl. Johannes dem Täufer bis zu einfachen Gläubigen unserer Tage, deren Namen nur GOTT kennt.“

 

 

Athanasius Schneider stellt dann die „Notwendigkeit einer ‚veritatis laetitia‘” (Freude an der Wahrheit) heraus:

Er sagt, dass das Dokument Amoris laetitia „sicher und zum Glück theologische Aussagen und spirituelle und pastorale Hinweise von großem Wert“ enthalte, meint aber, realistisch betrachtet genüge es nicht zu sagen, AL sei „gemäß der überlieferten Lehre und Praxis der Kirche zu interpretieren“: „Wenn in einem kirchlichen Dokument, dem in unserem Fall der definitive und unfehlbare Charakter fehlt, Interpretations- und Anwendungselemente festgestellt werden, die gefährliche geistliche Folgen haben können, haben alle Glieder der Kirche und in erster Linie die Bischöfe als brüderliche Mitarbeiter des Papstes in der effektiven Kollegialität die Pflicht, diese Tatsache respektvoll aufzuzeigen und um eine authentische Interpretation zu ersuchen. Wenn es sich um den GÖTTlichen Glauben handelt, um die GÖTTlichen Gebote und die Heiligkeit und Unauflöslichkeit der Ehe, müssen alle Glieder der Kirche von den einfachen Gläubigen bis zu den höchsten Vertretern des Lehramtes eine gemeinsame Anstrengung vollbringen, um den Glaubensschatz und seine praktische Anwendung intakt zu bewahren.“

Der Bischof führt dazu das 2. Vatikanische Konzil ins Feld: „‚Das heilige GOTTESvolk nimmt auch teil an dem prophetischen Amt CHRISTI, in der Verbreitung Seines lebendigen Zeugnisses vor allem durch ein Leben in Glauben und Liebe, in der Darbringung des Lobesopfers an GOTT als Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen (vgl. Hebr 13,15). Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben (vgl. 1 Joh 2,20.27), kann im Glauben nicht irren. Und diese ihre besondere Eigenschaft macht sie durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes dann kund, wenn sie ‚von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien‘ (hl. Augustinus, De praedest. Sanctorum, 14, 27) ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert. Durch jenen Glaubenssinn nämlich, der vom Geist der Wahrheit geweckt und genährt wird, hält das GOTTESvolk unter der Leitung des heiligen Lehramtes, in dessen treuer Gefolgschaft es nicht mehr das Wort von Menschen, sondern wirklich das Wort GOTTES empfängt (vgl. 1 Thess 2,13), den einmal den Heiligen übergebenen Glauben (vgl. Jud 3) unverlierbar fest. Durch ihn dringt es mit rechtem Urteil immer tiefer in den Glauben ein und wendet ihn im Leben voller an‘ (Lumen gentium, 12). Das Lehramt seinerseits ‚ist nicht über dem Wort GOTTES, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert ist‘ (Dei Verbum, 10).“ Gerade das Zweite Vatikanum habe Gläubige und vor allem die Bischöfe ermutigt, furchtlos ihre Sorgen und Beobachtungen hinsichtlich des Wohls der ganzen Kirche kundzutun. „Unterwürfigkeit und politische Korrektheit verursachen dem Leben der Kirche ein unheilvolles Übel.“ Dafür zitiert Schneider einen berühmten Bischof und Theologen des Konzils von Trient, Melchior Cano OP: „Petrus braucht nicht unsere Lügen und unsere Schmeicheleien. Jene, die blind und unterschiedslos jede Entscheidung des Papstes verteidigen, sind jene, die am meisten die Autorität des Heiligen Stuhls untergraben: sie zerstören seine Fundamente anstatt sie zu stärken.“

Der HERR selber habe unzweideutig gelehrt, worin die wahre Liebe und die wahre Freude der Liebe bestehen: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt“ (Joh 14, 21). Das 6. Gebot und die Unauflöslichkeit der Ehe habe GOTT „ausnahmslos allen und nicht nur einer Elite“ gegeben. Für diese Bedeutung der Gebote zitiert Schneider Dtn 30,11; Sir 15,15, Mt 19,17-18 und 1 Joh 5,3 („Denn die Liebe zu Gott besteht darin, dass wir seine Gebote halten. Seine Gebote sind nicht schwer“). Es gebe „kein wirkliches, übernatürliches und ewiges Leben ohne Beachtung der Gebote GOTTES“ (vgl. Dtn 30,15-19), „kein wahres Leben und keine authentische Freude der Liebe ohne die Wahrheit“ (vgl. 2 Joh 1,6). Das authentische christliche Leben bestehe vielmehr „im Leben und in der Freude der Wahrheit“ (vgl. 3 Joh 1,4). Über die innige Verbindung zwischen Freude und Wahrheit wird noch der hl. Augustinus zitiert: „Ich frage alle, ob sie nicht die Freude der Wahrheit jener der Lüge vorziehen. Und sie zögern hier ebensowenig wie bei der Frage über das Glück. Weil das glückliche Leben in der Freude der Wahrheit besteht, wollen wir alle die Freude der Wahrheit“ (Confessiones, X, 23).“

 

 

Der letzte Abschnitt der Stellungnahme von Weihbischof Athanasius Schneider ist überschrieben: „Die Gefahr einer allgemeinen Verwirrung über die Unauflöslichkeit der Ehe“

Der seit einiger Zeit an einigen Orten eingezogene Missbrauch, sog. wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zuzulassen, ohne ein Leben in völliger Enthaltsamkeit („wie Bruder und Schwester“) zu verlangen, sei durch „die wenig klaren Aussagen des 8. Kapitels von AL“ unterstützt worden, seine Verfechter fühlten sich quasi legitimiert. Zudem herrsche Verwirrung über die Interpretation besonders der Aussagen des 8. Kapitels, und von allen Seiten werde behauptet, dass „die Lehre der Kirche in diesem Bereich nicht geändert wurde“. Diese aktuelle Situation weist nach Ansicht von Bischof Schneider, „bei allen historischen und doktrinellen Unterschieden“ Ähnlichkeiten und Analogien auf „mit der allgemeinen Verwirrung, die im 4. Jahrhundert während der arianischen Krise herrschte. Damals wurde der überlieferte apostolische Glauben an die wahre GOTTHEIT des SOHNES GOTTES durch den Begriff ‚wesensgleich‘ (homoousios) garantiert, der vom universalen Lehramt des ersten Konzils von Nicäa dogmatisch verkündet worden war. Die tiefe Glaubenskrise mit einer universalen Verwirrung wurde vor allem durch die Ablehnung oder die Vermeidung verursacht, das Wort ‚wesensgleich‘ (homoousios) zu gebrauchen. Anstatt diesen Begriff zu gebrauchen, verbreitete sich im Klerus und vor allem im Episkopat der Gebrauch von Alternativformeln, die zweideutig und unpräzise waren, wie ‚wesensähnlich‘ (homooiousios) oder einfach nur ‚ähnlich‘ (homoios). Die Formel ‚homoousios‘ des universalen Lehramtes jener Zeit drückte die volle und wahre GOTTHEIT des WORTES auf so klare Weise aus, dass es keinen Spielraum für missverständliche Interpretationen gab. In den Jahren 357-360 war fast der gesamte Episkopat arianisch oder semi-arianisch geworden wegen der nachfolgenden Ereignisse: Im Jahr 357 unterzeichnete Papst Liberius eine der zweideutigen Formeln von Sirmium, in der der Begriff ‚homoousios‘ nicht mehr vorkam. Zudem exkommunizierte der Papst auf skandalöse Weise den hl. Athanasius. Der hl. Hilarius von Poitiers war damals der einzige Bischof, der Papst Liberius für diese Handlungen scharf tadelte. Im Jahre 359 verabschiedeten zwei Parallelsynoden des lateinischen Episkopats in Rimini und des griechischen Episkopats in Seleukia völlig arianische Formeln, die noch schlimmer waren als die von Papst Liberius unterzeichnete Formel. Der hl. Hieronymus beschrieb die Verwirrung jener Zeit mit den Worten: ‚Es stöhnte der ganze Erdkreis und wunderte sich, dass er arianisch geworden war‘ (Ingemuit totus orbis et arianum se esse miratus est, Adv. Lucif., 19).

Man kann sagen, dass unsere Epoche durch eine große Verwirrung gekennzeichnet ist, was die sakramentale Disziplin für die wiederverheirateten Geschiedenen anbelangt. Es besteht die reale Gefahr, dass diese Verwirrung sich in großem Rahmen ausbreitet, wenn wir nicht die Formel des universalen und unfehlbaren Lehramtes verkünden und zwar: ‚Die Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet, kann nur denen gewährt werden, […] ‚die sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind‘‘ (Familiaris Consortio, 84).

Diese Formel fehlt leider aus unverständlichen Gründen in AL. AL enthält hingegen auf ebenso unerklärliche Weise folgende Erklärung: ‚Viele, welche die von der Kirche angebotene Möglichkeit, ‚wie Geschwister‘ zusammenzuleben, kennen und akzeptieren, betonen, dass in diesen Situationen, wenn einige Ausdrucksformen der Intimität fehlen, ‚nicht selten die Treue in Gefahr geraten und das Kind in Mitleidenschaft gezogen werden [kann]‘‘ (AL, Fußnote 329). Diese Aussage hinterlässt den Eindruck eines Widerspruchs mit der immergültigen Lehre des universa­len Lehramtes, wie sie in Familiaris Consortio Nr. 84 formuliert ist.

Es ist daher dringend notwendig, dass der Heilige Stuhl die zitierte Formel von Familiaris Consortio, Nr. 84 bekräftigt oder erneut verkündet, eventuell in Form einer authentischen Interpretation von AL. Diese Formel könnte unter bestimmten Aspekten als ‚homoousios‘ unserer Tage angesehen werden. Die fehlende offizielle und ausdrückliche Bekräftigung der Formel von Familiaris Consortio Nr. 84 durch den Apostolischen Stuhl könnte zu einer immer größer werdenden Verwirrung in der sakramentalen Disziplin beitragen mit graduellen und unvermeidlichen Auswirkungen auf doktrineller Ebene. Auf diese Weise würde eine Situation entstehen, auf die man in Zukunft folgende Feststellung anwenden könnte: ‚Es stöhnte der ganze Erdkreis und wunderte sich, dass er in der Praxis die Scheidung akzeptiert hatte‘ (Ingemuit totus orbis, et divortium in praxi se accepisse miratus est).

Eine Verwirrung der sakramentalen Disziplin gegenüber den wiederverheirateten Geschiedenen mit den sich daraus ergebenden doktrinellen Implikationen würde der Natur der katholischen Kirche widersprechen, so wie es vom hl. Irenäus im 2. Jahrhundert beschrieben wurde: ‚Obwohl die Kirche über die ganze Welt verstreut ist, bewahrt sie die Unterweisung des Glaubens mit Sorgfalt, als würde sie in einem einzigen Haus wohnen. Auf dieselbe Weise glaubt sie diese Wahrheit, so als hätte sie eine einzige Seele; und sie verkündet sie, lehrt sie und gibt sie weiter mit einer Stimme, so als hätte sie nur einen einzigen Mund“ (Adversus haereses, I,10,2).

Der Sitz des Petrus, d.h. der Papst, ist der Garant der Einheit des Glaubens und der sakramentalen apostolischen Disziplin. Angesichts der unter Priestern und Bischöfen entstandenen Verwirrung, was die sakramentale Praxis bezüglich der wiederverheirateten Geschiedenen und die Interpretation von AL betrifft, ist ein Appell an unseren lieben Papst Franziskus, den Stellvertreter CHRISTI und „süßen CHRISTUS auf Erden“ (hl. Katharina von Siena) als berechtigt anzusehen, dass er die Veröffentlichung einer authentischen Interpretation von AL anordnet., die notwendigerweise eine ausdrückliche Erklärung des disziplinären Prinzips des universalen und unfehlbaren Lehr­amtes bezüglich der Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten enthalten müsste, so wie sie in der Nr. 84 von Familiaris Consortio formuliert ist.

In der großen arianischen Verwirrung des 4. Jahrhunderts richtete der heilige Basilius der Große einen dringenden Appell an den Papst von Rom, damit er mit seinem Wort eine klare Richtung vorgebe, um endlich die Einheit des Denkens im Glauben und in der Liebe zu erreichen (vgl. Ep. 70).

Eine authentische Interpretation von AL durch den Apos­tolischen Stuhl könnte für die ganze Kirche eine Freude in der Klarheit (claritatis laetitia) bringen. Diese Klarheit würde eine Liebe in der Freude (amoris laetitia) garantieren, eine Liebe und eine Freude, die nicht nach dem Denken der Menschen, sondern nach dem Denken GOTTES (vgl. Mt 16,23) wäre.

Das ist es, was zählt für die Freude, das Leben und das ewige Heil der wiederverheirateten Geschiedenen und für alle Menschen.“

 

 

 

Kein lehramtliches Dokument?

 

Aus der Stellungnahme von Kardinal Raymond Burke

 

Schon am 13. April 2016 hatte Kardinal Raymond Burke eine erste Stellungnahme zu „Amoris Laetitia“ veröffentlicht (vgl. www. katholisches.info/2016/04/13/vollstaendige-stellungnahme-von-kardinal-raymond-burke-zu-amoris-laetitia/). Er verweist auf Meldungen in weltlichen und einigen katholischen Medien, das Papstschreiben sei „eine Revolution in der Kirche, eine radikale Abkehr von Lehre und Praxis der Kirche über die Ehe und die Familie, wie sie bisher vermittelt wurden“. Burke sagt dazu: „Eine solche Lesart des Dokuments ist Quelle der Sorge und der Verwirrung unter den Gläubigen, und potentiell auch ein mögliches Ärgernis nicht nur für die Gläubigen, sondern auch für alle Menschen guten Willens, die auf CHRISTUS und auf Seine Kirche schauen und darauf, was sie über die Wahrheit der Ehe und ihrer Früchte und des Familienlebens, der Grundzelle des Lebens der Kirche und jeder menschlichen Gesellschaft, lehrt und reflektiert.“ Daher sieht Burke als „einzigen Schlüssel für eine korrekte Interpretation“ von Amoris Laetitia „die immerwährende Lehre der Kirche und ihrer Disziplin, die diese Lehre bewahrt und fördert“. Burke schreibt: „Papst Franziskus selbst hat klargestellt: AL ist kein Akt des Lehramtes“; er zieht dafür Abschnitt 3 von AL heran (Papst Franziskus schreibt da u. a., „dass nicht alle doktrinellen, moralischen oder pastoralen Diskussionen durch ein lehramtliches Eingreifen entschieden werden müssen“; eine „Einheit von Lehre und Praxis“ sei notwendig, aber „verschiedene Interpretationen einiger Aspekte der Lehre oder einiger Schlussfolgerungen“ könnten weiterbestehen…). Kardinal Burke sieht AL als „eine Überlegung des Hl. Vaters über die Arbeit der beiden Sessionen der Bischofssynode“ und deutet AL 308 so. „Der Hl. Vater legt vor, was er persönlich für den Willen CHRISTI für Seine Kirche hält, beabsichtigt aber weder seine Sichtweise aufzuzwingen noch jene zu verurteilen, die auf dem beharren, was er ‚eine unerbittliche Pastoral‘ nennt.“ Darum müsse das Dokument „mit jenem tiefen Respekt, der dem römischen Papst als Stellvertreter CHRISTI geschuldet ist“, angenommen werden. Doch die Kirche habe nie gelehrt, „dass jede Aussage des Nachfolgers des hl. Petrus als Teil des unfehlbaren Lehramtes verstanden und angenommen werden muss“. Die Folge­rung des Kardinals: „Das nachsynodale Apostolische Schreiben kann als nicht lehramtliches Dokument nur dann korrekt interpretiert werden, wenn als Schlüssel das Lehramt verwendet wird, wie der KKK (85-87) sagt. Die offizielle Lehre der Kirche liefert nämlich den unverzichtbaren Interpretationsschlüssel des Apostolischen Schreibens, damit es wirklich zum Wohl aller Gläubigen dienen kann, indem sie noch enger mit CHRISTUS verbunden werden, der unser einziges Heil ist. Es kann keinen Widerspruch und keinen Gegensatz zwischen der Lehre der Kirche und ihrer pastoralen Praxis geben, da die Lehre selbstverständlich Seelsorge ist, wie der KKK (870) betont“.

Burke bezieht sich auf sein eigenes Aufwachsen im katholischen Glauben und seine 40 Jahre des Priestertums und 21 Jahre des Bischofsamtes. Es sei ihm immer klarer geworden, „dass das erste Zeichen des Respekts und der Liebe“ gegenüber Paaren in irregulären Situationen „darin besteht, ihnen mit Liebe die Wahrheit zu sagen. Auf diese Weise ist die Lehre der Kirche nicht etwas, was sie noch mehr belastet, sondern sie in Wahrheit dazu befreit, GOTT und den Nächsten zu lieben“. Burke erläutert das am Beispiel, dass AL mehrfach vom „Ideal“ der Ehe spreche, was „irreführend“ sein könne. Die christliche Ehe sei nicht „eine ewige Idee“, der man sich mehr oder weniger annähere, sondern „ein Sakrament, das einem Mann und einer Frau die Gnade verleiht, in einer treuen, dauerhaften und fruchtbaren, gegenseitigen Liebe zu leben“. Zwar gebe es infolge der Erbsünde die Versuchung, doch CHRISTUS schenke „die Gnade, dieser Liebe bis in den Tod treu zu bleiben“. Die Schwierigkeit der Eheleute sei „nicht irgendeine Idee, die ihnen die Kirche aufgezwungen hat“, sondern das Ringen mit den Kräften, die zum Verrat am Leben CHRISTI in ihnen verführen wollten. Es gehöre zur Berufung eines jeden Christen, „in jedem Lebensstand heldenhaft zu leben“. „Indem ich Männer und Frauen getroffen habe, die, obwohl ihr Eheleben zerbrochen ist, der Gnade des Ehesakraments treu bleiben, bin ich zum Zeugen des heldenhaften Lebens geworden, das die Gnade uns jeden Tag ermöglicht.“

 

 

 

„Wir müssen uns GOTT anpassen

 
und nicht GOTT sich uns“

 

Kardinal Robert Sarah

 

Am 26. März 2016 hatte bereits der Präfekt der GOTTESdienstkongregation, Kardinal Robert Sarah, in einem Interview mit der „Tagespost“ auf die Frage, wie er die Aussagen bewerte, dass das Evangelium in jeder Kultur anders gelebt werde und ob das auch für den Umgang mit den Sakramenten und die Kommunionzulassung von sog. wiederverheirateten Geschiedenen gelte, geantwortet: „Die Sakramente sind keine Sache der Kultur! Um den Leib CHRISTI empfangen zu dürfen, muss man in einer bestimmten Verfassung sein. Unabhängig davon, ob wir Afrikaner oder Europäer sind, müssen wir auf die gleiche Weise dazu vorbereitet sein. Die Kultur spielt dabei keine Rolle! Wenn man eine Sünde begangen hat, muss man beichten. Wenn man geschieden und wiederverheiratet ist, kann man nicht die Kommunion empfangen. Egal, ob man Afrikaner oder Europäer ist.“ Sarah verwies weiter auf das Wort JESU, wer seine Frau entlasse und eine andere heirate, begehe Ehebruch, und erinnerte an die Mahnung Johannes des Täufers an Herodes. Unabhängig von der Kultur müsse man für den Empfang des Leibes CHRISTI vorbereitet sein. „Deshalb müssen wir dem Evangelium folgen, in der Weise, in welcher GOTT über die Ehe denkt.“ Man könne sich unmöglich einer Kultur der Scheidung anpassen. „Wir müssen uns GOTT anpassen und nicht GOTT sich uns.“

 

 

 

Das Bemühen des amtlichen „Glaubenswächters“,

 

 die beständige Lehre zu bestärken

 

Kardinal Gerhard Müller

 

Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller, hielt am 4. Mai 2016 im Priesterseminar Oviedo/ Spanien ein Referat, das man als seinen Kommentar zu AL verstehen muss. Seinem Amt gemäß interpretiert er das Schreiben von Papst Franziskus im Sinn der beständigen Lehre der Kirche. Müller, der seine Ausführungen auf dem Bild der „Arche Noah“ aufbaut, sagt z. B., wenn der Papst von der Ehe als „Ideal“ spreche, hätten einige dies „als etwas Fernes, als ein abstraktes Ziel angesehen, das für nur wenige bestimmt wäre“. Das sei aber nicht die Denkart von Franziskus. In der Kirche sei „das Ideal immer inkarniertes Ideal, weil das WORT, der LOGOS, Fleisch geworden ist und ihr Leben in den Sakramenten begleitet“ und diese „lebendige und verwandelnde Gegenwart der vollkommenen Liebe JESU… gerade in den Sakramenten“ bestehe. Was den Kommunionempfang für sog. wiederverheiratete Geschiedene angeht, sagt Müller, nachdem er auf die „konsolidierte Lehre des Lehramtes“ verweist, wie sie in Familiaris Consortio (84), Reconciliatio et Poenitentia (34), im Schreiben der Glaubenskongregation von 1994 und in „Sacramentum Caritatis (29) bekräftigt und vertieft wurde: „Es wurde verschiedentlich behauptet, AL habe diese Disziplin aufgehoben. Denn sie würde wenigstens in bestimmten Fällen den Empfang der Eucharistie durch wiederverheiratete Geschiedene erlauben, ohne dass diese ihre Lebensführung gemäß FC 84 ändern würden (indem sie die neue Verbindung aufgeben oder in ihr als Bruder und Schwester leben). Darauf ist zu antworten: Hätte AL eine so verwurzelte und so gewichtige Disziplin aufkündigen wollen, hätte sich das Schreiben deutlich ausgedrückt und die Gründe dafür angegeben. Es gibt jedoch darin keine Aussage in diesem Sinne. Der Papst stellt in keinem Augenblick die Argumente seiner Vorgänger in Frage. Diese basieren nicht auf der subjektiven Schuld dieser unserer Brüder und Schwestern, sondern auf der sichtbaren, objektiven Lebensführung, die den Worten CHRISTI entgegengesetzt ist.“ Kardinal Müller nimmt dann die Fußnote 351 von AL in den Blick, in der es heiße, „dass die Kirche denjenigen, die in einer objektiven Situation der Sünde leben, die Hilfe der Sakramente anbieten könnte.“ Das beziehe sich, so der Präfekt der Glaubenskongregation, „auf objektive Situationen der Sünde im Allgemeinen, nicht auf den speziellen Fall der zivil wiederverheirateten Geschiedenen. Denn die Situation der Letztgenannten hat eigentümliche Züge, die sie von anderen Situationen unterscheidet. Diese Geschiedenen leben im Gegensatz zum Ehesakrament und deshalb zur Sakramentenordnung, die ihre Mitte in der Eucharistie hat. Das ist auch der Grund, der vom vorangegangenen Lehramt angegeben wird, um die Disziplin in Bezug auf die Eucharistie aus FC 84 zu rechtfertigen. Dieses Argument taucht weder in der Anmerkung noch in ihrem Kontext auf. Was die Fußnote 351 besagt, betrifft folglich nicht die frühere Disziplin. Die Norm von FC 84 und SC 29 und deren Anwendung in allen Fällen bleiben weiterhin gültig.“

Kardinal Müller hat hier seinerseits in zwei Fußnoten seines Referats präzisiert, dass „objektive Situation der Sünde“ wie „irreguläre Situation“ (in AL) sehr allgemeine Ausdrücke seien, ohne zu unterscheiden, ob es um eine Norm kirchlichen oder GÖTTlichen Rechts gehe. „Wenn über die Auslegung eines Dokuments Zweifel bestehen, ist nach katholischer Hermeneutik einzig die Lesart möglich, die dem folgt, was das vorangegangene Lehramt ge­lehrt hat.“ Ebenso weist Müller eine Auslegung der Fußnote 336 von AL in Richtung Kommunionzugang von wiederverheiratet Geschiedenen zurück. Es sei eine sehr allgemeine Anmerkung. Das „nicht notwendigerweise“ im Text beinhalte, dass es „Normen geben kann, die sehr wohl dieselben Wirkungen für alle haben“ – z. B. bei der Verwehrung des Sakramentenzugangs für Nichtgetaufte: „eine kanonische Norm, die in jedem Fall angewandt wird, bei der die Kirche keine Ausnahme machen kann.“ Die Norm aus FC 84 gehöre zu dieser Art: „Es kommt nicht auf die subjektive Schuld an, sondern auf den objektiven Zustand, in dem sich jemand befindet. Das hat das Lehramt ständig erklärt.“

Im fortlaufenden Text des Referats betont Müller den Grundsatz, „dass niemand ein Sakrament – die Eucharistie – wirklich empfangen wollen kann, ohne gleichzeitig den Willen zu haben, den anderen Sakramenten, darunter dem Ehesakrament, gemäß zu leben.“ Eine Lebensweise entgegen dem Eheband widersetze sich dem sichtbaren Zeichen des Ehesakraments und mache den Leib zum „Gegenzeichen“ der Unauflöslichkeit. Würde die Kirche den Kommunionzugang ermöglichen, „würde sie das begehen, was Thomas von Aquin ‚Falschheit in den sakramentalen Zeichen‘ nennt“. Die Kirche könne diese „Grundlage“ ihrer sakramentalen Verfassung „nicht verändern, weil sie von JESUS selbst stammt…“

Kardinal Müller erinnert, dass „über den Glauben an die unauflösliche Ehe – nicht als fernstehendes Ideal, sondern als konkrete Handlungsweise – Märtyrerblut vergossen worden“ sei.

Er führt wieder sein Bild von der Arche an: Franziskus habe die Fenster geöffnet und alle eingeladen, Seile hin­unterzulassen, damit der Schiffbrüchige ins Boot gelangen könne. Doch die Kommunionzulassung von jemandem, „der in einer dem Ehesakrament entgegengesetzten sichtbaren Art und Weise lebt, selbst wenn es sich um vereinzelte Fälle handelte“, wäre keine Öffnung eines weiteren Fensters sondern das Bohren eines Loches in den Schiffsgrund – ein Leck als Weg zur Vernichtung der kirchlichen Arche.

Kardinal Müller bekräftigt dann diese Aussage, indem er sagt, wenn die Kirche wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zulasse ohne Lebensänderung, würde sie faktisch in einigen Fällen die Ehescheidung akzeptieren. Sie könnte dann nicht mehr „von sich behaupten, dem deutlichen Wort JESU treu zu bleiben, das damals als hart empfunden wurde“. Müller fragt auch, ob die Argumente, die wiederverheiratet Geschiedenen zur Kommunion zuzulassen, nicht „vor lauter Bäumen der Kasuistik“ den „Wald“ nicht mehr sähen. Man müsse fragen, ob das Problem „nicht allzu sehr unter dem Gesichtspunkt des Einzelnen betrachtet“ wurde. Und er verdeutlicht, dass manches, was der Papst an Ausnahmen (etwa für die Übernahme einiger öffentlicher kirchlicher Aufgaben) anspreche, einen „Wachstumsweg des Einzelnen zur Heilung hin“, „die Bereitschaft, sich von JESUS verwandeln zu lassen“, voraussetze. (Vgl. DT 7.5.2016)

 

 

 

„Grauräume“?

 

Interpretation von „Amoris laetitia“ durch Kardinal Christoph Schönborn

 

Während der vom Papst bestellte Glaubenspräfekt so versucht hat, Ordnung und Klarheit in das Durcheinander zu bringen, trägt zur großen Verwirrung in dieser Sache bei, dass zur Präsentation von „Amoris laetitia“ am 8. April vor der Weltöffentlichkeit von Papst Franziskus Kardinal Christoph Schönborn ausgewählt wurde.

Schönborn nun äußerte da seine Freude, dass AL die – von ihm als „künstlich, äußerlich, fein säuberlich“ diskreditierte – Trennung von „regulär“ und „irregulär“ in der Rede der Kirche überwinde. „Keiner muss sich verurteilt, keiner verachtet fühlen.“

In seiner Präsentation bleibt Schönborn hinsichtlich der Frage nach dem Kommunionzugang für sog. wiederverheiratete Geschiedene bei den unterschiedlich auslegbaren Worten von AL. Als Schönborn dann auf Journalistenfragen antwortet, wird er deutlicher. Er behauptet, Papst Johannes Paul II. habe damals aus seiner in Familiaris consortio 84 angeregten „Unterscheidung“ verschiedener Situationen „keine Schlussfolgerungen“ gezogen. Schönborn beruft sich auf Fälle in der pastoralen Praxis, „wo es nicht möglich ist, eine kanonische Lösung zu finden, wo aber in der moralischen Gewissheit, dass die erste Ehe nicht sakramental war, auch wenn sich der Fall kirchenrechtlich nicht klären lässt,“ „es seit langer Zeit Praxis war, … zu den Sakramenten zuzulassen“. Hier wird auch auf die „Gewissensüberzeugung“ verwiesen.

Schönborn zitiert nicht, dass in Familiaris consortio 84 ausdrücklich gesagt wird, eine „Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet,“ könne „nur denen gewährt werden, die die Verletzung des Zeichens des Bundes mit CHRISTUS und der Treue zu Ihm bereut haben“ und „aufrichtig“ bereit sind zur Änderung des Lebens hin „zu einem Leben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht“. Und dass das eine Trennung fordere oder, bei jenen, die „aus ernsthaften Gründen – zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder – der Verpflichtung (!) zur Trennung nicht nachkommen können“, die Verpflichtung zur völligen Enthaltsamkeit verlange. Schönborn spricht nur davon, dass das „Zusammenleben wie Bruder und Schwester“ schon „Grauräume“ eröffnet habe, die „eine Richtung“ weisen würden. So will er den Eindruck erwe­cken, als hätten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. bereits irgendwie vorweggenommen, was jetzt – nach dem Verständnis der Presse und mancher Bischöfe – durch Franziskus ermöglicht worden sei: der Kommunionempfang von wiederverheirateten Geschiedenen, besonders in manchen Fällen der „Gewissensüberzeugung“, dass die (1.) Ehe nicht gültig war. – Doch Familiaris consortio, die Erklärung der GOTTESdienstkongregation unter dem Kardinalpräfekten Ratzinger und entsprechende Veröffentlichungen aus seiner Papstzeit sagen so etwas nicht.

Schönborn spricht hier nicht selber wörtlich vom Kommunionempfang, aber er bestätigt die danach fragenden Journalisten, etwa bezüglich der Formulierung der Fußnote 351 („in bestimmten Fällen, auch mit Hilfe der Sakramente“), dass nach seiner Deutung diese Fußnote genau die sog. wiederverheirateten Geschiedenen betreffe. (Vgl. www. katholisches.info/2016/06/01/papst-franziskus-verweist-zu-amoris-laetitia-auf-kardinal-schoenborn-was-sagte-schoenborn-am-8-april-woe­rtlich/.)

Dazu muss man auch sehen, was Kardinal Schönborn schon im Oktober 2015 in einem Interview sagte (und was z. B. der Internetauftritt der „katholischen Kirche in Deutschland“ (www. katholisch.de 23.10.2015), mit großer Überschrift damals verbreitete): „‚Keuschheit in zweiter Ehe nicht zwingend‘ – Wiener Kardinal Schönborn über wiederverheiratete Geschiedene“. Der Kardinal bezweifelte, dass wiederverheiratete Geschiedene dauernd in schwerer Sünde leben. Der am Anfang stehende Ehebruch müsse zwar so benannt werden. Doch im Lauf der Zeit könnten sich „objektive Notwendigkeiten“ ergeben, die eine zweite Ehe nicht mehr automatisch sündhaft machten (vgl. kath.net 24.10.2015).

[Dagegen sagte der KKK, für dessen Zusammenstellung der Theologe Schönborn seinerzeit gearbeitet hat: „Alle, die an CHRISTUS glauben, sind berufen, ihrem jeweiligen Lebensstand entsprechend ein keusches Leben zu führen.“ (KKK 2348).]

Papst Franziskus gab am 16. April 2016 auf dem Rückflug von Lesbos auf Fragen eines Journalisten, ob AL nun für den Zugang der wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten „neue konkrete Möglichkeiten“ biete, „die vor der Veröffentlichung des Schreibens nicht bestanden, oder gibt es sie nicht?“, die Antwort: „Ich könnte sagen: ‚Ja‘, und nichts weiter. Aber es wäre eine zu enge Antwort. Ich empfehle Ihnen allen, die Präsentation zu lesen, die Kardinal Schönborn gehalten hat, der ein großer Theologe ist. Er ist Mitglied der Kongregation für die Glaubenslehre und kennt die Lehre der Kirche gut. In jener Präsentation wird Ihre Frage ihre Antwort finden.“

Auf die Frage eines anderen Journalisten nach der Anmerkung 351 von AL äußerte sich der Papst etwas ärgerlich, dass sich die Presse auf diese Frage der Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene fixiere; es gebe viele andere Probleme um Ehe und Familie [obgleich doch durch die Herausstellung der Äußerungen von Kardinal Kasper schon vor den Bischofssynoden vom Hl. Vater selber die Aufmerksamkeit auf diese Frage gelenkt wurde] und sagte dann: „Ich erinnere mich nicht an diese Anmerkung, aber wenn so etwas in der Anmerkung steht, dann sicher, weil es in Evangelii gaudium gesagt wurde. Sicher! Es muss ein Zitat aus Evangelii gaudium sein. Ich erinnere mich nicht an die Nummer, aber es ist sicher.“ [Die Fußnote AL 351 lautet – als Beleg zur Textaussage, es sei inmitten einer objektiven Situation der Sünde möglich, in der Gnade GOTTES zu leben -: „In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein“. Angefügt sind in der Fußnote zwei Zitate aus Evangelii gaudium.]

 

 

 

Kritisch im Licht der kirchlichen Lehre lesen

 

Nochmals Kardinal Burke und Weihbischof Schneider

 

In einem Interview mit „LifeSiteNews“ bekräftigte Kardinal Raymond Burke im Mai, AL müsse „kritisch im Licht des Katechismus, im Licht der kirchlichen Lehre“ gelesen wer­den. Der Glaube der Kirche enthalte alle notwendigen Werkzeuge, um das Dokument richtig zu verstehen. Teilweise enthalte es persönliche Gedanken von Papst Franziskus, die nicht zum Lehramt zu zählen seien. Der Hl. Vater schreibe dies selber, so Burke. Er räumte ein, dass manche Passagen des Schreibens eine Interpretation erlauben, die nicht der Lehre der Kirche entspreche. Diese könnten nicht Teil des Lehramtes sein, fügte der Kardinal hinzu. Auch wer das Dokument kritisch lese, verhalte sich stets respektvoll gegenüber der Person des Papstes. Burke führte auch aus, dass wiederverheiratete Geschiedene, die wie Bruder und Schwester lebten, zwar in einem Zustand der Sünde zu sein schienen, aber in der Tat nicht sündigten. „Doch wenn sie geschlechtliche Beziehungen führten wie Eheleute, dann sei das objektiv sündhaft und nichts anderes. Es könne nicht Sünde und zugleich nicht Sünde sein. Objektiv gesehen sind sexuelle Beziehungen mit einer Person, die nicht der Ehegatte ist, entweder Ehebruch oder Unzucht (vgl. kath.net 23.5.2016, www. life­sitenews.com/news/exclusive-cardinal-burke-says-popes-exhortation-must-be-read-critically).

 

Am 9. Mai 2016 veröffentlichte die US-amerikanische katholische Zeitschrift „The Remnant“ einen Offenen Brief an Weihbischof Schneider mit der Frage, ob für AL eine „authentische Interpretation“ in Übereinstimmung mit der Tradition möglich sei. In seiner Antwort vom 26. Mai („The Remnant“ 31.5.) dankt Bischof Athanasius Schneider für die „klare und schöne Bekundung des sensus fidei“ durch einen Laien; er stimme zu, dass Formulierungen von AL, besonders im 8. Kapitel, „stark zweideutig und irreführend“ sind. Im genauen Wortsinn könnten manche Ausdrücke von AL „schwerlich auf eine mit der heiligen und unveränderlichen Tradition der Kirche konforme Weise interpretiert werden“. Es gäbe natürlich mit der Tradition übereinstimmende Formulierungen in AL. Doch die zweideutigen Formulierungen enthielten eine wirkliche spirituelle Gefahr, und in der Praxis könnten so gleich drei Sakramente banalisiert und profaniert werden: Ehe, Buße und Eucharistie. AL sei „offenkundig ein pastorales Dokument (was bedeutet, dass es von Natur aus einen zeitlich begrenzten Charakter hat) und ohne einen definitiven Charakter“. Schneider empfiehlt allen Gläubigen, „ein Treuebekenntnis ab(zu)legen, indem sie konkret und mit Klarheit alle jene katholischen Wahrheiten aussprechen, die durch die Zweideutigkeit einiger Formulierungen in AL kompromittiert oder entstellt sind“. Und es sollte eine „wissenschaftliche Analyse sine ira et studio und mit kindlicher Hochachtung gegenüber dem Stellvertreter CHRISTI durchgeführt werden“. Er sei überzeugt, dass „die Päpste kommender Jahre dankbar dafür sein werden, dass sich in Zeiten extremer Verwirrung Stimmen von Bischöfen, Theologen und Laien erhoben haben“ (vgl. katholisches.info 2.6.2016).

 

 

„Wie viel muss CHRISTUS in Seiner Kirche selbst erleiden? Wie oft wird das heilige Sakrament Seiner Gegenwart missbraucht, in welche Leere und Bosheit des Herzens tritt Er da oft hinein?

Der Verrat der Jünger, der unwürdige Empfang Seines Leibes und Blutes, muss doch der tiefste Schmerz des Erlösers sein, der Ihn mitten ins Herz trifft.“

 Josef Kardinal Ratzinger (Kreuzweg Karfreitag 2005, 9. Station)

 

 

 

 

„Wie können JESUS und Seine Mutter

 

diese Worte lesen, ohne zu weinen?“

 

Professor Josef Seifert

 

Der österreichische Philosoph Josef Seifert kritisiert AL in einem Artikel für die Nachrichtenplattform „Corrispondenza Romana“ (8. Juni 2016). Seifert ist seit 1986 Gründungsrektor der Internationalen Akademie für Philosophie in Liechtenstein und lehrt seit 2004 an der Pontificia Universidad Católica in Santiago de Chile; er ist seit langen Jahren ordentliches Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben (und, so kathpedia, Cousin von Weihbischof Andreas Laun).

Sein Artikel beginnt mit der Würdigung von Passagen von AL mit „zweifellos vielen sehr schönen und tiefen Wahrheiten, die GOTT ehren und den Leser freuen“. Der Text strahle die barmherzige Liebe GOTTES und des Papstes wieder. Trotz aller Freude an dieser „Freude der Liebe“ (=AL) enthalte der Text einige Passagen, die erhebliche Auswirkungen hätten und Grund zur Trauer seien, weil sie sehr schlimme Folgen für die Kirche und die Seelen haben könnten.

So vergleicht Seifert das Wort JESU an die Ehebrecherin „Geh hin und sündige fortan nicht mehr“ mit dem Wort von Papst Franziskus, der unter Berufung auf die Synode sage, die Ehebrecherin solle sich nicht exkommuniziert fühlen – auch wenn sie fortfahre zu sündigen (vgl. AL 299).

Im Evangelium warne JESUS bei all Seiner Barmherzigkeit fünfzehnmal ausdrücklich vor der Gefahr der ewigen Verdammnis beim Verharren in schwerer Sünde. In AL suche man diese Warnung vergeblich. Ebenso enthalte das Dokument keinen Hinweis auf die Möglichkeit, ein Sakrileg zu begehen, wenn man die hl. Kommunion unwürdig emp­fange. Stattdessen sei darin zu lesen, dass sogar Ehebrecher und andere Personen in irregulären Verhältnissen unter bestimmten, individuell zu beurteilenden Umständen die hl. Kommunion empfangen könnten, ohne vorher ihr Leben zu ändern. Auf 250 Seiten gebe es kein einziges Wort davon, dass die Hl. Schrift sagt, dass „Ehebrecher das Reich GOTTES nicht erben“ (1 Kor 6,9), und kein Wort, das an die Aussage des hl. Paulus erinnere, dass jeder, der „unwürdig isst und trinkt, sich das Gericht zuzieht“ (1 Kor 11,27.29). Wäre, so fragt Seifert, nicht gerade das barmherzig, „irreguläre Paare“ daran zu erinnern anstatt sie als „lebendige Glieder der Kirche“ (vgl. AL 299) zu betrachten? Das sei zweifellos die Sicht der hl. Schwester Faustyna gewesen, der Botin der Barmherzigkeit, die in ihrem Tagebuch (Ende Oktober 1936) von ihrer Schau der Hölle berichte. Wenn in AL – wenn auch mit unklarem Kontext – gesagt werde, niemand werde für immer verdammt, dann sei dies nicht ein Akt der Barmherzigkeit, sondern der Grausamkeit. Papst Franziskus interpretiere die eindeutigen Gebote CHRISTI als Ausdruck eines Ideals, das nur wenige erreichen könnten. Er stelle sie als Vorschläge für diejenigen dar, die nach Vollkommenheit streben, und nicht als Gebote, die für alle gültig seien.

Nach einer Reihe solcher Überlegungen schreibt Prof. Seifert: „Wie können JESUS und seine allerseligste Mutter diese Worte des Papstes lesen und mit den Worten JESU und Seiner Kirche vergleichen, ohne zu weinen?... Lasst uns deshalb mit JESUS weinen, mit tiefem Respekt und Zuneigung für den Papst, und mit tiefem Schmerz, der aus der Pflicht entspringt, seine Fehler kritisieren zu müssen.“ Und er ruft zum Gebet, dass diese irreführenden Worte, die gegen die unsterblichen Worte JESU stünden, zurückgenommen werden. Seifert führt einige Beispiele auf, wie der hl. Paulus dem hl. Petrus im Hinblick auf sein Verhalten widerstanden hatte, nennt den hl. Athanasius und eine den Arianismus begünstigende Unterschrift des Papstes Liberius und ähnliche Fälle bei den Päpsten Honorius und Johannes XXII. Ähnlich müsse man, demütig aus Liebe zu JESUS und Seiner hl. Kirche handeln, um die Tränen JESU zu trocknen und GOTT in Wahrheit zu verherrlichen. Um Schaden von der Kirche und den Gläubigen abzuwenden, müsse man Bischöfe und auch den Papst kritisieren, wenn dies notwendig sei. (Vgl. Kath. Wochenzeitung CH, 26/2016, www. corris­pondenzaromana.it/le-lacrime-di-gesu-sulla-amoris-laetitia/.)

 

 

 

Doch nicht nur „Pastoral“, sondern neue Lehre?!

 

Schlussfolgerungen von modernistischen Theologen

 

Schon bei den beiden Bischofssynoden war von den Ver­tretern der umstrittenen Positionen immer wieder gesagt worden, es gehe ja doch nicht um eine Änderung der Lehre, sondern nur um die pastorale Anwendung. Wie sieht es nun damit aus? Dazu ein paar Aussagen von Theologen. Der Pastoraltheologe Rainer Bucher, Universität Graz, erklärt, die Kirche komme durch AL an einer „Neuformatierung der Moraltheologie und des Kirchenrechts“ nicht herum. – Die Dogmatikerin und Fundamentaltheologin Eva-Maria Faber, Rektorin der Theol. Hochschule Chur, und der Moraltheologe Martin Lintner, Phil. Theol. Hochschule Brixen, wünschen, dass sich die neuen päpst­lichen Weichenstellungen zu den wiederverheirateten Geschiedenen „auch im Katechismus niederschlagen“. Man solle aufhören, ständig ein „Ideal“ der Ehe einzufordern, weil das der Wirklichkeit im Leben der Menschen nicht ge­recht werde, nämlich unerreichbar sei. Es sei notwendig, sich mehr in Richtung „in Würde gelebte Werte“ zu bewegen; diese „neue Wahrnehmung“ – eine der „Schlüsselentscheidungen“ von AL, liege in der „Kompetenz der Gewissen der Gläubigen“. Die Forderung von Papst Johannes Paul II. in „Familiaris Consortio“ nach einem Zusammenleben „wie Bruder und Schwester“ sei überholt. – Klaus Lüdicke, emeritierter Kirchenrechtsprofessor an der Universität Münster, hat „keinen Zweifel“, das AL den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene und damit den Weg zur kirchlichen Anerkennung von Scheidung und Zweitehe „öffnet“. Er behauptet – in der Münsteraner Kirchenzeitung! – wiederverheiratete Geschiedene könnten selbst darüber entscheiden, ob sie zur Kommunion gehen dürfen. Der Papst habe in AL „nachdrücklich“ die Position verworfen, dass Menschen in „irregulären“ Lebensverhältnissen wie Wiederverheiratete mit denen in schwerer Sünde gleichgesetzt werden. Ein verlassener Ehepartner könne das zwar als ungerecht empfinden, aber der Papst rufe immer wieder dazu auf, „nicht zu verurteilen, sondern barmherzig zu sein“; es sei wichtig, trotz eigener Verletztheit den anderen „in seiner Verantwortung für sein Leben und seine Sakramentenpraxis zu respektieren“. (Vgl. kath.net 12.6.16, 30.6.16, katholisches.info 29.6.16.)

 

[Das Aussprechen der Wahrheit wird als „Verurteilung“ diffamiert und die Barmherzigkeit pervertiert! Da passt als Antwort eine „Anpassung“ des Gleichnisses vom Verlorenen Schaf (www. kath-info.de 5.7.16). P. Engelbert Recktenwald malt aus, dass das verlorene Schaf zum Guten Hirten, der es befreien will, sagt, es habe sich gar nicht verirrt, die Dornen spüre es nicht, es sei zufrieden mit seiner Lage und verlange, dass Seine Kirche seine Situation „als einen guten Weg anerkennt“; es wolle nicht Mitleid, sondern „Respekt und Anerkennung“. Die Kirche sei unbarmherzig und diskriminiere das verlorene Schaf, „indem sie mich einen Sünder nennt“. Und die Geschichte wird weiter gesponnen: „Außerdem bin ich gar nicht das verlorene Schaf. Wir sind viele. Wir sind sogar die Mehrheit. Das verlorene Schaf, das ist jene Minderheit, die z. B. vorehe­lichen Geschlechtsverkehr für eine schwere Sünde hält… Das verlorene Schaf, das ist der rechtgläubige Katholik, der Fundamentalist, der sich einbildet, Wege und Irrwege unterscheiden zu können. Wie kann er es wagen, darüber zu richten, was Sünde ist und was nicht? Er bedarf der Umkehr, nicht ich.“ Der Schluss dieses Textes ist jedoch der Appell, sich trotz einer solchen Haltung die Gesinnung des Guten Hirten zu bewahren, selbstkritisch Mitleid mit den Sündern zu haben, auch wenn sie sich in der Sünde wohlfühlen.]

 

 

 

Leitfaden für die Erzdiözese Philadelphia

 

Die Lehre von Erzbischof Chaput nach AL in seiner bischöflichen Verantwortung

 

Die US-Bischofskonferenz ernannte Erzbischof Charles Chaput von Philadelphia zum Leiter der Kommission zur Umsetzung des Papstschreibens über Ehe und Familie, so wurde anfangs Juni bekannt. Für sein eigenes Erz­bistum Philadelphia legte Erzbischof Chaput einen „Leitfaden zur Umsetzung von AL“ vor. Darin bekräftigt er ausdrücklich, dass wiederverheiratete Geschiedene enthaltsam leben müssen, um die hl. Kommunion empfangen zu können. AL solle gelesen werden „in Kontinuität mit dem großen Schatz der Weisheit, wie er von den Kirchenvätern und Kirchenlehrern überkommen ist, mit dem Lebenszeugnis der Heiligen, mit der Lehre der Konzilien und den früheren lehramtlichen Dokumenten“. Der katholische Glaube, verwurzelt in der Hl. Schrift, behalte alle Ausdrucksformen sexueller Intimität einem Mann und einer Frau vor, die sich einander in einer gültigen Ehe versprochen hätten. Diese Lehre sei „wahr und unveränderlich, eng verbunden mit unserer Natur und unserem Ziel als Kinder eines liebenden GOTTES, der unser Glück will“. Er schreibt: „Bei geschiedenen und zivil wiederverheirateten Personen verlangt die Kirche von ihnen, sich von sexueller Intimität zu enthalten. Das gilt auch dann wenn sie (wegen der Sorge für ihre Kinder) weiterhin unter einem Dach leben müssen.“ Es sei für sie notwendig, wie Bruder und Schwester zu leben, um das Sakrament der Versöhnung zu empfangen, das ihnen den Weg zur hl. Eucharistie öffne. Sie sollten ermutigt werden, regelmäßig zu beichten, um zur großen Barmherzigkeit GOTTES Zuflucht zu nehmen, falls sie in der Keuschheit versagen. Weil ihre öffentliche Situation dennoch objektiv im Widerspruch zur Lehre CHRISTI bestehen bleibe, auch wenn sie sich um ein keusches Leben mühen, sollte ein Kommunionempfang geschehen ohne Ärgernis und ohne dass der Eindruck erweckt würde, die Lehre CHRISTI könne aufgehoben werden. Auch sollten deswegen solche Personen nicht verantwortliche Positionen in Pfarrgemeinden oder liturgischen Diensten innehaben. Erzbischof Chaput schreibt auch, dass nicht verheiratete zusammenlebende Paare vor einer kirchlichen Eheschließung getrennt leben oder – falls sie um schon vorhandener Kinder willen zusammenbleiben - die Geschlechtsbeziehung aufgeben müssen.

Chaput spricht auch von der Notwendigkeit einer authentischen Pastoral für Menschen mit homosexueller Neigung. Dabei unterscheidet er zwischen Menschen, die in einem gewissen Grad gleichgeschlechtliche Anziehung verspürten, aber den Weg zu einer christlichen Ehe mit Kindern gefunden hätten, und Gleichgeschlechtliche, die „in keuscher Freundschaft und ohne sexuelle Intimität“ leben. Er warnt aber, dass jede scheinbare Akzeptanz homosexueller Lebensweise den katholischen Glauben untergrabe und moralische Verwirrung hervorrufe. Und Menschen, die aktiv eine gleichgeschlechtliche Beziehung leben, würden – ganz gleich, wie aufrichtig sie es meinen – ein ernstliches Gegenzeugnis zum katholischen Glauben geben und dürften keine pfarrlichen oder liturgischen Funktionen innehaben. – Diese „Richtlinien“ von Erzbischof Chaput haben ihm natürlich heftige Kritik in den Massemedien eingebracht, wo er als „Feind des Papstes“ bezeichnet wurde. Chaput ist französisch-indianischer Abstammung. Zu den Vorfahren seines frankokanadischen Vaters gehört der hl. König Ludwig IX. von Frankreich; seine Mutter ist eine Indianerin aus dem Stamm der Potawatomi. (Vgl. DT 9.7.16, kath.net 7.7.16, 8.7.16, lifesitenews.com/ news/archbishop-chaput-remarried-catholics-must-be-abstinent-to-receive-communio 5.7.16, katholische.info 6.7.16).

 

 

Alles Frühere im Licht von „Amoris laetitia“ lesen?

 

Kardinal Christoph Schönborn

 

Kardinal Christoph Schönborn trat in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ vom 7. Juli (einer Vorabveröffentlichung zu „Civiltá Cattolica“) den Aussagen entgegen, AL habe keinen lehramtlichen Charakter und sei weniger verbindlich. Es sei „offensichtlich“, dass AL ein Akt des kirchlichen Lehramts sei. Alle früheren lehramtlichen Äußerungen zu Ehe und Familie müssten nun im Licht von AL gelesen werden. Er widersprach damit Äußerungen von Kardinal Burke, Kardinal Caffarra und Kardinal Walter Brandmüller, die ein Lesen von AL im Licht der überlieferten kirchlichen Lehre gefordert hatten. Laut der Meldung von Radio Vatikan (8.7.) über das Civiltá-Cattolica-Interview sagte Schönborn, der Papst mache in AL sehr wohl starke und entschlossene Aussagen, die den lehramtlichen Charakter des Schreibens unterstrichen. Doch wolle Franziskus weg von einem abstrakten, gar „elitären“ Blick der Doktrin hin zum Blick des „Guten Hirten“, der Verständnis und Mitgefühl mit den Schwächen und Fehlern der Menschen habe. Schönborn behauptet, AL stehe in einer langen kirchlichen Tradition, deren moralische Wurzeln bei Ignatius von Loyola und Thomas von Aquin lägen: Weg vom Rigorismus, hin zu einer Moral, die die ganze Person einschließe. Amoris laetitia sei der große moralische Text, auf den die Kirche seit dem 2. Vatikanum gewartet habe (vgl. kath.net 7.7.16, kathnews 8.7.16, katholisches.info 9.7.16).

 

Die Folgerung eines Diözesanbischofs

In einem Facebook-Eintrag vom 7. Juli 2016 nahm Thomas Joseph Tobin, Diözesanbischof von Providence im US-Bundesstaat Rhode Island, zur Verwirrung Stellung, die einige Aussagen von AL unter den Katholiken hervorgerufen haben. Er ist der Auffassung, dass AL akzentuiert „zweideutig“ sei nach der Absicht des Hl. Vaters. Sarkastisch schreibt er: „Die gute Nachricht ist: Wegen dieser Mehrdeutigkeit können die Leute tun und lassen, was sie wollen. Die schlechte Nachricht ist: Wegen dieser Mehrdeutigkeit können die Leute tun und lassen, was sie wollen. Das muss man sich vorstellen!“ (Vgl. katholisches.info 11.7.2016.)

 

 

 

„Gegensatz zwischen Amoris laetitia
 

und dem vorhergehenden Lehramt“

 

Stellungnahmen von Kardinal Carlo Caffarra

 

Der italienische Kardinal Carlo Caffarra, früher Leiter des Päpstlichen Institutes für Studien zu Ehe und Familie und von 2003 bis 2015 Erzbischof von Bologna, hatte Ende Mai dem italienischen Nachrichtenportal „La Nuova Bussola Quotidiana“ gesagt, nach seiner Ansicht lasse sich aus AL kein Ermessensspielraum für eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion ableiten. Wer sich in einer Lebenssituation befinde, die objektiv dem Sakrament der Eucharistie widerspreche, könne es auch weiterhin nicht empfangen. Wenn der Papst die bisherige Lehre in dieser Frage hätte ändern wollen, hätte er dies klar und ausdrücklich tun müssen. Eine jahrhundertelange Disziplin der Kirche könne man „nicht durch eine Fußnote mit unklarem Tenor ändern“, sagte Caffarra im Bezug auf die berühmte Anmerkung 351. Es sei stets Prinzip der Kirche gewesen, in Zweifelsfällen eine lehramtliche Aussage in Kontinuität mit dem früheren Lehramt auszulegen. In Fragen der Lehre und der Moral könne sich das kirchliche Lehramt nicht selbst widersprechen. Die Alternative zu einer Kirche mit konti­nuierlicher Lehre sei nicht eine pastorale Kirche, sondern eine beliebige, vom Zeitgeist abhängige Kirche (vgl. DT 28.5.16, kathnet 25.5.16,1.6.16).

 

In einem Interview mit „OnePeterFive“ (einer katholischen Internetseite, die sich benennt als Hinweis auf das 5. Ka­pitel im 1. Petrusbrief) wies Kardinal Carlo Caffarra am 11. Juli 2016 die These von Kardinal Schönborn zurück, AL sei verbindliche Lehre und alle früheren lehramtlichen Äußerungen zu Ehe und Familie müssten im Licht von AL gelesen werden.

Caffarra sagte wörtlich: „Mein lieber Freund, Kardinal Schönborn, berücksichtigt im Interview der ‚Civiltá Cattolica‘ einen Faktor nicht, der in der Kirche seit der Veröffentlichung von AL aufgetreten ist. Viele der Kirche und dem Lehramt treue Bischöfe und Theologen vertreten den Standpunkt, dass es in einem spezifischen, aber sehr wichtigen Punkt keine Kontinuität gibt, sondern einen Gegensatz zwischen AL und dem vorhergehenden Lehramt.“ Und sie sagten das nicht im Geist des Widerspruchs gegen den Papst. Der springende Punkt sei, dass der Geschlechtsverkehr zwischen wiederverheirateten Geschiedenen laut AL unter bestimmten Umständen legitim sei, denn AL wende Aussagen darauf an, die das 2. Vatikanum über die Eheleute sagt (Fußnote 329). Entweder sei demnach ein Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe legitim, oder der Ehebruch sei nicht eine in sich schlechte Handlung. Beides widerspreche der Lehre der Kirche. Der Hl. Vater müsse seines Erachtens „in einer Situation wie dieser Klarheit schaffen. Wenn ich sage, dass S ein P ist, und dann sage, dass S nicht P ist, dann ist die zweite These keine Weiterentwicklung der ersten, sondern deren Ver­neinung. Wenn jemand sagt: Die Lehre bleibt, es geht nur darum, sich einiger Fälle anzunehmen, antworte ich: Die moralische Norm ‚Nicht ehebrechen‘ ist eine absolute negative Norm, die keine Ausnahmen erlaubt. Es gibt viele Möglichkeiten, Gutes zu tun, aber es gibt nur eine Möglichkeit, das Böse nicht zu tun: das Böse nicht tun.“

Vorausgehend hatte Kardinal Caffarra sich schon auf die Worte in AL 308 bezogen, wo der Papst schreibt, er „ver­stehe diejenigen, die eine unerbittliche Pastoral vorziehen, die keinen Anlass zu irgendeiner Verwirrung gibt“, und gefolgert, „dass Seine Heiligkeit sich bewusst ist, dass die Lehre des Schreibens Verwirrung in der Kirche stiften kann“. Er persönlich wolle mit vielen anderen, dass die Verwirrung beseitigt werden sollte, „aber nicht, weil ich eine unerbittliche Seelsorge vorziehe, sondern vielmehr einfach deshalb, weil ich eine klarere und weniger zweideutige Seelsorge vorziehe“. In diesem Sinn wolle er „mit allem geschuldeten Respekt, Anhänglichkeit und Verehrung“, zu denen er sich dem Papst gegenüber verpflichtet sehe, sagen: „Heiligkeit, ich bitte Sie, schaffen Sie Klarheit…“ Er führt dann zwei Punkte an: 1. Wieviel von dem, was in Fußnote 351 stehe („In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein“), sei auf wiederverheiratete Geschiedene anwendbar, die weiterhin geschlechtlich zusammenleben wollten. Und wieviel von der allgemeingültigen Lehre (in Familiaris consortio 84, Reconciliatio et poenitentia 34, Sacramentum unitatis 29, KKK 1650) müsse als abgeschafft betrachtet werden. Und 2.: Nach der beständigen Lehre der Kirche (vgl. Veritatis splendor 79) gebe es negative moralische Normen, die keine Ausnahme erlaubten, weil sie in sich schlechte Handlungen wie z. B. Ehebruch verbieten. Sei diese überlieferte Lehre nach AL noch für wahr zu halten?

Caffarra empfahl Katholiken, die von der Diskussion um die Bedeutung von AL verwirrt seien, die Absätze des Katechismus (KKK 1601-1666) zu lesen und zu meditieren. Jedem, der etwas anderes über die Ehe lehre, solle man nicht zuhören. „Sie sind Blinde, die Blinde führen“, so Caffarra wörtlich. Er widersprach auch dem deutschen Jesuiten Klaus Mertes (taz Ende Mai), dass die Kirche ihre „defizitäre Sicht auf Homosexuelle“ aufgeben und „nicht mehr Sex grundsätzlich mit Fruchtbarkeit“ verbinden solle, sondern mehr „vom Begriff der Nächstenliebe her“ denken. Die Liebe der Ehepartner und die Zeugung von Kindern seien aufeinander hingeordnet; die Möglichkeit der Weitergabe des Lebens sei in den ehelichen Akt „eingeschrieben“, so Kardinal Caffarra. Sexuelle Akte als Ausdruck gegenseitiger Liebe hätten ihren Ort nur in der Ehe zwischen Mann und Frau (vgl. kath.net 13.7.16, katholisches.info 12.7.16).

 

 

 

Sehr deutliche, besorgte Worte

 

Professor Robert Spaemann

 

Aus weiteren Stellungnahmen zu AL sei noch der international geschätzte, bedeutende katholische deutsche Philosoph Robert Spaemann angeführt. Spaemann, der vom hl. Johannes Paul II. als Berater geschätzt wurde und als Freund von Papst em. Benedikt XVI. gilt, gab am 28. April CNA ein Interview zu Amoris laetitia. Catholic News Agency (CNA) ist eine internationale katholische Nach­richtenagentur.

Spaemann antwortet auf die erste Frage, wie AL in Kontinuität zur bisherigen Lehre zu lesen sei, dies sei zum größten Teil möglich, „wenngleich die Richtung Folgerungen zulässt, die mit der Lehre der Kirche nicht kompatibel gemacht werden können“. Der Artikel 305 zusammen mit der Anmerkung 351, wonach Gläubige „mitten in einer objektiven Situation der Sünde“ „auf Grund mildernder Faktoren“ zu den Sakramenten zugelassen werden könnten, widerspreche direkt Familiaris consortio 84. Johannes Paul II., der die menschliche Sexualität als „Realsymbol für die Hingabe der ganzen Person; ohne jegliche zeitliche oder sonstige Begrenzung“ erklärte, habe dort ganz klar formuliert, dass wiederverheiratete Geschiedene auf Sexualität verzichten müssten, wenn sie zur Kommunion gehen wollten. „Eine Änderung in der Praxis der Sakramentenspendung wäre daher keine ‚Weiterentwicklung von Familiaris Consortio‘, wie dies Kardinal Kasper meint, sondern ein Bruch mit ihrer wesentlichen anthropologi­schen und theologischen Lehre über die menschliche Ehe und Sexualität.“ Die Kirche habe, ganz gleich, wie die Situation menschlich und moralisch zu beurteilen sei, „keine Vollmacht, ohne vorherige Umkehr, ungeordnete sexuelle Beziehungen durch die Spendung von Sakramenten positiv zu sanktionieren und damit der Barmherzigkeit GOTTES vorzugreifen“. Das christliche Leben sei „nicht eine pädagogische Veranstaltung, bei der man sich auf die Ehe als einem Ideal zubewegt“, denn der ganze Bereich betreffe die Würde, Personalität und Freiheit des Menschen. „Jede Verletzung dieses Bereichs, mag sie noch so oft vorkommen, ist daher auch eine Verletzung der Beziehung zu GOTT, zu der die Christen sich berufen wissen, eine Sünde gegen seine Heiligkeit, und bedarf immer wieder der Reinigung und Umkehr.“

GOTTES Barmherzigkeit bestehe gerade im immer neuen Ermöglichen dieser Umkehr. Das Erbarmen GOTTES sei nicht an Grenzen gebunden, wohl aber sei die Kirche „der Verkündigung der Umkehr verpflichtet und hat nicht die Vollmacht durch die Spendung von Sakramenten bestehende Grenzen zu überschreiten und der Barmherzigkeit GOTTES Gewalt anzutun. Das wäre vermessen.“ Priester, die sich an die bestehende Ordnung hielten, verurteilten also niemanden, sondern berücksichtigten und verkündeten diese Grenze zur Heiligkeit GOTTES. Spaemann ergänzt, dass die Behauptung, sie würden sich „auf den Stuhl des Mose“ setzen (AL 305), missverständlich gebraucht werde, denn in Mt 23,2 heiße es gerade, die Jünger sollten sich an deren Lehre halten (nicht an ihr Vorbild). Spaemann weist auch zurück, man solle sich nicht auf einzelne Sätze fokussieren, sondern das Ganze sehen: „Die Konzentration auf die genannten Textstellen ist in meinen Augen völlig berechtigt. Man kann bei einem päpstlichen Lehrschreiben nicht erwarten, dass sich die Menschen an einem schönen Text erfreuen und über entscheidende Sätze, die die Lehre der Kirche verändern, hinwegsehen. Es gibt hier tatsächlich nur eine klare Ja-Nein-Entscheidung. Kommunion geben oder nicht geben, dazwischen gibt es kein Mittleres.“

Schwer zu verstehen sei auch, wenn der Papst wiederholt sage, es dürfe niemand auf ewig verurteilt werden. Doch: Wenn es aber um sexuelle Verhältnisse geht, die objektiv der christlichen Lebensordnung widersprechen, so würde ich gerne vom Papst wissen, nach welcher Zeit und unter welchen Umständen sich eine objektiv sündhafte, in eine gottgefällige Verhaltensweise verwandelt.“

Spaemann erinnert dann an eine, schon bei den Jesuiten im 17. Jahrhundert zu findende, einflussreiche Strömung in der Moraltheologie, die eine reine Situationsethik vertritt. Die vom Papst in AL angeführten Zitate von Thomas von Aquin scheinen diese Richtung zu stützen. Hier wird aber übersehen, dass Thomas objektiv sündhafte Handlungen kennt, für die es keine situativen Ausnahmen gibt. Zu ihnen gehören auch alle sexuell ungeordneten Verhaltensweisen.“* Diese Situationsethik habe Johannes Paul II. – der sein Pontifikat unter das Thema der GÖTTlichen Barmherzigkeit gestellt habe (Schwester Faustyna!) - in der Enzyklika „Veritatis Splendor“ verurteilt. Auch mit diesem Lehrschreiben breche AL.

Die Folgen von AL seien jetzt schon abzusehen: „Verunsicherung und Verwirrung von den Bischofskonferenzen bis zum kleinen Pfarrer im Urwald.“ Mit den nicht weiter definierten Formulierungen von „mildernden Umständen“ in AL könnten „nicht nur die Wiederverheiratet Geschiedenen, sondern alle, die in irgendeiner ‚irregulären Situation‘ leben, ohne das Bemühen ihre sexuellen Verhaltensweisen hinter sich zu lassen, das heißt ohne Beichte und Umkehr, zur Beichte andrer Sünden und zur Kommunion zugelassen werden.“ Priester, die sich an das bisher Geltende hielten, könnten von Gläubigen gemobbt oder vom Bischof unter Druck gesetzt werden etc., das Chaos sei zum Prinzip erhoben worden, was zu einer Spaltung, ja einem Schisma führen könnte. Sicher scheine ihm jedoch: „Das Anliegen dieses Pontifikats, dass die Kirche ihre Selbstbezogenheit überwinden soll, um freien Herzens auf die Menschen zugehen zu können, ist durch dieses Lehrschreiben auf unabsehbare Zeit zunichte gemacht worden. Ein Säkularisierungsschub und ein weiterer Rückgang der Priesterzahlen in weiten Teilen der Welt sind auch zu erwarten.“ Man sehe schon seit längerem, dass Diözesen mit Eindeutigkeit bei Glaube und Moral „den größten Priesternachwuchs haben“. Der hl. Paulus schreibe: „Wenn die Trompete keinen deutlichen Klang gibt, wer wird dann zu den Waffen (des HL. GEISTES) greifen?" (1 Kor. 14,8)“. So sei jeder Kardinal, Bischof und Priester aufgefordert, in seinem Zuständigkeitsbereich die katholische Sakramentenordnung aufrechtzuerhalten, und möglicherweise bleibe es „einem späteren Pontifikat vorbehalten, die Dinge offiziell wieder ins Lot zu bringen.“

(Vgl. www. catholicnewsagency.com/news/full-text-interview-with-robert-spaemann-on-amoris-laetitia-10088/, www. katholisches.info/2016/04/ 28/robert-spaemann-ueber-amoris-laetitia-das-chaos-wurde-mit-einem-federstrich-zum-prinzip-erhoben/.)

[* Der Hl. Vater meinte im Juni vor Vertretern des Bistums Rom, was er in AL geschrieben habe, sei „alles thomistisch, von vorne bis hinten“; es sei sichere Lehre; vgl. kath.net 17.6.2016.]

 

 

„Die Kirche ist nicht grenzenlos belastbar“

 

Am 18. Juni 2016 veröffentlichte Robert Spaemann in der „Tagespost“ einen „Nachtrag“ zu seinen „kritischen Bemerkungen im Gespräch mit der Catholic News Agency“ zu AL. Neben „enthusiastischer Zustimmung“ habe er auch Ablehnung erfahren, die sich in erster Linie auf den Satz bezogen habe, „die Anmerkung 351 stellen einen ‚Bruch mit der Lehrtradition der katholischen Kirche“ dar. „Was ich sagen wollte, war, dass einige Äußerungen des Hl. Vaters in eindeutigem Widerspruch stehen zu Worten JESU, zu Worten der Apostel sowie zu der traditionellen Lehre der Kirche. Von einem Bruch sprechen sollte man allerdings nur dann, wenn ein Papst unter förmlicher Berufung auf seine apostolische Vollmacht eindeutig und ausdrücklich – also nicht beiläufig in einer Fußnote – etwas lehrt, was im Widerspruch zur genannten Lehrtradition steht. Dieser Fall ist hier nicht gegeben – schon deshalb nicht, weil Papst Franziskus Eindeutigkeit nicht liebt.“ Spaemann bezieht sich dann auf eine kürzlich gemachte Aussage des Papstes, das Christentum kenne kein „Entweder-Oder“ und verweist dagegen auf Mt 5,37 oder viele Entweder-Oder in den Paulusbriefen. Franziskus aber wolle nur „Vorschläge machen“, und es könne nicht unerlaubt sein, Vorschlägen zu widersprechen, so Spaemann. So widerspricht er der Formulierung, JESUS habe nur „ein anspruchsvolles Ideal vorgeschlagen“. Spaemann erinnert daran, dass JESUS „geboten“ habe (vgl. Mt 7,29, Lk 18,18-23), und dass Er kein „Ideal“ gepredigt habe, sondern die neue Realität des Reiches GOTTES auf Erden. Diese stehe in enger Beziehung zu der – mit den Mitteln der Vernunft erkennbaren – Natur des Menschen.

Wenn der Papst beklage, man gehe – „angestachelt durch die Medien“ – seinen Ausführungen über die alarmierende Lage der Familie aus dem Weg, um sich an einer Fußnote festzubeißen, so erinnert Spaemann, dass die vorsynodale öffentliche Debatte sich eben um dieses Thema gedreht habe, weil es hier nur ein Ja oder Nein gebe. Und diese Debatte dauere an, „weil sich der Papst weigert, die diesbezüglich klaren Äußerungen seiner Vorgänger zu zitieren, und weil seine Antwort offenkundig so mehrdeutig ist, dass jeder sie zugunsten der eigenen Meinung interpretieren kann…“ Spaemann schreibt auch: „Wenn sich inzwischen der Präfekt der Glaubenskongregation gezwungen sieht, einen der engsten bischöflichen Berater und Ghostwritter des Papstes öffentlich der Häresie zu bezichtigen*, sind die Dinge eigentlich schon zu weit gekommen. Auch die römisch-katholische Kirche ist nicht grenzenlos belastbar.“

 

* Zu dieser Bemerkung von Spaemann:

In einem Interview mit der „Herder Korrespondenz“ (Juni 2016) äußerte sich Kardinal Gerhard Müller zu einer These, dass es kein Problem sei, den Sitz des Papstes von Rom nach Medellin in Kolumbien oder sonstwohin zu verlegen, und die verschiedenen Kurienämter auf die verschiedenen Ortskirchen aufzuteilen. Das habe vor einiger Zeit jemand geäußert, der von „bestimmten Medien“ als einer der „engsten Berater“ des Papstes präsentiert worden sei. Diese These sei, so Müller, grundlegend falsch und „sogar häretisch“. Der Sitz des Papstes sei St. Peter in Rom; der ausdrückliche Auftrag JESU an den hl. Petrus, die gesamte Kirche als ihr oberster Hirte zu führen, sei von Petrus auf die Kirche von Rom und ihren Bischof übergegangen. Das sei nicht eine organisatorische Frage, und das gelte auch für den hohen Klerus der römischen Kirche, die dem Papst bei der Ausübung seines Primats helfe.

Zwar wurde von Kardinal Müller die betreffende Person nicht namentlich genannt, doch der Rektor der Katholischen Universität von Argentinien und 2013 von Papst Franziskus zum Titurlarerzbischof ernannte Victor Manuel Fernández war gemeint; er hatte im „Corriere della Sera“ vom 19.5.2015 geäußert, „die vatikanische Kurie ist keine essentielle Struktur. Der Papst könnte auch außerhalb Roms leben, ein Dikasterium in Rom und ein anderes in Bogotá haben, und sich zum Beispiel mittels Videokonferenz mit Liturgieexperten in Deutschland verbinden…“

Nicht unwesentlich zum Verständnis dieses Vorgangs ist, dass es heißt, Fernández sei bereits in Buenos Aires der bevorzugte Reden­schreiber des damaligen Erzbischofs Jorge Mario Bergoglio gewesen. Auch wird gesagt – was wir nicht nachprüfen können -, in AL stünden ganze Passagen, die fast wörtlich in bereits vor zehn Jahren von Fernández veröffentlichten Aufsätzen zu finden seien; auch zu den Enzykliken „Evangelii gaudium“ und „Laudato si“ habe Fernández beigetragen [vgl. katholisches.info 1.6.16, https:// es.wikipedia. org/wiki/V%C3%ADctor_Manuel_Fern%C3%A1ndez_(arzobispo)].

 

 

 

Appell an das Kardinalskollegium:

 

Papst um Rücknahme oder Korrektur bitten

 

Mitte Juli veröffentlichte der amerikanische Nachrichtendienst „National Catholic Reporter“ eine Presseerklärung, derzufolge 45 katholische Prälaten, Gelehrte, Professoren, Publizisten und Priester verschiedener Päpstlicher Universitäten, Seminare, Kollegien, theologischer Institute, Orden und Diözesen aus aller Welt einen Appell an das Kardinalskollegium als „Berater des Papstes“ gerichtet haben, Papst Franziskus zu bitten, „irrige Ansichten“ in AL zu dementieren. Die Unterzeichner erklären, AL enthalte „eine Reihe von Aussagen, die in einem Sinn verstanden werden können, der im Widerspruch zum katholischen Glauben und zur katholischen Moral steht“. Insgesamt werden in der Stellungnahme 19 Passagen aus AL aufgelistet, die „mit katholischen Lehren offenbar in Konflikt stehen“. Das 13-seitige Dokument wurde in sechs Sprachen übersetzt und an Kardinaldekan Sodano sowie 218 Kardinäle und Patriarchen geschickt. Diese sollen „an den Hl. Vater die Bitte herantragen, die im Dokument aufgezählten Irrtümer in entschiedener und endgültiger Weise zu verwerfen und verbindlich zu erklären, dass niemand verpflichtet werde, an diese Irrtümer in AL zu glauben oder sie möglicher­weise für wahr zu halten“. Joseph Shaw, der Sprecher der Unterzeichner, sagte: „Wir bezichtigen den Papst nicht der Häresie, aber wir meinen, dass zahlreiche Aussagen in AL bei einer unbefangenen Lektüre des Textes häretisch interpretiert werden können.“ Er sagte auch, es sei ihre Hoffnung, „dass wir mit unserer Bitte an den Hl. Vater um eine definitive Verurteilung dieser Irrtümer dabei helfen können, die Verwirrung, die AL bereits unter den Hirten und den gläubigen Laien provoziert hat, zu beseitigen. Diese Verwirrung ist nur durch eine ausdrückliche Bekräftigung der wahren katholischen Lehre durch den Nachfolger des Petrus möglich.“

Nach dem Bericht der „Tagespost“ möchten die meisten Unterzeichner anonym bleiben, weil sie „Repressalien be­fürchten oder besorgt sind, es könne Auswirkungen auf ihre religiösen Gemeinschaften haben oder sie könnten ihren Job verlieren, wenn sie eine akademische Laufbahn eingeschlagen und eine Familie haben“. (Vgl. DT 14.7.16, vgl. katholisches.info 13.7.16)

 

Ein solcher Vorstoß kann sich auf den Codex Iuris Canonici berufen, wo es im Can. 212 § 2 heißt: „Den Gläubigen ist es unbenommen, ihre Anliegen, insbesondere ihre geistlichen, und ihre Wünsche den Hirten der Kirche zu eröffnen. Und § 3 sagt: „Entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit und ihrer hervorragenden Stellung haben sie das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, den geistlichen Hirten mitzuteilen und sie unter Wahrung der Unversehrtheit des Glaubens und der Sitten und der Ehrfurcht gegenüber den Hirten und unter Beachtung des allgemeinen Nutzens und der Würde der Personen den übrigen Gläubigen kundzutun.“

 

 

 

Video-Appell 16 namhafter Katholiken an den Papst

 

mit Versprechen von Gebet und Fasten

 

Fast gleichzeitig veröffentlichte LifeSiteNews einen Videoappell (in Youtube in Englisch zu sehen „Plea to the Pope“ [„dringende Bitte an den Papst“]: www. youtube.com/watch?v=nQpJqmbYPXg), in dem 16 international bekannte Verteidiger des Lebensrechts und der Familie sich „in einem Geist der Liebe, Demut und Treue“ an Papst Franziskus wenden mit der Bitte, der durch AL entstandenen „Verwirrung“ ein Ende zu setzen: „End the Confusion“ nennt sich dieser 30minütige Videoappell.

Zu diesen 16 Persönlichkeiten gehören Weihbischof Athanasius Schneider, John Smeaton (Präsident der Society for the Protection of Unborn Children, Mitbegründer von „Voice of the Family“), Colleen Bayer (von Family Life International in Neuseeland und Päpstliche Dame des Ordens von Gregor dem Großen), John-Henry Westen (Life-Site-News), Prof. Thomas Stark (Benedikt XVI-Akademie für Philosophie und Theologie St. Pölten), Christine Vollmer (Päpstl. Akademie für das Leben und Gründerin der „Latin American Alliance for Life“), Preston Noell (Direktor der Amerikan. Gesellschaft für Tradition, Familie und Eigentum), Molly Smith (Präsidentin von „Cleveland Right of Life“), Prof. Roberto de Mattei (Rom), Dr. Thomas Ward (Gründer/Präsident der „National Association of Catholic Families“ und korrespondierendes Mitglied der Päpstl. Akademie für das Leben). Sie geben ihrer Liebe zum Hl. Vater und ihrem Gebet für ihn Ausdruck und drücken ihre tiefe Besorgnis aus. (Vgl. katholisches.info 15.7.16, www. Lifesite news.com/news/plea-to-the-pope-life-and-family-leaders-call-on-pope-to-end-the-confusion).

 

Verbunden mit diesem Video-Appell ist offensichtlich eine Online-Unterschriftensammlung: „‚End the confusion‘: Pray and fast for Pope Francis“ („Beten und Fasten für den Hl. Vater“).

Darin heißt es (übersetzt): „Lieber Hl. Vater, aus Liebe und Verehrung für Sie und die hl. Mutter Kirche, und zusam­men mit Katholiken rund um die Welt verspreche ich täglich für Sie zu beten. In dieser Zeit wachsender Verwirrung in der Kirche und in der Kultur, besonders in Fragen des Lebens, der Familie und der Ehe, schauen wir auf die Kirche und auf Sie, den Stellvertreter CHRISTI auf Erden, dass Sie ein Leuchtfeuer der Wahrheit seien, um uns durch diese rauen Gewässer zu führen. Ich bete deshalb besonders, dass Ihnen die Gnade geschenkt wird, die Verwirrung zu beenden und die lebenspendende Wahrheit des katholischen Glaubens mit derselben Klarheit und Tapferkeit zu verkünden, wie CHRISTUS und wie der hl. Petrus, der 1. Papst, lehrten und sprachen. Ich verspreche auch, in dieser Intention zu fasten, in dem Umfang und der Häufigkeit, wie es meine Gesundheit und mein Stand erlauben.“

(Vgl. www. lifesitenews.com/petitions/pray-for-pope-francis?utm_source=LifePetitions+petition+signers&utm_campaign=68b04e8c22-Update_to_Catholic_7_87_8_2016&utm_medium=email&utm_term=0_c5c75ce940-68b04e8c22-397719113.)

 

Diese Zusammenfassung von vielen Stimmen zu „Amoris Laetitia“ zeigt gerade auch mit den letzten Berichten, dass hier keine hochmütige, pharisäerhafte Besserwisserei dahinter steht, sondern eine tiefe Liebe zu Papst und Kirche und eine große Sorge. Wir schließen uns dieser Haltung voll an.

Die Bewahrung vor der Verwirrung ist ein für die Kirche ein so wichtiges Anliegen, dass sie in jeder hl. Messe den Priester im sog. Embolismus (dem priesterlichen Gebet nach dem Vaterunser), bitten lässt:

 

„Libera nos, quaesumus, DOMINE, ab omnibus malis…, ut… ab omni perturbatione securi:

exspectantes beatam spem et adventum Salvatoris nostri IESU CHRISTI“ -

in der deutschen Fassung: „Erlöse uns, HERR… von allem Bösen… Bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers JESUS CHRISTUS erwarten).

 

 

Gebete für die heilige Kirche

 

Heiliger Erzengel Michael, glorreicher Fürst der himmlischen Heerscharen, schirme uns im Streite gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister unter dem Himmel. Komme den Menschen zu Hilfe, die GOTT nach Seinem Ebenbild erschaffen und aus der Tyrannei des Teufels um einen hohen Preis erkauft hat. Dich verehrt die hl. Kirche als ihren Schutzpatron, dir hat der HERR die Seelen der Erlösten anvertraut, damit du sie an den Ort der himmlischen Seligkeit führst.

Bitte daher den GOTT des Friedens, dass Er den Teufel unter unsere Füße lege, damit er nicht mehr imstand ist, die Menschen gefangen zu halten und der Kirche zu schaden. Bringe unsere Gebete vor das Antlitz des ALLERHÖCHSTEN, damit Er uns mit Seinem vielfältigen Erbarmen schnell zuvorkomme. Und ergreife den Drachen, die alte Schlange, das heißt den Teufel und Satan, und stürze ihn gefesselt in den Abgrund der Hölle, damit er die Völker nicht weiter verführe!

 

Heiliger Josef, in unserer Not kommen wir zu dir und bitten voll Vertrauen um deinen Schutz. Du warst in Liebe mit der unbefleckten GOTTESmutter verbunden und hast väterlich für JESUS gesorgt. Darum bitten wir dich:

Sieh auf das Volk, das JESUS CHRISTUS mit Seinem Blut erworben hat, und hilf uns mit deinem mächtigen Beistand. Du Beschützer der heiligen Familie, wache über das Haus GOTTES. Halte fern von uns alle Ansteckungen durch Irrtum und Verderbnis. Du starker Helfer, steh uns bei im Kampf mit den Mächten der Finsternis. 

Du hast das JESUSKIND aus der Lebensgefahr errettet; so verteidige jetzt die heilige Kirche GOTTES gegen den bösen Feind und seine Verführung. Nimm uns in deinen Schutz, dass wir nach deinem Beispiel und mit deiner Hilfe heilig leben, selig sterben und das ewige Leben erlangen. Amen.

 

         

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